20.10.2020 – Sachsen-Anhalt

DSD fördert das Gemeindehaus in Hamm Herringen

Saal im Gemeindehaus St. Victor in Hamm Herringen © R.Mroß, Westfälischer Anzeiger

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Konstruktion der Saaldecke ist einzigartig

Für die Instandsetzung des historischen Hünnebecker Tragwerkes der Saaldecke bei gleichzeitigem Rückbau des Saales im Gemeindehaus St. Victor in Hamm Herringen stellt die Deutsche Stiftung Denkmalschutz (DSD) in diesem Jahr einen Fördervertrag über 100.000 aus. Das evangelische Gemeindehaus gehört zu den über 470 Objekten, die die private DSD dank Spenden, der Erträge ihrer Treuhandstiftungen sowie der Mittel von WestLotto aus der Lotterie GlücksSpirale allein in Nordrhein-Westfalen fördern konnte.

Das Gemeindehaus steht im Zentrum des Hammer Stadtteils Herringen gegenüber der mittelalterlichen St. Victor-Kirche. Beide Gebäude bilden den nördlichen Abschluss des Marktplatzes. Als die Bevölkerung zu Beginn des 20. Jahrhunderts stark anwuchs, musste die Infrastruktur darauf angepasst werden. Im Rahmen der kirchlichen Gemeindearbeit wurde 1931 der Neubau des Gemeindezentrums beschlossen. Der Dortmunder Architekt Emil Pohle setzte dabei die Gestaltungsprinzipien des "Neuen Bauens" um.

Das Gemeindezentrum besteht aus einem vorgelagerten, eingeschossigen, ovalen Pavillonbau mit Backsteinfassade, querrechteckigen Fensterbändern und Flachdach, einem dahinter aufsteigenden, verputzten, flach gedeckten Turm, und dem quergestellt dahinterliegenden, zweigeschossigen, verputzten Gemeindehaus mit Satteldach. An der Rückseite setzte Pohle im Winkel den Saalbau an. Den verputzten Saal auf längsrechteckigem Grundriss über einem Backsteinsockel gliedern dichtgereihte hohe Rundbogenfenster. Der Saal besaß ursprünglich eine Theaterbühne und Filmvorführmöglichkeiten.

Als innovatives und bestimmendes Gestaltungsmerkmal für den Saal wählte Pohle ein sichtbares, stählernes Rautennetz als Dachkonstruktion. Es könnte sich bei dieser Dachkonstruktion des Herringer Gemeindesaales um eines der seltenen Dächer von Emil Hünnebeck handeln. Hünnebeck hatte sich die Rautennetzbauweise patentieren lassen, nachdem er die Technik stählerner Lamellendächer weiterentwickelt hatte, die auf den Entwicklungen Friedrich Zollingers und denen Hugo Junckers fußte. Zollinger überspannte 1923 mit einem materialsparenden hölzernen Lamellendach erstmals Hallen stützenfrei und Junckers verwandte in seinen stützenfreien Flugzeughallen schon 1927 Lamellendächer aus Stahl.

In den 1960er und 1970er Jahren fügte man bei der Umgestaltung des Vorplatzes Bauten an den Saal an und veränderte das Innere ohne große Rücksicht auf den Ursprungsbau. Die innovative und daher wertvolle Dachkonstruktion des Saales verschwand unter einer Schallschutzverkleidung. Erst vor kurzem wurde sie zufällig wiederentdeckt.