Die Wartburg in Eisenach, in der Martin Luther Zuflucht fand

Martin Luther – ein Bauernsohn verändert die Welt

„Ich bekenne, dass ich Sohn eines Bauern bin, bin dennoch Doktor der Heiligen Schrift, des Papstes Feind.“

So charakterisierte sich Martin Luther einmal selbst. Aus Briefen, Notizen und Zeitzeugenberichten sind wir über sein Leben ungewöhnlich gut informiert. Viele Orte, an denen er weilte und wirkte, lassen sich heute noch besichtigen: Stationen eines für seine Zeit verblüffend mobilen Mannes.

Geboren wird Martin Luder, der seinen Namen später in Luther änderte, am 10. November 1483 in der Kleinstadt Eisleben. Schon wenige Monate später zieht sein Vater Hans Luder mit der jungen Familie weiter in die Bergbaustadt Mansfeld, wo er sich zum Hüttenmeister und Unternehmer emporarbeitet. Martin Luther selbst büffelt ab 1490 in der Mansfelder Stadtschule. In der nahen Kirche St. Georg geht er dem Priester als Ministrant zur Hand. Später wechselt der aufgeweckte Schüler zur Domschule nach Magdeburg und dann auf die Pfarrschule Eisenach. Manche Lehrer seien „grausam wie die Henker“ gewesen, meint er später. 1501 schreibt der 17-jährige sich an der angesehenen Universität Erfurt ein. Nach dem Grundstudium wählt er Jura, was gute Karrierechancen verspricht.

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Glaubenskampf

Doch als der Student einen Blitzeinschlag nur um Haaresbreite überlebt, gelobt er spontan, Mönch zu werden. 1505 tritt Luther ins Kloster der Augustiner-Eremiten in Erfurt ein. „Peinlich streng“, wie er später meint, befolgt Bruder Martin die Ordensregeln Keuschheit, Armut und Gehorsam, wird aber oft von Zweifeln und Gewissensängsten gequält. 1507 folgt die Priesterweihe. Luther vertieft sich ins Studium der Theologie, reist im Auftrag seines Ordens nach Rom und wird 1511 in die sächsische Residenzstadt Wittenberg versetzt. Hier soll er als Theologie-Professor an der neugegründeten Universität lehren. Quartier bezieht er im Augustinerkloster, dem sogenannten Schwarzen Kloster. Es wird für Jahrzehnte der Dreh- und Angelpunkt in Luthers Leben, zuerst als Mönch, später als Ehemann und Familienvater.

Durch Luther avanciert die Universität Wittenberg zur intellektuellen Keimzelle der Reformation. Er selbst kommt hier zu einer für ihn entscheidenden Erkenntnis: Allein die Gnade Gottes kann den Menschen retten, keine gute Tat, kein weltliches Wirken. Die Zustände innerhalb der Kirche beobachtet der gottesfürchtige Theologe zunehmend kritisch. Damit steht er nicht allein. Vielerorts, in Wirtshäusern wie in Gelehrtenzirkeln, wird Unmut gegen Habgier, Ämterkauf und Verschwendungssucht des Klerus laut. Vor allem den schwunghaften Ablasshandel der römischen Kirche findet Luther unerträglich. Die päpstlichen Ablasshändler versprechen den Gläubigen, man müsse nur ein hübsches Sümmchen in die allerorts in den Kirchen aufgestellten Ablasskästen werfen, um sich von seinen Sündenstrafen wie Pilgerbußen und Fegefeuer freizukaufen. Das beschert dem Papst und anderen Kirchenfürsten wie dem mächtigen Erzbischof Albrecht von Brandenburg klingende Kassen.

Ein Mönch gegen Papst und Kaiser

Am 31. Oktober 1517 tritt Luther mit einem Donnerschlag an die Öffentlichkeit: Der Überlieferung nach nagelt er an diesem Tag die berühmten 95 Thesen an die Tür der Wittenberger Schlosskirche. Ob dieses legendäre Ereignis so tatsächlich stattgefunden hat, ist heute zwar umstritten – doch die 95 Thesen gibt es schwarz auf weiß. Klar und deutlich kritisiert er hierin den Ablasshandel und andere Missstände. In nachgedruckten Flugblättern verbreitet sich das Thesenpapier im Reich: Der Funke wird zu einem Flächenbrand. Die römische Kirche muss reagieren.

