Der Maler Paul Klee suchte hier ebenso Erholung wie der berühmte Biologe Ernst Haeckel und so manch gestresster Politiker der Kaiserzeit. In zauberhafter landschaftlicher Lage hatte Sanitätsrat Dr. Friedrich Barner 1900 sein "Rekonvaleszentenheim der besseren Stände" im Harz gegründet. Zwei Gründerzeit-Villen in regionaltypischer Holzbauweise bildeten den Grundstock der Anlage oberhalb des Orts Braunlage, deren weitläufiger Park direkt an den Wald grenzt. 1903 traf auch der gesundheitlich angeschlagene, junge Kunstgewerbler Albin Müller in dem kleinen aber feinen Sanatorium ein. Später sollte er sich als Architekt der Künstlerkolonie Mathildenhöhe in Darmstadt einen Namen machen.
Albin Müller verbrachte erholsame Wochen in Braunlage, freundete sich mit dem leitenden Arzt Dr. Barner an und kehrte zwei Jahre später mit einem Auftrag zurück: Zunächst sollte er den Empfangsbereich des Sanatoriums neugestalten. Der Lebensreformer Dr. Barner hatte erkannt, wie wohltuend die künstlerisch gestaltete Architektur zusammen mit der umgebenden Natur, der klaren Höhenluft und einer ganzheitlichen medizinischen Behandlung auf die Patienten wirken kann. Heute führen Dr. Barners Nachkommen das Haus in der vierten Generation. Wer sich hierher zurückzieht, den empfängt eine Atmosphäre der Ruhe, Eleganz und Ästhetik fernab vom stressigen Alltag.
Albin Müller schuf ein architektonisches Gesamtkunstwerk von der
Türklinke bis zur Wandverkleidung, vom Lichtdesign bis zur
Möblierung. Das zwischen 1912 und 1914 errichtete Haupthaus bezog
die beiden älteren Villen organisch mit ein. Jeder Raum empfängt
den Besucher mit einer besonderen, in sich stimmigen Atmosphäre.
Alles ist von großer Eleganz, Ruhe und Klarheit.
Fast alle Interieurs blieben erhalten und dienen sogar noch immer
ihrer ursprünglichen Funktion: ein seltener Glücksfall für dieses
lebendige Architekturdenkmal. In den Patientenzimmern nächtigen
heute Menschen mit Burn-Out-Syndrom oder Tinnitus. Wie in alten
Tagen ruft sie die Glocke zu den Mahlzeiten in den
lichtdurchfluteten blauen Speisesaal.
Doch ein jahrzehntelanger Sanatoriumsbetrieb geht selbst bei
achtsamem Umgang mit der historischen Substanz an einem solchen
Haus nicht spurlos vorüber. Brandschutz und Haustechnik entsprachen
schon längst nicht mehr aktuellen Anforderungen und auch die
Fassaden und Dächer benötigten nach Jahrzehnten eine
Instandsetzung.
Die Schwierigkeit bei der Sanierung ist jedoch: Sämtliche Arbeiten
müssen bei laufendem medizinischen Betrieb erfolgen. In einem
ersten Schritt wurde jedes einzelne Ausstattungsstück, ob
Wandpaneel oder Deckenleuchte, auf seine Restaurierbarkeit geprüft.
Als besonders diffizil erwies sich dies bei den wertvollen
Linkrusta-Tapeten und den seltenen, gemusterten Linoleumbelägen.
Solche selten erhaltenen Materialien sind selbst für erfahrene
Restauratoren eine Herausforderung.