Bauwerke verkörpern stets den Geist der Zeit. Sie erfüllen nicht nur praktische Funktionen, sie sind immer auch Bedeutungsträger und durch ihre Einfügung in die Umgebung, ihre Materialien und ihre Formen Ausdruck der Wertorientierungen und Ansprüche einer Zeit, der Tugenden und Untugenden einer Gesellschaft. Kiesow führt in seinem Vortrag verschiedene Denkmal-Beispiele der Wiederaufbaujahre vor. Er lehnt reine Fassadenkosmetik als zu niedrig angesetztes Ziel ab, da sie die Architektur beliebig mache. So habe man das Braunschweiger Schloss 1960 als Kriegsruine abgerissen, dann aber Teile der Fassade vierzig Jahre später für das neue Einkaufszentrum „Schloss-Arkaden“ rekonstruiert. Als gelungene Wiederaufbau-Projekte stellt Kiesow den Prinzipalmarkt in Münster und die Martinskirche in Kassel vor. Hier ist es gelungen, die Erinnerung an teilweise zerstörte Baukunst mit zeitgenössischen Mitteln wiederherzustellen und typische Epochenmerkmale nach gegenwärtigem Architekturverständnis zu variieren. Ungeachtet aller Diskussion um die Denkmäler der Wiederaufbaujahre mahnt Kiesow jedoch vorrangig den Erhalt der noch bestehenden Baudenkmale an. Ein Bruchteil des Budgets, das Rekonstruktionen oft zugestanden würde, reiche aus, um originale historische Bausubstanz vor dem Verfall zu bewahren.
Seit einem Vierteljahrhundert wirkt die private Bonner Denkmalschutz-Stiftung unter dem Motto "Damit Vergangenheit Zukunft hat" für den Schutz und die Erhaltung unserer Denkmallandschaft. Bislang konnte sie in den 16 Bundesländern dank Spenden und Mitteln der GlücksSpirale, der Rentenlotterie von Lotto, über 3.800 Objekte mit über 460 Millionen Euro unterstützen. Die Arbeit der Stiftung in Lübeck und Umgebung wird von einem ehrenamtlichen Ortskuratorium unter der Leitung von Ulrike Scholz und Regina M. Fischer unterstützt.
Bonn, den 19. August 2011/Schi