Das nun mit einem unterstellten schlechten Bauzustand und daraus resultierenden hohen Sanierungskosten argumentiert wird, sei ein Skandal. Hat doch der Antragsteller durch jahrelange Vernachlässigung des Bauunterhalts den Bauzustand selbst verursacht. „In einer Zeit, in der wir mit den Herausforderungen des Klimawandels und der Ressourcenknappheit konfrontiert sind, muss auch die Landesregierung das althergebrachte Leitbild von ständigem Abriss und Neubau hinter sich lassen. Hier werden wertvolle Ressourcen vernichtet und neue Co2-Emissionen verursacht.“ Vielerorts ignoriert die öffentliche Hand die Bedeutung kontinuierlicher Baupflege für eine lange Lebensdauer von Architektur. Durch dieses wenig nachhaltige Handeln entstehen zunehmend Bauschäden an öffentlichen Gebäuden, selbst an denkmalgeschützten. Im Fall des Finanzamtes stehen die vom Landesdenkmalamt eingeforderten Gutachten zu Zustand und Wirtschaftlichkeit noch aus – das Land argumentiert lieber mit einem “augenfällig maroden Zustand“ als in einem transparenten Verfahren Fakten zu liefern. Ein wohl vorhandenes positives statisches Gutachten wird zurückgehalten. Ein solch anmaßender Umgang mit dem Denkmalschutz – im Saarland sogar Verfassungsaufgabe - und dem Landesdenkmalamt sei ein Armutszeugnis für eine Landesregierung.
Wie mit neuen Nutzungsvorschlägen der Erhalt des Denkmals in bester Lage von Saarbrücken möglich würde, könnte ein Ideenwettbewerb zum „Bauen im Bestand“ klären. Eine unvoreingenommene Bedarfsanalyse würde vermutlich andere Lösungen als Büroraum ergeben.
In einer Reihe von aktuellen Fällen, in denen der Abriss von Denkmalen der jungen Demokratie gefordert wird, handelt es sich um Landesbesitz. Dass im Streitfall mit den Fachbehörden die Entscheidung über Denkmale in Landeseigentum in der Hand eines Landesministeriums liegt, offenbart eine absurde Rechtssituation. “Wenn Antragstellung und Entscheidung in einer Hand liegen, kann nicht von einer unvoreingenommenen Einschätzung ausgegangen werden“, so Skudelny.
Die Landesregierung schaffe einen Präzedenzfall dafür, dass Denkmalschutz auszuhebeln sei, wenn man das Objekt nur lange genug verfallen lasse. Vom Bildungsministerium als oberster Denkmalbehörde zu fordern, das Verfahren an sich zu ziehen, ohne dem Landesdenkmalamt vorab die benötigten Informationen und Gutachten zur Erarbeitung seiner Stellungnahme zugänglich zu machen, sei unfassbar, so Skudelny.
Die saarländische Architektur der Nachkriegszeit gilt als avantgardistisches Zeugnis der jungen Demokratie in Deutschland und dem Aufbruch des Saarlands nach Europa. Die durch den Krieg zu 80 Prozent zerstörte Bau- und Denkmalsubstanz in Saarbrücken wurde in der Phase des Wiederaufbaus durch außergewöhnlich qualitätvolle, manchmal etwas sperrige moderne Architektur ergänzt. Durch sie wurde Saarbrücken zu einem international anerkannten Zentrum moderner Architektur. Auch wenn die Bauten dieser Epoche lange Zeit nicht immer der allgemeinen Vorstellung von "hübscher und gefälliger" Architektur entsprechen, finden die Bauten der 50er und 60er Jahre zunehmend über den Kreis der Experten hinaus ihre Fans – gerade bei jungen Menschen.
Sollte sich die Missachtung des Denkmalwertes der Architektur der jungen Demokratie – ausgerechnet im Jahr des 75. Jubiläums des Deutschen Grundgesetzes! – in Saarbrücken nunmehr so brachial durchgesetzt werden, stehe man vor der Gefahr einer „denkmalfreien Zone Saarbrücken“, befürchtet Skudelny.