Windkraft und Denkmale
Unsere Auffassung zur Vereinbarkeit

Windkraftanlagen und Denkmale

Unsere Auffassung zur Vereinbarkeit von Denkmalen und Windrädern

Auch bei Denkmalen ist es so: Der erste Eindruck ist wichtig.

Und diesen hat man in der Betrachtung eines Denkmals oft schon aus der Entfernung – im Zusammenhang seiner Einbettung in die Landschaft oder den städtischen Kontext. Doch geht es nicht nur um das optische Gesamtbild – die Umgebung eines historischen Gebäudes verrät noch viel mehr. Strategisch wichtige landschaftliche Gegebenheiten waren häufig das entscheidende Element für ihre Errichtung an genau diesem Ort. Größenvergleiche und damit auch die Bedeutung eines Bauwerks im Stadtbild sind ein wichtiger Baustein zu seiner Beurteilung. Daher ist der Erhalt dieses bezuggebenden Umgebungskontextes ein wichtiges Anliegen der Denkmalpflege.
Gleichzeitig ist der Schutz unserer Umwelt ein absolut unstrittiges Erfordernis. Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz (DSD) bekennt sich seit vielen Jahren zu Nachhaltigkeit und Klimaschutz sowie zum Einsatz nachhaltiger Energiegewinnung, wo immer es geht.

Die aktuelle Diskussion um die Vereinbarkeit von Denkmalen oder Denkmalensembles mit den orts- oder landschaftsbildverändernden Windrädern bewegt sich genau in diesem Spannungsfeld: eine notwendige technische Fortentwicklung zugunsten unserer Umwelt einerseits und dem Bemühen um den Erhalt des Sicht- und Verständniszusammenhangs rund um historische Gebäude andererseits. 

Leider wird Denkmalschutz häufig zu einem Verhinderer der erforderlichen Maßnahmen zur Energiewende stilisiert, Denkmalschutzgesetze in der Folge neu diskutiert und Denkmalschutz allgemein geschwächt. Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz möchte daher zur Versachlichung der Diskussion beitragen, ein klareres Faktenbild schaffen und ihre Haltung und Fachwissen zu diesem Thema einbringen.

Fragen und Standpunkte zum Thema Windkraftanlagen und Denkmale

1. Die Bedeutung von Sichtachsen und Sichtradien bei Denkmalen

Jeder von uns kennt die Redewendung „etwas aus dem Zusammenhang zu reißen“. Genauso, wie sich hierdurch Worte völlig anders darstellen können und missverstehen lassen, so ist es auch bei Gebäuden. Der Zusammenhang, in dem sie stehen, verleiht ihnen Sinn, Erklärung und auch Wirkungskraft. Daher ist es stets ein Anliegen des Denkmalschutzes, diesen historischen Kontext und das optische Erscheinungsbild zu erhalten. Denkmale sind seit jeher dominierende Landschaftsmarken, die unsere Kulturlandschaften prägen. Auch Ausblicke vom Denkmal in die Landschaft, zum Beispiel durch Alleen in Parkanlagen auf optische Bezugspunkte, den sogenannten „points de vue“, sind unter künstlerischen Aspekten gewählt und ehemals gestaltet worden.
Doch auch der Umgebungswandel gehört zum Denkmal ebenso wie zum Lauf der Zeit einfach mit dazu. Und fest steht: Mit Wandel kommen Denkmale schon seit Jahrhunderten zurecht. Es kann also hier nicht um ein „Konservieren“ der gesamten Denkmal-Umgebung gehen. Wohlüberlegt muss allerdings die Frage sein, welche Schwerpunkte sich setzen lassen, um die wichtigsten Ansichten, Haupt-Sichtachsen und -radien zu erhalten, die für das Verständnis und die Einordnung des Denkmals von zentraler Bedeutung sind.

2. Umgebungsveränderungen gab es immer schon

Die Umgebung eines Denkmals unterliegt natur- und zeitgemäß einem permanenten Wandel. Neue Gebäude oder Technologien, hohe Schornsteine, Fabrikhallen, flächengreifende Vororte, Straßenverbreiterungen und vieles mehr verändern die architektonische Einbettung eines historischen Gebäudes stetig. Fest steht: Mit Wandel mussten Denkmale schon seit Jahrhunderten zurecht kommen.

Fakt ist, dass Weiterentwicklungen immer in Beziehung zu dem Vorhandenen treten (müssen) – und dies auch zu einer Beeinträchtigung oder Negativ-Bewertung des Neuen führen kann. So finden sich in Archiven auch kritische Stimmen zu der Verbreitung von Windmühlen in der Landschaft – auch sie wurden teilweise als Störfaktor wahrgenommen. Insbesondere seit den Möglichkeiten des industriellen Bauens mit Stahl und Beton bedrängen industrielle Bauten, hohe Hallen, Fabriken oder Schornsteine die Denkmalwirkung zunehmend.

