Steinernes Festbuch

In einem Gebiet, in dem seit über tausend Jahren Wein angebaut wird, mag auch die Kunst zuweilen weinselig sein. Sonst eher mit Pretiosen betraut, komponierte Hofjuwelier Johann Christian Steinhauer seinem Herzog Christian von Sachsen-Weißenfels ein Trinklied aus Stein zum Geburtstag. In Großjena bei Naumburg ließ er 1722 auf rund 200 Metern Länge zwölf überlebensgroße Reliefs, ein "Festbuch", in den Berghang meißeln. Da wurde eine Sandsteinbank am Fuß eines Weinbergs zur barocken Bühne, auf der sich — mehr oder weniger berauscht — alt- und neutestamentarische Gestalten tummeln. Wir entdecken das Gleichnis vom Weinberg und das Hochzeitswunder von Kanaa. Auch König David und Noah als Weinbauern sind mit von der Partie. Christus selbst steht in der Kelter. Auch wenn sich auf den ersten Blick alles nur um den Wein und seine Wonnen dreht, können die meisten Motive doch als Hinweise auf die Passion Christi gelesen werden. Während der letzten Jahrzehnte sind die Reliefs durch Umweltbelastung stark verwittert. Pflanzenwuchs trug seinen Teil zum Zerstörungswerk bei. Für eine flächendeckende Festigung der Felsbilder mussten in mühsamer Kleinarbeit große Mengen von Steinfestiger in den bröckelnden Sandstein injiziert werden. Diese Arbeiten haben deutschlandweit Modellcharakter, daher förderte auch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt in besonderem Maße. So wie der Juwelier Steinauer einst Stifter gewann, um die Reliefs verwirklichen zu können, helfen heute Stifter in der Obhut der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, das ungewöhnliche Weinrelief im Naumburger Blütengrund weiterhin zu pflegen.

Spenden Sie jetzt für Gärten und Parks

Weinbergterrasse mit monumentalen Sandsteinreliefs, 1722; Förderung 1999, 2001-03, 2013, 2016, 2018

Adresse:
Blütengrund
06618 Naumburg (Saale)
Sachsen-Anhalt