"Mein Leben, alles was ich bin, ist durch Friedelhausen durchgegangen, wie ein ganzer Fluss durch die Wärme einer besonnten Gegend geht, ausgebreiteter und breiter gleichsam und glänzend mit allen seinen Wellen...". Das schrieb der berühmte deutsche Lyriker
Rainer Maria Rilke (1875-1926) über den Ort und das Denkmal Schloss Friedelhausen. Viele Wochen waren er, seine Frau Clara und Tochter Ruth bei Gräfin Luise von Schwerin (1849-1906) zu Gast auf dem einsam gelegenen Schloss oberhalb des Flüsschens Lahn - einem Ort, der bis heute so sehr mit den herrlich melancholischen Sätzen von Rilke verschmelzen mag.
1905 hatte die verwitwete Luise von Schwerin den Dichter während eines Kuraufenthalts in Dresden kennengelernt. Die kunst- und literaturbewusste Gräfin lud den armen Poeten in ihr Elternhaus nach Schloss Friedelhausen ein. Sie protegierte ihn, bestärkte ihn in seiner Dichtkunst und vermittelte ihn an Karl von der Heydt, Bankier und Sammler, der Rilke als erster Mäzen von dieser Zeit an finanzierte.
Ein Schloss gegen das Heimweh
Schloss Friedelshausen bei Lollar, auf einem Bergrücken mitten im waldreichen Hessen gelegen, verbreitet auf den ersten Blick einen eher morbiden Charme. Ein Ort zum Sterben schön, möchte man fast sagen. Und dabei ist das Schloss ein Liebesbeweis des Bauherrn an seine Gattin. Der Vater von Rilkes Unterstützerin Gräfin Luise, Freiherr Adalbert von Nordeck zu Rabenau, war ein angesehener Diplomat. Er wurde als liberal gesinnter Abgeordneter nach der Deutschen Revolution 1848 in das erste gesamtdeutsche Parlament, das in der Paulskirche in Frankfurt am Main zusammenkam, gesandt. Dort lernte er die Engländerin Clara Philipps, die dort als Korrespondentin für die "London Times" schrieb, kennen und lieben. Um seiner jungen Frau, die eine wohlhabende Vollwaise war, das Leben in der neuen Heimat leichter zu machen, wurde Schloss Friedelhausen von 1852-56 angelehnt an den englischen Tudorstil errichtet.
Mit dem Bau wurde der englische Architekt John Dobson (1787-1865), der in Nordengland für seinen neogotischen Tudorstil berühmt war, beauftragt. Auch in Hessen kam er seiner Aufgabe gewohnt gekonnt nach und schuf dem Paar - ganz dem romantischen Geschmack der Zeit entsprechend - ein Schloss in mittelalterlichem Ambiente mit gleichzeitig modernem Komfort.
Illusionistische Pracht im Inneren
Auf einem Bergrücken thront das aus Londorfer Basalt errichtete Schloss mit seinen vier schlanken Ecktürmen bis heute und wirkt von außen trutzig und eher düster. Doch wer das Gebäude betritt, wird durch eine Farbigkeit überrascht, die man von außen nicht erahnt hätte. Das Inneren wurde vom berühmten Dekor-Künstler Reinhard Hochapfel (1823-1903) aus Kassel ausgemalt, verziert, verzaubert - ein Meisterwerk des illusionistischen Stils. Auch originale, speziell für das Schloss angefertigte Möbel und Tapeten sind noch vorhanden. Das Ensemble, zu dem auch ein Gutshof gehört, ist in Hessen mit seinen Referenzen an England eine architektonische Besonderheit und dokumentiert anschaulich einen herrschaftlichen Wohnsitz des 19. Jahrhunderts.
Denkmal erfolgreich erhalten
Doch über Jahrzehnte eindringende Feuchtigkeit und daraus resultierender Hausschwamm, Schädlingsbefall und Fäulnis gefährdeten das Denkmal . Seit 2009 unterstützt die Deutsche Stiftung Denkmalschutz die Sanierungsmaßnahmen am Schloss. Nachdem durch Arbeiten am Dach die Feuchtigkeit gestoppt werden konnte und die Standfestigkeit verschiedener Bauteile wieder hergestellt war, unterstützte die Stiftung zuletzt die Restaurierung der noch original erhaltenen Holzfenster.
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Neugotischer Basaltquaderbau, 1852-56 von John Dobson, Förderung 2009/10, 2015, 2017
Adresse:
Schloß Friedelhausen
35457 Lollar
Hessen
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