Das Phänomen Bauhaus
1919–1933

Bauhaus – Mehr als 100 Jahre Mythos

1919 gründete der Avantgarde-Architekt Walter Gropius (1883–1969) in Weimar das Bauhaus. Mit der neuen Einheit aus Kunsthochschule, Kunstgewerbeschule und Bauakademie wollte er zeitgemäßes Wohnen für eine veränderte, moderne Gesellschaft schaffen.
In den 14 Jahren seines Bestehens avancierte das Bauhaus in der Epoche des Neuen Bauens zu einer stilbildenden Institution, deren Einfluss bis heute wirksam ist. Hier stellen wir hier einige Aspekte des vielschichtigen Phänomens Bauhaus vor, das mehr ist als weiße Würfelarchitektur mit Flachdach.


Das Bauhaus-Konzept

Walter Gropius hatte sich schon 1911 mit dem Entwurf des Fagus-Werk in Alfeld als Architekt der Avantgarde empfohlen. Nachdem er von der Westfront zurückgekehrt war, begann der 33-jährige Architekt und Designer damit, seiner Faszination für die Debatten zur Reform der Lebenswelt, zu einem menschengerechten Wohnen und von der Rolle, die Architektur, Bildende Künste und Kunsthandwerk dabei spielen sollten, eine Heimat zu geben. Unter großherzoglich-sächsischer Herrschaft konnte er 1919 in Weimar die bestehende Hochschule für Bildende Kunst mit der seit 1915 geschlossenen Kunstgewerbeschule zum Staatlichen Bauhaus Weimar zusammenführen.

In der „Einheitskunstschule“ sollten unter der Federführung der Baukunst die Schranken zwischen den künstlerischen Disziplinen Malerei, Bildhauerei, Grafik und dem Kunsthandwerk aufgelöst werden. Gropius erklärt das handwerklich-technische Können zur unerlässlichen Grundlage allen künstlerischen Schaffens – und zwar durch eine gemeinsame Ausbildung, bei der es einer Zunft ähnlich Lehrlinge, Gesellen und Meister ­geben sollte. Sein Bauhaus wagte, wie Gropius später festhielt, „als erstes institut in der welt (…) diese antiakademische geisteshaltung schulisch zu verankern.“ Vorbild war ihm die mittelalterliche Bauhütte, in der die Gewerke gemeinsam großartige Bauwerke geschaffen hatten. Von ihr leitete er auch den Namen ab – Bauhaus.

Gut vernetzt und mit viel Gespür gewann Gropius als Lehrer so berühmte Künstler wie Paul Klee, Johannes Itten, Lyonel Feininger, Wassily Kandinsky, László Moholy-Nagy und Oskar Schlemmer, die ihre avantgardistischen Positionen am Bauhaus einbrachten und vermittelten. Sie leiteten als künstlerische „Formmeister“ mit jeweils einem Handwerksmeister die Werkstätten.

Kreativität und didaktischer Anspruch

Das Bauhaus plante für eine erstmals sozialdemokratisch regierte Gesellschaft, die sich angesichts der Folgen des Ersten Weltkrieges und leerer Staatskassen einschneidenden Veränderungen gegenübersah. Es herrschte Not in jeglicher Hinsicht. Die Wirtschaft in dem eigentlich technisch-industriell hochentwickelten Land lag am Boden.

Trotzdem verbreitete sich eine Aufbruchstimmung, vieles schien für eine bessere, humanere Welt möglich. Die sozialutopische Idee des Bauhauses fiel auf fruchtbaren Boden: zweckmäßige, materialgerechte Entwürfe für die preisgünstige Massenproduktion zu liefern, die vom Wohnraum bis zu den Gegenständen des Alltagslebens reichten, in einem ansprechenden Design und für jedermann erschwinglich. Mit diversen Bauhaus-Ausstellungen ab 1923 warb man um die Aufmerksamkeit der Industrie, die Aufträge für Entwürfe von Textilien, Möbeln, Haushaltsgeräten und -zubehör vergab.

Fällt heute der Name Bauhaus, wird oft als erstes weiße Würfelarchitektur mit Flachdach assoziiert. In der Tat gingen vom Bauhaus entscheidende Impulse für eine Erneuerung der Architektur und auch des Städtebaus aus, aber eine Architekturschule war das Bauhaus lange Jahre nicht. Sein schulisches Metier waren handwerklich durchdachte und künstlerisch gestaltete Gebrauchsgegenstände, heute als Design bezeichnet. Man denke nur an die Stahlrohrsessel von Marcel Breuer und die sogenannte Wagenfeld-Lampe.

