In den Großstädten mit ihrer Wohnungsnot und dem immensen Bevölkerungszuwachs im Zuge der Industrialisierung waren die „Schlafgänger“ ein weit verbreitetes Phänomen. Gegen ein kleines Entgelt mieteten beispielsweise Schichtarbeiter ein gerade nicht benötigtes Bett in Privatwohnungen. Mancherorts schliefen so drei Menschen (Männer und Frauen) nacheinander im gleichen Bett im Achtstundenwechsel – ein großes hygienisches und damals vermutlich auch moralisches Problem. Die Wohnungen der Arbeiter, der ärmsten Bevölkerungsschicht, waren auch durch die Schlafgänger immens überbelegt.
Seit Ende des 19. Jahrhunderts entstanden als Abhilfe die Ledigenheime, oft in Nähe zu großen Industriebetrieben oder in Trägerschaft der Kirche – zur Bindung der Menschen an ihren Arbeitgeber oder zumindest an die Moral. Hier sollten die Arbeiter in familienähnlichen Strukturen leben.
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Leben auf acht Quadratmetern
Das Hamburger Ledigenheim, bekannt als „Ledigenheim Rehhoffstraße“, wurde 1913 eröffnet. Damals galt es als hochmodern: Es gab 112 kleine, möblierte und funktionale Einzelzimmer, Küchen und Waschräume auf jeder Etage sowie ein repräsentativer Speise- und Lesesaal im Erdgeschoss. Ein Pförtner sorgte dafür, dass Frauen keinen Zutritt erhielten. Die Zimmermiete betrug inklusive Reinigung und Wäsche 13 bis 17 Mark im Monat.
Das backsteinsichtige Gebäude entstand im Auftrag des Bau-Vereins zu Hamburg und wurde von den Architekten Wilhelm Behrens und Ernst Vicenz geplant. Sie errichteten das Ledigenheim als Teil eines größeren Komplexes mit Arbeiterwohnungen auf einem dreieckigen Grundstück in Hafennähe. In den ersten Jahrzehnten wohnten dort insbesondere Seeleute und Hafenarbeiter, das Haus stand und steht aber allen Berufsgruppen und Konfessionen offen.
Die dreieckige Gebäudeform erinnert an einen Schiffsbug. Das Ledigenheim fällt dabei mit einer detaillierten Fassadengestaltung und den Rundbogenfenstern im Erdgeschoss auf.
Eines der letzten Ledigenheime Deutschlands
Heute gilt das „Ledigenheim Rehhoffstraße“ als Denkmal der Hamburger Kultur- und Sozialgeschichte und relevanter Ort der Stadtteilkultur in der südlichen Neustadt. Das Gebäude dokumentiert als eines der letzten seiner Art in Deutschland eindrucksvoll die gesellschaftlichen Entwicklungen zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Der Zweck ist angesichts hoher Mieten immer noch unverändert: Preiswerten Wohnraum für alleinstehende Männer schaffen. Jahrelang stand es aufgrund großer baulicher Mängel kurz vor der Schließung. Das gesamte Gebäude ist stark sanierungsbedürftig. Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz ermöglichte 2023 restauratorische Voruntersuchungen, als Grundlage für eine denkmalgerechte Sanierung dieser besonderen sozialen Institution.
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Dreieckiger backsteinsichtiger Bau, 1913 als Heim für alleinstehende Männer eröffnet, Förderung 2023.
Adresse:
Rehhoffstr.
20459 Hamburg
Hamburg
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