Im Bürgergarten der Stadt Templin in der Uckermark stand ein markantes Gebäude seit 1993 leer. Der Zahn der Zeit macht sich mit zerstörten Fensterscheiben, rostenden Rahmen und mit Graffitis auf zugemauerten Gebäudeteilen bemerkbar. Wahrlich hatte der Gaststättenpavillon des ehemaligen Ferienheims Salvador Allende, das zu DDR-Zeiten der Freie Deutsche Gewerkschaftsbund betrieb, schon glanzvollere Zeiten gesehen. Dennoch wurde das Gebäude 2004 unter Denkmalschutz gestellt. Doch gilt dieser nicht den schönen Urlaubserinnerungen ehemaliger DDR-Urlauber, die früher schon ab 17 Uhr vor dem Großgaststättenpavillon für das Abendessen Schlange standen, sondern der genialen Bauweise seines Bauingenieurs und Architekten. Ulrich Müther setzte mit seinen kunstvoll geschwungenen Dachbauten aus Schalenbeton damals wohltuende Gegenentwürfe zur Plattenbauweise in der DDR.
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Kunstvolle Konstruktion der Hyparschale
Trotz seiner Größe ist der Pavillon ein luftiges Gebilde. 1967 begonnen, zog sich der Bau wegen eines Baustopps in die Länge. 1972 konnte schließlich die Einweihung gefeiert werden. Müther baute den Pavillon mit seiner eigenständig entwickelten Konstruktionsvariante der Hyparschale. "Hypar" steht für die Krümmung des Dachs in der geometischen Form des hyperbolischen Paraboloids - also eines Ausschnitts aus einem Zylinder. In Templin sieht das Dach so aus, als hätte jemand zwei gegenüberliegende Zipfel einer quadratischen Fläche genommen und nach oben gebogen, während die beiden anderen gegenüberliegenden Zipfel zur Erde zeigen. Die Träger des Bauwerks stützen es an seinen höchsten Punkten, so dass der Innenraum vom Dach völlig überspannt wird und die für die Statik nicht benötigten Außenwände verglast werden konnten. Alle so konstruierten Bauten Müthers bestechen durch ihre lebhaften Architekturformen und ihren Variantenreichtum. Im Jahr 2003 wurde er als einer der führenden Pioniere des Schalenbetonbaus weltweit gewürdigt. Nicht nur in der DDR erkannte man Müthers architektonische Leistungen an, auch im Westen verfügte er über entsprechendes Renommee. So errichtete Müther beispielsweise 1977 das Planetarium in Wolfsburg - gegen die Lieferung von 10.000 VW Golf in die DDR.
Gesichert und gerettet
Nach der Wende, als die Menschen endlich ins Ausland reisen durften, wollte niemand mehr in den alten Ferienheimen der DDR Urlaub machen. Nach über 20 Jahren Leerstand war die Substanz des Pavillons durch Umwelteinflüsse und Vandalismus in erheblichem Maß gefährdet. Im Rahmen einer geplanten Gesamtinstandsetzung konnte mit Hilfe der Deutschen Stiftung Denkmalschutz im Jahr 2015 die Betonkonstruktion der tragenden Hyparschale saniert werden - ein erster wichtiger Schritt, dieses gelungene Beispiel der DDR-Architektur wieder in altem Glanz erstrahlen zu lassen.
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Schalentragwerkbau aus Stahlbeton, 1967-72 nach Plänen von Ulrich Müther, Förderung 2015
Adresse:
Am Bürgergarten
17268 Templin
Brandenburg
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