Görlitz ist mit seinen über 4.000 denkmalgeschützten Gebäuden der Spätgotik, des Barock, der Renaissance, des Jugendstils und der Gründerzeit seit dem Jahr 2003 Standort einer Jugendbauhütte. Von hier aus wird das Freiwillige Soziale Jahr in der Denkmalpflege in ganz Sachsen organisiert. Beinahe 400 Jugendliche, darunter auch internationale Freiwillige vor allem aus dem osteuropäischen Raum, haben sich seit der Gründung in anspruchsvollen und spannenden Einsatzstellen in der Archäologie und der Bodendenkmalpflege, in Museen, in Restaurierungswerkstätten, im traditionellen Handwerk und in der Architektur und Bauforschung engagiert.
Der Sitz der sächsischen Jugendbauhütte ist die ehemalige Wohnstatt des Görlitzer Henkers - das denkmalgeschützte Scharfrichterhaus, erstmals 1377 erwähnt. Hier befinden sich heute das Büro der Jugendbauhütte sowie Werkstatt- und Aufenthaltsräume. Mit viel Engagement beteiligen sich die Freiwilligen unter fachlicher Anleitung an der Sanierung der Scheune und der angrenzenden historischen Stadtmauer und der Errichtung der Werkplätze. In das zum Gelände der Jugendbauhütte gehörende Bettenhaus – die ehemalige Scheune – ziehen jedes Jahr einige Freiwillige ein, die ihr Jugendbauhütten-Jahr absolvieren.
Während der Seminarwochen, die sechsmal pro Jahr stattfinden, dienen die überdachten Werkplätze des Freigeländes der Vermittlung praktischer Fertigkeiten im traditionellen Handwerk. Den Möglichkeiten sind hier beinahe keine Grenzen gesetzt: Schmiede- und Kupferarbeiten, Lehmbau, Holzbildhauerei, Steinmetzen, Vergolden, Bleiverglasung, Buchbinden, Möbelrestaurierung oder auch 3-D Druck können die Freiwilligen in Görlitz kennenlernen! Mit Eisen am Sandstein, mit Vergolderwerkzeug, mit den Füßen im Lehm oder dem Schmiedehammer auf dem Amboss – gemeinsam wird gelernt und gearbeitet. Das gemeinschaftliche Lernen und Leben beruht auf den Grundsätzen der Selbstorganisation, Gleichstellung der Geschlechter, politischer Bildung und ökologischem Denken und Handeln.
Diese praktischen Einheiten werden auf den Gebieten der Kunst- und Baugeschichte durch spannende Exkursionen ergänzt. Die Seminare der Sommermonate werden meist in Zelten an besonderen Denkmalen verbracht. Hier wird direkt am Original gearbeitet. Theoretische Einheiten zu denkmalpflegerischen oder kunsthistorischen Themen werden durch Fachleute aus Handwerk und Forschung betreut. Die vielseitigen Seminarthemen, die Qualität der Workshops und das Zusammenleben sind besondere Highlights im Freiwilligen Sozialen Jahr.
Ein Schwerpunkt des Jugendbauhütten-Jahres ist der Einsatz am Original – sowohl in den Einsatzstellen, dem täglichen Arbeitsplatz der Freiwilligen, als auch bei den Seminarwochen. Hier können sie direkt am Denkmal Erfahrungen sammeln und unter fachlicher Anleitung ihre handwerklichen Fähigkeiten anwenden. Die Projekte wechseln jedes Jahr. So nahm die Jugendbauhütte Sachsen schon am Fluthilfecamp der Deutschen Stiftung Denkmalschutz im Ahrtal teil. Hier wurde nicht nur Lehmbau am Original gelernt, sondern auch echte Hilfe für flutgeschädigte Gebäude geleistet.
Auch in Sachsen arbeiten wir direkt am Original. Etwas ganz Besonderes ist z.B. die Mobile Einsatzstelle in Riesa. Hier können vier Freiwillige das historische Rittergut von Riesa zu Werkstätten umbauen und auch eine WG für die Freiwilligen im Rittergut ist in Arbeit. Die Arbeit am Original ist eine besondere Gelegenheit, einen Beitrag zur Baukultur zu leisten und auch Jahre später zu wissen: Hier habe ich mitgeholfen.