12.07.2010 – Presse

Ross und Reiter gingen in die Luft

Das Reiterstandbild Friedrichs II. in Berlin – Ein Förderprojekt der vor 25 Jahren gegründeten Deutschen Stiftung Denkmalschutz 

1980 hatte man das Reiterstandbild Friedrichs II., das anlässlich des 111. Jahrestages seiner Thronbesteigung Unter den Linden in Berlin aufgestellt worden war, das letzte Mal renoviert. Damals war zwar eine notwendige Stützkonstruktion in den Sockel eingebracht worden, doch hatte man dem Rostschutz nicht die erforderliche Aufmerksamkeit geschenkt. In der Folge traten erhebliche Korrosionsschäden am Standbild, aber auch an seinem Sockel auf, zu deren Behebung die Demontage des Monumentes unumgänglich wurde. Sie fand unter großer Medienbegleitung am 1. Oktober 1997 statt. Unter fachlicher Oberleitung des Landesdenkmalamtes Berlin erfolgte die Restaurierung in einer Berliner Restaurierungswerkstatt, die die Arbeiten offiziell am 13. September 1998, dem Tag des offenen Denkmals, abschloss. Nach weiteren Vorarbeiten Unter den Linden konnte das restaurierte Standbild schließlich am 6. Dezember 2000 wieder an seinem historischen Standort enthüllt werden. Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz unterstützte die Maßnahmen damals mit einer Million Mark. 

Friedrich der Große war kein einfacher Mensch. Auch nach seinem Tode nicht. Rund 70 Jahre dauerte es, dreier preußischer Könige und über 100 Entwürfe bedurfte es, ihm ein Denkmal Unter den Linden in Berlin zu errichten. Schließlich war es Christian Daniel Rauch, der das etwa 13,5 Meter hohe Denkmal zwischen 1842 und 1851 schuf. Heute gehört es zu dessen Hauptwerken und den bedeutendsten Reiterdenkmälern des 19. Jahrhunderts. Feierlich wurde es am 111. Jahrestag der Thronbesteigung Friedrich des Großen 1740 am 31. Mai 1851 enthüllt. 

Dargestellt ist der Monarch in seiner Paradeuniform mit Dreispitz zu Pferde. Seinen Krückstock hält er fest in der Hand. Auf den Haupttafeln des mehrstöckigen Sockels sind über einer teils als Relief, teils vollplastisch ausgestalteten Inschriftenzone Friedrichs Feldherren und Staatsbeamte, aber auch Gelehrte und Künstler seiner Zeit, die alle in zeitgenössischen Kostümen auftreten. Im oberen Teil des Sockels stellen Relieftafeln die Tugenden des Königs und Szenen aus seinem Leben dar. 

Ursprünglich erstrahlte das Denkmal in goldenen Tönen, die sich einer speziellen Legierung aus St. Petersburg verdankten. Der schöne Schein ging in den Wirren der Zeiten verloren. In der Novemberrevolution des Jahres 1918 schossen Spartakisten auf den wehrlosen kupfernen König, dessen Wunden danach nur unsachgemäß behandelt wurden. Die Nationalsozialisten packten das Standbild im Krieg in einen Schutzmantel gegen Fliegerbomben, dafür verbannte die DDR-Regierung den einstigen Helden 1950 als Symbol reaktionärer Politik nach Sanssouci. In mehreren Verstecken überstand das Denkmal mehrfach die Gefahr des  Einschmelzens. Erst 1980 erinnerte man sich seiner und der Identität gebenden Geschichte wieder, vereinnahmte Preußens Gloria und veranlasste des Königs Rückkehr nach Berlin. Demonstranten setzten der Legende schließlich nach der Wende zu, und beraubten den Reiter seines Steigbügels und seines Krückstocks. 

Doch mehr als alle politischen Wetterlagen setzten dem Denkmal Regen und Schmelzwasser zu. Das in Sockel und Reiterfigur gegliederte Standbild bestand im Wesentlichen aus im Sandgussverfahren hergestellten einzelnen Bronzeteilen, die ursprünglich mittels Steck-, Schraub- und Drehverbindungen kraftschlüssig zusammengefügt waren. Nun hatten sich Kupfersalzkrusten tief in das Gefüge hineingefressen, drohte Rost dem, was den Alten Fritz im Innersten zusammenhielt, in Nichts aufzulösen, so dass die Statik gefährdet war. Um den erstmals Rückhalt erbittenden Preußenkönig der Nachwelt zu erhalten, musste dieser zunächst absitzen. Anfang Oktober 1997 wurde das Standbild, Ross und Reiter, mit einem Kran vom Sockel in die Luft gehoben und nach kurzem Flug auf einem Schwerlasttransporter abgesetzt und in eine Werkstatt in Tempelhof gebracht. 

Für die Regeneration musste der Monarch zunächst in Einzelteile zerlegt werden. Dem Betrachter bot sich ein beklagenswertes Bild: Ein Riss ging quer durch den Körper des Königs, Rumpf und Beine waren getrennt. Seinem Ross kam der Schweif abhanden. Im Pferdebauch fand man eine kleine bronzene Tafel, die unter anderem Rauchs Modell auf 1845 datiert. Schließlich kehrte das königliche Meisterwerk im Dezember 2000 an seinen ursprünglichen Standort in der Achse des Alten Palais zurück.