Tieranatomisches Theater
Bezirk Mitte, Berlin

Tieranatomisches Theater

Errichtung einer Tierarzneischule durch Friedrich Wilhelm II.

Weil "der Schaden, der aus Mangel an guten Ross-und Viehärzten für das Land und die Cavallerie von allertraurigsten Folgen" sei, ließ König Friedrich Wilhelm II. 1787 in Berlin eine Tierarzneischule einrichten. Hier sollten Soldaten zu "Curschmieden"und "Thierärzten" ausgebildet werden, um seiner Armee gesunde Pferde zu sichern und Tierseuchen zu erforschen. Beauftragt wurde hierfür der berühmte Architekt Carl Gotthard Langhans, der zeitgleich auch das Brandenburger Tor errichtete. Gelegen ist das Anatomische Theater inmitten hoher Bäume und umgeben von alten Institutsgebäuden der Berliner Humboldt-Universität an der Luisenstraße. Damals noch der von Friedrich Wilhelm II. erworbene Reußsche Garten, der zu den schönsten Gärten Berlins in jener Zeit zählte.

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Architektonische Vorbilder aus Italien

Langhans nimmt mit seinem Bau Bezug auf italienische Renaissancevillen wie die Rotonda von Palladio in Vicenza und erinnert zugleich an das erste Anatomische Theater von 1594 in Padua. Dort fanden die ersten öffentlichen Sektionen statt - damals eine Revolution für die Anatomie. Der Name "Theater" wurde für die Berliner Einrichtung übernommen, auch wenn der öffentliche Charakter der Sektionen hier stark eingeschränkt war. Die Aussenfassaden des Tieranatomischen Theaters in Berlin sind reich mit plastischen Figuren geschmückt, die Rinderschädel darstellen - sogenannten Bukranionen. Dieses architektonische Schmuckelement der Antike wurde in der Renaissance nach alten Vorlagen wieder aufgegriffen.

Konstruktion und Dekoration

Im Inneren findet man einen kreisrunden Hörsaal vor, dessen Sitzreihen hinter den Holzgeländern amphitheatrisch ansteigen. Das Gestühl ist bis heute eine Originalkonstruktion von 1798. Die Kuppel des Raums ist plastisch ausgemalt. Betrachtet man den Boden etwas genauer, kann man eine ehemalige Öffnung entdecken. Auf einem Hubtisch wurden damals die Tierkadaver aus dem darunter liegenden Präpariersaal in den Vorlesungsraum befördert. Dass es sich um eine ehemalige Tierarzneischule handelt, wird jedoch nicht nur durch die Konstruktion des Raumes offensichtlich. Über den Fenstern des Saals prangen aus Lindenholz geschnitzte Pferdeschädel, in der Bibliothek schmücken glänzend polierte Ziegenschädel die Schränke und auf den Fensterbögen an der Außenfassade finden sich Rinderschädel.

2012 Sanierung von Fassade und Dach

Ab 1874 wurde der Bau mehrfach erweitert. Zunächst durch einen Anbau durch den Architekten J. Emmerich. Es folgte zwischen 1935 und 1937 eine Erweiterung des Gebäudekomplexes durch eine Schlachthalle. Bis in die 1990er Jahre wurde das Gebäude für Vorlesungen genutzt. Über die Jahre hatten Verwitterungen der Fassade deutliche Schäden zugeführt. Seit 2003 setzt sich die Deutsche Stiftung Denkmalschutz gemeinsam mit der eigens gegründeten Treuhandstiftung "Stiftung Anatomisches Theater" für den Erhalt des historischen Baus ein und beteiligte sich auch an der Instandsetzung der Fassade. Jedoch zeigte sich in den folgenden Jahren, dass das Schadensbild noch viel umfassender ist. Auch die Innenräume und das Dach mussten dringend restauriert werden. Dabei wurde jeweils mit finanzieller Beteiligung der Deutschen Stiftung Denkmalschutz und ihrer Treuhandstiftung auch das Hörsaal-Gestühl aufgearbeitet. Seit Herbst 2012 erfreut sich der vorbildlich restaurierte Langhansbau einer neuen Nutzung als repräsentativer Veranstaltungsort für festliche Anlässe und beherbergt seither auch eine öffentlich zugängliche Ausstellung zu seiner Geschichte und Sanierung. 2014 erfolgt darüber hinaus die Instandsetzung des qualitätvollen Anbaues, der sog. "Gerlachbau" von 1874.

Putzbau mit Rotunde, 1790 von Carl G. Langhans, 1873-75 erweitert von Julius Emmerich (sog. Gerlachbau), Förderung 2004, 2006-08, 2010/11, 2014/15

Adresse:
Luisenstr.
10117 Bezirk Mitte
Berlin