10.06.2010 – Presse

„Meine Herren, ich vergesse, dass ich in Europa bin!“

Das Universitätsklinikum in HH-Eppendorf – Ein Förderprojekt der vor 25 Jahren gegründeten Deutschen Stiftung Denkmalschutz

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts hatten in Hamburg wachsende Bevölkerungszahlen und grassierende Seuchen wie die Cholera drastisch deutlich gemacht, dass ein einziges Krankenhaus in der Großstadt an der Elbe nicht mehr ausreichte. So entstand 1889 auf einem Freigelände in Eppendorf ein neuer Krankenhauskomplex, der in einer parkähnlichen Grünanlage aus 55 Pavillons bestand. Das neue Krankenhauskonzept markiert den Übergang vom kasernenartigen Armenhospital zum modernen Behandlungskrankenhaus. Zu den schönsten historischen Gebäude des „Universitäts-Krankenhauses Eppendorf“ (UKE) gehört das Erikahaus, das nach einem Entwurf des Baudirektors der Freien und Hansestadt Hamburg, Professor Fritz Schumacher, in den Jahren 1912 bis 1914 für die hier tätige Erika-Schwesternschaft entstand. Neben diesem im Gesamtwerk des Baudirektors herausragenden Haus projektierte Schumacher auch das sogenannte Institutsgebäude, in dem bis 2007 die Pathologie untergebracht war. Für die Wiederherstellung beider Gebäude stellte die Deutsche Stiftung Denkmalschutz (DSD) bisher rund 270.000 Euro zur Verfügung.

Im 19. Jahrhundert hatten Hamburg bereits sieben kleinere Cholera-Epidemien heimgesucht, als 1892 dem letzten großen Ausbruch der Krankheit in Deutschland über 8.000 Menschen zum Opfer fielen. Die Epidemie brach während eines heißen Sommers aus und verbreitete sich ungebremst, da man in Hamburg das Elbe-Wasser weiterhin ungefiltert trank. Bei Flut vermischte es sich sogar noch mit dem verschmutzten Hafenwasser. Die beengten Verhältnisse in einigen Teilen der Stadt, insbesondere in den „Gängevierteln“, den besonders eng bebauten Wohnquartieren, und in den ungesunden Kellerwohnungen in Hafennähe begünstigten die Ausbreitung der Krankheit ebenso wie die zahllosen Gemeinschaftstoiletten ohne Anschluss an die Kanalisation. Robert Koch, der zu Hilfe gerufene Direktor des Berliner Hygienischen Instituts, kommentierte die Situation scharf: "Meine Herren, ich vergesse, dass ich in Europa bin!" Die Errichtung eines neuen Krankenhauskomplexes war daher dringend überfällig. Die nötige Fläche bot sich vor der Stadt an.

Der Ort Eppendorf war im 14. Jahrhundert in den Besitz des Harvestehuder Zisterzienserinnenklosters und damit in den Herrschaftsbereich Hamburgs gelangt. 1871 wurde die Gemeinde ein Vorort, 1894 durch Eingemeindung ein Stadtteil der Hansestadt. Hier entstand um die Jahrhundertwende zum 20. Jahrhundert der neue aus mehreren Gebäuden bestehende Klinikkomplex, das heutige Universitäts-Kranken­haus Eppendorf (UKE). Aus dem ersten 1926 gebauten Institutsgebäude für medizinische Forschung, dem heutigen Fritz Schumacher-Haus, in dem bis 2007 die Pathologie untergebracht war, entwickelte sich sukzessive die medizinische Fakultät.

Wegen des Ersten Weltkriegs verzögerte sich zunächst die schon 1911 geplante Bauausführung, so dass erst in den 1920er Jahren die dreigeschossige Dreiflügelanlage aus rotem Backstein mit rotem Ziegeldach gebaut werden konnte. In dem Gebäude haben sich noch charakteristische Innenräume der Ursprungszeit erhalten, so die Treppenhäuser, der große Hörsaal und insbesondere der Sektionssaal. Hier ist sogar die Ausstattung – bis auf die Armaturen, spätere leichte Trennwände sowie bis auf einen Kühlraum – im Ursprungszustand erhalten.

Als die Pathologie 2007 neue Räume beziehen musste, bestand die einmalige Gelegenheit, den baulichen Ursprungszustand wieder zu betonen. In der Einheit von Sektionssaal, Vorlesungssaal ("Kalte Küche") und zugehörigen Büroräumen lässt sich die Unterbringung einer Gesundheitsakademie und einer bedeutenden medizinhistorischen Sammlung gut vorstellen.

Die zukünftige Ausstellung soll von historischen Instrumenten über die einzigartige Wittmaack-Sammlung von 1926-1945 mit über 100.000 histologischen Seriendünnschnitten des menschlichen Innenohrs bis hin zu einer der umfangreichsten Sammlungen von Wachsmoulagen umfassen. Diese Wachsbilder, die zum Teil noch aus der Zeit vor 1900 stammen, bilden viele Hautkrankheiten im Endstadium nach Originalbefunden ab. Diese Sammlung von Krankheitsbildern, die aus fernen Ländern auf dem Seeweg nach Europa kamen, begründete die Bedeutung des Hamburger Tropeninstituts.