Steinmetzzeichen

Signaturen der Werkleute

Auf verbauten Werksteinen und Steinquadern – besonders häufig bei Bauwerken aus dem Mittelalter, finden sich eingehauene Zeichen. Viele Mythen über die ursprüngliche Bedeutung dieser Steinmetzzeichen sind widerlegt. Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen gehen davon aus, dass sie kein geheimer Code waren, sondern eine Abrechnungshilfe auf der Baustelle. Steinmetzzeichen treten seit dem hohen Mittelalter auf und leben bis in die Neuzeit fort.

Jeder Steinmetz hatte sein eigenes Zeichen. Damit kennzeichnete er sein Werk nach Fertigstellung, wie mit einer steinernen Signatur. Das individuelle Zeichen wurde in die fertig bearbeitete Außenseite des Quaders eingeschlagen, anscheinend an beliebiger Stelle. So konnte die geleistete Arbeit dokumentiert werden. Es kommen einfache oder komplexere Formen vor, etwa eine Wellenlinie, Dreiecke, Winkel, Pfeile, aber auch runenartige Zeichen oder Buchstaben. Allein am Ulmer Münster konnten mehr als 900 verschiedene Steinmetzzeichen an über 8000 Stellen entdeckt werden.

Kunsthistoriker und Kunsthistorikerinnen zeichnen die gefundenen Steinmetzzeichen vor Ort ab. Oft nutzen sie die Chance, wenn ein Bauwerk zur Sanierung eingerüstet ist, die Bauteile aus der Nähe in Augenschein zu nehmen. Eine langwierige Arbeit, die große Genauigkeit erfordert. Die gefundenen Zeichen werden systematisch in umfangreichen Tabellen erfasst und in steingenauen Plänen verzeichnet. In einer Gipsabgusssammlung können dreidimensionale Abformungen dokumentiert werden. Die Ergebnisse werden für Fragestellungen innerhalb der historischen Bauforschung nutzbar gemacht.

Die Auswertung der Steinmetzzeichen kann Einblick in die Arbeit einer Bauhütte geben, etwa die arbeitsteilige Organisation auf der Baustelle oder die Wanderung von Bauhütten und einzelnen Handwerkern. Die Art und Form der Markierungen ermöglicht auch eine zeitliche Einordnung, denn die gängigen Typen wandelten sich. Ein Spezialfall sind Meisterzeichen, die an betonten Stellen wie eine Art Künstlersignatur der führenden Köpfe einer Bauhütte angebracht wurden. Es gab offenbar auch Steinbruch- oder Lieferantenmarken. Nicht zu verwechseln mit den Steinmetzzeichen sind die sogenannten Versatzzeichen. Diese sind meist Ziffern, die arbeitstechnische Hinweise lieferten, beispielsweise wo ein Quader seinen Platz finden sollte.