Jede Zeit hat ihre spezifischen wirtschaftlichen, technischen, gesellschaftlichen, politischen und geistigen Rahmenbedingungen, die sich prägend auf die Baugeschichte auswirken. So erzählen Gebäude, die vor vielen Jahrzehnten entstanden und heute wichtige Bestandteile unserer Alltagsumgebung sind, von der Zeit ihrer Entstehung.
Auf einem preußischen Festungsturm, der „Bastei“, direkt am Rhein in Köln, wird von 1923 bis 1924, kurz nach Weltkrieg und verheerender Inflation, von dem jungen Architekten Wilhelm Riphahn ein „supermodernes“ Aussichtsrestaurant errichtet. Seine expressionistischen Formen schließen die Kölner bald ins Herz und machen den kleinen Bau zum Teil ihrer Heimatgeschichte. Er inspiriert Dichter und wird zum Treffpunkt für Stars und Sternchen.
1929 bis 1930, zu Beginn der Weltwirtschaftskrise, entscheidet sich die evangelische Kirche in Essen zum Bau eines neuen Gottesgebäudes, das besonders günstig und funktional sein soll. Otto Bartning, einer der führenden Kirchenbaumeister der Protestanten, eigentlich Jurymitglied für den Architekturwettbewerb, wird zum Entwerfer des neuen Kirchenbaus, der bald spöttisch „Tortenkirche“ genannt wird und zu den wichtigsten Sakralbauten des 20. Jahrhunderts zählt.
Sechs Jahre, von 1929 bis 1935, braucht der erfolgreiche Bauingenieur Angelo Invernizzi aus Genua, um mit Freunden seinen Traum von einem Ferienhaus in seinem Heimatdorf zu verwirklichen, das drehend dem Lauf der Sonne folgt, so wie es die Köpfe der Sonnenblumen tun, die „Villa Girasole“. Die Mechanik funktioniert bestens und doch findet sich niemand, der den Prototyp zum Anlass für eine Reihenfertigung nimmt.