Bernburg, Sachsen-Anhalt

Gymnastikhalle im Lohelandgarten

Wichtiges Zeugnis der Reformbewegung

Die Gymnastikhalle im Bernburger Stadtpark „Alte Bibel“ war ganz in Vergessenheit geraten und sollte schon einem Parkplatz weichen, bis man sich an ihre Bedeutung erinnerte: Sie ist ein wichtiges Zeugnis der so genannten Reformbewegung in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, einer Gegenbewegung zu gesellschaftlich-kulturellen Entwicklungen der Zeit, die u.a. alternative Lebensweisen propagierte, wie u.a. zur Naturheilkunde, vegetarischen Ernährungsformen, Kleiderordnungen, dem Leben in gemeinschaftlichen Kommunen und dem Schulwesen.

Die Gymnastiklehrerin Magdalene Trenkel (1894–1967) ließ den Holzbau 1935 auf einem Grundstück bauen, das sie „Lohelandgarten“ taufte. Damit erinnerte sie an ihren Ausbildungsort die Loheland-Gemeinschaft im heutigen Hessen – ein Mitglied des Deutschen Werkbunds und Gründungsmitglied des Deutschen Gymnastikbundes 1925.

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Enge Verbindung zur Lohelandsiedlung

Magdalene Trenkel lernte 1914/15 bei den beiden Gründerinnen von Loheland, Hedwig von Rohden und Louise Langgaard, deren umfassendes Körperbildungskonzept, das später „Loheland-Gymnastik“ genannt wurde. Loheland war in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts – auch durch seine handwerklichen Produkte deutschlandweit bekannt. Schon früh hatte sich Magdalene Trenkel als Gymnastiklehrerin selbständig gemacht, was zu dieser Zeit für eine Frau keinesfalls selbstverständlich war. Über Walter Gropius (1883–1969), dem ersten Direktor und Gründer des Weimarer Bauhauses, der von ihrer Arbeit überzeugt war, gehörten auch Bauhaus-Studenten zu ihren Schülern.

Gymnastik wurde im Sommer draußen unterrichtet, für den Winter mussten sich die Gymnastiklehrer rechtzeitig Räumlichkeiten suchen, die jedoch selten optimal waren. So verwirklichte sich Magdalene Trenkel 1935 einen Traum, als sie nach einem Entwurf des Berliner Architekten Carl Börner eine Gymnastikhalle errichtete. Für deren optimale Ausgestaltung stand sie im Kontakt mit den Leiterinnen von Loheland. Die kleine Halle wurde aus Holz auf einer massiven Bodenplatte von etwa 100 Quadratmetern gebaut. Sie ist von einem Walmdach mit einem kräftigen Dachüberstand gedeckt und mit dunklem Holz verkleidet. Eine vierteilige Tür, die sich geöffnet in die Wand einfügt, führte über ein Podest aus Ziegeln in den Garten. Der Gymnastiksaal besitzt eine gewölbte Decke, die wie die Wände mit Holzplatten verkleidet ist. Er erinnert mit seiner Gestaltung an Holzarchitektur der Loheland-Gemeinschaft.

Vor dem Abriss gerettet

Ein möglicher Abriss der Gymnastikhalle ist vom Tisch, seitdem das Schaffen Magdalene Trenkels wieder in das Bewusstsein der Bernburger gerückt ist. Neben der Reformpädagogik ihrer Gymnastikkurse betreute sie auch Generationen von Kindern Bernburgs nachmittags und in den Ferien. Obwohl ein Abbruch der Halle umgangen werden konnte, mussten so schnell wie möglich die Schäden an der Dacheindeckung und den Regenrinnen behoben werden, um weitere Wasserschäden zu vermeiden. Auch wurde bereits das Fundament unterspült. Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz konnte bei der Sanierung unterstützen. Künftig möchte man in dem historischen Gebäude an die Arbeit der berühmten Gymnastiklehrerin von einst erinnern.