Abriss droht. Eine bevorstehende Neubebauung rückt einem Denkmal bedenklich nahe. Eine geplante Umgestaltung gefährdet die historische Bausubstanz oder droht sie zu verfälschen. Gründe, warum ein Denkmal in Gefahr geraten kann, gibt es viele. Fast täglich erreichen uns Meldungen über bedrohte Monumente – jeder Fall ist es wert, sich einzusetzen. Doch auch wir können nicht jedes Denkmal vor dem Niedergang bewahren. Aber gerade wenn die Entscheidungen und Gründe, welche zum eventuellen Verlust einzigartiger Bauwerke führen, wegweisend oder multiplizierbar sind und Schule machen könnten, erheben wir unsere Stimme. Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz versteht sich als Fürsprecher der stummen Zeugen der Vergangenheit. Wir beteiligen uns aktiv an öffentlichen Debatten, sprechen Entscheider direkt an. Unsere Kompetenz und Expertise in Denkmalfragen werden gehört und ernst genommen. Nachstehend finden Sie eine Auswahl unserer Stellungnahmen.
Das ehem. Finanzamt in Saarbrücken ist ein Denkmal und soll abgerissen werden. Geplant ist, das qualitätsvolle und geschichtsträchtige Bürogebäude von 1949/1952 durch einen Neubau zu ersetzen. Dies möchten wir gemeinsam mit Ihnen verhindern!
Die Abrissgenehmigung erfolgte ohne die gesetzlich erforderliche Einbindung von Landesdenkmalamt und Landesdenkmalrat. Ein weiteres Mal wurde so deutlich, dass es im Saarland an politischem Rückhalt für Denkmalschutz massiv mangelt. Die Abrisspläne für das denkmalgeschützte Gebäude sind auch aus klimapolitischen Gesichtspunkten nicht nachzuvollziehen.
Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz setzt sich für den Erhalt des ehem. Finanzamts in Saarbrücken ein und hat mit anderen Initiativen die Petition „Altes Finanzamt Saarbrücken erhalten – Stoppt den Abriss“ gestartet. Bitte machen auch Sie sich für das historische Gebäude stark – jede Unterschrift kann den Unterschied machen!
An: Frau Ministerin Ina Scharrenbach, Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes NRW
Sehr geehrte Frau Ministerin Scharrenbach,
die Presse berichtete, dass in dem Dissens über die beabsichtigte Zerstörung der denkmalgeschützten Gaslaternen in Düsseldorf das zuständige Denkmalfachamt nun Ihr Ministerium als Oberste Denkmalbehörde des Landes NRW angerufen hat, um eine Entscheidung über diesen einzigartigen Denkmalbestand zu treffen.
Als größte private Denkmalinitiative Deutschlands appelliert die Deutsche Stiftung Denkmalschutz (DSD) aus diesem Anlass an Sie, sich der Verantwortung für die Akzeptanz des Denkmalschutzgedankens in NRW bewusst zu sein, die mit dieser Entscheidung einhergeht und sich daher für den Erhalt der Gaslaternen einzusetzen. Dies umso mehr, da aktuell weder ein konkreter Sachzwang z.B. durch die Gasmarktlage vorliegt, als auch, da die wirtschaftlichen und ökologischen Effekte im Falle eines Austauschs in keiner Relation zu dem Verlust des herausragenden Denkmalwertes der Gaslaternen für die Stadtgeschichte Düsseldorfs stehen.
Wir bitten Sie eindringlich: Lassen Sie die Zerstörung dieses außergewöhnlichen Denkmalschatzes von nationaler Bedeutung nicht zu!
Erst vor vier Jahren hat die Stadt Düsseldorf ihre historischen Gaslaternen unter Denkmalschutz gestellt. Dabei spielten sowohl der außergewöhnliche Umfang des erhaltenen Gasleuchtennetzes mit seinen fast 14.000 Laternen und dessen Variantenvielfalt eine entscheidende Rolle als auch die Verbindung zur Düsseldorfer Stadtgeschichte. Die Erfindung der nahtlosen Röhre und des Invertlichtes durch die seit 1893 in Düsseldorf ansässige Firma Mannesmann, die die Möglichkeiten eines flächendeckenden Gaslaternennetzes revolutionierte, ist eng mit der Wirtschaftsgeschichte der Stadt verwoben. Die Tragweite dieses Denkmalwertes ist noch 2020 von der Stadt selbst bei der Unterschutzstellung als von „nationaler Bedeutung“ bezeichnet worden. Eine Einschätzung, die nicht nur das LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland, sondern auch die größere Denkmalfachwelt teilt. Ein Vorstoß, die Gaslaternen als UNESCO-Welterbe anerkennen zu lassen, wurde 2020 noch von der Stadt unterstützt.
Auch immaterielles Kulturgut durch den Abriss bedroht
Darüber hinaus ist auch das immaterielle Kulturgut der Düsseldorfer Gaslichtwerkstatt durch die beantragte Denkmalzerstörung bedroht. Die traditionsreiche Werkstatt mit ihrem bemerkenswerten Knowhow gilt im Bereich der Instandsetzung und -haltung von Gaslaternen als einzigartig und erfüllt die Düsseldorfer Bürgerinnen und Bürger mit Stolz. Köln hat die Dombauhütte, Düsseldorf hat die Gaslichtwerkstatt, so formulieren es die Düsseldorfer Initiativen, die sich seit Jahren mit ungebrochener Hingabe für den Erhalt der Gaslaternen und ihrer Technik einsetzen. Eine reduzierte Zahl der Laternen von 14.000 auf 220 wird zwangsläufig den Erhalt dieser Werkstatt und damit auch der zunächst verbleibenden 220 Laternen gefährden.
Denkmalschutz bedeutet Schutz – gerade in schwierigen Zeiten!
Wir verstehen, dass es auch bei Entscheidungen zum Denkmalerhalt zu einer Abwägung verschiedener Belange kommen muss. Dem Denkmalwert, der noch vor kurzer Zeit allen Beteiligten als besonders gewichtig galt, werden aktuell von der Stadt verschiedene Argumente gegenübergestellt. Viele dieser Argumente sind nicht neu, sondern sind bereits 2019-2020 in einem vorbildlichen Dialogprozess der Stadt Düsseldorf mit den Bürgerinnen und Bürgern sowie dem LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland erörtert und diskutiert worden. Am Ende dieses Beteiligungsprozesses stand mit dem Masterplan „Energieeffiziente und historische Straßenbeleuchtung“ ein transparenter Kompromiss, der allen Seiten und Aspekten entgegenkam und der den Erhalt von ca. 10.000 Gaslaternen vorsah. Durch solche Lösungen erhält ein Denkmalschutzgesetz Akzeptanz in der Bevölkerung. Doch ein Denkmalschutzgesetz ist kein „Schönwetter“-Gesetz, das nur gilt, wenn ein Erhalt unstrittig ist. Der gesetzliche Denkmalschutz zeigt erst dann seinen Sinn, wenn erhaltenswerte Geschichtszeugnisse geschützt bleiben, auch wenn Argumente und Interessen gegen sie angeführt werden.
Anlass und Gründe für den Denkmalabriss sind inzwischen obsolet – und der Austausch durch neue LED Laternen auch nicht nachhaltig!
Im vergangenen Winter hat sich der Düsseldorfer Stadtrat dann dafür entschieden, diesen mit den Bürgern getroffenen Kompromiss aufzukündigen - ohne eine öffentliche Debatte mit den Bürgerinnen und Bürgern, ohne Einbindung örtlicher Initiativen und des LVR-Amtes für Denkmalpflege im Rheinland. Kernargument waren damals die rasch steigenden Energiepreise in Folge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine. Während dieser Schritt im ersten Moment noch ein Stück weit nachvollziehbar war, erscheint er vor dem Hintergrund nun wieder normalisierter Gaspreise und einer gesicherten Versorgungslage als überholt. Sicherlich kann man vorbringen, dass der denkmalgerechte Betrieb der Laternen mit Gas höhere Kosten verursacht als ein Betrieb mit modernen LEDs. Doch wenn sich der Wert eines Denkmals allein an seiner Wirtschaftlichkeit orientiert, bräuchte es kein Denkmalschutzgesetz. Betrachtet man weiter, dass die Gaslaternen lediglich für 0,25 % des Düsseldorfer CO₂-Ausstoßes verantwortlich sind, kann und muss man auch das Gewicht des Arguments der Nachhaltigkeit kritisch hinterfragen. Steht der Reduzierung des CO₂-Ausstoßes durch den Gasverbrauch doch auch die Produktionsenergie für die zu ersetzenden neuen Laternenpfähle gegenüber. Nachhaltigkeit muss nicht nur den Nutzungszeitraum, sondern auch die Entstehung und Entsorgung mitdenken!
Sehr geehrte Frau Ministerin, es liegt nun an Ihnen, über die Zukunft dieses besonderen Zeugnisses Düsseldorfer Wirtschafts- und Stadtgeschichte zu entscheiden. Wir vertrauen darauf, dass Sie bei dieser Entscheidung die Grundgedanken des in NRW sogar in der Landesverfassung verankerten Denkmalschutzes ebenso berücksichtigen, wie die neue Situation des Gasmarktes und wie die tatsächlichen ökologischen Auswirkungen auf die Gesamtenergiebilanz (inkl. Produktion und Ersatz).
Die vielen Menschen und Initiativen, die sich für den Erhalt der Gaslaternen inzwischen einsetzen, werden es Ihnen sicherlich danken, wenn dieses Stück Geschichte und Heimat in Düsseldorf durch Ihre Entscheidung bewahrt bleibt.
In Anbetracht des großen öffentlichen Interesses an der Thematik erlauben wir uns, diesen Brief dem LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland, dem Rheinischen Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz, der Initiative Düsseldorfer Gaslicht sowie der Presse zugänglich zu machen. Wir unterstützen damit ausdrücklich auch die erfolgte Anrufung des Petitionsausschusses des Landtags von NRW.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Steffen Skudelny
Geschäftsführender Vorstand
27. September 2024
50 Jahre Köhlbrandbrücke in Hamburg
Weltbekannte Silhouette ist Wahrzeichen der Stadt
Die Köhlbrandbrücke in Hamburg gilt als „schönste Flussbrücke Europas“ oder auch als „Golden Gate von Hamburg“. Vor 50 Jahren weihte der damalige Bundespräsident Walter Scheel das die Elbinsel Wilhelmsburg mit der A7 verbindende Bauwerk ein. Obwohl bereits 2013 denkmalgeschützt, fehlt heute die verbindliche Einsicht in die Bedeutung der nach einem halben Jahrhundert intensiver Nutzung sanierungsbedürftigen Schrägseilbrücke. Ihr Fortbestehen steht seit einem Senatsbeschluss im Frühjahr zur Disposition. Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz (DSD) kritisierte das Abrissvorhaben des Wahrzeichens bereits im April sehr deutlich. Sie forderte den Ersten Bürgermeister Peter Tschentscher und die Hamburgische Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit auf, im Umgang mit den ihnen anvertrauten Denkmalen die notwendige Sorgfalt anzuwenden. „Doch schwerer noch als die gesetzliche Pflicht wiegt die moralische Verantwortung: Wenn die Stadt von den vielen privaten Denkmaleigentümern sorgsamen Umgang mit ihren Denkmalen einfordert, sollte sie selbst mit gutem Beispiel vorangehen – selbst wenn dies nicht immer der wirtschaftlichste Weg sein sollte“, so Stiftungsvorstand Dr. Steffen Skudelny in seinem Schreiben.
Die Brücke, die nicht nur städtische Identität stiftet, sondern weit über die Grenzen der Hansestadt hinaus vielen Menschen am Herzen liegt, steht als Zeugnis der Hamburger Verkehrsgeschichte unter Denkmalschutz. Die Planung der Schrägseilbrücke lag bei dem Architekten Egon Jux und Bauingenieur Paul Boué. Die Brücke ist ein wichtiges und einzigartiges Ingenieurbauwerk der 1970er Jahre von hoher architektonischer Qualität. 88 Stahlseile verbinden den Brückenkasten mit den beiden 135 Meter hohen Pylonen. Die Straße scheint zwischen den Pylonen zu schweben, während sie den 325 Meter breiten Köhlbrand, einen Arm der Süderelbe, überspannt. Das leicht ansteigende Bauwerk über dem Hafen gleitet am Ende in einer engen Schleife wieder zur Erde. Wegen der eleganten Silhouette wurde die Köhlbrandbrücke 1975 mit dem Europäischen Stahlbaupreis für die "schönste Brücke des Kontinents" ausgezeichnet.
Statt ein Denkmal zum Abriss freizugeben, sei die Suche nach alternativen Lösungen gefragt. Eine unabhängige und ergebnisoffene Prüfung der Sanierung und Weiternutzung der Köhlbrandbrücke durch den Senat, die bislang unterblieben ist, wäre eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Denn im ersten Artikel des Denkmalschutzgesetzes der Freien Hansestadt Hamburg heißt es: „Die Freie und Hansestadt Hamburg soll auch als Eigentümerin oder sonst Verfügungsberechtigte und als obligatorisch Berechtigte durch vorbildliche Unterhaltungsmaßnahmen an Denkmälern für den Wert des kulturellen Erbes in der Öffentlichkeit eintreten und die Privatinitiative anregen.“
23. August 2024
Deutsche Stiftung Denkmalschutz ruft zu Rettungsaktion auf
Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz ruft zur Zeichnung der Petition „Altes Finanzamt Saarbrücken erhalten — Stoppt den Abriss!“ auf. Ab sofort können Mitstreiter ihre Stimme für den Erhalt des denkmalgeschützten Finanzamtes einbringen. Das qualitätvolle Bürogebäude entstand bereits 1949/1952 nach Plänen von Karl Wundrack und gilt als bedeutendes Zeugnis der französisch geprägten Wiederaufbaujahre an der Saar.
Der Petition geht es insbesondere um vier Forderungen:
1. Die Aufhebung des Beschlusses zum Abriss des ehemaligen Finanzamts am Stadtgraben in Saarbrücken.
2. Den Erhalt des Gebäudes aus Gründen des Klimaschutzes, um die selbst gesteckten Ziele der Landesregierung bis 2030 nicht zu gefährden.
3. Ein transparentes öffentliches Verfahren, das den Bürgerwillen, den Denkmal- sowie den Klimaschutz angemessen berücksichtigt. Dazu gehört auch die Einholung einer unabhängigen Machbarkeitsstudie für eine energieeffiziente Sanierung unter Einbeziehung der „Grauen Energie“.
4. Die in der Stahlbetonkonstruktion steckende Energie von etwa 30 Millionen kWh darf durch einen Abriss nicht verfallen und zur Belastung der Umwelt werden..
Das Denkmal in guter Lage soll einem neuen Bürogebäude Platz machen, obwohl die Saarmetropole einen hohen Leerstand von Gewerbeflächen aufweist. Der Antrag des Finanzministeriums wurde unter Umgehung der gesetzlich vorgesehenen Einbindung von Landesdenkmalamt und Landesdenkmalrat vom Ministerium für Bildung und Kultur als Oberster Denkmalschutzbehörde trotz heftiger Kritik – auch der Deutschen Stiftung Denkmalschutz – genehmigt. Der gesamte Vorstand des Landesdenkmalrates trat daraufhin inzwischen aus Protest zurück.
Gegen die intransparent getroffene Entscheidung, die das Landesdenkmalschutzgesetz missachtet, die klimapolitischen Ziele der saarländischen Landesregierung mit Füßen tritt und auf vehementen Protest der Öffentlichkeit trifft, richtet sich nun die Online-Petition an die Staatskanzlei Saarland, das Ministerium für Finanzen, und das Ministerium für Bildung und Kultur.
