Krematorium
Gotha, Thüringen

Krematorium

Am 10. Dezember 1878 geschah Außergewöhnliches in Gotha: Der Ingenieur Carl Heinrich Stier wurde im gerade fertiggestellten Krematorium auf dem Friedhof an der Langensalzaer Straße eingeäschert. Dabei war er bereits ein Jahr zuvor verstorben, hatte aber testamentarisch verfügt, dass er nur so lange in der Erde bestattet sein wollte, bis die von ihm mitgeplante Gothaer Anlage als erste in Deutschland in Betrieb ging. Dank der liberalen Haltung Herzogs Ernst II. von Sachsen-Coburg und Gotha war hier bereits 1874 der erste deutsche Feuerbestattungsverein gegründet worden. Trotz starker Gegnerschaft trieben Stier und seine Mitstreiter ihre Pläne mit Unterstützung des Gothaer Stadtrats und des Oberbürgermeisters Carl Heinrich Hünersdorf voran, so dass mit dem Bau des Krematoriums Anfang 1878 begonnen werden konnte. Erst mehr als zehn Jahre später entstanden in Heidelberg und Hamburg ähnliche Anlagen. Carl Heinrich Stier war als Sachverständiger an der Auswahl eines gasbetriebenen Ofens beteiligt, der in der Glashütte von Friedrich Siemens in Dresden entwickelt worden war. Nach wie vor bietet aber das vom Gothaer Stadtbaurat Julius Bertuch entworfene neoklassizistische Gebäudeensemble einen würdigen Rahmen für die Trauerfeierlichkeiten auf dem Gothaer Hauptfriedhof. Das langgestreckte neoklassizistische Hauptgebäude besitzt zwei durch eine Kolonnade verbundene, vorspringende Begrenzungsbauten, die tempelartig von einem Dreiecksgiebel bekrönt sind. Diese Tempel sind über mehrere Stufen und eine in drei Rundbögen geöffnete Vorhalle zugänglich. Im westlichen Tempel befindet sich die Leichenkammer, im östlichen das Krematorium und die Trauerkapelle. Daran angebaut ist im Hofbereich der Schornstein. An der Kolonnadenwand wurden ursprünglich die Urnen aufgestellt. 1892 erfolgte der Anbau einer rückwärtigen Urnenhalle durch dieselben Architekten. Sie ist über einen U-förmigem Grundriss als Pfeilerhalle mit glasüberdachtem Innenhof errichtet. Das Kolumbarium beherbergt Urnen von bedeutenden Persönlichkeiten, wie Bertha von Suttner, die vor etwa hundert Jahren in Wien verstorbene Pazifistin, Schriftstellerin und erste Friedensnobelpreisträgerin. Das Gothaer Krematorium war in der Folge Vorbild für weitere Anlagen dieser Art in Deutschland. 1994 wurde mit der Sanierung des Gebäudekomplexes begonnen. Das Thüringische Landesdenkmalamt, die Bundesstiftung Umwelt und die Deutsche Stiftung Denkmalschutz, die bisher rund 135.000 Euro beisteuerte, unterstützten die Stadt bei der Restaurierung dieses nicht nur für Gotha bedeutenden Denkmals. Nach Arbeiten an den durch Feuchtigkeit und Umwelteinflüsse geschädigten Fassaden wurde auch das Glasdach des Kolumbariums nach altem Vorbild erneuert.

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Neuklassizistischer Baukomplex, 1878 und 1892 erweitert von Julius Bertuch und Carl H. Stier, Förderung 2000, 2002/03

Adresse:
Langensalzaer Straße
99867 Gotha
Thüringen