Ehem. Hutfabrik Steinberg-Herrmann u. Co
Luckenwalde, Brandenburg
Aussenansicht, Gesamtaufnahme, ehemalige Hutfabrik, Sommer, blauer Himmel, Woken, Produktionshalle

Ehem. Hutfabrik Steinberg-Herrmann u. Co

Die ehemalige Hutfabrik Steinberg - Herrmann u. Co. wurde 1922-23 von Erich Mendelsohn erbaut. Zur Anlage gehören die Produktionshalle, ein 5-schiffiger Hallenbau mit Eisenbetonrahmenbinder und Ziegelsichtfassade, die ehemalige Färberei, zwei zusammenhängende Torhäuser und das ehemalige Kessel- und Maschinenhaus. Letzteres ist aufgrund seiner zahlreichen Umbauten zum Verwaltungsgebäude in seiner Substanz stark verändert. Nur 10 Jahre konnte die Familie Herrmann ihre sehr effektive Hutproduktion in Luckenwalde betreiben. Die Machtverhältnisse in Deutschland zwangen die Herrmanns in den 30er Jahren zur Emigration. Ab 1934 diente die Fabrik als Rüstungsbetrieb. Von 1935-40 erfolgten umfangreiche bauliche Veränderungen. Der Färbereihelm wurde abgerissen und es kamen neue Gebäude und Anbauten hinzu. Ab 1945 wurden die Produktionshallen von der Sowjetarmee als Reparaturwerkstatt genutzt. Von 1957-91 waren die Anlagen des VEB Wälzlagerwerk, dann die DkF Kugelfischer hier untergebracht. Ende 1991 erfolgte die Einstellung der Produktion und ein rapider Verfall der Gebäudesubstanz. "Die Gesamtanlage erschien damals und erscheint noch heute als ein in sich gegliederter, von den beiden kontrapunktisch angeordneten Bauteilen des Kesselhauses und der Färberei beherrschter und perfekt durchkomponierter Bauorganismus" (zitiert nach Jung/Worbs). Mendelsohn versuchte, die konstruktiven Zusammenhänge mit den Mitteln der Architektur sichtbar zu machen. Er schuf eine konsequente Bausymmetrie. Die markanten, aufeinander bezogenen Konturlinien der Gebäude fangen den Betrachterblick auf und leiten ihn. Besonders hervorgehoben ist die immer wiederkehrende diagonale Linienführung. Das expressionistische Formenrepertoire beinhaltet u.a. schräg nach oben verlaufende Gebäudeecken, das Motiv der nach oben laufenden Schräge bei den Färbereioberlichtern, die auf- und abschwellende Auskragung der Sohlbänke oder die Bänderung des Mauerwerks durch Halbsteinvorlagen. Mit der Hallenkonstruktion durch Eisenbetonrahmenbinder und das damals neuartige Belüftungssystem - schachtartige Aufsätze mit Jalousieklappen -, gegen die beim Färben auftretenden Dämpfe, stellt die Hutfabrik von Mendelsohn eine Verbindung von Tradition und Innovation im Industriebau dar. Bis heute gilt die Anlage als wichtiges Zeugnis früher moderner Architektur sowie der Ingenieurbaukunst in Deutschland. Sie ist wegen ihrer architektonischen und technischen Qualität berühmt, auch Mendelsohn selbst sah in ihr sein bestes Bauwerk. Durch 10 Jahre Leerstand war der Gebäudekomplex grundsätzlich in einem sehr schlechten Zustand. Dachabdichtung und -entwässerung waren nicht mehr funktionsfähig, dadurch kam es zu flächendeckend eindringendem Regenwasser, das eine Gefährdung der originalen Eisenbetonkonstruktion durch Rostsprengung nach sich zog. Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz förderte 2001 die Dachnotsicherung und umfassende Instandsetzung der Produktionshallen und der Färberei.

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Eisenbetonrahmenkonstruktion mit Ziegelfassade, 1922/23 nach Plänen von Erich Mendelsohn, Förderung 2001

Adresse:
Industriestraße
14943 Luckenwalde
Brandenburg