11.09.2021 – Nordrhein-Westfalen

Gemeindehaus in Hamm-Herringen

Gemeindehaus in Hamm-Herringen * Foto: R. Mroß, Westfälischer Anzeiger

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Innovative originale Saaldecke wieder restauriert

Nach einer langen Phase des Umbauens und Sanierens ist die Renovierung des Gemeindehauses St. Victor in Hamm-Herringen abgeschlossen. Endlich können Pfarrerin Heike Park und die evangelische Kirchengemeinde am Sonntag, den 12. September 2021 um 15.00 Uhr mit der den aktuellen Umständen geschuldeten Vorsicht eine kleine Feierstunde im „Haus der Evangelischen Kirchengemeinde“ feiern. Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz (DSD) hatte sich mit einem Fördervertrag über 100.000 Euro an der Instandsetzung des historischen Hünnebecker Tragwerkes im Saaldach und am Rückbau des Saales beteiligt. Das Denkmal zählt zu den über 500 Projekten, die die private DSD dank Spenden, der Erträge ihrer Treuhandstiftungen sowie der Mittel von WestLotto aus der Lotterie GlücksSpirale allein in Nordrhein-Westfalen fördern konnte.

Das Gemeindehaus im Zentrum von Herringen steht gleich gegenüber der mittelalterlichen St. Victor-Kirche als nördlicher Abschluss des Marktplatzes. Mit Anwachsen der Bevölkerung zu Beginn des 20. Jahrhunderts  musste die Infrastruktur angepasst werden. 1931 wurde der Neubau des Gemeindezentrums beschlossen. Der Dortmunder Architekt Emil Pohle setzte dabei die Gestaltungsprinzipien des "Neuen Bauens" um. Das Gemeindezentrum besteht aus einem vorgelagerten, eingeschossigen, ovalen Pavillonbau mit Backsteinfassade, querrechteckigen Fensterbändern und Flachdach, einem dahinter aufsteigenden, verputzten, flach gedeckten Turm, und dem quergestellt dahinterliegenden, zweigeschossigen, verputzten Gemeindehaus mit Satteldach.

An der Rückseite fügte Pohle im Winkel den verputzten Saalbau an. Ihn gliedern dichtgereihte hohe Rundbogenfenster. Der Saal besaß ursprünglich eine Theaterbühne und Filmvorführmöglichkeiten. Als innovatives und bestimmendes Gestaltungsmerkmal für den Saal wählte Pohle ein sichtbares, stählernes Rautennetz als Dachkonstruktion. Es könnte sich bei dieser Dachkonstruktion des Herringer Gemeindesaales um eines der seltenen Dächer von Emil Hünnebeck handeln. Die innovative und daher wertvolle Dachkonstruktion des Saales verschwand unter einer Schallschutzverkleidung, als man in den 1960er- und 1970er-Jahren bei der Umgestaltung des Vorplatzes Bauten an den Saal anfügte und das Innere ohne große Rücksicht auf den Ursprungsbau veränderte.

Erst vor kurzem wurde die Saaldecke zufällig wiederentdeckt. Hünnebeck hatte sich die Rautennetzbauweise patentieren lassen, nachdem er die Technik stählerner Lamellendächer, die auf den Entwicklungen Friedrich Zollingers und denen Hugo Junckers fußte, weiterentwickelt hatte. Zollinger überspannte 1923 mit einem materialsparenden hölzernen Lamellendach erstmals Hallen stützenfrei und Junckers verwandte in seinen stützenfreien Flugzeughallen schon 1927 Lamellendächer aus Stahl.