25.05.2010 – Presse

Frachtsegler, Schulschiff und Zeuge der Auswanderung

Die Bark Seute Deern in Bremerhaven– Ein Förderprojekt der vor 25 Jahren gegründeten Deutschen Stiftung Denkmalschutz 

Gut 20 Jahre nach der letzten Restaurierung des einstigen Fracht- und Auswandererschoners und späteren Schulschiffes Seute Deern mussten zu Beginn des neuen Jahrhunderts zahlreiche Deck- und Plankennähte repariert werden, durch die Regenwasser in das Schiff eindrang. Von Oktober 2001 bis März 2002 lag das Schiff im Trockendock der Werft MWB und erhielt dort ein Stahlkorsett, das weitere Verformungen verhindern sollte. Die 1985 gegründete Deutsche Stiftung Denkmalschutz (DSD) unterstützte schon im Jahr 2000 die Kalfaterarbeiten und 2002 die Erneuerung und Reparatur von Spanten und hölzernen Relingstützen mit rund 200.000 Euro. Heute legt der denkmalgeschützte Schoner zusammen mit dem Alten Hafen und dem Auswandererhaus wieder Zeugnis dafür ab, dass der Seehafen Bremerhaven eine reiche Tradition aufzuweisen hat. Für viele Emigranten begann hier die Reise nach Übersee, in ihre Neue Welt. 

Der Großsegler "Seute Deern" wurde 1919 in Gulport/Mississippi als Viermastschoner gebaut und zunächst insbesondere für den Holztransport eingesetzt. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts trugen Hunderte solcher Segelschiffe neben der Fracht auch Auswanderer über die Ozeane. Zunächst jedoch hieß das "süße Mädchen" noch Elisabeth Bandi und fuhr jahrelang unter amerikanischer und finnischer Flagge, nachdem die Jungfernfahrt fast zur Katastrophe geraten war, weil das Schiff voll Wasser lief, die Mannschaft zu meutern drohte und der Kapitän nachts spurlos verschwand. 

Die Bark mit einem Holzrumpf von 75 Metern Länge ist heute mit drei Stahlmasten ausgerüstet, von denen die beiden vorderen Rahsegel tragen, der Besammast ist mit einem Gaffelsegel bestückt. 1938/39 war die Seute Deern in Hamburg zur Dreimastbark umgebaut worden, um sie künftig als frachtfahrendes Schulschiff zu nutzen. Hier konnten die Matrosen ihr Handwerk während der Einsätze bis 1944 noch hoch in die Wanten der Takelage kletternd erlernen. Klippenbug, Zwischendeck und das Deckshaus für die Kadetten sowie die Kapitänsräume im Achterschiff aus dieser Zeit sind erhalten geblieben. 

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Schiff zum Hotel- und Restaurantschiff umgebaut. Zunächst lag es in Hamburg und im niederländischen Delfzijl vor Anker, bis es 1966 nach Bremerhaven geholt wurde. Die 1827 als Vorhafen Bremens gegründete Stadt entwickelte in den 1960er Jahren den Plan, an ihre große Zeit im Großsegelschiffbau zu erinnern. 

Die Seute Deern, der letzte aus Holz gebaute Tiefwassersegler der deutschen Handelsflotte wurde zum Wahrzeichen dieser Schiffbautradition. Mit seiner bewegten Biographie belegt der Segler zudem in exemplarischer Weise einen epochalen Abschnitt in der Schifffahrt- und Schiffbaugeschichte, der vom Niedergang der Segelschifffahrt und dem Wandel vom Holz- zum Stahlbau geprägt wurde. Die "Seute Deern" dokumentiert anschaulich den Typus, die Takelung und die Bauweise jener Schiffe, für die Bremerhaven als Seehafen mit dem Alten Hafen 1830 und schließlich dem Neuen Hafen 1851 nicht zuletzt gegründet wurde. 

Die "Seute Deern", der Alte Hafen und das ehemalige Auswandererhaus sind die letzten sichtbaren Zeugen der Auswanderung mit hölzernen Segelschiffen von Bremerhaven nach Übersee. Mit der Bremer Hansekogge von 1380 präsentiert das Deutsche Schifffahrtsmuseum den ersten und mit der "Seuten Deern" den letzten hölzernen Großseglertyp in deutschen Häfen. 

Zur Förderung der Restaurierungsmaßnahmen und zum dauerhaften Erhalt der Bark wurde in der Obhut der Deutschen Stiftung Denkmalschutz 2004 die treuhänderische Stiftung "Seute Deern" errichtet. So kann das Schiff kontinuierlich schon vor den zu erwartenden Restaurierungsmaßnahmen in zwanzig Jahren seetauglich gehalten werden.