17.06.2025

Deutsche Stiftung Denkmalschutz fordert sofortigen Bau-Stopp an der Scarabaeus-Pyramide in Monheim

Aktionen & Stellungnahmen Nordrhein-Westfalen

Teil der Gebäude bereits vernichtet trotz ausstehender Ratsbeschlüsse und möglicher Verfahrensfehler – ungeklärte denkmalrechtliche wie urheberrechtliche Gründe sprechen gegen die Umbaupläne

Obwohl denkmalrechtliche Verfahren noch laufen, hat die Stadt Monheim mit den Umbauarbeiten und dem Abriss eines Teils des Scarabaeus-Gebäudes in Monheim begonnen. Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz (DSD) kritisiert dies scharf und fordert einen sofortigen Stopp der begonnenen Abriss- und Bauarbeiten. Dies würde auch Zeit zur Klärung noch offener Fragen zur Vergabe, einer drohenden Urheberrechtsverletzung und einer möglichen Missachtung der Denkmal-Fachlichkeit im Umgang mit den Bauvorhaben an der Pyramide verschaffen.

Das ehemalige Betriebsgebäude des Monheimer Unternehmens „Scarabaeus Arzneimittel GmbH“ zeichnet sich durch die eigenwillige, pyramidenartige Architektur und die bemerkenswerte künstlerische Ausgestaltung aus. An der Architektur und Ausstattung beteiligten sich der Architekt Dr. Horst Schmitges und der renommierte Künstler Professor Heinz Mack. Eigentümerin des Gebäudes ist die Stadt Monheim. 2021 trug sie die Pyramide als herausragendes Denkmal der Postmoderne inklusive seines Lagergebäudes in ihre Denkmalliste ein. Später hob sie diese Unterschutzstellung jedoch wieder auf – aus einem höchst ungewöhnlichen Grund: Sie berief sich darauf, dass ihre eigene Untere Denkmalbehörde die Stadt – also sozusagen sich selbst – bei dem Eintragungsverfahren nicht angehört hätte – und leitete ein neues Verfahren zur Eintragung ein, das aktuell noch läuft.

Was soll überhaupt geschehen? 

Die Scarabaeus-Pyramide soll nach den Plänen der Stadt einen Aufsatzbau als Erweiterung erhalten, das angrenzende Lagergebäude soll entfernt und das Gelände zu einer neuen Grünfläche hin geöffnet werden. Das Erscheinungsbild des Scarabaeus-Gebäudes würde sich hierdurch massiv verändern. 

Missachtung der vorgesehenen Denkmalschutz-Verfahren

Mit dem nun bereits erfolgten Abriss des Lagergebäudes, das an den pyramidalen Hauptbau grenzte, wurden die gesetzlich verankerten Prüfmechanismen im Denkmalschutz aus Sicht der DSD ausgehebelt. „Monheim schafft damit einen gefährlichen Präzedenzfall, an dem sich auch die Durchsetzungskraft der Obersten Denkmalbehörde messen lassen muss. Während eines laufenden Denkmalschutz-Verfahrens dürfen keine Veränderungen oder gar Abrisse an einem Objekt vorgenommen werden!“, so Dr. Steffen Skudelny, Vorstand der Deutschen Stiftung Denkmalschutz. 

Die gesetzlichen Reglements geben sowohl zu beteiligende Akteure als auch Fristen für Stellungnahmen und Verfahrensschritte vor – sowohl die Eintragung eines Denkmals betreffend als auch für den Bauantrag für geplante Veränderungen am Denkmal. Dies gilt auch für schwebende Denkmalschutz-Verfahren. 

Der Baubeginn erfolgte offensichtlich auch, ohne die Verfahren und Fristen der Kommunalpolitik und der Stadtverwaltung zu wahren: Eigentlich steht noch ein Ratsbeschluss für den Bebauungsplan aus. 

Deutliche Kritik am Vergabeverfahren

Vor dem Hintergrund der schwebenden Verfahren erscheinen die bereits im April erfolgte Vergabe des Bauauftrags und die nun begonnen Abriss- und Bauarbeiten besonders irritierend. 

Der Ausgang des laufenden Unterschutzstellungsverfahrens – also der Schutzumfang des Denkmals – sind derzeit noch offen, während das beauftragte Bauvorhaben bereits enorme Eingriffe in das Denkmal bedeutet. Durch die Auftragsvergabe an eine Baufirma und die nun begonnenen Abrissarbeiten hat die Stadt Monheim bereits Fakten geschaffen, die auch ein hohes finanzielles Risiko bedeuten. Aus der denkmalrechtlich unklaren Situation, die die Stadt Monheim hier geschaffen hat, könnten sich auch hohe Folgekosten ergeben. „Wer solch ein Risiko künstlich kreiert und sehenden Auges eingeht, darf die Folgekosten am Ende nicht dem Denkmalschutz in die Schuhe schieben“, sagt Stiftungsvorstand Dr. Steffen Skudelny. Auch Stimmen aus der Politik erheben schwere Vorwürfe und kritisieren das Vorgehen und mögliche Vergaberechts-Verstöße bei dem Bauauftrag. 

