07.06.2010 – Presse

Mustergültiges Bauhaus-Musterhaus am Rande des Ilmparks

Das „Haus am Horn“ in Weimar – Ein Förderprojekt der vor 25 Jahren gegründeten Deutschen Stiftung Denkmalschutz 

Viele Freunde hatten sich eingesetzt, zahlreiche Erhaltungsanstrengungen waren über die Jahrzehnte hinweg erfolgt. Doch Anfang der 1990er Jahre schien seine Zeit abzulaufen. Feuchtigkeit setzte ihm zu und gefährdete akut den Bestand. Dem Bauhaus-Gebäude in Weimar, Am Horn gelegen, drohte das Aus. Bis zuletzt hatte sich Marlis Grönwald, Kustodin der Bauhausuniversität, um das von ihr mit ihrer Familie bewohnte Kleinod gesorgt. Sie hatte es nach bestem Wissen gepflegt, um es der Nachwelt zu erhalten. 1998 hatte sie es geschafft. Die Grönwalds konnten das international bedeutende Baudenkmal verlassen, dem Haus am Horn wurde die überfällige Sanierung zuteil. Schon im April 1999 konnte das restaurierte Gebäude wieder eingeweiht werden. An seiner Rettung hatte sich neben anderen auch die Deutsche Stiftung Denkmalschutz beteiligt und über 50.000 Euro zur Verfügung gestellt. Seit der Fertigstellung kümmern sich der »Freundeskreis der Bauhaus-Universität Weimar« und das »Institut für Design-Transfer« um den Architekturschatz. 

Die Gründung des Bauhauses durch Walter Gropius 1919 in Weimar zählt zu den bedeutendsten Ereignissen der jüngeren Architektur- und Kunstgeschichte. Fußend auf den nicht unerheblichen Vorarbeiten Henry van de Veldes erprobten einige nach Weimar berufene Architekten und Künstler neue Formen des Sehens und Gestaltens. Die neuen Vorstellungen vom Zusammenwirken von Architektur, Kunst und Handwerk entwickelten sich von der anfänglichen, eher romantischen Idee des handwerklich gefertigten Gesamtkunstwerks zunehmend zu an moderner Serienproduktion orientierten Produkten. 

Gropius wollte die Unterscheidung zwischen Künstler und Handwerker aufheben. Die bildenden Künste sah er als „unablösliche Bestandteile der großen Baukunst“. Sein Ziel war die Verbindung von Architektur als Gesamtkunstwerk mit der Bildenden, der Darstellenden und der Angewandten Kunst. Im sogenannten Gründungsmanifest des Bauhauses formulierte er 1919 knapp: „Das Endziel aller bildnerischen Tätigkeit ist der Bau!“ Im Rahmen einer Ausstellung der bisherigen Leistungen im Jahr 1923 wurde daher auch ein Architekturwettbewerb für ein Musterhaus ausgelobt. 

Dieses Vorzeigehaus entstand schließlich am östlichen Rand des Ilmparks nach den preisgekrönten Entwürfen Georg Muches, der vermutlich Vorarbeiten des ungarischen Architekten Alfred Forbáts aus dem Büro Gropius eingebunden hat. Das nur 12 x 12 Meter messende Haus liegt relativ weit in das Gartengrundstück zurückgesetzt und ist diagonal aus der vorgegebenen Bauflucht gedreht. Die Arbeiten wurden von einer gewerkschaftlich organisierten Bauorganisation des Bauhauses, der Sozialen Bauhütte, ausgeführt. Teilweise wurden moderne Baumaterialien verwendet, so großformatige Schlackebetonsteine oder eine Torf-Dämmschicht. 

Dem quadratischen Grundriss entsprechend sieht der eingeschossige, mit einem Flachdach abgeschlossene Bau wie ein Würfel aus, dessen Mittelteil jedoch herausgehoben ist. Die Räume sind um ein zentrales, von oben beleuchtetes Wohnzimmer angeordnet und dadurch auf kürzestem Weg erreichbar. Die Einrichtung orientierte sich an den Bedürfnissen einer berufstätigen Kleinfamilie. Besonders wichtig war darin die „moderne“ pflegeleichte Haus- und Küchentechnik. An der Einrichtung beteiligten sich verschiedene Bauhaus-Künstler. Die Möbel des Wohn- und Damenzimmers stammen von Marcel Breuer, die des Ess- und Herrenzimmers von Erich Dieckmann, das Kinderzimmer richteten Alma Buscher und Erich Brendel ein. Die Räume malten Josef Maltan und Alfred Arndt aus, die Beleuchtungskörper stammen von Alma Buscher, Carl Jakob Jucker und Gyula Pap. Martha Erps fertigte Teppiche für das Wohnzimmer und Theodor Bogler und Otto Lindig die Gebrauchskeramik. 

Damit dokumentiert das „Haus am Horn“ als ein Höhepunkt der Weimarer Bauhauszeit alle Facetten des künstlerischen Schaffens dieser Kunst- und Architekturrichtung. Kurz nach der Fertigstellung zog das Bauhaus aus politischen Gründen nach Dessau um. Das „Haus am Horn“ blieb bestehen und wurde 1996 in die Liste des Weltkulturerbes aufgenommen.