Ehem. Außenlager des Konzentrationslagers Dachau
Landsberg am Lech, Bayern

Ehem. Außenlager des Konzentrationslagers Dachau

Fenster in die Vergangenheit

Fast 70 Jahre nach der Befreiung des KZ-Außenlagers Kaufering VII traten bei Sicherungsarbeiten an der Baracke 4 die Namenszüge von Allegra Mallel, Rachel Sulam, Suzanne Gaon und Laura Hasson zutage. Die vier jüdischen Griechinnen waren im Juli 1944 auf Rhodos verhaftet und über Auschwitz nach Bayern deportiert worden. Auf einer Tonröhre, die ineinandergesteckt das Dach ihrer primitiven Unterkunft bildeten – verewigten sich die jungen Frauen mit Bleistift und hinterließen somit eine besondere Erinnerung an das dunkelste Kapitel deutscher Geschichte.


Unmenschliche Bedingungen in seltener Architektur

Nachdem die Allliierten in den Jahren 1943 und 1944 die Luftüberlegenheit im Deutschen Reich erlangt und viele Rüstungsfabriken und Fertigungsanlagen zerstört hatten, fiel im Mai 1944 die Entscheidung, die Rüstungsproduktion in bombensichere Anlagen zu verlegen. Im bayerischen Landsberg am Lech wurde mit dem Bau des Bunkers „Weingut II“ begonnen, in dem nach Fertigstellung die Produktion von Jagdflugzeugen starten sollte. Rund um Landsberg entstanden unter dem Namen „Kaufering“ insgesamt elf Außenlager des KZ Dachau, in dem unter menschenunwürdigen Bedingungen nach aktuellem Stand rund 23.000, meist jüdische, Zwangsarbeiter untergebracht wurden.

Im Langer Kaufering VII hausten die männlichen Häftlinge in über 50 primitiven Erdbaracken, während die Frauen in fünf 80 m² großen Baracken untergebracht waren, die aus ineinandergesteckten, etwa 30 cm langen Terrakottaröhren bestehen. Die Häftlingsbaracke wurde auf einem Grundriss von 13,5 x 6,1 Metern errichtet. Das aus zwei Schalen Tonröhren, einer Zwischen- und einer Deckschicht aus Zementmörtel bestehende Gewölbe steht auf betonierten, etwa 130 cm hohen Sockeln. Im Gewölbescheitel sind drei Entlüftungsöffnungen eingelassen und in der Raummitte befindet sich ein gemauerter Kamin mit Ofenanschluss. Abgedichtet wurde die Konstruktion durch Teer. Diese ungewöhnliche Konstruktion geht auf ein Patent des französischen Architekten Jacques Couëlle (1902-1996) zurück. Die Röhren selbst wurden aus Südfrankreich, wo sie produziert wurden, durch die Organisation Todt nach Landsberg verbracht.

Erhalt zur Erinnerung

Nach dem Krieg wurden in den Baracken der Wachmannschaften und in einigen Tonröhrenbaracken Heimatvertriebene und Flüchtlinge einquartiert, die hier bis in die Mitte der 1960iger Jahre lebten. Die verbliebenen Bauten wurden 1983 unter Denkmalschutz gestellt, dank der großzügigen Spende eines Unternehmers gründete sich die „Bürgervereinigung Landsberg im 20. Jahrhundert“, um diese Stätte nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. 2009 wurde die Gedenkstätte an die Europäische Holocaustgedenkstätte Stiftung e.V. übertragen, die seit dieser Zeit die fachgerechte Konservierung der Bau- und Bodendenkmäler verantwortet.

Eintretende Feuchtigkeit hatte Salzausblühungen und Frostschäden an den Tonröhren der Baracken verursacht. Lange Risse zogen sich durch die Mörtelschicht, die Tragfähigkeit des Gewölbes war partiell nicht mehr gewährleistet. In den Jahren 2014 und 2015 unterstützte die Deutsche Stiftung Denkmalschutz die Gesamtsicherung dreier Tonröhrenbaracken. Die Arbeiten wurden mit dem Bayerischen Denkmalpflegepreis in Gold 2016 ausgezeichnet.

Konzentrationslager mit unterirdischen Bunkern und Erdhütten, zum KZ Dachau gehörend, 1944, Gedenkstätte seit 1985, Förderung 2014/15

Adresse:
Erpftinger Straße
86899 Landsberg am Lech
Bayern