Weberzunfthaus

Wangen, nicht weit vom österreichischen Ufer des Bodensees entfernt, erhebt sich über einem mittelalterlichen Grundriss, nach einigen großen Bränden ist das Erscheinungsbild der ehemaligen Reichsstadt heute jedoch geprägt von der Formensprache des 16. Jahrhunderts. In dieser Zeit wirtschaftlicher Blüte florierte hier die Leinwanderzeugung, es wurde Flachs angebaut, Garn hergestellt und Stoff gewebt, den man bis nach Russland, Polen und England lieferte. Neben dem Rathaus ist so das Zunfthaus der Weber das älteste und mit seiner Ausmalung aus der Renaissancezeit auch das am reichsten ausgestattete profane Gebäude der Stadt. Es setzt sich zusammen aus einem dreigeschossigen Steinbau von 1342 und einem gleich hohen, aber nur zweigeschossigen, ebenfalls in Massivbauweise ausgeführten Bau aus dem Jahr 1477. Im Obergeschoss des älteren Bauteils findet sich eine verzierte gewölbte Bohlenbalkendecke aus dem Erbauungsjahr. Der 1477 eingerichtete Zunftsaal im jüngeren Teil birgt eine noch größere Kostbarkeit: Der an drei Seiten durch weite Wandnischen mit großen Fenstern gegliederte Raum ist von manieristischen Fresken überzogen, deren einzigartiges Bildprogramm religiöse wie bürgerliche Themen umfasst – heraldische Motive in den Bogenfeldern über den Fenstern symbolisieren Reichstreue, über der Eingangstür wacht der heilige Severus von Ravenna, Schutzpatron der Weber, während Monatsbilder, die den bäuerlichen Jahreslauf thematisieren, die Fenster flankieren. Diese Ausmalung, die eine noch feststellbare erste Farbfassung von 1477 überdeckt, entstand bis 1591, als das Haus schon seit Jahren städtisches Gesellschaftshaus war und der ehemalige Zunftsaal als Trinkstube der Handwerker und Bürger genutzt wurde. In den 1980er Jahren wurde eine statische Sicherung des Gebäudes dringend erforderlich, weil Schäden in Mauerwerk und Holzgefüge es im Bestand bedrohten. Erst danach konnte die Restaurierung von Zunftsaal und Bohlenstube angegangen werden. Mithilfe der Deutschen Stiftung Denkmalschutz wurde die Instandsetzung der Zunftsaal-Ausmalung von 1591 und der Erhalt der mittelalterlichen Bohlenstube möglich.

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Massiver Steinbau, 1347, erweitert 1477, Förderung 1995/96, 1998

Adresse:
Zunfhausgasse
88239 Wangen
Baden-Württemberg