Gestartet wurde die Petition von arbakus – Archiv für Architektur und BauKultur Saar Großregion e.V., Bund für Umwelt und Naturschutz Ortsgruppe Saarbrücken BUND, bunt.saar e.V., Deutsche Stiftung Denkmalschutz, Deutscher Werkbund Saar, Energiewende Saarland e.V., Fridays for Future Saarland, Greenpeace Saar, Saarbrücker Bürgerforum e.V., Saarländischer Verein für Denkmalschutz e.V., Städtebaubeirat in der Landeshauptstadt Saarbrücken und Stiftung Baukultur Saar.
14. August 2024
Deutsche Stiftung Denkmalschutz sieht Denkmalschutz im Saarland aktuell ohne politischen Rückhalt
Nach dem Rücktritt von Landeskonservator Georg Breitner im vergangenen Jahr ist inzwischen auch der Vorsitzende des Landesdenkmalrates, Henning Freese, zurückgetreten. Grund ist in beiden Fällen der schlechte Stand des Denkmalschutzes im Saarland. Diese Rücktritte sind nach Einschätzung der Deutschen Stiftung Denkmalschutz (DSD) ein in der Form bislang einzigartiges Warnsignal. Sie fordert daher die Politik des Saarlandes eindringlich zu einem Umdenken auf.
Der Rücktritt Freeses als Vorsitzender des Landesdenkmalrates im Saarland Ende Juli 2024 ist der letzte Höhepunkt um die Demontage des Denkmalschutzes im Saarland. Die private Deutsche Stiftung Denkmalschutz (DSD) sieht nachvollziehbare Gründe für diesen Schritt und kritisiert den fehlenden Rückhalt des Denkmalschutzes in der saarländischen Politik. Freese hatte seine Berufung an die Spitze des gesetzlich verankerten Beratungsgremiums der Landesregierung mit Schreiben vom 24. Juli zurückgegeben. Aus seiner Sicht sei seit einem Jahr keine offene und konstruktive Diskussion mit der Landesregierung mehr möglich, da die Rolle des Denkmalrates seitens der Politik mehrfach ignoriert wurde. In seinem Rücktrittsschreiben nannte Freese eine Reihe von gravierenden Fällen von wachsender Missachtung der fachlichen Stellungnahmen des Landesdenkmalrats und des Landesdenkmalamtes.
Die zunehmende Preisgabe denkmalpflegerischer Zielstellungen auf allen politischen Ebenen in der Bunderepublik ist nach Meinung der Deutschen Stiftung Denkmalschutz erschreckend. Wenn – wie nun auch im Saarland – eine Landesregierung das Denkmalschutzgesetz oder gar die Verankerung des Schutzes von Denkmalen in der eigenen Landesverfassung ignoriert, statt vorbildlich mit den landeseigenen Denkmalen umzugehen, ist das alarmierend. Diese Tendenz eines schwindenden politischen Bewusstseins für die grundsätzliche Verpflichtung zum Erhalt des baukulturellen Erbes ist aus Sicht der DSD leider auch in anderen Bundesländern zu beklagen.
Die DSD ruft die saarländische Landesregierung dazu auf, diesen Kurs zu verlassen und aus dem Rücktritt Henning Freeses Konsequenzen zu ziehen und insbesondere Landesdenkmalrat und Fachbehörde bei gravierenden Denkmalschutzentscheidungen wieder adäquat einzubinden.
In Zeiten des Klimaschutzes widerspricht der Abriss von durchaus sanierungsfähigen Gebäuden wie dem ehemaligen Finanzamt in Saarbrücken außerdem einer modernen Baukultur. Statt einer rückwärtsgewandten Wegwerfmentalität könnte das Saarland hier Vorreiter einer klugen Denkmalpflege werden. Auch weitere Denkmale der Nachkriegsarchitektur im Landesbesitz hätten dann wieder eine Zukunft.
Konkret kritisiert die DSD auch die Auslegung des Denkmalschutzgesetzes durch Jessica Heide, Staatssekretärin für Bildung und Kultur. In ihrer Stellungnahme zum Rücktritt Henning Freeses leitete sie aus dem Denkmalstatus eines Bauwerks keine gesetzliche Verpflichtung zum Erhalt ab. Das Gesetz gebe, so Heide wörtlich, „halt nicht unbedingt vor, jedes denkmalgeschützte Gebäude auch zu erhalten“. Dieser Interpretation widerspricht die Deutsche Stiftung Denkmalschutz im Zusammenhang mit Denkmalen im Landesbesitz ausdrücklich und verweist auf §1, Abs. 3 des saarländischen Denkmalschutzgesetzes, nachdem es gerade den „juristischen Personen des öffentlichen Rechts obliegt, in besonderem Maße die ihnen gehörenden Kulturdenkmäler zu pflegen“. Eine derartige Missinterpretation des Geistes des Denkmalschutzgesetzes durch die Landesregierung sei fatal.
26. Juli 2024
Nach dem Abriss-Aus: Deutsche Stiftung Denkmalschutz fordert denkmalgerechtes Sanierungs- und Nutzungskonzept für das Opernhaus Düsseldorf
Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz begrüßt die vom Düsseldorfer Stadtrat beschlossene Standortänderung für den geplanten Opernneubau, die am 27.06.2024 verabschiedet wurde. Gleichzeitig fordert sie die Politik dazu auf, nun umgehend ein denkmalpflegerisches Sanierungs- und Nutzungskonzept zu entwickeln, das die Zukunft des Denkmals sichert. Im bisherigen Verfahren zum „Opernhaus der Zukunft“ hat die Stadt sich in zahlreichen Fällen über das Denkmalschutzgesetz NRW hinweggesetzt. Der Denkmalstatus des Gebäudes ist im Planungsprozess bislang kaum beachtet worden – das muss sich nun ändern, fordert die Deutsche Stiftung Denkmalschutz.
1. Rettung in letzter Minute
Unabwendbar schien der Abriss des Opernhauses näher zu rücken. Beschluss für Beschluss arbeitete sich der Rat der Landeshauptstadt Düsseldorf zu einem Denkmalabriss am „Standort der Herzen“ vor, in grober Missachtung denkmalpflegerischer Verfahrensweisen und Gesetzesvorschriften. Die Rettung kam in letzter Minute und quasi durch höhere Macht: Der Untergang eines prominenten Immobilienunternehmens rückte den Alternativ-standort gerade noch rechtzeitig in greifbare Nähe. Das erhaltungswürdige Opernhaus erhält dadurch eine Verschnaufpause, die es zu nutzen gilt!
2. Opernhaus Düsseldorf ist erhaltungsfähig
In einer polemisch geführten öffentlichen Debatte ist das Opernhaus für „baufällig“ erklärt worden. Dem widersprechen die vorliegenden Gutachten, die eine grundsätzliche Sanierungsfähigkeit bescheinigen und nachhaltigere Erweiterungsmöglichkeiten aufzeigen: „In der Substanz jedoch ist das Haus insgesamt gesund und in einem über die Jahre gut erhaltenen und gepflegten Zustand, der eine Sanierung dieses Gebäudes sinnvoller Weise mit den notwendigen Erweiterungen und Ergänzungen möglich werden lässt.“ [Erläuterungsbericht zur Bestandsaufnahme der ARGE Fabre Speller Architectes und Detlef Stephan Architekten Ing.-GmbH, 06.11.2019, S. 11]
3. Denkmalgerechtes Nutzungskonzept jetzt erarbeiten
Daraus ergibt sich zum zweiten Mal die große Chance, ein zukunftsweisendes Nutzungskonzept zu erarbeiten. Dabei muss endlich der einzigartige Denkmalwert und die gute Erhaltungsfähigkeit anerkannt werden. Jetzt gilt es, mögliche Nutzerinnen und Nutzer zu suchen und notwendige Um- oder Anbauten in enger Kooperation mit den Denkmalbehörden und möglichen Fördergebern abzustimmen. Für die Deutsche Stiftung Denkmalschutz verbieten sich weitere Abrissspekulationen und Alleingänge über den Denkmalschutz hinweg.
Das Opernhaus Düsseldorf ist ein bedeutendes Baudenkmal für das Land Nordrhein-Westfalen, an dem sich auch die vielschichtige Geschichte der Stadt und ihres kulturellen Lebens ablesen lässt. 1873 bis 1875 als Stadttheater gebaut, läutete es eine Bauphase großer Kulturbauten ein. Nach Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg diente das Gebäude 1946 als provisorische Tagungsstätte des Westfälischen Landtags und wurde von 1954 bis 1956 von den Architekten Paul Bonatz (Stummhaus in Düsseldorf, Stuttgarter Hauptbahnhof), Julius Schulte-Frohlinde (DAF-Schulungsburg in Erwitte, KDF-Halle in Berlin) und Ernst Huhn (Ufa-Palast in Köln, Apollo-Theater in Siegen) umgebaut. Zur Heinrich-Heine-Allee zeigt es heute einen streng gegliederten, kubischen Baukörper mit vorspringendem Mittelrisalit, während im Innenraum geschwungene Formen vom Modernismus der 50er künden. Mit dieser Stilkombination ist das Opernhaus Düsseldorf ein gebautes Zeugnis des sogenannten „Düsseldorfer Architektenstreits“, der sich an der Schlüsselstellung ehemaliger NS-Akteure in der Landeshauptstadt entzündete.
Anlässlich seines jüngsten Beschlusses fordert die Deutsche Stiftung Denkmalschutz den Rat der Stadt Düsseldorf nachdrücklich dazu auf,
16. Juli 2024
Offener Brief der Deutschen Stiftung Denkmalschutz gegen den Abriss des Finanzamts Saarbrücken
Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz protestiert gegen Abrissgenehmigung
Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz (DSD) protestiert entschieden gegen die Abrissgenehmigung für das ehemalige Finanzamt in Saarbrücken. In einem offenen Brief an die saarländische Ministerpräsidentin Anke Rehlinger, ihren Finanzminister Jakob von Weizsäcker und die Kulturministerin Christine Streichert-Clivot fordert DSD-Vorstand Dr. Steffen Skudelny, die am Mittwoch genehmigten Abrisspläne für das denkmalgeschützte Bauwerk umgehend zu stoppen.
Das Denkmal sei ein stadtbildprägendes Bauwerk der Landeshauptstadt Saarbrücken und besitze als erster großer Verwaltungsbau des nach dem Zweiten Weltkrieg neugegründeten Saarlandes auch einen immens hohen historischen Wert für das Bundesland. Durch die Unterschutzstellung habe sich der Staat selbst verpflichtet, das Gebäude zu schützen. Es sei nicht nachvollziehbar, dass sich die Landesregierung ihrer selbstverständlichen Pflicht eines vorbildlichen Umgangs mit dem Baudenkmal zu entziehen suche.
Die private Deutsche Stiftung Denkmalschutz kritisiert die unhaltbare Begründung zum Abriss. Der angeführte „augenscheinlich sehr schlechte Zustand“ des Gebäudes wird nicht weiter durch Gutachten belegt, auf eine wirtschaftliche Unzumutbarkeit kann sich ein Denkmaleigentümer nach dem Gesetz nicht berufen, wenn er den schlechten Zustand des Bauwerks – etwa durch mangelnde Bauunterhaltung - selbst zu verantworten hat. Die von vielen profitorientierten Investoren vielerorts geübte Praxis, ein Denkmal verfallen zu lassen, um einen Abriss zu erzwingen, sei durch den saarländischen Gesetzgeber vorausschauend unterbunden worden – daran müsse sich auch die Landesregierung bei ihren Liegenschaften halten.
Wenn die Landesregierung argumentiere, Abriss und Neubau des ehemaligen Finanzamtes lägen im öffentlichen Interesse, so liege dem vermeintlichen Beweisgrund die verkürzte Vorstellung zugrunde, „dass das öffentliche Interesse rein auf monetäre Werte reduziert werden könne“. Dabei werde übersehen, dass „der Erhalt des Denkmalwertes ebenso im öffentlichen Interesse liegt und im Saarland sogar verfassungsmäßiges Staatsziel ist“. Dass nun das Land versuche, sich bei seinen eigenen Liegenschaften aus der Pflicht zu nehmen, die es für private Denkmaleigentümer selbstverständlich einfordert, sieht die private Stiftung problematisch. „Wer so agiert, darf sich nicht über eine zunehmende Politikverdrossenheit beschweren.“
Gerade vor dem Hintergrund von Ressourcenknappheit und Klimawandel sei der Abriss eines bestehenden Bürogebäudes zugunsten des Neubaus eines Bürogebäudes „schlichter Wahnsinn.“ Das Saarland hätte dagegen die Chance, mit einem klugen Konzept für den Bestandserhalt des ehemaligen Finanzamtes ein innovatives und zukunftsorientiertes Vorbild für einen zeitgemäßen Wandel in der Baukultur zu werden.
13. Mai 2024
Deutsche Stiftung Denkmalschutz Teil einer bundesweiten Initiative auf der Suche nach Lösungen
Kirchenbauten in Deutschland und Europa zählen seit Jahrhunderten zum kostbarsten Erbe – und sind gefährdet wie nie. Die christlichen Gemeinschaften sehen sich zunehmend nicht mehr in der Lage, diesen wertvollen Bestand zu erhalten. Viele Bauten werden außer Gebrauch gestellt oder gar abgerissen. Die aktuellen Pläne zur massiven Reduzierung von Kirchenbauten hat zu einer bundesweiten Initiative zur Suche nach bewahrenden Lösungen geführt. Engagierte Fachleute und Einrichtungen wie die Deutsche Stiftung Denkmalschutz (DSD) lancieren ein „Kirchenmanifest“, um eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung für das kirchliche Erbe in die öffentliche Debatte einzubringen. Gesucht werden neue Formen der Trägerschaft, etwa eine Stiftung oder eine Stiftungslandschaft. Die Initiatoren und über 70 Erstunterzeichner stoßen eine dringend erforderliche Debatte an, um das gemeinsame Erbe zu bewahren.
In sechs Thesen zur Bedeutung von Kirchenbauten und Kirchenräumen für die gesamte Gesellschaft regt das Kirchenmanifest die Entwicklung einer gesamtgesellschaftlichen Verantwortung zum Erhalt dieser reichen Schätze an. Gleichzeitig müssen Ideen zur Nutzung und Weiterentwicklung dieser wichtigen öffentlichen Räume für eine zukunftsorientierte Gesellschaft entwickelt werden.
Mehr Informationen unter: www.kirchenmanifest.de
Geplanter Abriss des ehemaligen Finanzamtes ist ein Armutszeugnis
Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz (DSD) fordert die saarländische Landesregierung auf, ihrer Vorbildfunktion bei der Einhaltung des kulturellen Erbes nachzukommen. Mit dem Beschluss des Ministerrats zum Abriss des unter Denkmalschutz stehenden Saarbrücker Finanzamts von 1948 greife die Landesregierung einer unabhängigen Entscheidung der Obersten Denkmalschutzbehörde und des Landesdenkmalrats vor. „Das ist den Bürgern, von denen die Einhaltung der gesetzlichen Regelungen und Verfahren gefordert wird, nicht mehr vermittelbar“, so Dr. Steffen Skudelny, Vorstand der Deutschen Stiftung Denkmalschutz. Der gesetzliche Schutz sei gerade für gefährdete Denkmale gedacht und nicht nur für Sonntagsreden.
