Foto: Friedrich Mock

Jugendbauhütte Quedlinburg - Weltkulturerbe erleben

Quedlinburg - das sind 1300 Fachwerkhäuser aus sieben Jahrhunderten. Ein guter Grund für die Errichtung der ersten Jugendbauhütte! Hier in Sachsen- Anhalt begann im Jahr 1999 die Erfolgsgeschichte der Jugendbauhütten der Deutschen Stiftung Denkmalschutz. Aber auch über die Stadtgrenzen Quedlinburgs hinaus können junge Menschen den Umgang mit unserem kulturellen Erbe lernen, wobei das traditionelle Handwerk, die Archäologie, sowie die Tätigkeiten in denkmalpflegeorientierten Vereinen und Museen den Einsatzschwerpunkt bilden.

Neben der praktischen Tätigkeit in den Einsatzstellen wird den Teilnehmern in den jahresbegleitenden Seminaren kontinuierlich theoretisches und praktisches Fachwissen vermittelt. Hauptthemen sind dabei die Baugeschichte und Baukonstruktion von der Antike bis zur Moderne, Denkmalschutz und Denkmalpflege, traditionelles Handwerk, Restaurierung und Kunst.

Eine Hütte für die Hütte

Ein besonderer Glücksfall ermöglichte es, dass neben den vielen interessanten Sanierungsobjekten im Rahmen der Einsatzstellen und Seminare zusätzlich ein Haus als gemeinsame Seminar- und Wohnmöglichkeit für die Jugendlichen geschaffen werden konnte. Das Ehepaar Brigitte und Dr. Hans Linhard machte dies durch die Errichtung einer Treuhandstiftung in Verwaltung der Deutschen Stiftung Denkmalschutz möglich. Die jährlichen Erträge dieser Stiftung sichern nun die Zukunft dieses Hauses, das offiziell den Namen Linhard-Haus trägt. Drei Jahre dauerte die Sanierung des Fachwerkhauses aus dem 17. Jahrhundert, bei der die Teilnehmenden der Jugendbauhütte Quedlinburg mitwirken durften. Im Linhard-Haus in der Pölle 5 bekommt die „Bauhüttenidee” ein Gesicht! Tagsüber arbeiten die Freiwilligen in ihren Projekten und nach Feierabend können sie mit den anderen diskutieren, sich austauschen, feiern oder in der hauseigenen Werkstatt das Erlernte vertiefen.

Ja, ich unterstütze die Jugendbauhütten

Sich mit der Vergangenheit beschäftigen und die Zukunft bauen!

Wann kann man schon einmal das Mittelalter mit den eigenen Händen bewahren? Die Freiwilligen der Jugendbauhütte Quedlinburg erhielten diese besondere Gelegenheit auf dem Münzenberg 5. Denn das Haus birgt ein altes Geheimnis: In ihm sind bedeutende Überreste der ehemaligen Klosterkirche St. Marien erhalten. Im Jahr 986 wurde das Gotteshaus mit der Gründung eines Benediktinerinnenklosters geweiht und im Bauernkrieg 1525 teilweise zerstört. Das Kloster bestand noch bis 1536. In der Folge wurde der profanierte Bau aufgeteilt und ist im Laufe der Zeit mit mehreren Wohnhäusern überbaut worden – eines davon ist das Haus auf dem Münzenberg 5, das jedoch stark sanierungsbedürftig war.

Die Ernst-Ritter-Stiftung in der Deutschen Stiftung Denkmalschutz erwarb das Gebäude 2016, sodass eine sorgfältige Restaurierung unter Bewahrung der mittelalterlichen Bestandteile angestoßen werden konnte. Und genau da kommt die Jugendbauhütte Quedlinburg ins Spiel: Der Münzenberg 5 ist für sie zur Dauereinsatzstelle geworden. Gemeinsam mit einem erfahrenen Handwerker als Anleiter unterstützten drei Freiwillige während ihres Jahrs in der Jugendbauhütte die Sanierungsarbeiten am Denkmal tatkräftig. Dabei führten sie anfangs u. a. Entkernungsarbeiten durch, entfernten alte Bodenbeläge und rissen einen hofseitigen Anbau ab. „Eine sehr lange, sehr anstrengende Arbeit“, erklärt der Freiwillige Timo Kohnert. Mittlerweile ist das Denkmal vollständig saniert: Der gewölbte Keller des Gebäudes, der noch aus der Zeit der Klosterkirche stammt, ist in das Münzenbergmuseum integriert. Die übrigen geschichtsträchtigen Gebäude dienen nun als Wohnraum.

Für das Team vom Münzenberg bleibt weiterhin viel zu tun. Die Jugendbauhütte ist mobil geworden: In ganz Quedlinburg und Sachsen-Anhalt sind die Freiwilligen und ihr Anleiter im Einsatz, um Denkmale zu retten und den Jugendbauhüttlern Einblicke in die verschiedensten Gewerke zu gewähren.

Vielfältige Seminararbeit

Die Seminare (insgesamt 30 Bildungstage) zu Stil- und Materialkunde, Forschungs- und Arbeitsmethoden, Grundlagen der Denkmalpflege sowie zur Bedeutung des europäischen Kulturerbes werden durch praktische Arbeit am Denkmal ergänzt. Ein gutes Beispiel für eine gelungene Seminararbeit war im Jahr 2016 die Sanierung der Kirchenmauer in Vollenschier, welche auf Anfrage und mit Unterstützung des Fördervereins Vollenschierer Kirche e.V. restauriert wurde. Da die 200 Meter lange Friedhofsmauer in nur zehn Tagen nicht vollständig saniert werden konnte, werden die nächsten Jahrgänge diese Arbeiten weiterführen.

Ein inzwischen abgeschlossenes, herausragendes Projekt ist die Sanierung des barocken Fachwerkhauses „Goldstraße 25” in der historischen Altstadt von Quedlinburg unter der fachlichen Leitung des Deutschen Fachwerkzentrums Quedlinburg. Angefangen von der behutsamen Entkernung des Gebäudes bis hin zur feierlichen Übergabe arbeiteten über 100 Teilnehmer verschiedener Jugendbauhüttenjahrgänge Hand in Hand mit den Fachleuten aller Gewerke. Hier und an weiteren Projekten konnte bewiesen werden, dass auch ungelernte, aber engagierte Jugendliche unter fachlicher Anleitung Großartiges schaffen können. Dem Handwerk zur Freude haben sich viele der Beteiligten für eine handwerkliche Ausbildung entschieden und bereichern heute als versierte Fachkräfte die Denkmallandschaft. Darauf sind wir stolz!

Eindrücke

Ansprechpartnerin

Judith Regensburger

Leitung Jugendbauhütte Quedlinburg

03941 56 52 23

Einsatzstellen