Urheberrechte wahren

Bereits im April 2023 wurden die Ergebnisse des Architekturwettbewerbs „Creative Hub Monheim am Rhein“ vorgestellt, in dessen Verfahren der Architekt Dr. Horst Schmitges offenbar nicht beteiligt wurde. Inwiefern im Wettbewerb auch denkmalpflegerische Zielstellungen berücksichtigt und abgewogen wurden, ist leider unbekannt. Horst Schmitges, der den Entwurf des Scarabaeus-Gebäudes für sich beansprucht, hatte sich später wiederholt gegen den Erweiterungsbau in seiner geplanten Form ausgesprochen und dabei auf seine Rechte als Urheber verwiesen. Der Architekt ist Autor zahlreicher expressiver Gebäude, unter denen bereits mehrere Denkmale zu finden sind – wie etwa die Siedlung Wolfskull in Viersen. 

Die Stadt Monheim vertritt auf Basis eines nicht zugänglichen Gutachtens hingegen die Auffassung, dass die alleinige Urheberschaft des Gebäudes bei dem Künstler Professor Heinz Mack liege – der den geplanten Erweiterungsbau an der Pyramide positiv bewertet. Diese alleinige Urheberrechts-Zuschreibung ist umstritten. Schmitges hat bereits mehrere Male der Stadt gegenüber Widerspruch eingereicht, dabei auf sein Urheberrecht verwiesen und angekündigt, sich gegen unerlaubte Änderungen an seinem Werk zu wehren. Dieses fand bislang keinerlei Beachtung. 

Forderungen der Deutschen Stiftung Denkmalschutz 

Die DSD kritisiert die von der Stadt Monheim derzeit geplante Aufstockung der Pyramide, da sie massiv in die Kubatur und Lichtwirkung des einzigartigen Gebäudes eingreifen würde. Aus denkmalpflegerischer Sicht sieht die Stiftung sowohl die Voraussetzungen für die Zulässigkeit des Bauvorhabens als auch den schon erfolgten Teilabriss als unzulässig und inakzeptabel an: In einem laufenden Unterschutzstellungsverfahren dürfen Gebäude nicht vernichtet oder umfassend verändert werden. Ein wichtiger Teil des Gebäudekomplexes ist durch das Vorgehen der Stadt bereits verloren. 

Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz fordert darüber hinaus zur Klärung der Sachlage die Offenlegung des Urheberrechtsgutachtens, auf welches sich die Stadt Monheim beruft. Dieses ist zu prüfen, um die Urheberfrage zu klären. 

Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz findet es nicht hinnehmbar, wie hier in mehrfacher Hinsicht geltende Regeln missachtet werden und fordert einen sofortigen Baustopp an der Scarabaeus-Pyramide. 

Weitere Informationen unter: www.denkmalschutz.de/aktionen-stellungnahmen

Informationen zum Objekt:

Das pyramidenartige Firmengebäude des Arzneimittelherstellers Scarabaeus wurde 1988 bis 1989 in Monheim nach Plänen des Architekten Horst Schmitges errichtet. In dem als Produktionsstätte und Verwaltungssitz vorgesehenen Bau kombinierte Schmitges auf eigenwillige Weise Architekturmotive aus Industrie und ägyptischer Sepulkralkultur zu einem Gesamtkunstwerk. Das am Rand begrünte Bauwerk öffnet sich mit Shed-Dächern zu einem Atrium, in dem ein Wasserbecken gelegen war. Die Pyramidenseiten werden von Öffnungen jeweils mittig durchstoßen, die als Zugänge beziehungsweise als ehemaliger Wasserlauf das Innere mit dem Äußeren verbinden. Dadurch erinnert die strenge und zugleich verspielte Architektur des Scarabaeus-Gebäudes auch an Palladios Entwurf der „Villa Rotonda“ von 1570, eine Ikone der europäischen Architekturgeschichte. Das zunächst nach seinem Bauherrn benannte „Beisel-Haus“ wurde mit Kunstwerken von Heinz Mack ausgestattet, unter anderem einem großen Glasobjekt im Atrium, das sein Licht- und Farbenspiel in die Innenräume reflektiert.

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