Das nun mit einem unterstellten schlechten Bauzustand und daraus resultierenden hohen Sanierungskosten argumentiert wird, sei ein Skandal. Hat doch der Antragsteller durch jahrelange Vernachlässigung des Bauunterhalts den Bauzustand selbst verursacht. „In einer Zeit, in der wir mit den Herausforderungen des Klimawandels und der Ressourcenknappheit konfrontiert sind, muss auch die Landesregierung das althergebrachte Leitbild von ständigem Abriss und Neubau hinter sich lassen. Hier werden wertvolle Ressourcen vernichtet und neue Co2-Emissionen verursacht.“ Vielerorts ignoriert die öffentliche Hand die Bedeutung kontinuierlicher Baupflege für eine lange Lebensdauer von Architektur. Durch dieses wenig nachhaltige Handeln entstehen zunehmend Bauschäden an öffentlichen Gebäuden, selbst an denkmalgeschützten. Im Fall des Finanzamtes stehen die vom Landesdenkmalamt eingeforderten Gutachten zu Zustand und Wirtschaftlichkeit noch aus – das Land argumentiert lieber mit einem “augenfällig maroden Zustand“ als in einem transparenten Verfahren Fakten zu liefern. Ein wohl vorhandenes positives statisches Gutachten wird zurückgehalten. Ein solch anmaßender Umgang mit dem Denkmalschutz – im Saarland sogar Verfassungsaufgabe - und dem Landesdenkmalamt sei ein Armutszeugnis für eine Landesregierung.
Wie mit neuen Nutzungsvorschlägen der Erhalt des Denkmals in bester Lage von Saarbrücken möglich würde, könnte ein Ideenwettbewerb zum „Bauen im Bestand“ klären. Eine unvoreingenommene Bedarfsanalyse würde vermutlich andere Lösungen als Büroraum ergeben.
In einer Reihe von aktuellen Fällen, in denen der Abriss von Denkmalen der jungen Demokratie gefordert wird, handelt es sich um Landesbesitz. Dass im Streitfall mit den Fachbehörden die Entscheidung über Denkmale in Landeseigentum in der Hand eines Landesministeriums liegt, offenbart eine absurde Rechtssituation. “Wenn Antragstellung und Entscheidung in einer Hand liegen, kann nicht von einer unvoreingenommenen Einschätzung ausgegangen werden“, so Skudelny.
Die Landesregierung schaffe einen Präzedenzfall dafür, dass Denkmalschutz auszuhebeln sei, wenn man das Objekt nur lange genug verfallen lasse. Vom Bildungsministerium als oberster Denkmalbehörde zu fordern, das Verfahren an sich zu ziehen, ohne dem Landesdenkmalamt vorab die benötigten Informationen und Gutachten zur Erarbeitung seiner Stellungnahme zugänglich zu machen, sei unfassbar, so Skudelny.
Die saarländische Architektur der Nachkriegszeit gilt als avantgardistisches Zeugnis der jungen Demokratie in Deutschland und dem Aufbruch des Saarlands nach Europa. Die durch den Krieg zu 80 Prozent zerstörte Bau- und Denkmalsubstanz in Saarbrücken wurde in der Phase des Wiederaufbaus durch außergewöhnlich qualitätvolle, manchmal etwas sperrige moderne Architektur ergänzt. Durch sie wurde Saarbrücken zu einem international anerkannten Zentrum moderner Architektur. Auch wenn die Bauten dieser Epoche lange Zeit nicht immer der allgemeinen Vorstellung von "hübscher und gefälliger" Architektur entsprechen, finden die Bauten der 50er und 60er Jahre zunehmend über den Kreis der Experten hinaus ihre Fans – gerade bei jungen Menschen.
Sollte sich die Missachtung des Denkmalwertes der Architektur der jungen Demokratie – ausgerechnet im Jahr des 75. Jubiläums des Deutschen Grundgesetzes! – in Saarbrücken nunmehr so brachial durchgesetzt werden, stehe man vor der Gefahr einer „denkmalfreien Zone Saarbrücken“, befürchtet Skudelny.
12. April 2024
Authentische Zeugnisse aus NS- und DDR-Zeit heute wichtiger denn je
Abriss ist unverantwortlich
Diskutiert wird, ob die denkmalgeschützten Zeugnisse der beiden totalitären Systeme, der NS-Zeit und der DDR, eine Zukunft haben - oder ob sie abgerissen werden, wie es der Aufsichtsrat der Berliner Immobilienmanagement GmbH (BIM) beantragen will. Ein Abriss wäre jedoch nach Worten von Dr. Steffen Skudelny, Vorstand der DSD, „eine fatale Fehlentscheidung“. Insbesondere die öffentliche Hand – ob Bund, Länder und Gemeinden – sei in der Pflicht, wichtige Zeugnisse der Geschichte zu erhalten. Stehen Denkmale doch genau deshalb unter gesetzlichem Schutz, damit sie gerade in schwierigen Phasen bewahrt werden. Die Vorbildfunktion des Staates im Denkmalschutz zu ignorieren wäre unverantwortlich. Die Denkmale am Bogensee dokumentieren authentisch die politischen Verhältnisse ihrer Zeit und verdeutlichen eindrucksvoll deren diktatorisch geprägte Grundstruktur und den Willkürcharakter beider Epochen. Gerade in einer Zeit zunehmender Bedrohung der Demokratie müssen die Zeugnisse der totalitären Systeme der Geschichte erhalten und erfahrbar bleiben.
Abriss ist nicht nachhaltig
Die Berliner Immobilienmanagement GmbH (BIM) stützt sich in ihren Überlegungen auf rein ökonomische Berechnungen für den Denkmalerhalt. Die eigentliche „Dividende“ eines Denkmals, sein Wert als Wissensspeicher für die konkreten Herausforderungen von Gegenwart und Zukunft, bleibt völlig unberücksichtigt. Außerdem werden weder Parameter wie Abrisskosten und Entsorgung noch Umweltbelastungen und Vernichtung gebundener Energie in einer Vollemissionsrechnung eingepreist. Der Erhalt von Altbaubestand bei transparenter Einrechnung aller relevanter Faktoren ist dagegen eine unvergleichlich ökologischere und nachhaltigere und damit verantwortungsbewusstere Entscheidung. Dies gilt in besonderer Weise für den Komplex Bogensee, der trotz jahrzehntelangem Leerstand durch die bisher erfolgte Sicherung in erstaunlich gutem Zustand ist.
In der Umnutzung vorhandener Bausubstanz sieht Skudelny für das Areal am Bogensee eine Chance. „Über eine kluge Umnutzung dieses großen Areals in Anbetracht der aktuellen Rahmenbedingungen neu nachzudenken, ist zwingend erforderlich“, so Denkmalschützer Skudelny. Es stünden viele kompetente Partner bereit, hierbei zu helfen. Er unterstützt daher auch das von Bürgermeister Oliver Borchert und Landrat Daniel Kurth geforderte fünfjährige Abrissmoratorium.
Kein zweites Generalshotel
Erst vor zwei Monaten ist mit dem Abbruch des Generalshotels in Berlin-Schönefeld unter Verweigerung von Dialog, Partizipation und Transparenz ein Stück deutscher Geschichte zerstört worden. In Erinnerung an diesen letzten unrühmlichen Abriss eines völlig intakten Denkmals fordert Skudelny mit Blick auf Bogensee: „Ein zweites Generalshotel darf es nicht geben!“
Zum Projekt:
1936 schenkte die Stadt Berlin das Grundstück am Bogensee dem damaligen NS-Propagandaminister Joseph Goebbels zum 39. Geburtstag. 1939 ließ er nach einem Entwurf des Architekten Heinrich Schweitzer einen Landsitz im Heimatschutzstil errichten, der nach dem Zweiten Weltkrieg von der Freien Deutschen Jugend (FDJ), der Jugend-Massenorganisation der DDR, als Bildungsstätte genutzt wurde. Ab 1951 entstand unter Leitung des Architekten Hermann Henselmann, dem Erbauer der Stalinallee in Berlin, neben der Goebbels-Villa der palastartige Hochschul-Komplex der FDJ-Jugendhochschule Wilhelm Pieck im Stil des sozialistischen Klassizismus. 1991 bis 1999 befand sich hier ein Tagungshotel des Internationalen Bunds für Sozialarbeit.
2. Februar 2024
Bundesregierung ignorierte ihre Vorbildfunktion - Ein Nachruf auf das Generalshotel
Mit dem Abbruch des Generalshotels hat die Bundesregierung unter Verweigerung von Dialog, Partizipation und Transparenz ein Stück deutscher Geschichte zerstört. Sie hat die Expertise von Fachleuten beiseitegeschoben und Erinnerungskultur vernichtet. Und sie hat die eindringlichen Appelle zahlreicher Bürger ignoriert.
Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz (DSD) steht fassungslos vor der Empathielosigkeit von Politik und Verwaltung gegenüber dem weithin geäußerten und vernehmlichen Bürgerwillen. Im sorgsamen Umgang mit dem historischen Erbe ist die Bundesregierung ihrer Vorbildfunktion nicht nachgekommen.
Das luxuriös ausgestattete Empfangs- und sogenannte Spezialgästehaus der sowjetischen Militäradministration wurde 1949, noch vor Gründung der DDR fertiggestellt. Es handelte sich um einen der ersten Nachkriegsneubauten des Flughafens Schönefeld auf dem vormaligen Gelände der Henschel-Flugzeugwerke. Sechs Jahre nach Übergabe des Flughafens zur zivilen Nutzung an die DDR trennte sich die sowjetische Militäradministration 1961 auch vom Generalshotel. Nach Umgestaltungen diente es bis 1990 als Sonderempfangsgebäude des Ministerrats der DDR. 1995 nahm die Bundespolizei hier ihren Dienstsitz.
Einen eigenen Stellenwert besaß die Architektur, die an den Spätklassizismus der 1920er Jahre anknüpft. Nicht weniger ungewöhnlich war die wertvolle, in großem Umfang erhaltene wandfeste Ausstattung aus der Zeit um 1950. Naturstein- und Parkettfußböden, Wandverkleidungen aus Marmor und Travertin, Vertäfelungen und Stofftapeten sowie die Metallarbeiten des Berliner Bildhauers und Kunstschmieds Fritz Kühn machen den ursprünglichen Stellenwert des Bauwerks und den Anspruch seiner Auftraggeber deutlich.
Dank durchgängiger Nutzung und Pflege bis zuletzt befand sich das ehemalige Generalshotel in gutem Zustand als ein außergewöhnliches Zeitdokument und außerordentliches Zeugnis der deutschen Geschichte.
Die Vernichtung dieses Kulturdenkmals bedeutet nichts anderes als den Sieg unbeweglicher Bürokraten über Bürgerengagement und Fachkompetenz. Ein demokratisches Gemeinwesen sieht anders aus, so Stiftungsvorstand Dr. Steffen Skudelny. Eine fortschrittliche Politik, die die Vergangenheit zu schätzen weiß, um die Zukunft gestalten zu können, ebenfalls.
14. Dezember 2023
Schöner Schein ersetzt echtes Dokument
Mit ihrer heutigen Entscheidung hat der Stadtrat in Düsseldorf gezeigt, dass er wohl weder die Bedeutung des Denkmals Gaslaternen noch das Denkmalschutzgesetz kennt. Die rund 14.000 erhaltenen historischen Gaslaternen der Landeshauptstadt wurden 2022 insbesondere aufgrund ihrer technischen Innovation und ihrer stilistischen Entwicklung unter Schutz gestellt – nicht aufgrund ihres angenehmen Lichts. Der „schöne Schein“ ist keine Denkmalqualität, sondern die innovative Leistung, die sich im Leuchtkopf versteckt.
Die geplante Umrüstung von rund 11.800 Laternen ist aufwändig und kostenintensiv, der notwendige Austausch von rund 2.000 Laternen, 8.000 Masten und Zuleitungen ist alles andere als nachhaltig, die erwartete CO2-Einsparung für die Stadt Düsseldorf ist winzig. Zerstört wird damit ein wichtiges Technik-Denkmal und die Erinnerung an den Innovations- und Industriestandort Düsseldorf im 19. Jahrhundert. Die Entwicklungen der für die Stadt bedeutenden Firmen Poensgen, Mannesmann oder Thyssen fußen ganz wesentlich auf der Düsseldorfer Erfindung der nahtlosen Gasröhren, die weltweit etwa die flächendeckende Gasbeleuchtung in Großstädten möglich machte.
Die Mehrheit des Stadtrats hat den Verlust der Laternen als Wissensspeicher für die Technikgeschichte mit seiner heutigen Entscheidung explizit in Kauf genommen. Die private Deutsche Stiftung Denkmalschutz (DSD) empört die wissentliche Missachtung der Denkmalpflege in der Landeshauptstadt. Sie hofft darauf, dass durch die verpflichtende Einbindung der Fachämter der Schaden beim Umgang mit Ressourcen, Nachhaltigkeit und Kosten noch nachträglich zu reparieren in der Lage sind.
Die ignorierte Bedeutung der historischen Gasbeleuchtung für die Stadt spiegelt sich nicht zuletzt in der bundesweit einzigartigen Gaslichtwerkstatt in Düsseldorf wider. Dieser stadteigene traditionsreiche Handwerksbetrieb mit großer Expertise steht mit dem Verlust des Denkmals ebenfalls vor dem (wirtschaftlichen) Aus.
8. Dezember 2023
DSD kritisiert fadenscheinige Argumentation
Durch einen Stadtrats-Beschluss am 14. Dezember 2023 sollen rund 14.000 Gaslaternen aufwändig umgerüstet und damit in ihrem Denkmalwert zerstört werden. Dabei wurden sie erst 2020 unter Denkmalschutz gestellt und 2021 mit 400.000 Euro Bundesmitteln instandgesetzt. Das Gaslaternennetz dokumentiert die bedeutende Rolle Düsseldorfs als Innovationsstandort und führender Röhrenstadt in der Zeit der Industrialisierung. Dass die Laternen durch die Umrüstung ihren Denkmalwert verlieren, wird ausdrücklich billigend in Kauf genommen. Damit versucht der Rat, das Denkmalschutzgesetz auszuhebeln und reduziert Denkmale auf den „schönen Schein“.
Die private Deutsche Stiftung Denkmalschutz (DSD) reagiert empört auf die Missachtung der Denkmalpflege in der Landeshauptstadt. „Mit fadenscheinigen Begründungen entzieht sich die Stadt selbst der Verpflichtung, die sie privaten Denkmaleigentümern abverlangt: achtsam mit unserem Kulturerbe umzugehen“, so Vorstand Dr. Steffen Skudelny. Nur etwa 200 Exemplare am Hofgarten sollen der Zerstörung entgehen. Die DSD spricht sich klar für den Erhalt der identitätsstiftenden Gaslaternen als integralem Bestandteil des Stadt- und Straßenbildes Düsseldorfs aus und appelliert an die Entscheider, diesen kostbaren Denkmalbestand nicht leichtfertig für eine nicht nachhaltige Symbolpolitik zu opfern.