3. Denkmale - wirklich relevant in der Diskussion um Windparks und -räder?

Wichtig für die Einordnung der aktuellen Diskussion, in der Denkmalschutz zu einem relevanten Verhinderer stilisiert wird, ist, dass es durch hohe Bebauungsdichte immer weniger geeignete Flächen für Windparks oder einzelne Windräder gibt. Denn diese benötigen – völlig unabhängig von Denkmalschutz - neben einem Standort mit ausreichender Windexposition auch gesetzlich festgelegte Abstände zu Wohngebäuden, um deren Beeinträchtigungen zu verhindern. Dabei sind neben akustischen auch Sicherheitsaspekte zu berücksichtigen. Das bedeutet, dass Denkmalschutz nur ein Aspekt bei der Abwägung bei der Suche nach geeigneten Freiflächen für Windparks darstellt. Nur in einem Bruchteil der Fälle, in welcher es zu Diskussionen um Windparks kommt, kann dabei Denkmalschutz also überhaupt relevant sein – denn solche Diskussionen können nur auf denkmalgeschützte Gebäude zutreffen, die von landschaftlichen Freiflächen umgeben sind, die für eine Windparkerrichtung überhaupt geeignet sind. In der öffentlichen Meinungsbildung werden diese Fälle medial jedoch überproportional in den Fokus gerückt und so ein Bild gezeichnet, das eine Schwächung des Denkmalschutzes an sich bewirkt.

4. Windkraftanlagen schädigen nicht die Denkmalsubstanz und sind reversibel

Die heutigen leistungsstarken Windkraftanlagen sind mit einer Höhe von über 200 Metern sehr groß und sprengen gerade im Zusammenhang mit sonstiger Bebauung die bisher bekannten Dimensionen. Das ist eine erhebliche optische Veränderung und an manchen Stellen eine Beeinträchtigung. Doch Technologien ändern sich recht schnell und die Anlagen sind reversibel. Eines der wichtigsten Anliegen des Denkmalschutzes ist der Erhalt der Originalsubstanz, denn hierin liegt der Zeugniswert des Gebäudes. Technologien, die direkt in das Gebäude eingreifen, stellen uns vor viel größere Herausforderungen als solche, die reversibel sind und dem Gebäude an sich nicht schaden, wie zum Beispiel Windräder. Diese lassen sich nach Ablauf ihrer Lebensdauer in Bezug auf das Denkmal problem- und schadlos demontieren.


Fazit und Desiderate der Deutschen Stiftung Denkmalschutz

Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz sieht die Hauptherausforderung in der Praxis weniger in der Vereinbarkeit bzw. Nicht-Vereinbarkeit von Windrädern im Sichtzusammenhang mit Denkmalen, als vielmehr in einer meist verspäteten Einbeziehung der Denkmal-Fachleute in Errichtungsvorhaben von Windrädern. In einer Vielzahl der Fälle ließen sich bei einer frühzeitigen Einbeziehung der Denkmal-Experten und Denkmalschutzbehörden direkt Flächen bzw. Hauptsichtachsen eines Denkmales definieren, um damit schon in der Planungsphase einen guten Kompromiss zu finden.
Die Verhältnismäßigkeit in der aktuellen Diskussion ist aus Sicht der DSD mehrheitlich nicht gegeben: so fehlen belastbare Zahlen und Fakten hinsichtlich tatsächlicher denkmalschutzbedingter Konfliktfälle. Eine generelle Forderung nach Anpassungen von Denkmalschutz-Gesetzen ist hier nicht verhältnismäßig, sondern wohl eher Mittel zu einem anderen Zweck. 

Reversibilität und Substanzerhalt sind die Schlüsselworte, wollen wir unseren baukulturellen Schatz erhalten. Denn die Entwicklung regenerativer Energiegewinnungsmethoden ist in stetigem Wandel und Gegenstand der Forschung. Hier ist in den kommenden Jahren mit viel Bewegung und Neuerungen zu rechnen – und auch hier gilt: „Das Bessere ist der Tod des Guten“. Wir wissen nicht, welche der heute aktuellen Technologien morgen schon überholt sind. Umso wichtiger ist es, für solche Übergangstechnologien nicht das zu gefährden, was unsere kulturelle Basis und Identität darstellt. Diese Basis manifestiert sich unter anderem in unseren Denkmalen.

Fest steht: Denkmalerhalt ist kein Gegensatz, sondern seit jeher ein Begleiter des bewussten Umgangs mit unseren Ressourcen. Mehr Informationen, warum Denkmalschutz gelebte Nachhaltigkeit ist, finden Sie hier.

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