16.09.2010 – Presse

Geburtsort der Stammutter des niederländischen Königshauses

Das Schloss in Stolberg – Ein Förderprojekt der vor 25 Jahren gegründeten Deutschen Stiftung Denkmalschutz

Schloss Stolberg liegt auf einem Berg im Harz zwischen dem Kalten und dem Ludetal und diente vom 12. Jahrhundert bis 1945 als Sitz des Grafengeschlechts von Stolberg bzw. der späteren Fürsten zu Stolberg-Stolberg. Vermutlich bestand schon im 10. Jahrhundert eine fast quadratische Kernburg mit einer sich nach Nordwesten anschließenden Vorburg. Der Bergfried lag im nördlichen Areal und ist noch auf einem Stich von 1704 erkennbar. Die mittelalterlichen Gebäudeteile, etwa den Wohnturm im Südosten, integrierte man im 16. Jahrhundert in die dreiflügelige Renaissanceanlage. Im 17. Jahrhundert erfolgte der Umbau des Palastes zur barocken Residenz. Im 19. Jahrhundert schließlich veränderte man vorwiegend noch die Ausstattung der einzelnen fürstlichen Gemächer und repräsentativen Räume. Nach der Enteignung baute der FDGB den Fürstensitz 1951 zum Erholungsheim der DDR-Lehrergewerkschaft um, die den Barocksaal als Turnhalle nutzte. Nach 1990 schließlich stand das Schloss leer und schien zu verfallen, bis sich 2002 die Deutsche Stiftung Denkmalschutz seiner zur Rettung annahm.

Ursprünglich präsentierte sich die Burg der Stadt mit zwei auf ihrer Südseite befindlichen Türmen. Der mittelalterliche Wohnturm aus der Zeit um 1200 zwischen dem Südflügel und dem Küchentrakt im Osten hat sich mit dem mächtigen, südwärts angrenzenden Turmrondell bis heute erhalten. In seinem Erdgeschoss befindet sich die Schlosskapelle und im zweiten Kellergeschoss darunter das Verlies. Der zweite, südwestliche Turm wurde im Verlauf des barocken Umbaus abgerissen. Der Fürstenflügel genannte Südflügel wurde erst in der Renaissance errichtet. Er führte die einzelnen älteren Gebäudeteile zu einer geschlossenen dreiflügeligen Anlage zusammen. Den Westflügel aus dem zweiten Viertel des 16. Jahrhunderts erfuhr zwischen 1690 und 1720 unter Einbeziehung älterer Gebäudeteile Veränderungen durch das anschließende Tor- und Kanzleihaus.

Zum Innenhof liegt zwischen dem Ostflügel, dem im 16. Jahrhundert errichteten ehemaligen Küchentrakt, und dem Südflügel mit den herrschaftlichen Räumen ein Treppenturm mit Wendeltreppe. Zu Beginn des 18. Jahrhunderts wurde auch das hofseitige Portal mit dem Allianzwappen des Grafengeschlechts Stolberg-Stolberg geschaffen. Das über dem Eingangsportal befindliche Wappen wird von zwei aufrecht stehenden, ursprünglich vergoldeten Löwen flankiert.

Zu den besonderen Kostbarkeiten zählt die Schlosskapelle, die es bereits seit dem 14. Jahrhundert auf Schloss Stolberg gibt. Von der heutigen Ausstattung der über einem unregelmäßigen Grundriss eingerichteten Kapelle stiftete laut Inschrift Graf Johann Martin im Jahre 1667 den steinernen Altar und den Aufsatz mit Kapitellen und seitlichem Schleierwerk aus Alabaster, über dem sich die Orgel befindet. Um 1700 kam die zweigeschossige Empore und die Fürstenloge hinzu. Deren reiche Stuckdecke stammt von dem Italiener Michael Caminade, der auch in anderen Räumen des Schlosses gearbeitet hat. Den Altaraufsatz ergänzen seit 1708 die zwei Skulpturen des Moses und des Johannes als Vertreter des Alten und des Neuen Testamentes. In der 2009 restaurierten Kapelle wird anlässlich der Jubiläumsausstellung zum 800jährigen Bestehen des Fürstenhauses Stolberg wieder das Altarbild, ein Christusgemälde von Lucas Cranach d. J., zu sehen sein.

Nach der Enteignung der Familie 1945 und fehlgeschlagenen Investorenplänen in den 1990er Jahren begann im November 2002 mit der Übernahme des bereits teilweise dem Verfall anheimgegebenen Ensembles durch die Deutsche Stiftung Denkmalschutz, die umgehend die Notsicherung einleitete, ein weiteres Kapitel in der langen Geschichte des Stolberger Schlosses. Im Verlauf seiner Wiederherstellung wird auch die Baugeschichte intensiv erforscht. Am 19. März 2008 konnte mit dem Fürstenflügel als erstem fertiggestellten Abschnitt der noch Jahre dauernden Schlosssanierung der Region ein touristisches Informationszentrum mit dem so genannten „Haus des Gastes“ zurückgegeben werden. Was sich allerdings Francisco Aprill gedacht haben mag, als er 1710 dort das Treppenhaus ausmalte, haben die Forscher noch nicht enträtselt. Jeder muss sich also selbst beantworten, warum der kecke Engel dem Betrachter nicht nur den Rücken, sondern auch das Hinterteil zukehrt.