Denn vor dem Hintergrund, dass die historische Gasbeleuchtung für weniger als 0,25 Prozent des gesamtstädtischen CO2-Ausstoßes verantwortlich ist, sei die Begründung der Stadt, mit diesem Vorgehen einen Beitrag zur Energiewende leisten zu wollen, reine Symbolpolitik. Der Energieverbrauch für die Umrüstung oder den Ersatz von Leuchtköpfen und Masten, die Entsorgung und Neuproduktion werde ignoriert, Ressourcen unnötig vergeudet – das Gegenteil von Nachhaltigkeit. Gerade weil der Klimaschutz ohne Frage eine der wichtigsten Belange unserer Zeit ist, müssen echte Zeichen der Nachhaltigkeit gesetzt werden. „Denkmalpflege leistet durch den schonenden Umgang mit Ressourcen grundsätzlich einen wichtigen Beitrag für den Klimaschutz,“ betont Stiftungsvorstand Skudelny. Mit dem Abbau einer intakten Infrastruktur zugunsten eines ressourcen- und kostenaufwendigen Neu- und Umbaus für die Elektrifizierung der Laternen pflege die Stadt Düsseldorf dagegen eine eigentlich überholte Wegwerfmentalität. Den veranschlagten Kosten stehen erheblich höhere Erfahrungswerte bei schon erfolgten Umstellungen entgegen.
Während man den Verlust des Denkmalwertes für die Technikgeschichte in einer Beschlussvorlage für den Stadtrat explizit in Kauf nimmt, wird der immense Identitätsverlust für die „Röhrenstadt Düsseldorf“ ignoriert.
Erst die Düsseldorfer Erfindung der nahtlosen Gasröhren machte eine flächendeckende Gasbeleuchtung in Großstädten möglich. Diese Röhren wurden über Jahrzehnte in Düsseldorf und Umgebung gefertigt und in die ganze Welt exportiert. Die Gasröhrenproduktion hatte dabei einen erheblichen Beitrag an Düsseldorfs wirtschaftlichem Aufstieg. Die Bedeutung der historischen Gasbeleuchtung für die Stadt spiegelt sich zudem in der bundesweit einzigartigen Gaslichtwerkstatt in Düsseldorf wider. Auch dieser stadteigene traditionsreiche Handwerksbetrieb, dessen Expertise im gesamten Bundesgebiet geschätzt und gesucht wird, steht mit dem Verlust des Denkmals – nachhaltig – vor dem wirtschaftlichen Aus.
Dass die Stadt die denkmalrechtliche Zulässigkeit erst nach dem Ratsbeschluss klären möchte, zeigt, dass sich die Befürchtungen aller Denkmalschützer bezüglich des neuen nordrhein-westfälischen Denkmalschutzgesetzes bewahrheiten. Seit der Novellierung des Gesetzes im vergangenen Jahr müssen die zuständigen Denkmalfachbehörden erst sehr spät in Planungsvorgänge einbezogen werden. Statt sich frühzeitig an die Speziallisten des Landesamtes zu wenden und somit die Möglichkeit für eine fundierte Lösung zu eröffnen, schafft die Stadt Düsseldorf lieber Fakten und entzieht sich damit einem konstruktiven Dialog mit den Denkmalexperten. Die späte Einbindung des Kulturausschusses der Stadt erst knapp drei Wochen vor dem geplanten Beschluss folgte wohl der gleichen Strategie.
Mit der Unterzeichnung eines offenen Briefs an Düsseldorfs Oberbürgermeister Dr. Stephan Keller, die Fraktionen des Düsseldorfer Stadtrats und den nordrhein-westfälischen Landtag unterstützt die Deutsche Stiftung Denkmalschutz bereits eine Initiative des Rheinischen Vereins für Denkmalpflege und Landschaftsschutz sowie der Aktionsgemeinschaft Düsseldorfer Heimat- und Bürgervereine gegen die achtlose Zerstörung bedeutenden Düsseldorfer Denkmale, zu denen auch die historischen Gaslaternen gehören.
13. Oktober 2023
Deutsche Stiftung Denkmalschutz kritisiert Planungen für Industriepark
„Wir halten die Planung des sogenannten IndustrieParks Oberelbe bzw. des Technologieparks Feistenberg für eine erhebliche Bedrohung der Unverletzlichkeit des Barockgartens Großsedlitz“, so Dr. Steffen Skudelny in der Stellungnahme der Deutschen Stiftung Denkmalschutz (DSD) zu den veröffentlichten Planungen. Die vorgesehenen Industrie- und Gewerbeflächen würden sowohl den denkmalgeschützten Barockgarten dauerhaft gefährden als auch die betroffenen Natur- und Landschaftsschutzgebiete schädigen. Fruchtbare landwirtschaftlich genutzte Böden südlich der Städte Dohna, Heidenau und Pirna würden großflächig versiegelt.
Allein schon der vorgesehene Zugriff auf das geschützte Gelände der gesamten Planfläche C sei ein nicht hinnehmbarer Eingriff in die Umgebung des Barockparks. Der außerordentliche künstlerischer und historischer Wert der Gartenanlage bleibt bei den vorliegenden Planungen unberücksichtigt, obwohl die Unterschutzstellung auch dessen Umgebung umfasst, soweit diese „für dessen Bestand oder Erscheinungsbild von erheblicher Bedeutung ist“. Rund 45.000 Besucher jährlich bestätigen das. Die DSD fordert daher, die Planungen für das schon fast zynisch als IndustriePARK Oberelbe bezeichnete Gewerbegebiet an diesem Standort einzustellen.
Während inmitten mehrerer Natur- und Landschaftsschutzgebiete ein neues Gewerbegebiet ausgewiesen wird, liegt im Elbtal entlang der Bahntrasse Dresden - Königstein in Heidenau und Pirna eine Gewerbefläche mit leicht zu ergänzenden Bahnanschlüssen teilweise brach.
Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz unterstützt mit ihrer öffentlichen Stellungnahme die lokale Bürgerinitiative „IPO stoppen“ und die Proteste der Denkmalpflege (Sächsisches Landesamt für Denkmalpflege, Deutscher Verband für Kunstgeschichte e.V., Berufsgruppe Denkmalpflege – Rote Liste; Icomos), des Landschafts- und Naturschutzes (BUND, Nabu) sowie des Gartenbaus (Deutsche Gesellschaft für Gartenbaukunst und Landschaftskultur e.V.).
Bereits im November 2022 hatte die Stiftung ihre Bedenken in Schreiben an den Vorsitzenden des Zweckverbands IndustriePark Oberelbe sowie Bürgermeister der Städte Heidenau, Dohna und Pirna, formuliert – ohne bis heute jemals eine Antwort erhalten zu haben.
Informationen zum Denkmal:
Der Barockgarten Großsedlitz ist eine der großartigsten Gartenanlagen nach französischem Muster, die im 18. Jahrhundert auf deutschem Boden verwirklicht wurde. Es handelt sich um eine einzigartige Gartenschöpfung von europäischem Rang. Begonnen nach 1715 als Land- und Alterssitz des Staatsministers und Generals im Dienst des sächsischen Kurfürsten August des Starken, August Christoph Graf von Wackerbarth, übernahm der Herrscher 1723 die Anlage und ließ sie durch Wackerbarth in den folgenden Jahren weiter ausbauen. Erst der Tod Augusts 1733 setzte den Arbeiten ein Ende. Die Parkanlage wurde als Bestandteil der Dresdner Schlösserlandschaft noch jahrzehntelang vom sächsischen Hof genutzt. Bis heute gehört sie als Erbe der Blütezeit Sachsens unter August dem Starken zum Kernbestand des sächsischen Kulturbesitzes. Die Einbettung des Barockparks in die Landschaft ist nicht nur auf einige Sichtachsen zu reduzieren. Sie sind vielmehr Teil der umfassenden wechselseitigen Beziehungen zwischen freier Natur, kultivierter Landschaft und kunstvoll gestalteter Parkanlage, die einst planvoll inszeniert wurden. Die umgebende Landschaft war nie eine zufällige Ergänzung einer barocken Grünanlage, sondern wurde mit Bedacht ausgesucht.
15. September 2023
Bund agiert kulturlos
Ist der Abriss des Generalshotels Zeichen einer neuen Kulturpolitik?
Mit dem Abriss des Generalshotels, der am gestrigen Tag begonnen hat, zerstört die Bundesregierung ohne Not ein Stück deutscher Geschichte. Sie vernichtet Erinnerungskultur und nimmt weder die Expertise von Fachleuten noch die dringlichen Appelle vieler Bürger zur Kenntnis. Sie ignoriert den brandenburgischen Landtag, das sich gegen den Abriss erklärt hat. Das Vorgehen aller beteiligten Ministerien ist kein gutes Beispiel für die ansonsten von der Ampel beschworene moderne Politik der Partizipation, Dialogbereitschaft und Transparenz.
Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz (DSD) steht fassungslos vor der Empathielosigkeit von Politik und Verwaltung gegenüber dem weithin vernehmlichen Bürgerwillen. Im Umgang mit dem historischen Erbe kommt die Bundesregierung ihrer Vorbildfunktion nicht nach. Der DSD-Vorstand Dr. Steffen Skudelny gibt in diesem Zusammenhang zu bedenken: „Ein vorbildlicher und sensibler Umgang des Bundes mit den Denkmalen der jüngeren deutschen Geschichte wäre gerade derzeit ein wichtiges Signal, das in die Zukunft trägt. Warum verweigert man so hartleibig das Gespräch über mögliche Neuplanungen?“
Der Beginn der Vernichtung eines Kulturdenkmals heute in Berlin bedeutet den Sieg unbeweglicher Bürokraten über den Partizipationswunsch der Bürger, den sich ein demokratisches Gemeinwesen ansonsten wünscht.
13. September 2023
"Argumentation ist unsinnig"
Während Millionen Menschen am 10. September bundesweit den Tag des offenen Denkmals feierten und ihr Interesse an historischen Bauten demonstrierten ist für den 14. September der Abriss eines besonderen Zeugnisses der deutschen Geschichte angekündigt: des Generalshotels auf dem Flughafen Berlin-Schönefeld. Dr. Steffen Skudelny, Vorstand der Deutschen Stiftung Denkmalschutz (DSD) fordert von der Bundesregierung ein Moratorium des Abrisses, um von Fachleuten aufgezeigte neue Lösungen zu diskutieren.
Die Experten wiesen verschiedentlich darauf hin, dass die 2011 beschlossene Planung weitgehend überholt ist. Bei den ohnehin anstehenden Planänderungen sei daher eine andere Flächenverteilungen nicht nur möglich, sondern sinnvoll und funktionaler. “Durch eine Verschiebung der benötigten Flächen, die nach der Entscheidung für die Beibehaltung des Provisoriums des Regierungsterminals möglich ist, ist der Abriss des Generalshotels nicht mehr zu rechtfertigen. Eine auch funktionellere Flächenverteilung hätte den zusätzlichen Effekt eines besseren Lärmschutzes für die Bewohner von Schönefeld“, so der Flughafenplaner Dieter Faulenbach-da Costa. Der Verzicht des Flughafenbetreibers auf die zivile Nutzung der Kapazitäten im Norden des BER böte ausreichend Fläche für die Bedürfnisse der Flugbereitschaft, auch ohne das Grundstück des Generalshotels.
„Die letzten Versuche der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben den gesamten Umzug der Flugbereitschaft und damit die Einstellung der Leerflüge vom Abriss des Generalshotels abhängig zu machen“, bezeichnete Skudelny als reine Stimmungsmache: „Diese Argumentation ist unsinnig! In den 10 Jahren seit dem Beschluss hat sich die Welt weitergedreht. Wir reden doch von einer winzigen Fläche bezogen auf das geplante Areal. Heute sollte die Bewahrung und Nutzung bebauter Substanz allein aus Gründen der Nachhaltigkeit selbstverständlich sein.“ Ein transparentes Verfahren und der Dialog fehle.
Mit seiner Sorge um das Generalshotel wandte sich DSD-Vorstand Dr. Steffen Skudelny daher heute erneut mit offenen Briefen sowohl an Kulturstaatsministerin Claudia Roth als auch an Finanzminister Christian Lindner mit dem Appell zur Rettung eines außergewöhnlichen Zeugnisses der jüngeren deutschen Geschichte.
13. September 2023
Deutsche Stiftung Denkmalschutz setzt sich für den Erhalt des Generalshotels ein
Millionen Menschen feierten am vergangenen Sonntag den Tag des offenen Denkmals, an zahlreichen Orten mit politischer Prominenz. Für kurz danach, den 14. September, ist der Abriss eines besonderen Denkmals, eines Zeugnisses der deutschen Geschichte angekündigt: des Generalshotels auf dem Flughafen Berlin- Schönefeld. Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz (DSD) möchte dies verhindern.
Mit seiner Sorge um das Generalshotel wandte sich DSD-Vorstand Dr. Steffen Skudelny daher bereits sowohl an Kulturstaatsministerin Claudia Roth als auch an Finanzminister Christian Lindner. Nun schreibt er erneut, diesmal einen offenen Brief, an die beiden an der Vernichtung eines eingetragenen Denkmals besonders beteiligten Minister.
Skudelny schilderte der „quasi obersten Denkmalschützerin auf Bundesebene“ und dem „obersten Dienstherrn der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben“ in „großer Not“ seine Sorge, dass es die Bundesregierung selbst sei, „die gerade die Akzeptanz der Denkmalschutzgesetzgebung demontiert“. Es gebe keine zeitliche Not, das Generalshotel noch in dieser Woche abzureißen, da derzeit „sowohl die Planungen für den alten Terminal als auch die für den nun nicht mehr geforderten Neubau eines Regierungsterminals neu durchdacht werden“. Ohne Not zerstört also die derzeitige Bundesregierung ihre eigene Geschichte, sie vernichtet Erinnerungskultur, ignoriert Bürgermeinung und übersieht die Expertise von Fachleuten. Es wird versucht, vor einer Neuplanung Fakten zu schaffen.
Skudelny argumentierte mit dem vorgestrigen Tag des offenen Denkmals, an dem „Millionen Besucher ihre Wertschätzung für unsere gebauten Kultur- und Geschichtszeugen bewiesen“ hätten. Das Interesse an den Zeugnissen auch der jüngeren deutschen Geschichte sei immens – „der Abriss des Generalshotels in der Folgewoche entweder gedankenlos oder zynisch”. Schon früher hatte Skudelny empört festgestellt, dass „ein vorbildlicher Umgang des Bundes mit unserer Baukultur nicht zuletzt von hoher Bedeutung für das Rechtsempfinden der Bürger“ wäre. Die Forderungen unterstützen auch weitere Initiativen. Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz appelliert daher an die beiden Regierungsvertreter, sich für ein Moratorium einzusetzen, damit eine die Entscheidung für den Abriss des Generalshotels neu durchdacht werden kann.
Beim Generalshotel handelt sich um einen der ersten Nachkriegsneubauten des Flughafens Schönefeld auf dem vormaligen Gelände der Henschel-Flugzeugwerke. Bereits 1947 wurde mit der Planung des repräsentativen Bauwerks als luxuriös ausgestattetes Empfangs- und sogenanntes Spezialgästehaus der sowjetischen Militäradministration begonnen.1949 wurde der Bau fertiggestellt. Erst sechs Jahre nach Übergabe des Flughafens zur zivilen Nutzung an die DDR trennte sich 1961 die sowjetische Militäradministration von ihrem Generalshotel. Nach einigen Umgestaltungen diente es bis 1990 als Sonderempfangsgebäude des Ministerrats der DDR dem Empfang von politischen und zivilen Staatsgästen. 1995 nahm die Bundespolizei hier ihren Dienstsitz. Zeitstellung und Nutzungsgeschichte des ehemaligen Generalshotels verleihen dem Bauwerk Einzigartigkeit. Einen eigenen Stellenwert besitzt die Architektur, die für einen Repräsentationsbau der Besatzungsmacht an den Spätklassizismus der 1920er Jahre anknüpft, unmittelbar bevor die „nationale Tradition“ stalinistischer Architektur zum verbindlichen Leitbild des Bauwesens in der DDR wurde. Nicht weniger ungewöhnlich ist die wertvolle, in großem Umfang erhaltene wandfeste Ausstattung aus der Zeit um 1950. Naturstein- und Parkettfußböden, Wandverkleidungen aus Marmor und Travertin, Vertäfelungen und Stofftapeten sowie die Metallarbeiten des Berliner Bildhauers und Kunstschmieds Fritz Kühn lassen noch heute den ursprünglichen Stellenwert des Bauwerks und den Anspruch seiner Auftraggeber erkennen. Dank durchgängiger Nutzung und Pflege bis zum Jahr 2023 blieb das ehemalige Generalshotel in gutem Zustand erhalten – ein außergewöhnliches Zeitdokument und eminentes Zeugnis der deutschen Geschichte.
