12.08.2010 – Presse

Ortsbildprägende alte Gehöfte stiften Identität

Der Eulensteinsche Hof in Großschwabhausen – Ein Förderprojekt der vor 25 Jahren gegründeten Deutschen Stiftung Denkmalschutz

Über 300 Jahre lang bewohnte die Familie Eulenstein einen Dreiseithof in Großschwabhausen. Mitte der 1970er Jahre konnte sie ihn nicht mehr erhalten. Zunächst dem Kreis an die Hand gegeben, dann einem Investor in die Hände gefallen, wird der Hof jetzt seit acht Jahren Schritt für Schritt von einem engagierten Förderverein renoviert. Das Schrittmaß bestimmt der Spendenfluss, der zur denkmalgerechten Wiederherstellung des Anwesens nötig ist. Jahrelanger Leerstand, undichte Dächer und Fenster sowie eine defekte Regenableitung führten nämlich dazu, dass die eindringende Feuchtigkeit die Holzkonstruktion tiefgründig schädigen konnte. An den umfassenden Sanierungsarbeiten beteiligt sich neben der Deutschen Stiftung Denkmalschutz auch das Landesdenkmalamt, Lotto Thüringen, der Kreis Weimarer Land, die Sparkasse Mittelthüringen und die Gemeinde. Auch gab es Mittel aus dem Dorferneuerungsprogramm. Künftig soll das Gebäude museal genutzt werden. In der Scheune und im rekonstruierten Gartenbereich finden bereits Veranstaltungen statt.

Vermutlich am Platz einer mittelalterlichen Hofanlage ließ Pfarrer Johannes Bock 1599 unter Einbeziehung von Bauresten einer Vorgängeranlage einen Dreiseithof errichten, der aus Wohnstallhaus, Scheune und einem Torbogen bestand. Die von einer Mauer umschlossene, weitgehend original erhaltene Anlage lässt sich durch das aus der Erbauungszeit stammende Rundbogenportal betreten, in dessen Seiten Sitzkonsolen eingelassen sind. An das Tor schließt sich das zweigeschossige Wohnhaus an, über dessen massivem Erdgeschoss sich eine reich gestaltete Fachwerkfassade im Obergeschoss erhebt. Die Gefache des aufwändigen Schmuckfachwerks zeigen Andreaskreuze und Rauten, das Brüstungsband ist mit einem Zahnschnittfries versehen und die Füllhölzer und die Stockwerkschwelle weisen eine Doppelreihe von sogenannten Schiffskehlen auf. An der Fassade zum Hof trägt eine Art Umgebinde im Bereich der oberen Stube die Deckenlast, ein westlich der Saale sehr seltenes Konstruktionselement. Ein Satteldach deckt das Hauptgebäude. Die Raumaufteilung mit Stuben, Küche und Kammern im Inneren ist ebenfalls original erhalten. Die Decke einer Holz-Bohlenstube im Obergeschoss war mit Schiffskehlen und Profilierungen aus der Zeit um 1600 versehen.

1641 übernahm die Familie Eulenstein die Gebäude. Nach Martha Eulenstein, die 1976 verstarb, sah sich kein Erbe mehr in der Lage, die Anlage zu erhalten. Der Kreis übernahm den Hof 1979, 1993 wurde das Anwesen verkauft, doch zu seiner Erhaltung geschah nichts. Ende der 1990er Jahre hatten viele den Hof bereits aufgegeben. Die kaputten Dächer hielten keinen Regen mehr ab, keine Wand und keine Decke war mehr trocken. Gefährlich neigte sich die Hofmauer zur Straße hin, dem weiteren Verfall schien nichts im Wege zu stehen. Bis 2001 ein Förderverein die Initiative zur Rettung der Gebäude ergriff. Hätte dieser den Umfang von vorneherein abgesehen, hätte er möglicherweise gar nicht mit seinen Unternehmungen begonnen. Mittlerweile sind jedoch alle Nebengebäude wieder nutzbar, die Dächer erneuert, Fenster und Türen aufgearbeitet. Nur das Wohnstallhaus, der Kern der Anlage, ist weiterhin gefährdet. Zwar ist der Giebel neu verbrettert, die Fenster erneuert und das Fachwerk saniert, doch fallen die Schäden an der Südwestecke zunächst nicht ins Auge, manche sehen das Notdach erst auf den zweiten Blick. Weiterhin neigt sich das große Tor in der Hofmauer leicht nach vorn. Bei der Arbeit an der Bohlenstube behinderten feuchte, faule und von Insekten befallene Hölzer die Arbeit. Einzeln mussten sie auf ihre weitere Verwendbarkeit untersucht werden.

Als im Jahr 1599 die Bohlenstube eingebaut wurde, beging man statische Fehler. Die Wände des „Renaissanceraums“, eines weitaus älteren Raumes im Obergeschoss, wurden nach außen gedrückt, das Fachwerk teilweise zerstört. Mittlerweile hat man einen Rettungsweg gefunden, doch auch die anderen Räume harren ihrer Aufarbeitung. Als die Zeitschrift monumente im letzten Jahr für den Eulensteinschen Hof als dem „Denkmal in Not“ zu Spenden aufrief, verwies die Autorin darauf, dass der Gesichtsverlust vieler Dörfer auch aus dem Verlust der gewachsenen dörflichen Strukturen rührt. Dagegen könnten „ortsbildprägende alte Gehöfte wie der Eulensteinsche Hof“ dazu beitragen, „hier wieder Identität zu stiften.“ Dem ist nichts hinzuzufügen.