Mit dem Umzug 1925 von Weimar nach Dessau hatte Gropius die Chance, seine Vorstellungen mit dem Bau der Bauhausschule und den Meisterhäusern, in denen die Lehrer wohnten, zu demonstrieren. In aus Kuben angeordneten Raumfolgen wurden alle wichtigen funktionellen Einheiten in schnörkelloser Ästhetik, freundlicher Farbigkeit und aufs Wesentliche in Form und Funktion reduziert vereint: Dies sollte helfen, Zeit und Lebensqualität zu gewinnen. Den Anspruch vertraten die Bauhauslehrer sowohl beim einzelnen Wohnhaus als auch beim Siedlungsbau und ebenso bei Büro- und Fabrikbauten.

Das neue Dessauer Bauhausgebäude, in dem jeder zweckbedingten Einheit gleichwertiger Raum zugedacht war, hatte einen didaktischen Anspruch. Die Intention sollte sich dem Betrachter in dem Zusammenspiel von Formen und Farben, Proportionen, Materialien und Oberflächen bei genauem Hinsehen erschließen und auf ihn wirken. Auch die Meisterhäuser waren als Musterhäuser gedacht. Regelmäßig luden die Meister Gäste und zu Führungen ein, um die alltagstaugliche und effiziente Lebensweise in der Bauhaus-Formensprache zu demonstrieren.
Ströme von Pilgern, vor allem aus dem Ausland, reisten an; das Bauhaus befand sich auf dem Höhepunkt seines Ansehens.


Weimar – Dessau – Berlin

Dennoch geriet das Bauhaus während der schwierigen Zeiten zunehmend in den Ruf, mit den Meis­terhäusern Luxusvillen anzupreisen. Über die künftige Ausrichtung und die Führung der Schule führten Gropius und der für die Architekturabteilung berufene Schweizer Architekt Hannes Meyer eine heftige Kontroverse. 1928 gab Gropius den Direktorenposten auf, um als freier Architekt in Berlin weiterzuarbeiten, vermutlich auch um vom international beachteten Bauhaus weiteren Schaden abzuwenden.

Der vom marxistischen Gedankengut durchdrungene Hannes Meyer reorganisierte die Schule unter dem Motto „Volksbedarf statt Luxusbedarf“. Der technisch-wissenschaftliche Aspekt in der Ausbildung wurde verstärkt, die Kooperation mit der Industrie intensiviert und der soziale Aspekt von Gestaltung betont. Die Töpferei-, Metall- und Möbelwerkstatt legte Meyer als Abteilung Bau und Ausbau zusammen und stellte die Bedeutung der freien Kunst, besonders am Bauhaus infrage. Für ihn war „Architektur keine Baukunst mehr“, und die Studenten dienten als Gestalter von Modellen und Typen als Vorlage für die industrielle Produktion.

Nach Meyers politisch motivierter Absetzung 1930 ging Mies van der Rohe diesen Weg weiter. Den kommunistischen Einschlag versuchte er auszuradieren, indem er mehr Wert auf die avantgardistische Architektursprache legte. Der Ruhm dieser schillernden, eingeschworenen Gemeinschaft junger Menschen, in der die – wenigen – Frauen Kurzhaarschnitte und lange Hosen trugen und die mit Festumzügen durch die Straßen auf ihr „Bauhaus“ aufmerksam machten, stieg kontinuierlich. Den konservativen Kreisen war das Bauhaus zu umtriebig, Unverständnis und Missgunst nahmen zu. Obwohl sich das Bauhaus mit Aufträgen und dem Schulgeld zu einem Teil selbst finanzierte, war man auf öffentliche Gelder angewiesen.

Seine Standortwechsel 1925 von Weimar nach Dessau und 1932 nach Berlin erfolgten unfreiwillig: Unter dem Druck der konservativen, zunehmend rechten Kräfte wurden dem Bauhaus in Weimar die staatlichen Mittel gestrichen. Dem linksliberalen Bürgermeister von Dessau, Fritz Hesse, gelang es, in nunmehr städtischer Trägerschaft das angesehene, aber bedrohte Bauhaus in die wachsende Industriestadt zu holen. Er versprach sich von Gropius einen forcierten Wohnungsbau, der dann mit einer Versuchssiedlung des Bauhauses in Dessau-Törten und ihrer späteren Erweiterung durch Hannes Meyer in Angriff genommen wurde.

