Ein exemplarisches Beispiel für Förderprojekte der Deutschen Stiftung Denkmalschutz
Unser Bild von der Architektur vergangener Epochen wird oft geprägt durch Burgen, Schlösser, Palais und Herrenhäuser. Es waren herrschaftliche Bauten, die - der jeweiligen Mode folgend – den Anspruch der Fürsten und Regierenden repräsentierten – und alle anderen Bauherren orientierten sich daran. Bis in den ländlichen Raum zeugen Landgüter mit ihren Herrenhäusern und den zugehörigen Wirtschaftsbauten von der oft ganz Europa prägenden Baukultur der jeweiligen Epochen. 42 solcher Herrenhäuser, 5 Gutsanlagen und 30 Gutshäuser hat die Deutsche Stiftung Denkmalschutz seit 1985 gefördert. Unter ihnen befindet sich in Bremen das einstige Haupthaus des Landguts Hasse mit Gärtnerhaus und Orangerie im zugehörigen Park. Heute nutzt der Verein Tobias-Schule und Kindergarten in Bremen e.V. das Anwesen im ländlich geprägten Stadtteil Oberneuland am nordöstlichen Rand der Hansestadt nahe der Grenze zu Niedersachsen.
Die Geschichte des Landguts lässt sich weit zurückverfolgen. So übernahm 1788 Engelbert Wichelhausen, Sohn einer reichen Kaufmannsfamilie, erfolgreicher Weinhändler und 1787 bis 1819 Senator, das Anwesen vom Vorbesitzer, Senator Christian Nicolaus Schoene. 1819 ging es an die Familie Iken, gegen Ende des Jahrhunderts wurde der Besitz unter zwei Nachfahren aufgeteilt. 1896 errichtete man ein neues zweistöckiges Landhaus nach Plänen von Eduard Gildemeister unter der Bauherrschaft des Kaufmanns Carl Otto Hasse – dem Namensgeber von Landsitz und umgebendem Landschaftspark.
Eine Besonderheit des Anwesens ist das Gewächshaus. Es stammt aus einer früheren Ausbauphase und wird zwischen 1790 und 1810 datiert - genauere dendrochronologische Untersuchungen stehen noch aus. Eventuell wurde der Bau zunächst als abschlagbares, barockes Pomeranzenhaus errichtet und dann wenig später auf die heutige Größe erweitert.
Es handelt sich um einen Fachwerkbau in der Tradition norddeutscher Bauernhäuser, dessen südliche Seite jedoch vollständig verglast ist. Wände und die untere Hälfte des Dachs sind hier als Holzfensterkonstruktion ausgebildet. Technisch raffiniert ist es möglich, die in Nuten laufenden Dachflächenfenster unter das Ziegeldach der Südseite zu ziehen. Vom Dachboden aus werden die an Tauen befestigten Fensterbahnen, jeweils vier gleichzeitig, hochgekurbelt. Um das Gewicht von Hand in Bewegung setzten zu können, gleiten unter dem gegenüberliegenden Dach der Nordseite Gegengewichte, die sich synchron zu den Fenstern bewegen. Außer den Fenstern gibt es in einer Ebene darüber noch Beschattungsläden, die ebenfalls vom Dachboden aus ein- und ausgefahren werden können.
Die hochkomplexe Technik, die mit ihrer Takelage an ein Schiff erinnert, ist funktionsfähig erhalten und in ihrer Art einzigartig. Ob sich hier der Einfluss des Bauherrn oder eines im Schiffsbau geschulten Handwerkers erkennen lässt, bleibt offen. Der beeindruckende Bau ist nahezu unverändert erhalten. Dies gilt auch für die Nebenräume, in denen bauzeitliche historische Fenster, Türen und Sandsteinböden zu finden sind. Alle Nebenräume des Hauses weisen große Tore und Sandsteinböden auf, um das Hantieren mit Pflanzkübeln und schwerem Gerät darin zu erleichtern. Die heutige Nutzung hat weiterhin mit dem Gärtnerhandwerk zu tun, hier findet der Gartenunterricht der Waldorfschule statt.
Für die Instandsetzung der Orangerie wurde 2004 der Zimmererbetrieb mit einem Bundespreis für Handwerk in der Denkmalpflege ausgezeichnet. Da die Holzfenster schräg in die Witterung gedreht sind, bedürfen sie immer wieder der Pflege und Reparatur. Zuletzt stellte die Deutsche Stiftung Denkmalschutz von 2019 bis 2022 für die Instandsetzung von 12 Elementen der Schrägverglasung dank zahlreicher Spenden sowie der Mittel der Lotterie GlücksSpirale und mehreren Geldauflagen insgesamt über 100.000 Euro zur Verfügung.
Seit ihrer Gründung vor 40 Jahren förderte die private Deutsche Stiftung Denkmalschutz (DSD) 2.100 Maßnahmen an „Herrschaftlichen Bauten“. Die 1985 gegründete spendensammelnde Stiftung unterstützt engagierte private, kirchliche und kommunale Denkmaleigentümer beim Erhalt ihrer Bauwerke. Denkmalpflege als staatliche Aufgabe wird mit bürgerschaftlicher Unterstützung zu einer gesamtgesellschaftlichen Aufgabe. Die DSD konnte bisher für den Erhalt von 7.400 Denkmalen unserer Baukulturlandschaft mehr als eine dreiviertel Milliarde Euro zur Verfügung stellen und damit ein deutliches Zeichen setzen.