Schäden bei der Demontage zu erwarten
Circa sieben Meter hoch und rund 100 Meter lang ist das Fassadenkunstwerk Fruhtrunks, das sich passgenau um das Audimax-Gebäude der Hochschule Düsseldorf zieht. Es besteht aus 14 breiten und zwei schmalen, einrahmenden Betonplatten je Gebäudeseite und zeigt horizontale und diagonale Streifen aus leuchtend roten, blauen, weißen und schwarzen Fliesen. Im Gesamtbild entstanden für jede Fassadenseite individuelle Muster aus gegeneinander versetzten Farbschichten. Ihre lebendigen Rhythmen werden jeweils durch gezielte Schnitte und Brüche gestört.
Genau diese Fassade soll durch ihre Eintragung in die Denkmalliste eigentlich vor Zerstörung geschützt werden – doch diese Gefahr sieht die Deutsche Stiftung Denkmalschutz als nicht gebannt an:
„Wir sehen in dieser Teil-Unterschutzstellung einen gefährlichen Trugschluss, der voraussichtlich dennoch zum schrittweisen Verlust des einzigartigen Fruhtrunk-Audimax führen wird“, kritisiert Dr. Steffen Skudelny, Vorstand der Deutschen Stiftung Denkmalschutz.
Denn nur die Kunst am Bau, die gestaltete Fassade, steht jetzt unter Denkmalschutz – nicht jedoch das Gebäude, mit dem sie untrennbar verbunden ist. Und dieses ist akut gefährdet: Aktuelle Pläne sehen den Abriss des Audimax eventuell schon im nächsten Jahr vor. Die wahrscheinlichste Konsequenz wäre, dass die denkmalgeschützte Fassade demontiert werden müsste und sodann voraussichtlich für Jahre, wenn nicht Jahrzehnte eingelagert würde mit ungewissem Ausgang.
Alternatives Gebäude kaum zu finden
Nicht nur, dass die Demontage selbst ein großes Schädigungspotenzial für die ohnehin angegriffene Substanz des Kunstwerks darstellt; ein Gebäude mit passenden Dimensionen und Eigenschaften zu finden, auf das die Fassade dann alternativ aufgebracht werden könnte, erscheint bei der Größe des Kunstwerks kaum aussichtsreich. Im Zuge einer Neuanbringung der Fassade an einem anderen Gebäude müsste also mit weiteren Eingriffen und Veränderungen gerechnet werden – denkmalpflegerisch und urheberrechtlich äußerst problematisch.
Das wahrscheinlichste Schicksal der Fassade wird demzufolge also die Demontage und langfristige Einlagerung sein.
„Dass ein so bedeutendes Kunstwerk voraussichtlich in irgendeinem Lager enden soll, ist beschämend für die Kunstmetropole Düsseldorf“, findet Dr. Steffen Skudelny. „Wer käme beispielsweise auf die Idee, einen Picasso erst in den Keller zu verbannen – um ihn im besten Falle Jahrzehnte später hervorzuholen und dann zu zerstückeln, damit er besser in eine neue Umgebung passt?“
Kostspielige Kunst im Keller – und Neubau statt Nachhaltigkeit?
Das Fruhtrunk-Audimax ist ein Gesamtkunstwerk in einem augenscheinlich intakten Bauzustand. Der Erhalt der Fassade mit dem Gebäude, für das es geschaffen wurde, ist daher nicht nur aus kulturellen, sondern auch aus Gründen der Nachhaltigkeit sinnvoll. Die Demontage und Einlagerung der einst teuer bezahlten Fassade wäre auch ein enormer Gesichtsverlust für das Programm „Kunst und Bau“ des Landes NRW: Werke Fruhtrunks werden aktuell im Kunsthandel hoch gehandelt – hier würde also hochwertige und auch finanziell wertvolle Kunst beschädigt und mit ungewisser Zukunft dauerhaft „eingemottet“. Und auch allein ein geeigneter Einlagerungsort für dieses viele hundert Quadratmeter großes Kunstwerk zu finden, dürfte eine Herausforderung sein und dauerhaft gravierende Kosten verursachen.
Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz plädiert daher für:
Informationen zum Objekt:
Das Fruhtrunk-Audimax entstand 1969 nach Entwürfen von Helmut Hentrich und Hubert Pertschnigg (u.a. Dreischeibenhaus, Düsseldorf) für die damalige Ingenieursschule für Maschinenwesen in Düsseldorf. Mit seinem Entwurf für die Fassadengestaltung des Audimax setzte sich der Maler Günther Fruhtrunk bereits 1966 durch.
Die denkmalgeschützte Fassade ist nicht alleine zu betrachten – sie bildet mit dem Gebäude, in der Lage und mit den Sichtachsen ein Gesamtkunstwerk, das untrennbar zusammengehört. So sind an der Nordwest-Fassade, der man sich entlang der Josef-Gockeln-Straße frontal nähert, die Farbstreifen vertikal geschichtet und sacken entlang quer gesetzter Schnitte ab – jene an der Südwestfassade, der man sich entlang der schräg verlaufenden Straße nähert, sind jedoch diagonal geschichtet. Der Abriss des Audimax selbst würde die Fruhtrunk-Fassade nicht zuletzt um eine entscheidende Dimension der Nachkriegsgeschichte verkürzen. Fruhtrunk verstand seine architekturbezogene Kunst nicht als schmückend, sondern als Anregung zu kritischem Denken. Mit seinem Wandrelief an der Ruhr-Universität Bochum wollte er etwa „Beunruhigung, nicht glättende Überhöhung“ bewirken.[1]
[1] Günter Fruhtrunk über das farbige Wandrelief an der Ruhr-Universität Bochum, zitiert nach Laura Krys/Julia Ziegler: Fruhtrunk am Bau und die Ruhr-Universität Bochum. In: GA 2. Kunstgeschichtliches Journal für Studentische Forschung und Kritik 03, 2019, S. 70. Hier zitiert nach: Denkmalpflege im Rheinland, 2/2024, S. 10.