Denkmalerhalt muss Grundlage für eine neue Ausschreibung sein
„Der Prozess rund um die Abrissgenehmigung des denkmalgeschützten Finanzamtes in Saarbrücken und die Ausschreibung der Neubebauung des Areals ist aus unserer Sicht ein Skandal“, so Dr. Steffen Skudelny, Vorstand der Deutschen Stiftung Denkmalschutz (DSD). Für die bundesweit tätige private Stiftung ist die gescheiterte erste Ausschreibung ein katastrophaler Fehlschlag. Für eine erneute Ausschreibung fordert die Deutsche Stiftung Denkmalschutz daher einen neuen Denkansatz für das Areal: der Erhalt des Denkmals als Grundlage, die rechtzeitige Einbeziehung der Denkmalfachleute und der Öffentlichkeit in den Entscheidungsprozess sowie die Rücknahme der bestehenden Abrissgenehmigung.
Aus den Fehlern der Vergangenheit lernen
In einem bundesweit beispiellosen Vorgang hatte die saarländische Landesregierung im vergangenen Jahr den Abriss des ehemaligen Finanzamts durchgesetzt. Dem Landesdenkmalamt, das derartige Anträge fachlich prüfen muss, wurden erbetene Unterlagen vorenthalten, die Ministerin für Bildung und Kultur zog das Verfahren an sich und genehmigte den umstrittenen Abriss. Aus Protest gegen dieses Vorgehen trat der Vorstand des Landesdenkmalrates geschlossen zurück.
Ein Neustart beim Saarbrücker Finanzamt bietet nun die Chance für eine Kurskorrektur der umstrittenen Denkmalschutzpolitik der Saarländischen Landesregierung.
Schutz und Erhalt des Denkmals als zentrale Anforderung der Neuausschreibung
Die DSD hat bereits in der Vergangenheit kritisiert, dass Gutachten zum baulichen Zustand des Finanzamts unter Verschluss gehalten wurden. Durch dieses intransparente Vorgehen ließ sich die Behauptung der Unwirtschaftlichkeit aufgrund des schlechten Gebäudezustandes nicht überprüfen und erhärten. Der Gebäudezustand gilt inzwischen als weitaus besser als nach dem vom Finanzministerium immer wieder zitierten „Augenschein“. Der Erhalt stellt möglicherweise die wirtschaftlichste Option dar und würde zusätzlich Aspekte der Nachhaltigkeit erfüllen.
Abrissgenehmigung zurücknehmen
Für eine neue Ausschreibung muss aus Sicht der Deutschen Stiftung Denkmalschutz die Abrissgenehmigung zurückgenommen werden und der Denkmalerhalt Grundlage sein. Nur so kann ein zukunftsweisender und nachhaltiger Neubeginn in den Planungen gelingen. Eine Vorab-Abrissgenehmigung darf es nicht geben.
Neustart als Chance
Der Neustart bei der Weiterentwicklung des Finanzamt-Areals bietet nun die Gelegenheit für die Verantwortlichen, Vertrauen zurückzugewinnen und in einem korrigierten Prozess eine sorgsam abgewogene und die Geschichte der Stadt wahrende Entscheidung unter Einbeziehung der Denkmalexperten zu treffen. Das ehemalige Finanzamt wäre dies aus Sicht der Deutschen Stiftung Denkmalschutz nicht nur wert, sondern könnte ein beeindruckendes Beispiel für konstruktiven Umgang mit Fehlern und neuen Erkenntnissen werden. Diese Chance gilt es nun, zu nutzen.
Mehr zum Kampf um den Erhalt des Finanzamtes in Saarbrücken: www.denkmalschutz.de/finanzamt-saarbruecken
Zum Objekt:
Das Finanzamt Saarbrücken entstand zwischen 1949 und 1952 nach Plänen von Karl Wundrack und gilt als wichtiges und qualitätvolles Zeugnis der französisch geprägten Wiederaufbaujahre an der Saar. Der fünfstöckige Bau mit zwei symmetrischen Flügeln und Mittelrisalit prägt durch seine prominente Lage am Ufer der Saar das Stadtbild der Landeshauptstadt. Die gruppierten Fensterbänder verleihen seiner horizontalen Ausrichtung eine rhythmische Gliederung. Die hohe Funktionalität und Sparsamkeit im Umgang mit Bauschmuck zeugen von den architektonischen Idealen der frühen Nachkriegsjahre.