Wer sich Schloss Türnich vom dicht bewachsenen Schlosspark aus nähert, den zieht das von einem Wassergraben umgebene Märchenschloss aus dem 18. Jahrhundert direkt in seinen Bann.
Kunsthistoriker nennen es in einem Atemzug mit Falkenlust, dem berühmten Jagdschloss des Kurfürsten Clemens August bei Brühl. Doch die Idylle trügt, die immensen Schäden dieses spätbarocken Schatzes sind dem Wasser geschuldet – fehlendem Wasser. Grundwasserabsenkungen aufgrund des nahen Braunkohleabbaus raubten der hölzernen Pfahlgründung die Standfestigkeit.
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Französisches Lustschloss mit tragischem Italienbezug
An der Stelle eines Vorgängerbaues ließ Freiherr von Rolshausen 1757 bis 1766 ein stattliches Herrenhaus errichten. Der zweigeschossige Bau im Stil eines französischen Lustschlosses und der vorgelagerte Wirtschaftshof auf hufeisenförmigem Grundriss entstanden vermutlich nach Entwürfen des kurkölnischen Baumeisters Michael Leveilly.
Schon 1850 wurde das Anwesen an die Grafen von und zu Hoensbroech, ein altes rheinisches Adelsgeschlecht, verkauft. Diese wurden mit dem Schlosskauf zu Besitzern der größten Braunkohlengrube in Türnich, einem Erwerbszweig, den sie erfolgreich betrieben, bis das Brikettgeschäft zu Beginn des 20. Jahrhunderts stagnierte. Reichsgraf und Marquis Franz-Eugen von Hoensbroech ließ das Schloss direkt nach Erwerb mit geschnitzten Boisserien und Deckenstuckaturen im Stil des sogenannten Zweiten Rokoko dekorieren, der kostbare Raumschmuck aus dem 18. und 19. Jahrhundert hat sich bis heute an Wänden und Türen erhalten. Tapisserien und kunstvoll geschnitzte Holztäfelungen zieren die Räume. Original sind auch die Griffe an Fenstern und Türen, die marmornen Kamine und Holz- und Parkettböden.
An die Nordostecke des Herrenhauses schließt die einschiffige Kapelle von 1895 an – ein besonderes Bauwerk mit tragischer Geschichte. Von Hoensbroech widmete die Kapelle seiner viel zu jung verstorbenen Gattin Hermine Gild. Diese erkrankte auf der Hochzeitsreise durch Italien an Tuberkulose und starb sieben Jahre später daran. Franz-Eugen hat nie wieder neu geheiratet. Die Kapelle ist der heiligen Elisabeth von Thüringen geweiht und gilt als einer der Höhepunkte des rheinischen Historismus. Das Innere beeindruckt durch seine neuromanische Ausstattung mit Marmorverkleidung und Wandgemälden im Stil der Nazarener.
Außen standfest, innen locker
Was den Hoensbroechs lange das Einkommen sicherte, war für Ihr prächtiges Anwesen Gift. Seit den 1950er Jahren senkte sich, bedingt durch den Braunkohleabbau, das Grundwasser um rund zwei Meter. Da das Schloss auf einer Tonlinse gebaut wurde, zog sich der Ton ohne Wasser zusammen, das gesamte Gebäude kippte. Seite 1979 stand das Herrenhaus deshalb leer und verfiel zusehends, die wertvollen Stuckarbeiten mussten mit Holzbalken gestützt werden, stählerne Zuganker verhinderten den Zusammenbruch des Herrenhauses.
Seit 2002 unterstützen die Deutsche Stiftung Denkmalschutz und zwei ihrer Treuhandstiftungen die schrittweise Instandsetzung von Schloss, Kapelle und Park. Mit ihrer Hilfe wurde das Dach erneuert, die Statik gesichert und der Hausschwamm bekämpft. Auch die Außenfassade von Schloss Türnich und das Innere der Schlosskapelle erstrahlen mit Unterstützung der Stiftung wieder in altem Glanz. Trotz aller Fortschritte: Noch immer stehen hölzerne Stützen im Innern des Gebäudes und sichern Decken und das Treppenhaus. Es gibt noch viel zu tun, um diesen idyllischen Flecken inmitten des rheinischen Braunkohlerevier dauerhaft zu erhalten.
Schloss in Kerpen, Türnich
Annette Liebeskind, Deutsche Stiftung Denkmalschutz
Schloss Türnich in Kerpen
Roland Rossner, Deutsche Stiftung Denkmalschutz
Schloss Türnich in Kerpen
Roland Rossner, Deutsche Stiftung Denkmalschutz
Schloss Türnich in Kerpen
Roland Rossner, Deutsche Stiftung Denkmalschutz
Adresse:
Schloss Türnich
50169 Kerpen
Nordrhein-Westfalen
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