Maifeldtribüne und Langemarckhalle
Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf, Berlin
(c) Fridolin freudenfett / Wikimedia Commons

Maifeldtribüne und Langemarckhalle

Völkerverständigung vor Propagandakulisse

So friedvoll und weltoffen wie in den ersten zwei Augustwochen des Jahres 1936 sollte sich das Deutsche Reich unter dem Hakenkreuz nie wieder präsentieren. Nachdem die Olympischen Spiele in Berlin 1916 aufgrund des 1. Weltkriegs ausgefallen waren, bot die erneute Vergabe in die Reichshauptstadt für Hitler eine willkommene Möglichkeit, Deutschland unter seiner Führung als ein friedliebendes, soziales und wirtschaftlich aufstrebendes Land darzustellen. Eine ausgeklügelte Propagandamaschinerie ließ die vielen internationalen Gäste und Berichterstatter zwischen dem 1. und 16. August nur das sehen, was sie sehen sollten. Noch heute erinnern die fast vollständig erhaltenen Anlagen des ehemaliges Reichssportfelds, dem heutigen Olympiagelände, an diese letzten „Spiele der Völkerverständigung“, bevor Europa im Chaos des von Berlin ausgehenden 2. Weltkriegs versank.

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Bezug zur Antike

Anstelle des für die Olympiade 1916 erbauten „Deutschen Stadion“ errichtete Architekt Werner March ab 1934 das „Reichssportfeld“. Hierbei folgte er von Beginn der Planungen an eng den Vorgaben Hitlers. Am gesamten Ensemble des Olympiageländes sollten die wesentlichen Aspekte der nationalsozialistischen Ideologie ablesbar sein. Sämtliche Großbauten und Plätze wurden an klar gegliederten Achsen ausgerichtet. Die Bauweise mit roh bearbeiteten Werksteinen sollte auf pathetische Weise die Antike nachahmen, betont durch zahlreiche Großskulpturen mit völkischer Bildsprache. Große Teile der Anlage wurden als Aufmarschplätze für die Menschenmassen geplant. Das bekannteste Bauwerk im Gesamtensemble im Berliner Westend stellt sicherlich das Olympiastation dar, dem nicht nur weltweite Aufmerksamkeit im Rahmen der Fußball-WM 2006 zuteil wurde, sondern das auch jährlich Austragungsort des DFB-Pokalfinales ist.

Propagandasymbol und Cricketplatz

Den westlichen Abschluss der von Werner March geschaffenen Achse mit dem Olympia-Stadion als Mittelpunkt bildet das sogenannte Maifeld mit dem Glockenturm. Stufenförmige Tribünenwälle umgeben das Areal, dessen westliche Haupttribüne ehemals über 45.000 Steh- und 4.500 Sitzplätze verfügte. Hier fanden während der Olympischen Spiele die Polo- und Dressur-Wettkämpfe der Reiter statt, später versammelten sich hier bis zu 700.000 Teilnehmer bei Großkundgebungen. Die britischen Besatzungstruppen nutzen das Maifeld von 1945 bis 1994 als Teil ihres Hauptquartiers, neben Cricketwettkämpfen fand hier jährlich bis zum Truppenabzug nach der Wiedervereinigung die Geburtstagsparade für Königin Elisabeth II. statt.

Totalitäre Architektur als Denkmal in der Demokratie

Markant erhebt sich der 75 Meter hohe Glockenturm über der Haupttribüne, die beidseitig des Mittelbaus von je 260 Meter langen Treppenanlagen flankiert wird. In der Glockenstube an der Spitze des Turms befand sich die Olympiaglocke, das Logo der Sommerspiele 1936. Nach einem Feuer gegen Ende des 2. Weltkriegs war der Bau nicht mehr standsicher und wurde 1947 durch britische Poiniere gesprengt. Ein Wiederaufbau nach alten Plänen erfolgte zwischen 1960 und 1962 durch Werner March.

Kern der Mitteltribüne ist die Langemarckhalle im rückwärtig gelegenen Obergeschoss. Sie ist dem Andenken der im Ersten Weltkrieg gefallenen deutschen Jugend gewidmet, insbesondere der Freiwilligen-Regimenter, die, unzureichend ausgebildet und ausgerüstet, beim Sturm auf Langemarck (bei Ypern in der belgischen Provinz Westflandern) am 10. November 1914 vernichtend geschlagen wurden. Die Halle erinnert somit an die vorausgegangene Generation, der die Ausrichtung der Olympischen Spiele im Jahre 1916 verwehrt war und die stattdessen auf den Schlachtfeldern des Ersten Weltkrieges geopfert wurde. Die propagandawirksamen Absichten der Erbauer sind hier unverkennbar, der sinnlose Kriegstod wurden zum "Heldentod" stilisiert.

Durch die ideologische Selbstdarstellung des Nationalsozialismus und die für viele ähnliche Gedenkstätten in Deutschland als Vorbild für "Heldengedenkstätten" genutzte Langemarckhalle zählt die Maifeldtribüne zu den schwierigsten Denkmalen Berlins. Das "Dokumentations- und Besucherzentrum Langemarckhalle" trägt dieser besonderen Verantwortung heute Rechnung. Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz förderte 2005 und 2006 die Generalsanierung der Maifeldtribüne.

Sportanlage mit Tribüne und ausgedehnter Grünfläche, 1934-36 von Werner March, Förderung 2005/06

Adresse:
Am Glockenturm
14053 Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf
Berlin