10.05.2010 – Presse

Wie aus einem hässlichen Entlein wieder ein Schwan wurde

Der Bagno-Konzertsaal in Steinfurt – Ein Förderprojekt der vor 25 Jahren gegründeten Deutschen Stiftung Denkmalschutz 

1988 förderte die erst kurz zuvor gegründete Deutsche Stiftung Denkmalschutz (DSD) erstmals die Konzertgalerie im Bagno-Park in Steinfurt. Die Restaurierungsmaßnahmen konnten aber erst 1993 wirklich beginnen, als sich nach der Zusage der DSD, die Mittel für die Sanierung bereitzustellen, auch das Ministerium für Stadtentwicklung und Verkehr bereit erklärte, den Bau eines neuen Foyer-Gebäudes zu fördern, damit die Konzertsaal-Nutzung modernen Anforderungen gemäß möglich wurde. Rund 2,5 Millionen Euro stellte die DSD in den Jahren 1993 bis 1996 für die Restaurierungsmaßnahmen zur Verfügung. Die feierliche Wiedereröffnung des Saales fand im Beisein der Kultusministerin des Landes am 10. Oktober 1997 statt. Um die dauerhafte Bauunterhaltung zu gewährleisten, wurde für das Steinfurter Bagno bereits 1994 unter der treuhänderischen Verwaltung der DSD die Stiftergemeinschaft "Bagno-Konzertsaal-Stiftung" gegründet. 

Konzertsäle gibt es in Europa erst seit dem 19. Jahrhundert. Doch schon wenige Jahrzehnte zuvor erfreute Graf Karl Paul Ernst von Bentheim-Steinfurt seine Untertanen mit der Ausgestaltung eines Gartens, heute würden wir sagen: eines riesigen Freizeit- und Erlebnisparks, in dem sich nicht zuletzt die erste „Konzert-Galerie“ Europas befand. Den Park, ab 1765 zunächst in dem von Schloss Versailles in Frankreich imitierten Barockstil begonnen, gestaltete Graf Karls Sohn Ludwig später nach „moderneren“ Vorbildern weiter. Namensgebend für die Anlage wurde das erste dort entstandene Gebäude, das Badehaus, „il bagno“. 

Zu den Attraktionen in dem von Anfang an öffentlichen „Bagno-Park“ gehörten Gehege für exotische Tiere, Volieren mit bunten fremdländischen Vögeln und bis 1789 weitere 39 Bauten und 21 Wasserspiele, darunter Teiche mit chinesischen Brücken, Fontänen und Grotten, eine nachgebaute Fischeridylle, die „Tonne des Diogenes“, griechische, römische und ägyptische Phantasiearchitekturen, kurz: ein gigantisches „Feuerwerk der Sinne“. „Seit sieben Jahren,“ konnte Graf Ludwig 1787 beruhigt feststellen, habe er „täglich manchmal 100 Arbeiter eingestellt, um mich schließlich der Befriedigung zu erfreuen, auf diese Weise meinem kleinen Volk eine fruchtbare Quelle eines gesicherten Gewinns zu verschaffen, dass nämlich der Andrang der Fremden täglich wachse.“ 

In diesem Ambiente bildete der Bagno-Saal als „Grande Gallerie pour les concerts“ zusammen mit heute nicht mehr bestehenden Nebengebäuden den heiteren Rahmen glanzvoller Sommerveranstaltungen. Der leidenschaftliche Flötist Graf Karl hatte sich den Luxus einer mit 35 Instrumentalisten und Sängern besetzten Hofkapelle gegönnt, für die er als würdige Sommerbühne die Konzertgalerie errichten ließ. Ihr französisches Vorbild war die Schlossgalerie "Grand Trianon" in Versailles. Beim Spiel zeitgenössischer Komponisten der Wiener Klassik durften übrigens vor den geöffneten Seitentüren der Galerie auch "gut gekleydete" Bürger den musikalischen Darbietungen lauschen. 

Der 1774 errichtete Saalbau, der als erster freistehender Konzertsaal Europas gilt, verfiel nach dem Zweiten Weltkrieg zusehends und bot Ende der 1980er Jahre ein trauriges Bild des Verfalls. Manchem Spaziergänger erschien der zur Unscheinbarkeit verkommene Bau als „alte Scheune“. Der Putz war abgeblättert, die Türen mit Brettern vernagelt. Der „Schandfleck“ schien kaum noch eine Chance zu haben. Doch gleichzeitig setzte sich eine Bürgerinitiative für den Erhalt des Bauwerks ein, die sich der überregionalen historischen und künstlerischen Bedeutung des einst prächtigen Rokokosaals mit seinen zum Teil sichergestellten aufwendigen Stuckdekorationen im Stil "Louis XVI", den grottierten Wandnischen, reich verzierten Spiegelwänden und Deckenspiegeln noch bewusst war. Heute überrascht der im äußeren Erscheinungsbild eher bescheiden wirkende eingeschossige Bau des Gräflichen Baudirektors Joest von Loen im Inneren wieder mit seiner prächtigen Wand- und Deckengestaltung aus Stuckornamentik und kostbaren Spiegeln. Aus einem hässlichen Entlein wurde wieder ein Schwan.