02.08.2010 – Presse

Die sozial-pädagogischen Intentionen des Bauhauses

Die Bundesschule des ADGB in Bernau – Ein Förderprojekt der vor 25 Jahren gegründeten Deutschen Stiftung Denkmalschutz 

Die Bundesschule Bernau verkörpert noch heute in einzigartiger Weise die Architekturauffassung der 1920er Jahre und steht ebenbürtig neben dem Gebäude des Dessauer Bauhauses. Die Bundesschule wurde zunächst als Internatsschule für Gewerkschaftsfunktionäre errichtet, um den erforderlichen Bildungsdrang zu stimulieren und dabei das Persönlichkeits- und Gemeinschaftsgefühl zu fördern. Die gefundene Raumgestaltung sollte erzieherisch auf eine erstrebenswerte Wohnkultur und Lebensgestaltung wirken. Mit der Förderung des Lehrerwohnhauses wollte die Deutsche Stiftung Denkmalschutz 1995 eine Initialzündung für die vollständige Instandsetzung des Komplexes durch das Land Brandenburg geben. Doch erst mit der Übernahme durch die Handwerkskammer Berlin und die Umnutzung zu einem Seminar- und Lehrgangshotel im Rahmen eines Bildungs- und Innovationszentrums erhielt der Bau eine neue Zukunft. Alle Bauteile konnten aufgrund der noch vorliegenden Baupläne Meyers originalgetreu wiederhergestellt werden. Am 12. Oktober 2007 fand die feierliche Wiedereinweihung statt. 

Von 1928 bis 1930 wurde die Bundesschule des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes (ADGB) nach Plänen des Architekten und Bauhaus-Direktors Hannes Meyer erbaut. Sie gilt als wichtiges Beispiel für die Umsetzung der sozial-pädagogischen Intentionen des Bauhauses am Ende der 1920er Jahre. Schon bei der Eröffnung der Bundesschule am 4. Mai 1930 betonte Peter Graßmann, der zweite Vorsitzender des ADGB, "dass in dieser Schule ... so ziemlich das modernste angewandt und verwirklicht wurde, was die neue Baukunst überhaupt kennt." Die durch Glas und verklinkerte Stahlbetonkonstruktionen geprägte Anlage verbindet auf ideale Weise modernes Wohnen, Lernen und die Erholung in der Natur. 1977 wurde sie als Musterbeispiel moderner Baukultur, genauer: des "rationalen Funktionalismus", unter Denkmalschutz gestellt. 

Die ehemalige Schule besteht aus dem Hauptgebäude mit Unterrichtsräumen und den Wohnflügeln der Internatsblöcke, einem Seminar- und einem Bibliothekstrakt, der Turnhalle, den Lehrer- und Angestelltenhäusern sowie einer gärtnerisch gestalteten Umgebung. Erweiterungsbauten, der sogenannte Waterstradt-Bau, kamen erst später hinzu. 

Das den Eingangsbereich prägende Hauptgebäude diente als „Sozialtrakt“. Hier waren die Verwaltung, Gemeinschaftseinrichtungen, Aufenthaltsräume, Aula, Küche und Kantine untergebracht. Dem sich anschließenden Internatstrakt, der aus fünf gestaffelt aneinanderliegenden Wohnflügeln für 120 Studenten besteht, folgt am Ende das eigentliche Schulgebäude mit Hörsälen, Bibliothek, Lesesaal, Seminarräumen und Turnhalle. Verbunden sind alle Gebäude durch einen verglasten Gang als Funktionsachse. Konstruktion und Funktion des Bauwerks bestimmen insgesamt das architektonische Erscheinungsbild. Als charakteristische Gestaltungsmittel verwandte man dabei werkgerecht verarbeitete gelbe Ziegel, Beton, Glas und Stahl. 

Bereits 1933 wurde die Gewerkschaftsschule zur nationalsozialistischen Bildungsstätte, nach 1945 nutzte die Rote Armee sie als Unterkunft und Lazarett und ab 1947 wieder der Freie Deutsche Gewerkschaftsbund (FDGB) als Gewerkschaftsschule, die 1952 den Status einer Hochschule erhielt. Um- und Ausbauten aus den 1950er Jahren, etwa im Eingangsbereich, beeinträchtigen zwar dort das Erscheinungsbild, der Internatstrakt und der Schulkomplex blieben jedoch nahezu unberührt. Mit der Auflösung des FDGB m Herbst 1990 verlor auch die Bernauer Schule ihre Bestimmung. 

Schon im Mai desselben Jahres begann der Verein „baudenkmal bundesschule bernau“ Mittel für eine umfassende Sanierung einzuwerben. In einem der Lehrerwohnhäuser westlich des Eingangsbereiches eröffnete er ein Informationsbüro. Einen Mitstreiter zur Rettung dieses Klassikers der Moderne fand der Verein in der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, die unter anderem die Rekonstruktion der Stahlfenster, die in den fünfziger Jahren verändert worden waren, finanzierte. Ein erster Schritt, dem viele weitere in den nächsten zehn Jahren folgen sollten.