Im Sommer 1518 leitet der Papst einen Ketzerprozess ein. Aber Luthers Landesvater, der sächsische Kurfürst Friedrich III. der Weise, weigert sich, den rebellischen Mönch an die römische Kurie auszuliefern. Stattdessen soll Luther sich in Augsburg vor dem päpstlichen Legaten Kardinal Cajetan verteidigen. Er quartiert sich im dortigen Kloster St. Anna ein. Trotz Todesängsten beharrt Luther auf seinem Standpunkt, zweifelt sogar die päpstliche Unfehlbarkeit an. Nun geht es Schlag auf Schlag. Der Papst droht Luther mit dem Kirchenbann. Dieser verbrennt die päpstliche Bulle unter dem Jubel seiner Anhänger in Wittenberg. Darauf wird Luther als Ketzer aus der Kirche ausgeschlossen. Jetzt schaltet sich gar der Kaiser als höchste weltliche Autorität im Reich ein. Der erst kurz zuvor gekürte Karl V. will Luther auf seinem ersten Reichstag in Worms die Gelegenheit zum Widerruf geben. Am 18. April 1521 tritt Luther vor den Kaiser – und widerruft nicht. Als Einzelner stellt er sich gegen die höchste Autorität und beruft sich allein auf sein Gewissen, ein historischer Moment, bei dem er der Legende nach auch die berühmten Worte „Hier stehe ich und kann nicht anders“ gesprochen haben soll . Der Kaiser verhängt daraufhin die Reichsacht über den Reformator: Er gilt als vogelfrei, jeder darf ihn ungestraft töten.

Von Junker Jörg zum Ehemann

Kurz darauf ist Martin Luther verschwunden. Viele halten ihn für tot. In Wirklichkeit hat der sächsische Kurfürst ihn heimlich entführen und auf der Wartburg in Sicherheit bringen lassen. Dort nutzt Luther, verkleidet als "Junker Jörg" mit Bart und Adelstracht, die Zeit um das Neue Testament ins Deutsche zu übersetzen. Jeder soll Gottes Wort verstehen können. Die Bibel fürs Volk wird ein Bestseller. Doch während Luther auf der Wartburg festsitzt, weitet sich die Kritik am Klerus zu einem allgemeinen Aufruhr gegen soziale Missstände und die Obrigkeit aus.

Im Februar 1522 zerstören radikale Protestanten bei einem Bildersturm die Inneneinrichtung der Wittenberger Stadtkirche St. Marien. Entsetzt eilt Luther herbei und tritt in „seiner“ Kirche auf die Kanzel, um die Unruhen zu beenden. Auch von den blutigen Bauernaufständen 1524 distanziert er sich mit harten Worten. Er betont, ein Christ dürfe sich nie gegen die weltliche Obrigkeit auflehnen – außer in Glaubensfragen. 1525 wettert er am Geburtsort des Bauernführers und Theologen Thomas Müntzer, in der Kirche St. Martini in Stolberg im Harz, gegen den Bauernaufstand.

In dieser dramatischen politischen Situation trifft Luther für sich privat eine wichtige Entscheidung. Im Juni 1525 heiratet er die ehemalige Nonne Katharina von Bora, ein Jahr später kommt ihr erstes Kind zur Welt. Der Wittenberger Haushalt der Familie Luther wird zum Vorbild für viele protestantische Pfarrersfamilien. Katharina Luther kümmert sich um eine wachsende Kinderschar, beaufsichtigt Mägde und Knechte, Vieh und Landwirtschaft, versorgt durchreisende Gäste und eingemietete Studenten. Und sie hält das Geld zusammen. Lapidar stellt Luther fest: „In häuslichen Dingen füge ich mich Käthe. Im Übrigen regiert mich der Heilige Geist.“

Eine neue Kirche entsteht

Der Reformator konzentriert sich jetzt auf den Aufbau der protestantischen Kirche, verfasst Gebete und Lieder, stellt den Katechismus zusammen und bricht zu Visitationsreisen auf. In der Superintendentur in Torgau werden im März 1530 die „Torgauer Artikel“ verabschiedet, die Luther mit einem Theologenteam erarbeitet hat. Sie werden Grundlage des berühmten „Augsburger Bekenntnisses“, das die Protestanten auf dem Augsburger Reichstag 1530 dem Kaiser vortragen. Luther selbst, immer noch unter Acht und Bann, darf auf diesem Reichstag nicht auftreten. Er bleibt im Schutz der Veste Coburg zurück, predigt in dieser Zeit in der dortigen Kirche St. Moriz. Doch der Kaiser lehnt die neue Lehre rundweg ab. Erst zwei Jahre später kommen die widerstreitenden Parteien zu einer vorläufigen Einigung im „Nürnberger Religionsfrieden“. Jetzt werden die Protestanten nicht mehr verfolgt, der neue Glaube kann sich friedlich ausbreiten. In Leipzig etwa wird die Reformation an Pfingsten 1539 offiziell eingeführt: Luther persönlich steigt dazu auf die Kanzel der Thomaskirche.

Körperliche Leiden setzen dem alternden Reformator zu, er klagt über Tinnitus, Harnsteinkoliken, Kopfschmerzen. Von den Ärzten fühlt er sich gemartert. Anfang 1546 reist Luther nach Eisleben, um einen Streit der Mansfelder Grafen zu schlichten. Dort stirbt er am 18. Februar 1546, nicht weit von seinem Geburtshaus entfernt. Bevor man seinen Leichnam nach Wittenberg überführt, wird er in der Kirche Sankt Andreas in Eisleben aufgebahrt. Kurz zuvor hatte Luther in dieser Kirche noch gepredigt, unermüdlich darin, Gottes Wort zu verkünden und auszulegen. Dazu bediente sich der Reformator gern klarer, deftiger Worte: „Ein Prediger soll Zähne im Maul haben (...) und jedermann die Wahrheit sagen.“

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