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Baufugen

Der Zäsur auf der Spur

Jahrhundertealte Denkmale entstanden selten in nur einer Bauphase. Oft kam es zu Planänderungen, An- und Umbauten oder nachträglichen Ergänzungen des ursprünglichen Bestands, auch etwa durch Umnutzungen. Eine wichtige Spur, um bauliche Veränderungen und Erweiterungen zu erkennen, sind Baufugen. Sie markieren die Stelle, an der zwei Gebäudeteile unterschiedlicher Bauphasen aneinanderstoßen. Der Begriff „Fuge“ verweist auf das „Zusammenfügen“ von Bauteilen oder Materialien. Manchmal fällt die Grenze zwischen dem älteren und dem jüngeren Mauerwerk, auch „Baunaht“ genannt, offensichtlich ins Auge. Bisweilen lässt sie sich aber auch erst bei genauerer Erkundung der Substanz ausmachen. Die Grenzlinie kann senkrecht (als Stoßfuge) oder horizontal (als Lagerfuge) verlaufen.

Charakteristisches Indiz für eine Baunaht ist ein abrupter, unvermittelter Wechsel des Baumaterials, etwa der verwendeten Ziegel. Auch stilistische Unterschiede zwischen zwei aufeinandertreffenden Bauteilen oder handwerkliche Differenzen in der Art, wie die Werksteine versetzt sind, geben einen Hinweis. Bei verputzten Gebäuden kommen Baunähte vielfach erst im Zuge einer Restaurierung oder Untersuchungen mit aufwendiger Technik zum Vorschein und sind nicht auf den ersten Blick sichtbar.

Gerade wenn schriftliche Quellen fehlen oder lückenhaft sind, sind Baufugen ein wichtiges Hilfsmittel, um die historische Entstehung eines Bauwerks zu verstehen. Sie können auch auf einen längeren Baustillstand hindeuten oder auf eine Planänderung während laufender Bauarbeiten.

Ein interessanter Sonderfall ist die sogenannte „Wartezahnung“. Bei großen Projekten, beispielsweise Kirchenbauten des Mittelalters, legten die Baumeister im Mauerwerk vorbereitend bereits künftige Erweiterungen am Ursprungsbaukörper an. Die Ziegel ragen hier zahnartig, in einer Reihe übereinander, aus der Wand hervor. Genau an dieser Stelle sollte später ein ansetzendes Mauerstück solide mit Bestehenden „verzahnt“ werden. Wenn die Ausführung unterblieb, liegt diese Spur mittelalterlichen Baugeschehens bis heute offen zu Tage. 

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