31. August 2023
Bund vernichtet mit dem Generalshotel in Schönefeld die eigene Geschichte
Wo bleibt hier die Vorbildfunktion des Staates?
In einem offenen, inzwischen zweiten Brief an die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben zeigt sich Dr. Steffen Skudelny, Vorstand der Deutschen Stiftung Denkmalschutz (DSD), enttäuscht über die abwiegelnde Antwort des Vorstandssprechers der Bundesbehörde, Dr. Christoph Krupp. Dessen Schreiben zur geplanten Zerstörung des Generalshotels am Flughafen in Schönefeld, von Krupp „euphemistisch als „Rückbau“ tituliert“, beantworte die gestellten Fragen leider nicht, so Skudelny in seinem Schreiben. Den Brief mit dem dringenden Appell für ein Moratorium erhielten auch Claudia Roth als die für den Denkmalschutz auf Bundesebene zuständige Kulturstaatsministerin und Bundesfinanzminister Christian Lindner, dem die Bundesanstalt zugeordnet ist.
Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz, als private Stiftung die größte bundesweit tätige Initiative für den Denkmalschutz in Deutschland, „fragt nach nachvollziehbaren Gründen des hastigen Abrisses eines Kulturdenkmals.“ Das Schreiben der DSD versteht sich nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass der Erhalt geschützter Denkmale vom Gesetzgeber im öffentlichen Interesse jedem privaten Denkmaleigentümer abverlangt und zugemutet wird. Wenn der Bund und die verantwortlichen Bundesbehörden sich selbst dieser Verantwortung für das kulturelle Erbe entziehen, stelle sich die Frage nach der Vorbildfunktion der Regierung. Es brauche „niemand mehr Staatsverdrossenheit selbst in der Mitte der Gesellschaft zu beklagen, wenn Bundesregierung und Bundesbehörden derart rüde mit einem hochkarätigen Denkmal der deutschen Geschichte umgehen.“
Durch die Veröffentlichung des Abrissbeginns am 14. September 2023, unmittelbar nach dem bundesweiten Tag des offenen Denkmals, an dem jedes Jahr Millionen Bürger ihr Interesse für den Denkmalschutz demonstrieren, werde unnötigerweise Termindruck aufgebaut. Dagegen setzt die Deutsche Stiftung Denkmalschutz auf ein Moratorium der endgültigen Zerstörung des Generalshotels.
Weiterführende Informationen:
Den Volltext des offenen Briefes, finden Sie hier.
15. August 2023
Vor dem Abriss mutig neu denken
Deutsche Stiftung Denkmalschutz fordert Aussetzen der Abrisspläne für das Generalshotel in Schönefeld
„Es ist völlig unverständlich, dass einerseits ein Ideenwettbewerb für das Areal von Terminal 5 des BER erfolgt, andererseits am Abriss des Generalshotels im direkten Vorfeld festgehalten wird“, so Dr. Steffen Skudelny, Vorstand der Deutschen Stiftung Denkmalschutz. Die Chance für eine Neubewertung der Erhaltungs- und Nutzungsmöglichkeiten eines außergewöhnlichen Denkmals deutscher Geschichte werde bewusst vertan. Nach der Entscheidung, den provisorischen Standort des Regierungsflughafens beizubehalten und auszubauen, erfolgen in den nächsten Jahren Neuplanungen für die notwendigen Bauten und Flächen der Flugbereitschaft. Dabei könnten und müssten auch alternative und ebenso funktionale Standorte für die Flugzeugparkplätze in der Abwägung der Belange des Denkmalschutzes neu erwogen werden. Bereits im Planfeststellungsbeschluss von 2011 wurde den Denkmalschutzbelangen von der Planfeststellungsbehörde „erhebliches Gewicht“ beigemessen. Die Abrisspläne zeugen nicht von gelerntem nachhaltigem Umgang mit Ressourcen. Die strikte Verweigerung des geforderten Abriss-Moratoriums für ein völlig intaktes Baudenkmal trotz der erfolgten und noch anstehenden Planungsänderungen mache ihn fassungslos, so Skudelny. Man solle den Mut für einen neuen Ansatz aufbringen und die vorhandene Zeit bis zum Umzug der Flugbereitschaft 2034 (!) nutzen, statt Fehlentwicklungen einfach weiter zu verfolgen. Antworten auf entsprechende Anschreiben der größten privaten Denkmalschutz-Stiftung in Deutschland an die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BIMA) und alle beteiligten Bundesminister waren noch nicht erfolgt, als der Sprecher der BIMA den Beginn des beschönigend „Rückbau“ titulierten Abrisses noch im September verkündete. Ministerpräsident Dietmar Woidke hat bereits darauf hingewiesen, der geplante Abriss „bewegt nicht nur Historiker und Denkmalschützer, er bewegt vor allem die Menschen in Brandenburg“. Die bundesweit tätige Deutsche Stiftung Denkmalschutz ergänzt hierzu: ... und weit darüber hinaus!
Zum Denkmal:
Bereits 1947 wurde mit der Planung des repräsentativen Bauwerks als luxuriös ausgestattetes Empfangs- und sog. Spezialgästehaus der sowjetischen Militäradministration begonnen.1949, noch vor Gründung der DDR, war der Bau fertiggestellt. Es handelt sich um einen der ersten Nachkriegsneubauten des Flughafens Schönefeld auf dem vormaligen Gelände der Henschel-Flugzeugwerke. Erst sechs Jahre nach Übergabe des Flughafens zur zivilen Nutzung an die DDR trennte sich 1961 die sowjetische Militäradministration von ihrem Generalshotel. Nach einigen Umgestaltungen diente es bis 1990 als Sonderempfangsgebäude des Ministerrats der DDR dem Empfang von politischen und zivilen Staatsgästen. 1995 nahm die Bundespolizei hier ihren Dienstsitz.
Zeitstellung und Nutzungsgeschichte des ehemaligen Generalshotels verleihen dem Bauwerk Einzigartigkeit. Einen eigenen Stellenwert besitzt die Architektur, die für einen Repräsentationsbau der Besatzungsmacht an den Spätklassizismus der 1920er Jahre anknüpft, unmittelbar bevor die „nationale Tradition“ stalinistischer Architektur zum verbindlichen Leitbild des Bauwesens in der DDR wurde. Nicht weniger ungewöhnlich ist die wertvolle, in großem Umfang erhaltene wandfeste Ausstattung aus der Zeit um 1950. Naturstein- und Parkettfußböden, Wandverkleidungen aus Marmor und Travertin, Vertäfelungen und Stofftapeten sowie die Metallarbeiten des Berliner Bildhauers und Kunstschmieds Fritz Kühn lassen noch heute den ursprünglichen Stellenwert des Bauwerks und den Anspruch seiner Auftraggeber erkennen.
Dank durchgängiger Nutzung und Pflege bis zum Jahr 2023 blieb das ehemalige Generalshotel in gutem Zustand erhalten – ein außergewöhnliches Zeitdokument und eminentes Zeugnis der deutschen Geschichte.
4. August 2023
Gegen den Abriss des Generalshotels in Schönefeld
Deutsche Stiftung Denkmalschutz setzt sich für den Erhalt des Denkmals ein
Einen Stopp der Abrissvorbereitungen und eine Revision des Abrissbeschlusses zum denkmalgeschützten Generalshotels auf dem Gelände des Flughafens Schönefeld fordert die Deutsche Stiftung Denkmalschutz (DSD). In einem Schreiben an die zuständige Bundesanstalt für Immobilienaufgaben bezeichnet die private Stiftung den Abrissbeschluss von 2011 für das 1949 fertig gestellte Empfangs- und Gästehaus als „historische Fehlentscheidung“.
Inzwischen wurde die Neubauplanung des Geländes für ein Regierungsterminal aufgegeben. Dass trotzdem an den Abrissplänen des seit 1996 geschützten Denkmals festgehalten wird, sei nicht nachvollziehbar, empören sich Dr. Steffen Skudelny als Vorstand und Prof. Dr. Gerd Weiß als Vorsitzender der Wissenschaftlichen Kommission der DSD. „Ein vorbildlicher Umgang des Bundes mit unserer Baukultur wäre nicht zuletzt von hoher Bedeutung für das Rechtsempfinden der Bürger“, formulieren die Stiftungsrepräsentanten. Sie sehen durch die Aufgabe der Neubebauung eine Chance für ein grundlegendes Überdenken der Pläne. Für das außergewöhnliche Zeitdokument und bedeutende Zeugnis der deutschen Geschichte mit einem hohem bauhistorische Wert sollten vielmehr neue Konzepte für eine Erhaltung und zukünftige Nutzung erarbeitet werden. Dies Forderungen unterstützen auch weitere Initiativen vor Ort. Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz appelliert daher an alle beteiligten Institutionen und ihre Leitungen, sich für eine Revision der Entscheidung für den Abriss des Generalshotels, wenigstens aber für ein Moratorium einzusetzen.
Zum Denkmal:
Bereits 1947 wurde mit der Planung des repräsentativen Bauwerks als luxuriös ausgestattetes Empfangs- und sog. Spezialgästehaus der sowjetischen Militäradministration begonnen.1949, noch vor Gründung der DDR, war der Bau fertiggestellt. Es handelt sich um einen der ersten Nachkriegsneubauten des Flughafens Schönefeld auf dem vormaligen Gelände der Henschel-Flugzeugwerke. Erst sechs Jahre nach Übergabe des Flughafens zur zivilen Nutzung an die DDR trennte sich 1961 die sowjetische Militäradministration von ihrem Generalshotel. Nach einigen Umgestaltungen diente es bis 1990 als Sonderempfangsgebäude des Ministerrats der DDR dem Empfang von politischen und zivilen Staatsgästen. 1995 nahm die Bundespolizei hier ihren Dienstsitz.
Zeitstellung und Nutzungsgeschichte des ehemaligen Generalshotels verleihen dem Bauwerk Einzigartigkeit. Einen eigenen Stellenwert besitzt die Architektur, die für einen Repräsentationsbau der Besatzungsmacht an den Spätklassizismus der 1920er Jahre anknüpft, unmittelbar bevor die „nationale Tradition“ stalinistischer Architektur zum verbindlichen Leitbild des Bauwesens in der DDR wurde. Nicht weniger ungewöhnlich ist die wertvolle, in großem Umfang erhaltene wandfeste Ausstattung aus der Zeit um 1950. Naturstein- und Parkettfußböden, Wandverkleidungen aus Marmor und Travertin, Vertäfelungen und Stofftapeten sowie die Metallarbeiten des Berliner Bildhauers und Kunstschmieds Fritz Kühn lassen noch heute den ursprünglichen Stellenwert des Bauwerks und den Anspruch seiner Auftraggeber erkennen. Dank durchgängiger Nutzung und Pflege bis zum Jahr 2023 blieb das ehemalige Generalshotel in gutem Zustand erhalten – ein außergewöhnliches Zeitdokument und eminentes Zeugnis der deutschen Geschichte.
20. Juli 2023
Eine der schönsten Brücken Deutschlands geht unter – ohne Sicherung der Befunde und der historischen Substanz
Der Boden bebt und zittert, als gleich zwei Bagger ihre Stemmhammer und Schaufeln immer wieder auf eine der schönsten Brücken Deutschlands niedergehen lassen. Große Teile der Nepomukbrücke in Rech wurden am 19.07.2023 abgerissen – 300 Jahre Geschichte landeten Stück für Stück im Wasser der Ahr.
Dr. Steffen Skudelny, Vorstand der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, kritisiert den Ablauf des Abrisses mit deutlichen Worten: „Der Abbruch entspricht keinesfalls – wie postuliert wurde – einem ‚schonenden Rückbau‘ und wird unseres Wissens nicht von Fachleuten wie Denkmalpflegern, Archäologen oder Bauforschern begleitet. Aus denkmalpflegerischer Sicht wäre hier zumindest eine stufen- und schichtweise Abtragung und Untersuchung sowie umfangreiche Dokumentation angezeigt gewesen. Alle historischen Informationen, die die Brücke – außerhalb der sichtbaren Bereiche - in sich trägt, gehen so verloren.“
Innerhalb weniger Stunden wurden drei der vier Brückenbögen, welche die Jahrhundertflut überstanden hatten, dem Erdboden gleich gemacht. Der Abriss erfolgte wenige Tage, nachdem sich die verheerende Flutkatastrophe zum zweiten Mal gejährt hat – und in dem Jahr, in welchem das Denkmal seinen 300sten Geburtstag gefeiert hätte.
Die Nepomukbrücke ist damit eines der prominentesten Beispiele für die unnötigen Verluste, die das Ahrtal lange nach dem Hochwasser immer noch erleidet. Skudelny bedauerte, „dass eine Auseinandersetzung mit alternativen Möglichkeiten des Hochwasserschutzes und des Brückenerhalts auf allen politischen Ebenen nicht weiter diskutiert“ worden sei. „Der Mythos des zwingenden Abrisses der Brücke basiert „auf maßgeblich einer gutachterlichen Grundlage, zu der es jedoch auch anderslautende gutachterliche Einschätzungen gibt.“
Der genaue Abrisstermin wurde im Vorfeld nicht veröffentlicht – so haben nur wenige Menschen den Abbruch der Brücke live mitverfolgen können. Einige der Zeugen konnten die Tränen nicht zurückhalten, zufällig vorbeikommende Touristen verfolgten den brachialen Abriss fassungslos.
Die historischen Steine des Bauwerkes, das fast 3 Jahrhunderte lang das unverwechselbare und weit über die Region hinaus bekannte Wahrzeichen des kleinen Weinortes Rech war, landeten zunächst in der Ahr. Was mit ihnen passiert, ist offenbar nach wie vor ungewiss. Auch liegen bislang wohl keine Informationen über das weitere Vorgehen oder über die Terminierung des Abbruchs der verbliebenen Brückenteile vor.
Weiterführende Informationen:
Das Statement zum Abriss der Nepomukbrücke von Dr. Steffen Skudelny, Vorstand der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, finden Sie hier.
Die genaue Abfolge der Ereignisse von der Flut bis zum Abriss ist nachvollziehbar unter: www.denkmalschutz.de/nepomukbruecke
1. Juli 2023
Das Ahrtal muss Trauer tragen
Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz veröffentlicht Stellungnahme zum angekündigten Abbruch der Brücke in Rech
Der Gemeinderat von Rech hat am 29. Juni 2023 in seiner abendlichen Sitzung einen Eilantrag gegen den Abbruch der denkmalgeschützten Nepomukbrücke über die Ahr abgelehnt. Zuletzt hatten sich sieben der 12 Gemeinderatsmitglieder in einem Schreiben an den Ortsbürgermeister gegen den kurz nach der Flut beschlossenen Abbruch der 300 Jahre alten Brücke ausgesprochen. Sie reagierten damit auf die Kritik renommierter Gutachter und der Erkenntnisse aus der inzwischen erfolgten Dokumentation des realen Flutgeschehens. Danach ist die der Brücke zugeschriebene Rolle bei der Entstehung der verheerenden Flutschäden in Rech unkorrekt dargestellt. Die Frage nach Lösungskonzepten für die Vereinbarung der Sicherheit der Menschen vor Ort bei gleichzeitiger Bewahrung der Brücke wurde von den Verantwortlichen nicht untersucht.
