Bahnhof Balduinstein
Balduinstein, Rheinland-Pfalz

Bahnhof Balduinstein

Denkmal der Bahngeschichte

Das Eisenbahnzeitalter begann für das Lahntal Ende der 1850er Jahre. Rückblick ins Panoptikum, ein Tag um 1850: Erzherzog Stephan von Österreich (1817-67) wird bei Adolph von Nassau (1817-1905) vorstellig, dem Souverän der Region und späteren Großherzog von Luxemburg. Beide tragen Säbel und Uniform, beide sind eng miteinander verwandt und siezen sich. „Ich brauche einen Bahnhof!“, so der Wortlaut, als Erzherzog Stephan von Österreich fasziniert vom Fortschritt der Eisenbahn auf einen Lichtblick in diesem Landstrich an der Lahn hoffte. Die Grafschaft Holzappel im Nordosten des heutigen Rheinland-Pfalz war dem technikinteressierten Enkel des Kaisers des Heiligen Römischen Reichs Leopold II. (1747-92) über seiner Mutter Hermine (1797-17) aus der Nebenlinie Anhalt-Bernburg-Schaumburg-Hoym zugefallen. Der Bahnhof Balduinstein wurde 45 Jahre nach diesem für ihn prägenden Ereignis eröffnet.

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Ein Bahnhof für den Adel

Stephan von Österreich baute 1850-55 in Balduinstein die Schaumburg aufwändig in neugotischem Stil zum heutigen Schloss um. Er richtete eine Gemäldegalerie und eine Bibliothek ein und sammelte daneben Münzen und Mineralien. Auch ein Tierpark geht auf den Adeligen aus der Kaiserdynastie zurück. Stephan blieb unverheiratet und ein Schöngeist - wenn man so will ein Herrscher ohne Aufgabe, denn der ehemalige Zivilgouverneur von Böhmen und stellvertretende Palatin von Ungarn hatte im Rahmen der Revolution von 1848/49 in Österreich seine Macht verloren, sich daraufhin auf die Schaumburg zurückgezogen.

In den 1850er Jahren begann der Bau der Lahntalbahn, die ursprünglich von Oberlahnstein, heute von Niederlahnstein über Balduinstein und Limburg nach Wetzlar führt. Die Züge beginnen heute linksrheinisch in Koblenz und überqueren den Rhein über die Horchheimer Brücke. Der alte Bahnhof Balduinstein wurde 1862 eröffnet. Der spätklassizistische Bau entstand nach Plänen des Diezer Architekten Heinrich Velde (1827-1905), der auch zahlreiche weitere Bauten entlang der Bahnstrecke entwarf. Der Bahnhof liegt nahe der Lahnbrücke. Der zweigeschossige Mittelbau wird flankiert von dreigeschossigen, risalitartig vorspringenden Eckbauten. An den nördlichen Eckbau ist ein weiterer, zweigeschossiger Kopfbau angesetzt, an der Eingangsseite links und rechts jeweils Dachterrassen. Zwischen den Kopfbauten befindet sich eine laubenartige Vorhalle mit gusseisernen Stützen. Das Innere beherbergt einen aufwendig gestalteten Empfangsraum und das mit einer bemalten Stuckdecke ausgestattete Fürstenzimmer.

Der Bahnhof Balduinstein war eigentlich nur als Bahnsteig für Adlige aus ganz Europa gedacht. Die Schaumburg sollte mit dem Bau der Lahntalbahn leicht erreichbar werden. Erzherzog Stephan hatte sich deshalb ein repräsentatives Empfangsgebäude für seine Gäste auf der soeben neu gestalteten Schaumburg gewünscht. Es sollte über einen eigenen Eingang vom Bahnhofsvorplatz sowie Bahnsteigzugang verfügten. Der Habsburger war ein reaktionärer Geist, mit dem Plebs sollten sich seine Gäste nicht mischen müssen. Doch bereits im Sommer 1863 erwies sich das nur 15 Quadratmeter große Empfangsgebäude als zu klein. Erzherzog Stefan ließ deshalb das Eckzimmer des ersten Stocks zum Warteraum für seine Gäste zusätzlich nutzen.

Bahnhof mit neuer Nutzung

1991 wurde das Bahnhofsgebäude in die Denkmalliste des Landes Rheinland-Pfalz aufgenommen. Es ist ein Zeugnis des künstlerischen Schaffens und des technischen Wirkens des 19. Jahrhunderts im Lahntal und für den Ort Balduinstein prägend. Die Deutsche Bahn AG verkaufte das Gebäude 2004. Mit dem Umbau der Lahntalbahn hatte es zudem später keine Funktion mehr, denn der Bahnhof wurde aufgegeben. Im Erdgeschoss entstanden ein Café und Ausstellungsräume, im Ober- und Dachgeschoss Ferienwohnungen.

Bahnhof in spätklassizistischem Stil; beauftragt von Erzherzog Stephan von Österreich; Eröffnung 1862; Förderung 2020

Adresse:
Bahnhofstr. 17-19
65558 Balduinstein
Rheinland-Pfalz