Bei dem Lübecker Rathaus handelt es sich um einen Gebäudekomplex, der sich im Lauf der Jahrhunderte zu einem ausgedehnten malerischen Gruppenbau entwickelte. Das Backsteingebäude entstand im Wesentlichen in der Gotik. Das Rathaus bildet zusammen mit der Marienkirche, die es funktionell als "Kirche des Rats" ergänzt, einen hervorragenden städtebaulichen Zusammenhang und gibt eine Anschauung von der wirtschaftspolitischen Machtstellung Lübecks als Haupt der Hanse. Baubeginn war 1230 als Rat- und Gewandhaus mit drei parallel liegenden Langhäusern, die in der Mitte des 13. Jahrhunderts durch eine horizontale Stirnwand und eine davor gebaute Laube zusammengefasst wurden. Es folgten ständige Um- und Erweiterungsbauten in kurzer zeitlicher Folge. 1340–1350, als Lübecks Führungsrolle in der Hanse herausgebildet wurde, wich das alte Rathaus mit Ausnahme der Marktfront und des Kellers einem einheitlichen Neubau mit einer zweiten Schaufront zum Markt hin. Diese war beispielgebend für andere Rathäuser der Hanse, wie zum Beispiel Rostock, Stralsund und Thorn. 1435 ist die Marktseite erneut umgebaut worden mit der Ratswaage in den Erdgeschossarkaden. 1483 wurde das Kanzleigebäude über den an der Nordseite des Markts stehenden Buden errichtet und setzt einen effektvollen Akzent. Mit der Renaissancemarktfassade von 1570/71 vor der Laube und der Prunktreppe von 1594 war die Außengestaltung abgeschlossen. Im Ratssaal im Erdgeschoss, dem so genannten Audienzsaal, tagte das Obergericht. Ein von T. Evers reich beschnitztes Holzportal führt in den Raum, der seine heutige Struktur in den Jahren 1761–1765 auf Vorschlag des Dresdner Hofmalers Francesco Gandini erhielt. Die Wandgliederung erfolgt durch Pilaster und schmale Wandfelder, welche in die große Voute der Rokokostuckdecke eingreifen. In den Feldern gibt es zehn farbenprächtige Ölgemälde mit allegorischen Darstellungen von 1759–1761 von St. Torelli, welches bemerkenswerte Beispiele der venezianischen Schule in Norddeutschland sind. Es handelt sich um Darstellungen der Staatstugenden und der Lübecker Geschichte. Damit sollte den Ratsherren das Bild der "Bonum Commune", des "guten Regiments", immer vor Augen stehen. Vor der Restaurierung zeigte sich der Raum in einer über die Jahrhunderte farblich sehr veränderten letzten Fassung von 1963/64. Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz förderte die Freilegung und Neufassung der historischen Wandmalerei, die Aufarbeitung der großflächigen Wandgemälde sowie die Stuckarbeiten im Audienzsaal.
Adresse:
Breite Straße
23552 Lübeck
Schleswig-Holstein