Enttäuscht und erschüttert zeigten sich die Befürworter des Erhalts der Brücke, die als Wahrzeichen von Rech gilt und für viel Bewohner einer der wenigen noch vorhanden Identifikationspunkte nach den großen Verlusten ist. Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz warb – unterstützt von tausenden Denkmalfreunden aus ganz Deutschland – bei den Verantwortlichen für einen konstruktiven Dialog der Experten zugunsten der Brücke. Umfassende Hilfsangebote der Stiftung wurden in den Wind geschlagen.
In einer Stellungnahme macht die Deutsche Stiftung Denkmalschutz heute ihre Haltung nochmals deutlich. Stiftungsvorstand Dr. Steffen Skudelny zeigte sich enttäuscht: „Ein unnötiger Verlust für die Kultur des Ahrtals! Ohne sich die Argumente und Alternativen der ausgewiesenen Brücken-Fachleute auch nur anzuhören, wurde eine Entscheidung gegen die Zukunft eines touristisch attraktiven Ahrtals gefällt.“
10. Juni 2023
Hoffnung für die Nepomukbrücke?
Eil-Appell der Deutschen Stiftung Denkmalschutz setzt ein wichtiges Zeichen der Unterstützung
Den Aufruf der Deutschen Stiftung Denkmalschutz zur Unterstützung einer Neubewertung der Abbruchpläne der durch die Flut geschädigten Nepomukbrücke in Rech folgten über 5.250 Menschen. Bundesweit setzen sich die Unterzeichner des Appells für den Erhalt der 300 Jahre alten Steinbrücke ein und setzen damit ein eindrucksvolles Zeichen der Unterstützung für den Erhalt. Im nun ausgezählten Appell wird auf die Bedeutung der historischen Architektur des Ahrtals für die touristische Zukunft der Region hingewiesen.
Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz hofft, dass das Ergebnis des Appells den Gemeinderat in seinen Überlegungen zur Berücksichtigung neuerer Gutachten und Untersuchungsergebnisse bestärkt. Aufgrund der irrigen Befürchtung, die Brücke habe eine entscheidende Rolle beim Flutgeschehen gespielt, beantragte die Gemeinde Rech bereits 2021 den Abbruch. Die Genehmigung wurde vom Landkreis am 14. November 2022 erteilt. Inzwischen wird erwogen, die Umsetzung alternativer Konzepte für den Hochwasserschutz zu prüfen, die den Erhalt der Brücke ermöglichen, ohne die Menschen vor Ort erneut zu gefährden. Bei allen Maßnahmen zur Notsicherung und Instandsetzung der Brücke hat die Deutsche Stiftung Denkmalschutz wiederholt ihre Unterstützung angeboten.
20. März 2023
Der Einsatz der Deutschen Stiftung Denkmalschutz hat sich gelohnt!
Die einzigartige Raumwirkung der Lorenzkirche in Nürnberg bleibt erhalten
Die 2020 bekannt gewordenen Pläne zu einem dreigeschossigen Einbau in der Lorenzkirche fanden großen Widerspruch in Nürnberg und darüber hinaus. Die von beunruhigten Bürgern kontaktierte Deutsche Stiftung Denkmalschutz ermutigte zum öffentlichen Protest und unterstützte eine entsprechende Resolution. Außerdem erläuterten der Vorstand und der Vorsitzende der Wissenschaftlichen Kommission der Deutschen Stiftung Denkmalschutz dem Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern, dessen Bischofskirche die St. Lorenzkirche ist, die Kritik an den Planungen und dem Verfahren.
Erfreulicherweise wurde im März 2021 bekannt, dass die Planungen zurückgezogen wurden und der Einbau aus Beton, Stahl, Aluminium und Glas in der denkmalgeschützten Lorenzkirche nicht mehr verfolgt würde. Die Jury eines Wettbewerbs zur Neugestaltung des Eingangsbereichs der St. Lorenzkirche kürte im Januar 2023 den Siegerentwurf.
Unterstützt von zahlreichen Bürgern, Kunsthistorikern, Denkmalpflegern und Architekten konnte hier ein großartiger Erfolg verzeichnet werden: Anstatt des überdimensionierten Einbaus, der die Raumwirkung der gotischen Kirche nachhaltig zerstört hätte, wurde nun eine reversible und deutlich zurückhaltendere Maßnahme gefunden: Die intelligente und raffinierte Holzkonstruktion schädigt die Bausubstanz der Kirche nicht, alle historischen Wände sowie die über 400 Jahren alten spätgotischen und renaissancezeitlichen Fenster sind weiterhin sichtbar. Auch Akustik und Raumklima werden durch die neue Lösung nicht beeinträchtigt und das Gesamtbild der kunstvollen Ausstattung bleibt ungestört.
Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz unterstützt seit 2005 die aufwendigen Instandsetzungsarbeiten in und an der Lorenzkirche, insbesondere die Restaurierung der wertvollen Fenster sowie der Joche des Langhauses.
10. März 2023
Immer mehr Menschen sprechen sich für den Erhalt der Nepomukbrücke in Rech aus
Bereits über 3.000 Menschen unterstützen den auf Initiative von ortsansässigen Bürgern von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz (DSD) gestern gestarteten Eil-Appell zum Erhalt der Nepomukbrücke in Rech. Der Appell ist zeitlich unbefristet, daher rechnet die DSD in den kommenden Tagen mit weiteren Unterstützern. Mit ihrer Bitte um Mithilfe will die private Stiftung – unterstützt von zahlreichen engagierten Denkmalfreunden aus dem Ort, der Region und bundesweit – den Abbruch des 300 Jahre alten denkmalgeschützten Bauwerks noch im letzten Augenblick verhindern.
Fälschlich wird dem Denkmal die Schuld an den Opfern der Flutkatastrophe vor zwei Jahren zugesprochen. Durch diese Konzentration auf einen vermeintlichen Sündenbock Brücke geraten aber die wirklich notwendigen Maßnahmen zum Schutz der anwohnenden Menschen und Bauwerke in den Hintergrund. Experten bemängeln bereits falsche Aufschüttungen und eine erneute Nahbebauung in Flussnähe. Damit würden die Fehler der Vergangenheit nur wiederholt.
Der Abriss der Recher Nepomukbrücke wäre daher ein tragischer Fehler, ist sich die Deutsche Stiftung Denkmalschutz sicher. Auf der Seite des Appells führt sie je vier Gründe für den Erhalt und gegen den Abriss auf. „Ein paar Klicks“, so die Hoffnung, könnten leicht „einen großen Unterschied für das weitere Schicksal der Nepomukbrücke bedeuten!“.
Zum Eil-Appell: https://www.denkmalschutz.de/ahrtalbruecken/nepomukbruecke.html
Zur Stellungnahme der DSD: https://www.denkmalschutz.de/ahrtalbruecken.html
9. März 2023
Ein paar Klicks können einen großen Unterschied bedeuten
DSD will mit einem Eil-Appell den Abriss der Recher Nepomuk-Brücke in letzter Sekunde verhindern
Mit einem Eil-Appell will die Deutsche Stiftung Denkmalschutz – unterstützt von vielen engagierten Denkmalfreunden aus dem Ort, der Region und dem ganzen Land – den drohenden Abbruch der Nepomukbrücke in Rech noch verhindern. Gebeten wird dabei um umfangreiche Mithilfe, um den unnötigen Abriss der 300 Jahre alten Nepomukbrücke in Rech noch im letzten Augenblick zu verhindern. Fälschlich wird nämlich das Denkmal für die Opfer der Flutkatastrophe im Juli 2021 verantwortlich gemacht. Doch die Beseitigung der Brücke dürfte nur von den wirklich notwendigen Maßnahmen zum Schutz der anwohnenden Menschen und Bauwerke ablenken. Das vor allem bereitet den Initiatoren des Eil-Appells Sorge. Denn bereits jetzt werden durch falsche Aufschüttungen und eine erneut beabsichtigte Nahbebauung in Flussnähe die Fehler der Vergangenheit wiederholt. Auf diese Fehler haben in den vergangenen Monaten Experten, Denkmalschützer und weitere Initiativen unermüdlich hingewiesen.
Dennoch scheint die Recher Nepomukbrücke kurz vor dem Abriss zu stehen. Ein tragischer Fehler, wie die Autoren des Appells sicher sind. Daher haben sie auf ihrer Seite je vier Gründe für den Erhalt und gegen den Abriss formuliert. „Ein paar Klicks“, so ist die Hoffnung, könnten „einen großen Unterschied für das weitere Schicksal der Nepomukbrücke bedeuten!“. Wörtlich heißt es im Appell: „Experteneinschätzungen gehen inzwischen davon aus, dass die Bewahrung der Nepomukbrücke in Rech – im jetzigen Zustand, ohne den eingestürzten rechten Bogen zu rekonstruieren – mit geeigneten Konzepten für den Hochwasserschutz gut umsetzbar ist, ohne die Menschen vor Ort erneut zu gefährden. Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz hat sich immer wieder bemüht, den Verantwortlichen vor Ort diesen Kenntnisstand näherzubringen. Dennoch halten diese nach wie vor an dem Abrissvorhaben fest. Es ist fünf vor zwölf: der Abriss scheint unmittelbar bevorzustehen.” Die Initiatoren sind also davon überzeugt, die Verantwortlichen vor Ort noch überzeugen zu können, das einzigartige „Mahnmal für die Hochwasserkatastrophe“ erhalten zu können. Sie brauchen jetzt nur noch die nötige aktive Unterstützung.
Zur Petition: https://www.denkmalschutz.de/ahrtalbruecken/nepomukbruecke.html
Zur Stellungnahme der DSD: https://www.denkmalschutz.de/ahrtalbruecken.html
Nach der verheerenden Hochwasserkatastrophe 2021 gerieten die vier denkmalgeschützten Brücken im besonders stark betroffenen Ahrtal immer wieder ins Zentrum der Diskussion. Die Fragestellungen reichten dabei von Auswirkungen der Brückenbauten auf die Hochwasserentwicklung bis hin zu Forderungen nach Abriss und Neubau. Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz hat zur Klärung der Sachlage und Zukunft der Denkmale unabhängige Gutachten in Auftrag gegeben: Die Gutachten zeigen, dass der Erhalt der Brücken nicht nur aus historischen, sondern auch aus ökonomischen Gründen sinnvoll und machbar ist bzw. gewesen wäre. Und dass es an den Brücken bei entsprechenden vorbeugenden Schutzmaßnahmen beim Hochwassermanagement nicht zu gefährlichen Aufstauungen der Wassermassen kommt. Deshalb setzen wir uns für die historischen Ahrtal-Brücken ein! Leider wurde die Nepomukbrücke in Rech dennoch am 19.7.2023 abgerissen - ein bitterer Verlust. Umso wichtiger ist es nun, die drei noch verbliebenen Brücken vor dem gleichen Schicksal zu bewahren.
22. Dezember 2022
Deutsche Stiftung Denkmalschutz mahnt echten Schutz für das Ahrtal an
Mahnwache an der Nepomuk-Brücke in Rech will Scheinlösung nicht akzeptieren
Mit einer Mahnwache an der Nepomuk-Brücke in Rech hat die Deutsche Stiftung Denkmalschutz am heutigen Nachmittag mit rund 70 Mitstreitern ein Zeichen gegen den geplanten Abbruch der Brücke gesetzt. Eine Scheinlösung helfe nicht, so Stiftungs-Vorstand Dr. Steffen Skudelny, denn die historischen Ahrbrücken seien nur bedroht, weil eine übergeordnetes Hochwassermanagement bis heute fehle. Nur eine Gesamt-Strategie für das ganze Ahrtal könne die Zukunft und Sicherheit garantieren. Derzeit zeigten unkoordinierte Einzelmaßnahmen die Hilfslosigkeit der Ortsgemeinden, die von den Verantwortlichen in Mainz allein gelassen würden. „Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz ruft daher die Landespolitik eindringlich dazu auf, ihre Hausaufgaben zu machen!“
Derzeit ist gerade die Nepomuk-Brücke in Rech akut gefährdet, weil dort die Umsetzung der Abbruch-Genehmigung des Landkreises für Anfang 2023 angekündigt wurde. Laut eines von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz vorgelegten Gutachtens kann die Brücke jedoch ohne großen Aufwand gesichert und erhalten bleiben.
Der Erhalt der Brückenlandschaft und der Hochwasserschutz sind zwei untrennbare Aspekte eines Gesamtkonzeptes, die im Zusammenhang zu sehen sind. Ein solches Konzept muss den gesamten Ahrverlauf in Betracht ziehen und Maßnahmen zur Gefahrenabwehr weit über die eingeschränkten Möglichkeiten der Ortsgemeinden hinaus berücksichtigen. Entsprechend hat sich der Vorstand der Deutschen Stiftung Denkmalschutz in einem „Brücken-Brief“ direkt an die Bewohner von Rech gewandt.
Erst unlängst hatten sich Recher Bürger an die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer als „letzter Hoffnung“ gewandt, um die 300 Jahre alte Brücke, ein einzigartiges kulturelles Erbe der Region, vor dem unmittelbar bevorstehenden Abbruch zu bewahren. Der Beschluss zum Abriss der Nepomuk-Brücke war auch im Gemeinderat umstritten. Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz hat diesen Einsatz der Bürger vor Ort begrüßt. Nicht der Brückenabriss sei die Lösung, sondern nur ein überregionales Gesamtkonzept, so der Stiftungsvorstand Dr. Steffen Skudelny.
21. Dezember 2022
Deutsche Stiftung Denkmalschutz wendet sich in einem „Brücken-Brief“ an die Bürger von Rech
Brückenabriss ist nur Scheinlösung, nur ein Gesamtkonzept bietet Lebensschutz
Kurzfassung: Die Vorstände der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, Dr. Steffen Skudelny und Lutz Heitmüller, haben sich besorgt in einem dreiseitigen Brief an die Bürger in Rech gewandt und sie gebeten, sich nicht mit Scheinlösungen wie einem Brückenabriss zufriedenzugeben. Nur ein inzwischen von vielen Fachleuten gefordertes übergeordnetes Hochwasserkonzept für das gesamte Ahrtal von der Quelle bis zur Mündung könne wirklich Leben schützen. Dafür seien alle Ursachen für die Hochwasserbildung in den Blick zu nehmen. Die Verantwortlichen hätten bereits über Jahrzehnte versäumt, die erforderlichen und bekannten Flutsicherungsmaßnahmen umzusetzen, dieses Nicht-Handeln dürfe sich nicht weiter fortsetzen. Hier sei unbedingt die Koordination der Landesregierung gefordert.
Langfassung: Die Vorstände der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, Dr. Steffen Skudelny und Lutz Heitmüller, haben sich in einem besorgten dreiseitigen Brief an die Bürger in Rech gewandt und sie darin gebeten, sich nicht mit Scheinlösungen wie dem Brückenabriss zufriedenzugeben. Nur ein inzwischen von vielen Fachleuten gefordertes übergeordnetes Hochwasserkonzept für das gesamte Ahrtal von der Quelle bis zur Mündung könne wirklich Leben schützen. Dafür seien alle Ursachen für die Hochwas-serbildung in den Blick zu nehmen.
