21.10.2010 – Presse

Das Schleswig-Holstein-Lied entstand auf einer Schrankorgel

Das Johanniskloster in Schleswig – Ein Förderprojekt der vor 25 Jahren gegründeten Deutschen Stiftung Denkmalschutz

Benediktinerinnen hatten einst das St. Johannis Kloster auf einer kleinen Anhöhe in der stillen Abgeschiedenheit östlich der Fischervorstadt Holm dicht an der Schlei gegründet. 1536 übernahm die Schleswig-Holsteinische Ritterschaft das Kloster und richtete dort ein adliges Damenstift ein. Die in wesentlichen Zügen erhaltene schlichte Anlage des Mittelalters mit der Kirche und der sich südlich anschließenden Klausur entwickelte sich im 18. Jahrhundert durch ergänzende Bauten in der parkartigen Umgebung zu einem malerischen Ensemble. Im Rahmen der mit Rücksicht auf die Bewohnerinnen schrittweise verlaufenden Sanierung der Anlage steht an oberster Stelle der Prioritätenliste der Remter mit dem Speisesaal des einstigen Klosters, in dessen Räume Veranstaltungen stattfinden. Am Gebäude traten in den vergangenen Jahren Risse auf. Bei den folgenden Untersuchungen stellte man Durchfeuchtung und Versalzung sowie Schäden an zahlreichen konstruktiven Anschlüssen fest. Die Fassadeninstandsetzung ist bereits erfolgt, im letztem Jahr hat die Innensanierung begonnen.

Auf einem historischen Stich der Stadt Schleswig von Frans Hogenberg, der in Georg Brauns um 1600 erschienenem Buch „Civitates Orbis Terrarum“ abgebildet ist, lässt sich die der Stadt vorgelagerte Insel, dänisch „Holm“, gut erkennen. Nahe einer Fischersiedlung entstand hier 1194 oder 1230 das Kloster St. Johannis. Die erste schriftliche Erwähnung des Klosters findet sich in einer Urkunde des Dänenkönigs Abel 1251. Zu dieser Zeit hatte Schleswig noch die Stellung eines überregionalen Handelszentrums inne, die sie bald darauf an Lübeck verlor. Als Bischofssitz und Sitz der schleswigischen Herzöge blieb Schleswig jedoch zunächst weiterhin ein religiöses und politisches Zentrum. Zweimal zerstörte Feuer das Kloster im 13. und 15. Jahrhundert und wurde immer wieder aufgebaut.

In der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts übernahm in den Wirren der Reformation die schleswig-holsteinische Ritterschaft das Kloster und formte es zu einem Stift für die unverheirateten und damit unversorgten adligen Töchter um. Im Norden der direkt an der Schlei gelegenen Klosteranlage erhebt sich die einschiffige Klosterkirche, die man zu Beginn des 13. Jahrhunderts an der Stelle eines aus Feldsteinen und Tuff gebauten Vorgängerbaus errichtete. Turm, Langhaus und Chor deckt ein Satteldach. Statt eines Turmes verfügt die Kirche über einen einfachen Dachreiter. Oberhalb des Langhauses dient die ehemalige Nonnengalerie heute als Orgelempore. Darunter entdeckte man 1936 Überreste gotischer Fresken aus dem 15. Jahrhundert, die übermalt und teilweise von dem eingezogenen Kreuzrippengewölbe überdeckt worden waren.

Die Kernanlage des Klosters ist eine geschlossene rechteckige Gebäudeanlage mit Innenhof und dem umlaufenden inneren Kreuzgang. Neben der Klosterkirche sind Kapitelsaal, Remter und Kreuzgang der Öffentlichkeit zugänglich. Der Remter - mit Refektorium und Speisesaal - liegt im Winkel zwischen Ost- und Südflügel. Es handelt sich um einen zweischiffigen Saal mit sechs Kreuzrippengewölben über zwei Rundpfeilern, der nach 1487 errichtet wurde. Darunter befindet sich ein älteres Kellergewölbe.

Im Remter steht heute das bedeutende zehnsitzige Nonnenchorgestühl aus der Zeit um 1240, dessen Seitenwangen mit freiplastisch geschnitzten Fabelwesen und Rankenwerk verziert ist. An der Wand über dem Chorgestühl sind die Wappenschilde der ehemaligen Konventualinnen angebracht, deren Zwillingsexemplare an der Chorwand der Kirche zu sehen sind. Der Remter zeigt ein hohes Maß an materieller und geschichtlicher Authentizität. Von Bedeutung ist auch eine Schrankorgel aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, auf der der damalige Kantor der Klosterkirche Carl Gottlieb Bellmann in den 1840er Jahren das "Schleswig-Holstein-Lied" „Schleswig-Holstein meerumschlungen“ komponierte.

Bis heute können Mitglieder der Ritterschaft ihre Töchter in das Kloster aufnehmen lassen, was oft unmittelbar nach der Geburt geschieht. Damit sind die Mädchen bereits „expektierte Fräulein“. Bleibt die Expektantin unverheiratet, kann sie nach Freiwerden einer Stelle als Konventualin lebenslanges Wohnrecht im Kloster und gegebenenfalls eine Apanage erhalten. Eine Wohnpflicht im Kloster besteht aber nicht.