Seit genau 700 Jahren überspannt die steinerne Brückenkonstruktion der Krämerbrücke in Erfurt die Arme der Gera. In ihrer heutigen Form mit Wohn- und Geschäftshäusern ist sie einzigartig nördlich der Alpen. Und sie steht zugleich für zwei Denkmalgattungen: „Technische Denkmale“ und „Wohnbauten“. Die Konstruktion der Brücke mit ihren Bögen ist ein technisches Denkmal, die Überbauung der Brücke dokumentiert Wohnbauten vom 15.-18. Jahrhundert.
Einen hölzernen Vorgängerbau mit Budenbebauung hat es an der Stelle einer der ältesten Furten über die Gera vermutlich bereits im 8. Jahrhundert gegeben. Im Mittelalter kam der Brücke als Teil der Via Regia, der großen Handelsstraße quer durch Europa, große Bedeutung zu. Als gewinnreicher und privilegierter Markt der Brückenkrämerzunft diente sie dem Handel mit Kleinwaren, mit „Kram“. Auf der Krämerbrücke war ausdrücklich der Handel mit Gewürzen, Stoffen und Geschmeiden gestattet. Nach mehreren Bränden erbauten die Erfurter 1325 sechs Brückenbögen in Stein. Die Brückenköpfe wurden mit Kirchen überbaut, deren östliche, die Aegidienkirche, bis heute erhalten ist.
Die heutige Bebauung entstand nach dem letzten größeren Brand 1472. Die Krämerbrückenhäuser sind kleinteilige Fachwerkbauten mit Elementen aus Gotik, Renaissance und Barock, in einzelnen Gestaltungsformen auch aus der Gründerzeit. Die ursprünglich 62 Häuser hat man mit der Zeit zu 32 zusammengefasst, ihre Keller liegen teilweise in den Brückenpfeilern. Die Krämerbrücke ist sowohl kulturhistorisch als auch technisch ein außergewöhnliches Bauwerk. „Es darf wohl für die Erfurter Krämerbrücke wegen des Alters, der originalen Baugestalt, der Bedeutung als Handelsvermittler zwischen Ost und West sowie als städtebaulicher Faktor der Rang der Einzigartigkeit in Deutschland in Anspruch genommen werden,“ so das Thüringische Landesdenkmalamt.
Seit 1996 engagiert sich die vom Stifterehepaar Thayssen gegründete „Elisabeth und Fritz Thayssen“ für den Erhalt des mit dem Ponte Vecchio verglichenen Flussübergangs durch eine Treuhandstiftung in der Obhut der DSD. Die für die Krämerbrücke in der treuhänderischen Verwaltung der Deutschen Stiftung Denkmalschutz errichtete „Elisabeth und Fritz Thayssen-Stiftung“ hat geholfen, viele Häuser auf der Krämerbrücke zu erhalten. So half sie etwa im Haus Nummer 3 bei der Restaurierung der Stuckdecke, im Haus Nummer 17, dem „Haus zum Roten Turm“, bei der Wiederherstellung der Bohlenstube, oder unterstützte am Haus Nummer 30 die Dachsanierung. Bis heute finden sich im Erdgeschoss der Häuser Läden – mit besonderem „Kram“, meist Kunsthandwerk oder Antiquitäten. In den Obergeschossen ermöglicht das Wohnen im Denkmal bis heute die Pflege einer besonderen Verbindung zu diesem einzigartigen Bauwerk.
Im heutigen Haus der Stiftungen, früher als „Haus zum wilden Mann & güldenen Schachtzaul“ bekannt, können sich Besucher über das ungewöhnliche Denkmal informieren. Das ebenfalls von der Thayssen-Stiftung unterstützte Doppelhaus zählt seit der Renovierung 1,2 Millionen Besucher. Eine Treppe führt nach oben in die denkmalpflegerisch vorbildlich restaurierte Bohlenstube von 1578/1579. Eine Treppe nach unten ermöglicht den Zugang zu dem begehbaren mittelalterlichen Brückenpfeiler.
In einem Pfeiler der Erfurter Krämerbrücke wurden im Jahr 2000 die Namen der damaligen Förderer der Deutschen Stiftung Denkmalschutz hinterlegt. Sie dokumentieren das große bürgerschaftliche Engagement bei der Erhaltung dieses Wahrzeichens von Erfurt für kommende Generationen – eines von über 7.400 Förderprojekten.
Einem besonderen Bewohner der Krämerbrücke Schließlich ist beim DSD-Verlag Monumente Publikationen 2003 das Buch „Ein Sommer mit dem Brückenkater Franz: Geschichten von der Erfurter Krämerbrücke“ erschienen. Hier finden sich zahlreiche Geschichten über das Leben des halbfiktiven Brückenkaters Franz, der auf der Erfurter Krämerbrücke zu Hause ist. Wie die Menschen, die in den 32 Häusern auf der Krämerbrücke wohnen. Um sie drehen sich die Geschichten dieses Buches. Immer begleitet von Kater Franz.