Das Schreiben, das mit dem Hinweis auf die bereits vor Ort geleistete Hilfe der privaten Denkmalschutzstiftung in Millionenhöhe beginnt, ist von der deutlichen Sorge um die Zukunft des Ahrtals und seiner Bewohner bestimmt: „Gemeinsam mit vielen Experten sind wir überzeugt: der Abriss der wenigen noch verbliebenen historischen Brücken im Ahrtal ist ein Fehler, denn er behebt die Hochwasser-Problematik – anders als es oftmals dargestellt wird - NICHT!” Auch wenn es verlockend sei, die Brücken zum Sündenbock zu machen, bedürfe es gegen die Gefahren der auch in Zukunft zu erwartenden Flut- und Hochwasserkatastrophen eines überregionalen Schutzkonzeptes für das gesamte Ahrtal. Das müsse die Landesregierung vorantreiben, die die einzelnen Ortsgemeinden nicht im Stich lassen dürfe.
Alle Ursachen für Hochwasserbildungen müssten in den Blick genommen werden. Denn diese Problematik „kann nicht in einem einzelnen Ort verbessert und geändert werden, sondern muss über den gesamten Flusslauf hin betrachtet werden.“ Notwendige Maßnahmen „wie Flussbetterweiterungen bzw. -vertiefungen oder ausreichende Ausweichflächen wie Auenwiesen“, seien bereits in der Vergangenheit versäumt und ignoriert worden. Dieses unverantwortliche Nicht-Handeln dürfe sich nicht weiter fortsetzen.
Skudelny und Heitmüller weisen dann auf die Bedeutung der zum Abbruch freigegebenen Nepomuk-Brücke in Rech hin. Als Wahrzeichen der Region sei die Brücke „mit ihrer 300jährigen Geschichte eine der schönsten und ältesten Brücken an der Ahr“. Sie ließe sich unkompliziert als Mahnmal erhalten. Daher appellieren die Vorstände an die Bevölkerung: „Bevor diese einzigartige Brücke unwiederbringlich abgerissen ist, sollte sie – auch und vor allem um der Sicherheit der Menschen willen, die hier leben – es uns doch wenigstens wert sein, dass sich mit allen Argumenten und den eigentlichen Hochwasserursachen auseinandergesetzt wird.” Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz bietet sich an, die erforderlichen Maßnahmen zur Notsicherung und zum Winterschutz der Brücke finanziell zu tragen, „um Zeit für Überlegungen zu schenken“. Das ist der Bonner Stiftung auch deswegen wichtig, damit die Geschichte des Ortes nicht zum Bauernopfer wird.
In der Diskussion über den zügigen Abriss der Nepomuk-Brücke in Rech hat die Deutsche Stiftung Denkmalschutz Rückendeckung von Wissenschaftlern der Hochschule Koblenz und der RWTH Aachen erhalten. Das Flutgeschehen habe das Flussbett und damit die hydrologische Wirkung der Uferbereiche, deren Befestigungen und Bebauungen völlig verändert. Diese neue Situation müsse gründlich erfasst und ausgewertet werden. Versuche, das alte Flussbett wiederherzustellen oder gar weiter einzuengen sowie andere Einzelmaßnahmen, etwa der Abbruch der Nepomuk-Brücke in Rech, seien – so die Wissenschaftler – ohne umfassende Untersuchungen der Auswirkungen nicht zielführend. Ein Gutachten der Deutschen Stiftung Denkmalschutz zur Zukunft der Brücke findet man unter www.denkmalschutz.de/ahrtalbruecken.
16. Dezember 2022
„Sehr geehrte Frau Ministerpräsidentin, Sie sind unsere letzte Hoffnung“
Recher Bürger bangen um ihre Brücke und wenden sich an Malu Dreyer
Kurzfassung: Elfriede Mittag, Bürgerin aus Rech an der Ahr, hat sich an die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer als „letzter Hoffnung“ gewandt und die beliebte Politikerin gebeten, sich persönlich für den Erhalt der Nepomuk-Brücke in Rech einzusetzen. Dem Schreiben beigefügt war eine Unterschriftenliste, die über 70 der insgesamt 524 Recher Bürger unterzeichnet haben. „Je weiter das Ereignis zurückliegt, umso differenzierter sehen die Bewohnerinnen und Bewohner unseres Dorfes die Ursachen der Zerstörungen und die Möglichkeiten der Erhaltung dieses besonderen Bauwerkes.“ Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz (DSD) begrüßt den Einsatz der Bürger vor Ort. Nicht der Brückenabriss sei die Lösung, so die DSD, sondern nur ein überregionales Gesamtkonzept könne auch in Zukunft das Leben der Menschen an der Ahr schützen.
Langfassung: Elfriede Mittag, Bürgerin aus Rech an der Ahr, hat sich jetzt im Namen ihrer Seniorengruppe an die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer als „letzter Hoffnung“ gewandt und die beliebte Politikerin gebeten, sich persönlich für den Erhalt der Nepomuk-Brücke in Rech einzusetzen: „Bitte retten Sie unsere 300 Jahre alte, denkmalgeschützte Brücke, ein einzigartiges kulturelles Erbe unserer Region, vor dem unmittelbar bevorstehenden Abriss“.
Dem Schreiben beigefügt war eine Unterschriftenliste, die über 70 der insgesamt 524 Recher Bürger unterzeichnet haben. Der Beschluss zum Abriss der Recher Brücke war auch im Gemeinderat heftig umstritten. Wohl die Hälfte der Ortsangehörigen möchte wie die Briefschreiberin das Kulturdenkmal gerettet wissen. Mittag fährt fort, dass es „psychologisch verständlich“ sei, dass der Gemeinderat im Jahr der Flut unter dem traumatischen Eindruck der schrecklichen Flutnacht beschlossen habe, die Brücke müsse weg! Als Sündenbock für die verheerenden Verwüstungen im Dorf sei der Gedanke „Ist sie weg, kann uns bei der nächsten Flut nichts mehr passieren“ erklärlich. Doch „je weiter das Ereignis zurückliegt, umso differenzierter sehen die Bewohnerinnen und Bewohner unseres Dorfes die Ursachen der Zerstörungen und die Möglichkeiten der Erhaltung dieses besonderen Bauwerkes.“
Die Unterschriftenliste gebe ein zutreffendes Stimmungsbild. Viele Recher möchten ihre Brücke behalten: „Deutlich wurde das Unverständnis vieler Unterzeichner für das angeblich alternativlose Prüfungsergebnis der zuständigen Behörden, da es mittlerweile verschiedene Expertenmeinungen gibt. Völliges Unverständnis gibt es für die Haltung der Denkmalschutzbehörden, die dem Abriss zugestimmt haben, ohne daß es für uns erkennbar Überlegungen gegeben hätte, das beschädigte Bauwerk, wenn schon nicht als Flußüberquerung, es doch als Denkmal zu sichern, um unsere Geschichte lebendig zu erhalten.“
Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz begrüßt den Einsatz der Bürger vor Ort. Mit einem Gutachten, dessen Kenntnisnahme und Diskussion bei den politisch Verantwortlichen ignoriert wird, hat sie jüngst einen wichtigen Beitrag zum Schutz der Ahrtalbevölkerung geleistet. Nicht der Brückenabriss sei die Lösung, so die DSD, sondern nur ein überregionales Gesamtkonzept könne auch in Zukunft das Leben der Menschen an der Ahr schützen.
Die Unterzeichner des Schreibens an die Ministerpräsidentin bitten nun im Einklang mit den Überzeugungen und Mahnrufen der Denkmalschutzstiftung darum, dass „die Genehmigung der Kreisbehörde zum Abriss kurzfristig zurückgezogen werden könnte, um Zeit für bessere Lösungen zu gewinnen, ehe das Denkmal unwiederbringlich auf dem Schutthaufen landet“.
12. Dezember 2022
Wissenschaftler fordern Zeit und eine überfällige Koordination im Ahrtal
Deutsche Stiftung Denkmalschutz erhält Unterstützung für bedachtes Vorgehen
In der Diskussion über den zügigen Abriss der Nepomuk-Brücke in Rech erhält die Deutsche Stiftung Denkmalschutz Rückendeckung von Wissenschaftlern der Hochschule Koblenz und der RWTH Aachen. Verbunden mit dem dringenden Appell an die Landesregierung für eine überregionale Koordinierung der Hochwasserschutzmaßnahmen im gesamten Ahrtal verweisen die Professoren Ulrike Kirchner, Dr. Holger Schüttrumpf und Dr. Lothar Kirschbauer des KAHR-Projektes (Klima-Anpassung, Hochwasser und Resilienz) und des Kompetenznetzwerk WfdW (Wissenschaft für den Wiederaufbau) auf die Notwendigkeit weiterer Untersuchungen – und der dafür nötigen Zeit.
Durch das Flutgeschehen ist das Flussbett und damit die hydrologische Wirkung der Uferbereiche, deren Befestigungen und Bebauungen völlig verändert worden. Diese neue Situation muss gründlich erfasst und ausgewertet werden. Versuche, das alte Flussbett wiederherzustellen oder gar weiter einzuengen sowie andere Einzelmaßnahmen wie der Abbruch der Nepomuk-Brücke in Rech seien ohne umfassende Untersuchungen der Auswirkungen nicht zielführend. „Wir brauchen eine „Vision Ahrtal 2050“, damit mittel- und langfristige Maßnahmen sinnvoll ineinandergreifen“, so Holger Schüttrumpf.
Bezogen auf die Abbruchabsichten der Brücke in Rech stellt die private Deutsche Stiftung Denkmalschutz (DSD) nochmals klar, dass sie bereit wäre, die Notsicherung einschließlich der Fundamente zu finanzieren, um Zeit für die erforderlichen Untersuchungen zu schaffen. Dabei geht es ausdrücklich um die Bewahrung der Ruine der Brücke als Denkmal und Mahnmal, nicht um den Wiederaufbau des verlorenen Brückenbogens.
Auch die denkmalgerechte Bewahrung der Brückenruine würde die Stiftung nach angemessenen Voruntersuchungen erheblich fördern, und die schon von so vielen Verlusten betroffenen Bewohner Rechs bei der Bewahrung ihres Wahrzeichens zu unterstützen.
Die DSD hatte im November Gutachten des Wasserbauers und Ingenieurs Gregor Stolarski zu den vier denkmalgeschützten Ahrtalbrücken vorgelegt, die die konstruktiven Erhaltungsmöglichkeiten belegen. Akut notwendige Maßnahmen sind die Beseitigung der akuten Flutschäden, insbesondere bei der Wiederherstellung der Gründungen, der Fundamentsohlen und des Kolkschutzes. In Verbindung mit den wasserwirtschaftlichen Aspekten der Universitäts-Institute sind die Gutachten eine wichtige Grundlage bei der Diskussion konkreter Nutzugsoptionen in einem Gesamtkonzept.
„Diese fachliche Diskussion muss im Sinne der Bewohner des Ahrtals transparent und öffentlich geführt werden. Nur so kann eine Strategie für das gesamte Ahrtal entstehen, die bestmögliche Sicherheit für die Zukunft Aller statt unkoordinierte Einzelmaßnahmen und ziellose Partikularinteressen zur Folge hat. Die Landespolitik ist hier sehr viel deutlicher als bisher gefragt!“, fordert Stiftungsvorstand Dr. Steffen Skudelny auch in Richtung Landesregierung.
28. November 2022
Dringende übergreifende Maßnahmen zum Hochwasserschutz im Ahrtal sind laut DSD weiterhin nicht erkennbar
Die Veröffentlichung des „Bürgerbriefs Drei vom 28.11.2022“ des Ortsbürgermeisters von Rech, Benjamin Vrijdaghs, hat bei der Deutschen Stiftung Denkmalschutz (DSD) zu Entsetzen geführt. In seinem Bürgerbrief hat der Ortsbürgermeister unrichtige Behauptungen aufgestellt. „Dies sei umso bedauerlicher“, so DSD-Vorstand Dr. Steffen Skudelny, „als unkorrekte Äußerungen die Bevölkerung, die durch die Flut großes Leid erfahren haben, weiter unnötig verunsichern.“
Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz hatte vor kurzem mit einem Gutachten belegt, dass sich die historischen Brücken im Ahrtal, insbesondere auch die Nepomuk Brücke in Rech, erhalten lassen. Vrijdagh, der Mitte November schon einmal die Entgegennahme des Gutachtens kurzfristig absagte, bat dann aber vor wenigen Tagen die DSD und den von ihr beauftragen Gutachter, Dipl.-Ing. Gregor Stolarski, um einen Informationstermin im Gemeinderat. Nun hat sich der Ortsbürgermeister wohl wieder umstimmen lassen und veröffentlicht in seinem dritten Gemeindebrief unrichtige Behauptungen zum DSD-Gutachten, dessen Vorstellung im Gemeinderat er kurz darauf absagte. Vrijdagh hat gleichzeitig angekündigt, dass die Gemeinde den genehmigten Abriss der Nepomuk-Brücke, des Wahrzeichens des Ortes Rech, nun vollziehen wird.
Für die Deutsche Stiftung Denkmalschutz ist das eine äußerst fatale und unseriöse Entwicklung. Gegen gewichtige Argumente eines Gegengutachtens, das man nicht zur Kenntnis nehmen möchte, weil die Ergebnisse möglicherweise nicht gefallen, sollen par ordre de Mufti Tatsachen geschaffen werden.
Bereits vor mehr als einem Jahr haben Taucher in Dümpelfeld und Rech die historischen Ahrbrücken untersucht und ihre Ergebnisse liegen auch den zuständigen Stellen vor. Seitdem ist bekannt, dass die Fundamente der Brücken umgehend notgesichert werden müssen – was ohne Weiteres und zu überaus vertretbaren Kosten machbar ist. Trotz dieses Wissens und trotz konkreter finanzieller Hilfsangebote der Deutschen Stiftung Denkmalschutz wurde jedoch nichts weiter zur Sicherung unternommen.
Mit dem neuen Bürgerbrief nun so zu tun, als sei eine neue Gefahrenlage erkannt worden, die zudem das Gutachten der Deutschen Stiftung Denkmalschutz „unbrauchbar“ mache, sei „eine Verdrehung der längst bekannten Tatsachen“, so DSD-Vorstand Dr. Steffen Skudelny. Unverständnis äußert auch der LGA-Sachverständige und Leiter Historische Bauwerke, Dipl.-Ing. Gregor Stolarski, der für das DSD-Gutachten verantwortlich zeichnet. Denn im Gutachten wurden die Taucherberichte ebenso berücksichtigt wie der dringende Sicherungsbedarf unzweideutig festgestellt.
Warum die obere Landesbehörde nicht tätig geworden ist, darüber lässt sich nur spekulieren. Im schlimmsten Fall wurden die Arbeiten im Hin und Her des Taktierens um den Abbruch der Brücken bislang nicht umgesetzt. Dabei gehört die Gefahrenabwehr an den Brückenfundamenten zur „obersten Pflicht der Gemeinden,“ bemerkt Brückenfachmann Stolarski. Die zuständigen Stellen hätten – auch unbeschadet der laufenden Anträge zum Abbruch – die Löcher in der Sohle der Brücken längst schließen müssen. Diese Vernachlässigung ist ein außerordentlicher Verantwortungsmangel.
