Noch heute finden sich in Deutschland zahlreiche Heilbäder, die ihren Ursprung vielfach im 17. Und 18. Jahrhundert haben. Auf der Suche nach Salz, das im vorindustriellen Europa ein bedeutender Wirtschaftsfaktor war, stieß man vielerorts auf Mineralquellen. Schnell realisierte man die positiven Eigenschaften des Mineralwassers, und erste Heilbäder entstanden, die vor allem durch das Großbürgertum und den Adel genutzt wurden. Den einfachen Bevölkerungsschichten blieb der Besuch dieser Bäder verwehrt. Zum Einen war bereits die Anreise mit hohen Kosten verbunden, zum anderen verhinderten die Standesunterschiede schlichtweg den Zugang zu den prunkvoll ausgestatteten, mondänen Badeanlagen. Als Gegenentwurf entstanden für die einfachen Leute die sogenannten „Bauernbäder“. Eines dieser Bäder hat sich noch heute im Original im ostwestfälischen Kirchlengern erhalten.
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Das letzte original erhaltene Bauernbad Ostwestfalens
Im heutigen Kirchlengern-Rehmerloh im Landkreis Herford erschloss der Landwirt Bösch 1883 eine Mineralwasserquelle und errichtete ein Bade- und Logierhaus.
Das Badehaus zeigt sich als eingeschossiger, unverputzter, im Giebelbereich durch Gesimse gegliederter Backsteinbau. In seinem Innern befinden sich vier Baderäume und zwei Stuben, die als Aufenthaltsräume dienten. Diese sind beidseitig an einem mit Tonplatten belegten Mittellängsflur angeordnet. Die Innenwände des Gebäudes sind in Fachwerk gestaltet. Jeder Raum wird durch ein Fenster mit vierflügeligen Kreuzstockfenstern in den Traufwänden belichtet. Die Türblätter stammen aus der Bauzeit. Das Wasser der hinter dem Haupthaus gelegenen Quelle wurde mithilfe einer Pumpanlage zum Kessel zur Warmwasserbereitung und dann über Leitungen in die einzelnen Wannen geführt.
Jeder Baderaum ist durch einen hölzernen Sichtschutz in zwei Stuben mit Badewannen aufgeteilt. Die Wannen selbst bestanden, man kann es sich kaum noch vorstellen, aus mit Zement verputztem Backstein und waren halb im Boden versenkt. Erst im frühen 20. Jahrhundert leistete man sich zwei emaillierte Wannen, die gegen einen entsprechenden Aufpreis genutzt werden konnten.
Die Badedauer betrug 20 Minuten, gebadet werden konnte nur zwischen Pfingsten und Erntedank, da das Gebäude nicht beheizbar war.
Da die ländliche Bevölkerung das Bad vorwiegend am Wochenende zur Reinigung nutzte, konnten unter der Woche Heilbäder mit Badezusätzen angeboten werden, die vornehmlich von auswärtigen Gästen genutzt wurden. Zur Unterbringung wurden im Obergeschoss drei Logierzimmer eingerichtet.
Ende der Badekultur nach dem Zweiten Weltkrieg
Nach Kriegsende 1945 wurden Badekuren nicht mehr von den Krankenkassen anerkannt, infolgedessen mussten viele Bauernbäder aufgrund fehlender Rentabilität schließen, nicht wenige verschwanden in den darauffolgenden Jahrzehnten aus den Ortsbildern. Das Rehmerloher Badehaus konnte noch bis in die 1970er Jahre betrieben werden und ist weitgehend im Originalzustand erhalten. Es gilt heute als das einzige, in weitgehendem Originalzustand erhaltene technische Denkmal dieser Art in Westfalen.
Durch den langen Leerstand wurde das Dach undicht, das Mauerwerk und die Fundamente verfielen. Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz unterstützte im Jahr 2000 die Maßnahmen zur Instandsetzung gemeinsam mit dem Förderverein, der das Gebäude betreut, nutzt und als Kulturdenkmal bewahrt.
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Backsteinbau mit Satteldach, 1883, Förderung 2000
Adresse:
Rehmerloher Straße
32278 Kirchlengern
Nordrhein-Westfalen
Das ehemalige Bauernbad erzählt seine Geschichte
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