Als im Dessauer Stadtparlament die Nationalsozialisten an Einfluss gewannen, wurden die städtischen Mittel für das Bauhaus gestrichen. Wieder war es in seiner Existenz bedroht. Lediglich die Zahlung der Meis­tergehälter wurde zugesichert, und so fand Mies van der Rohe in Berlin-Steglitz in einer stillgelegten Tele­­fonfabrik Räume zur Miete. Nun trat das Bauhaus als private Institution auf, die sich durch nicht öffentliche Zuschüsse und Lizenzeinnahmen zu finan­zieren versuchte. Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten nahmen die Schikanen zu. Zermürbt von den wirtschaftlichen Zwängen und dem politischen Druck beschlossen die Meister im Juli 1933 als Akt geistiger Entscheidungsfreiheit, selbst das Bauhaus aufzulösen, um seine Ideale zu bewahren.

Erhalten auch Sie Meisterwerke der Bauhaus-Schule!

Diesen Denkmalen der Bauhaus-Schule konnten wir bereits helfen

Bauhausgebäude

Dessau-Roßlau, Sachsen-Anhalt

Die tragende Konstruktion des Bauhauses, das Stahlbetonskelett, ist im gesamten Gebäude sichtbar und lässt Funktion und Ästhetik in der Architektur zur Einheit verschmelzen. Generell wurde beim Bau mit einer sehr reduzierten Formensprache auf Schmuckelemente verzichtet. Man beschränkte sich auf die Verwendung von wenigen Materialien, arbeitete gezielt mit Licht und Schatten und erzielte hiermit eine beeindruckende Wirkung. Unterstützt durch die Deutsche Stiftung Denkmalschutz erhalten die bauzeitlichen Böden ihren alten Glanz zurück.

Fagus-Werk

Alfeld, Niedersachsen

Das 1911 entstandene Fagus-Werk in Alfeld ist ein Meilenstein der Architektur: Von dem Vater des Bauhauses Walter Gropius entworfen, ist die UNESCO-Welterbestätte noch immer ein wichtiges Zeugnis der architektonischen Moderne und ein wertvoller sozialgeschichtlicher Beitrag für Arbeitsraumgestaltung im 20. Jahrhundert.

Haus Auerbach

Jena, Thüringen

Das Haus Auerbach in Jena ist ein echtes Bauhaus-Original. Hier verwirklichten die Architekten Walter Gropius und Adolf Meyer ihre Idee vom „Baukasten im Großen“ in einem Privathaus. Auch das Farbkonzept des Bauhaus lässt sich hier erleben. Ihre Spende hilft, das ikonische Gebäude zu erhalten!

Meisterhaus Feininger

Meisterhaus Feininger

Dessau-Roßlau, Sachsen-Anhalt

Ein Meisterhaus des Bauhaus - im Wortsinn. Für die Bauhauslehrer wurden 1925/26 nach Entwürfen von Walter Gropius ein Direktorenhaus und drei Doppelhäuser gebaut. Vom Meisterhaus Nr. 3 ist der Teil des Doppelhauses erhalten geblieben, der von Lyonel Feininger bewohnt wurde. Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz unterstützte den Erhalt des Denkmals.

Villa Schminke

Löbau, Sachsen

Helfen Sie mit beim Erhalt einer Ikone der Moderne! Die Villa Schminke gehört zu den bedeutendsten Privatbauten der Welt. Doch auch am Schönen nagt der Zahn der Zeit. Eine Sanierung ist dringend erforderlich, damit das Haus von 1932/33 weiterhin besichtigt werden kann.

Bundesschule des ADGB

Bundesschule des ADGB

Bernau, Brandenburg

Doppelhaus Frettchenweg

Bezirk Marzahn-Hellersdorf, Berlin

Ehem. Arbeitsamt, August-Bebel-Platz

Dessau-Roßlau, Sachsen-Anhalt

Ehem. Feuerlöschgerätewerk

Apolda, Thüringen

Ehem. Hutfabrik Steinberg-Herrmann u. Co

Ehem. Hutfabrik Steinberg-Herrmann u. Co

Luckenwalde, Brandenburg

Ernst May Haus

Ernst May Haus

Frankfurt am Main, Hessen

Haus am Horn

Haus am Horn

Weimar, Thüringen

Haus Esters u. Haus Lange

Krefeld, Nordrhein-Westfalen

Haus Sonnenblick

Haus Sonnenblick

Simbach am Inn, Bayern

Haus Zuckerkandl

Jena, Thüringen

Industriealtbau Nicolaistraße

Bezirk Steglitz-Zehlendorf, Berlin

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