Das von der DSD beauftrage Gutachten verweist hingegen auf die Erhaltungsfähigkeit der Brücke unter Voraussetzung begleitender Maßnahmen des Hochwasserschutzes im gesamten Ahrtal. Denn der Abriss der jahrhundertealten Brücke in Rech sei nicht der Baustein, der sicherstelle, dass künftig keine verheerenden Flutkatastrophen mehr zu befürchten seien. Sehr wohl aber lasse sich im Kontext eines Gesamtkonzepts Hochwasserschutz Ahrtal das regionale Wahrzeichen Nepomuk-Brücke dauerhaft retten. Doch gerade um ein solches Gesamtkonzept kümmere sich zur großen Sorge der DSD derzeit anscheinend niemand. Jedenfalls sei der Abbruch der Ahrtalbrücken nicht die Lösung. Dafür bedürfe es entschlossenen Handelns in den Bereichen Ufer, Auen, Rückhaltetechniken usw., wie sie im Gutachten von Stolarski aufgeführt seien.
Skudelny teilte nach Bekanntwerden des Bürgerbriefs dem Ortsbürgermeister umgehend mit, dass die Rückschlüsse, die in dem Bürgerbrief Drei zu lesen sind, zu widerlegen seien. Der DSD-Vorstand schlussfolgert: „Eine gute Entscheidung für die Region, für den Ort und für die Brücke kann nur stattfinden, wenn alle Erkenntnisse transparent auf dem Tisch liegen und eine zielgerichtete Diskussion erfolgt“.
Am 22.11.2022 versendete die Deutsche Stiftung Denkmalschutz diesen offenen Brief an zahlreiche Adressaten aus Politik und anderen Verantwortlichen vor Ort:
"Seit der verheerenden Flut im Ahrtal hat sich die Deutsche Stiftung Denkmalschutz (DSD) als private Stiftung schnell und unbürokratisch bei der Unterstützung der betroffenen Denkmaleigentümer eingesetzt. Entsprechend ihrer Zielsetzung hat sie insbesondere bei der Rettung und Wiederherstellung geschädigter denkmalgeschützter Häuser und Bauten geholfen. Hier halfen wir angesichts der Notlage in erster Linie den Menschen, die ihr Dach über dem Kopf verloren haben. Zudem prägen diese Bauwerke seit Jahrhunderten ganz wesentlich den einzigartigen Charakter des Ahrtals als Kulturlandschaft und touristische Destination – und verdienen daher alle unsere Anstrengungen zu ihrem Erhalt!
Schon früh haben wir uns auch an der Debatte um den Erhalt und die Rettung der vier denkmalgeschützten Brücken in Dernau, Dümpelfeld, Schuld und Rech beteiligt und für den Erhalt dieser Wahrzeichen des Ahrtals und Symbole der Standhaftigkeit geworben. Nachdem schnell erste Gutachten auf schmaler Grundlage kursierten, die den Abbruch empfahlen, hat die DSD auf ihre Kosten ein Gutachten zu Erhaltungsmöglichkeiten unter Berücksichtigung des Hochwasserschutzes in Auftrag gegeben, um die Ideen eines bewahrenden Umgangs mit den Brücken mit sicheren Erkenntnissen zu unterfüttern. Das Gutachten des Sachverständigen und Brückenfachmanns Dipl.-Ing. Gregor Stolarski haben wir Ihnen am 16.November auf diesem Wege zukommen lassen. Sein erfreuliches Fazit lautet: der Erhalt der Brücken ist unproblematisch, machbar und ökonomisch sinnvoll!
Die fast zeitgleich veröffentlichte Abrissgenehmigung für die Nepomuk-Brücke in Rech scheint uns durch die neuen Ergebnisse des Gutachtens unbedingt überdacht und neu bewertet werden zu müssen. Unsere Stiftung ist bereit, auch weitere Untersuchungsmaßnahmen zur Bewahrung der Brücken sowie die Umsetzung von Instandsetzungsmaßnahmen zu fördern.
Die Diskussion um die Brücken täuscht darüber hinweg, dass nicht diese der Grund für den verheerenden Ausgang des Flut-Unglücks war, sondern übergreifende Maßnahmen des Hochwasserschutzes bislang fehlen. Er muss dort erfolgen, wo er maximalen Nutzen erzielt, ohne die ganze Kulturlandschaft des Ahrtals zu zerstören, deren immanente Bestandteile die historischen Brückenbauten sind.
In den ersten Gesprächen zu den Gutachten vor Ort in Dernau und Rech wurde deutlich, dass es vor Ort eine große Orientierungslosigkeit gibt. Es fehlt an Fachwissen und ganz offensichtlich an einer ausreichenden Kommunikation zu einer übergreifenden Projektplanung für den Hochwasserschutz. Die Fragen des Hochwasserschutzmanagements können nur im gemeinsamen Planen auf überregionaler Ebene beantwortet werden. Diese Fragen dürfen nicht auf die einzelnen Ortsbürgermeister abgeladen werden. Hier besteht dringender Handlungsbedarf an einer umfassenden, organisatorischen, fachlichen und finanziellen Unterstützung durch das Land. Eine solche Strategie, bei der die Ortsgemeinden und ihre Bürger sich mitgenommen fühlen – auch bei möglichweise schwierigen Maßnahmen! – ist auch aus Sicht der Gutachter und Fachleute, die sich bei uns zu Wort gemeldet haben, unbedingt nötig.
Aufgrund der aktuell Fahrt aufnehmenden öffentlichen Berichterstattung wollen wir die kulturellen, denkmalpflegerischen und touristischen Aspekte stärker in die Debatte einbringen und haben daher die Gutachten auf der Internetseite der Deutschen Stiftung Denkmalschutz zugänglich gemacht. Außerdem erlauben wir uns daher, dieses Schreiben als konstruktiven Beitrag zur Diskussion und Kommunikation als „offenen Brief“ an weitere Fachleute, Initiativen und die Presse weiterzuleiten.
Wir stehen gerne für Rückfragen oder Erläuterungsgespräche gemeinsam mit dem Gutachter, Herrn Stolarski, zur Verfügung – gerne auch unter Beteiligung der Ortsgemeinden und ihrer Bürger.
Steffen Skudelny
Vorstand der Deutschen Stiftung Denkmalschutz"
17. November 2022
Deutsche Stiftung Denkmalschutz schlägt Alarm
Massive Kritik an Abrissplan der Nepomukbrücke in Rech
Die Abrissgenehmigung der Kreisverwaltung für die historische und denkmalgeschützte Brücke in Rech hat die Deutsche Stiftung Denkmalschutz (DSD) alarmiert - sie übt deutliche Kritik an dieser „historischen Fehlentscheidung“. Die Zustellung der Genehmigung erklärt jedoch, warum Ortsbürgermeister Benjamin Vrijdaghs kurzfristig einen vereinbarten Termin für den morgigen Freitag mit der DSD absagte, an dem ihm die Leiterin der Denkmalförderung der Stiftung, Annette Liebeskind, das von der Stiftung in Auftrag gegebene Gutachten des Brücken-Fachmanns und Tragwerksplaners Dipl.-Ing. Gregor Stolarski zu den Erhaltungsmöglichkeiten überreichen und erläutern wollte. „Alternative Ansätze will man offensichtlich nicht einmal mehr anhören“, so Stiftungsvorstand Dr. Steffen Skudelny in einer ersten Reaktion. Ohne das Gutachten zu kennen, werde es pauschal abgelehnt.
Die private Deutsche Stiftung Denkmalschutz fordert eine Entscheidung über die ortsbildprägende denkmalgeschützte Brücke erst in Kenntnis aller Fakten und nach deren Abwägung sowie einem transparenten öffentlichen Diskurs. „Die Abrissgenehmigung muss aufgrund des nun vorliegenden neuen Stiftungs-Gutachtens neu bewertet werden. Es wäre töricht, neue Erkenntnisse nicht zu berücksichtigen und die kostengünstigere Wiederherstellung dieses wertvollen und ortbildprägenden Denkmals in einer historischen Fehlentscheidung auszuschließen“, formuliert Skudelny seine Hoffnung. „Der Ortsbürgermeister erhält das Gutachten nun per Post, wenn er es nicht persönlich annehmen und erläutert bekommen will.“
Laut Gutachten beziehen sich notwendige Maßnahmen durchweg auf die Beseitigung der akuten Flutschäden, insbesondere bei der Wiederherstellung der Gründungen, der Fundamentsohlen und des Kolkschutzes durch behutsame Wiederauffüllung der Auskolkungen und Vernadelungen oder Verpressungen. Zur Verbesserung der Ufersituation ist insbesondere die regelmäßige Beseitigung von Verlandung und Hochwasserschotterablagerungen notwendig. Bei allen vier denkmalgeschützten Brücken fehlte bisher ein ausreichend dimensionierter Kolk- und Hochwasserschutz. Das führte unter anderem in Rech zum dramatischen Einsturz der gesamten rechten Brückenpartie. An dieser Schadstelle schlägt das Gutachten einen bewusst neuartig konzipierten Brückenteil ohne Pfeiler vor. Mit den Erfahrungen aus dem Flutgeschehen lassen sich erweiterte Schutzmaßnahmen durch gezielte seitliche Umgehungen oder Öffnungen einrichten.
11. November 2022
Erhalt der historischen Brücken ist machbar
Deutsche Stiftung Denkmalschutz legt Gutachten vor
Der Erhalt der das Ahrtal prägenden denkmalgeschützten Brücken in Dernau, Rech, Dümpelfeld und Schuld ist unproblematisch und machbar. Zu diesem Schluss kommt ein Gutachten des Brücken-Fachmanns und Tragwerksplaners Dipl.-Ing. Gregor Stolarski, das dieser im Auftrag der Deutschen Stiftung Denkmalschutz erstellt hat. Eine akute Bedrohung ist bei keinem der vier Denkmale erkennbar. Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz übergibt und erläutert die Gutachten in den nächsten Wochen gemeinsam mit dem Gutachter den Ortsbürgermeistern. Dabei sollen auch weitere Schritte zu einer breiten öffentlichen Diskussion zum möglichen Umgang mit den Brücken erörtert werden.
Notwendige Maßnahmen beziehen sich laut Gutachten durchweg auf die Beseitigung der akuten Flutschäden, insbesondere bei der Wiederherstellung der Gründungen, der Fundamentsohlen und des Kolkschutzes der Bauwerke durch behutsame Wiederauffüllung der Auskolkungen und Vernadelungen oder Verpressungen. Bei einer Wiederinbetriebnahme müssen zur Wiederherstellung der Verkehrssicherheit die Erneuerungen der Rampen, Fahrbahndecken, Rückhaltesysteme für Fahrzeuge und der Geländer erfolgen. Zur Instandsetzung gehört auch die Beseitigung von Eingriffen in die Statik einzelner Brücken durch Versorgungsleitungen. „Die Sanierungen sind mit üblichen technischen Verfahren – Unterwasserbeton, Verpressung, Aufschüttungen – machbar“, so Stolarski.
Um zukünftig gefährliche Aufstauungen an den Brücken in den Orten zu vermeiden, werden Schutzmaßnahmen im Rahmen der Gesamtplanungen des Hochwassermanagements im Ahrtal bereits vor den Ortschaften empfohlen. Zur Reduzierung der Fließgeschwindigkeit können neben ländlicher Retention gezielt und direkt an den Brücken eingesetzte Hochwasserentlastungsbauwerke wie Stollen, Kanäle und Bypass-Lösungen mit die Bauwerke ergänzenden Vorlandbrücken ebenso beitragen wie die Rückgängigmachung seitlicher Einzwängungen des Flussbetts vor und in den Brücken. Zur Verbesserung der Ufersituation ist insbesondere die regelmäßige Beseitigung von Verlandung und Hochwasserschotterablagerungen notwendig. Bei allen betreffenden Brücken fehlte bisher ein ausreichend dimensionierter Kolk- und Hochwasserschutz. Das führte u.a. in Rech zum dramatischen Einsturz der gesamten rechten Brückenpartie. An dieser Schadstelle schlägt das Gutachten einen bewusst neuartig konzipierten Brückenteil ohne Pfeiler vor. Mit den Erfahrungen aus dem Flutgeschehen lassen sich erweiterte Schutzmaßnahmen durch gezielte seitliche Umgehungen oder Öffnungen einrichten.
Die Instandsetzungen der Brücken sind nach Aussage der Gutachten bedeutend wirtschaftlicher als Ersatzneubauten und kommen dem gesetzlichen Schutzauftrag der Denkmale nach. „Der Erhalt und die hochwassertechnische Ertüchtigung der Brückendenkmale ist eine wichtige Investition in die Zukunft des Ahrtales – gerade auch als touristische Destination. Erste Konzepte für eine verbesserte touristische Einbindung der Brücken unter der Überschrift „Das 7 Brücken-Land“ liegen von einer örtlichen Initiative bereits vor,“ so Dr. Steffen Skudelny, Vorstand der Deutschen Stiftung Denkmalschutz.
Mit der Vorlage der fundierten Gutachten will die Deutsche Stiftung Denkmalschutz die Diskussion um den Umgang mit den ortsbildprägenden Brücken um wichtige Aspekte erweitern. Die Brücken seien nicht Ursache der Flutkatastrophe, ihre Beseitigung daher kein sinnvoller Beitrag zur Vermeidung zukünftiger Hochwasserschäden. Dafür müssten insbesondere die Verringerung der Fließgeschwindigkeit der Ahr im Rahmen der Hochwasserschutzmaßnahmen thematisiert werden.
3. November 2022
Barockgarten von Großsedlitz soll zerstört werden
Industrie- und Gewerbegebiet vernichtet Denkmal und Naturregion
Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz (DSD) hat in einem Brief an die Bürgermeister der Städte Heidenau, Pirna und Dohna eindringlich dazu gemahnt, mit Rücksicht auf den denkmalgeschützten Barockgarten in Großsedlitz die Planung eines angrenzenden Industrie- und Gewerbegebiets, des sogenannten Industrieparks Oberelbe (IPO) und des Technologieparks Feistenberg, einzustellen.
Der Barockpark Großsedlitz, eine einmalige Gartenschöpfung des 18. Jahrhunderts von europäischem Rang, ist eine der herausragenden, dem französischem Muster folgenden Anlagen in Deutschland. Für ihn charakteristisch ist die sorgfältig inszenierte Einbettung des kunstvoll gestalteten Gartens in die freie Natur und die umgebende kultivierte Landschaft. Für das Gesamterscheinungsbild des denkmalgeschützten Gartens ist daher unverzichtbar die auch im sächsischen Denkmalschutzgesetz verankerte Unantastbarkeit der Umgebung des Denkmals. Um diese sicherzustellen wurden mehrere angrenzende Gebiete als Landschafts- und Naturschutzgebiete ausgewiesen – und eben nicht der Garten allein unter Schutz gestellt.
Die Planung des IPO setzt sich nun nicht nur rücksichtlos über die mannigfachen Bestimmungen des Denkmal-, Landschafts- und Naturschutzes hinweg. Auch das integrierte Verkehrskonzept ist zu bemängeln, wie es im Brief heißt, denn es sieht eine Erschließung des vorgesehenen Industriegebiets ausschließlich über die Straße vor. Solcherart Planungen stammen aus dem vergangenen Jahrhundert und sind längst überholt: „In einem Bundesland, in dem laut Verfassung der Schutz von Umwelt und Natur (Art. 10, Abs. 1) und der Denkmalschutz (Art. 11, Abs. 3) zu den ‚Grundlagen des Staates‘ zählt, sollte sich ein solches Projekt von selbst verbieten,“ schließen Skudelny und Weiss ihr Schreiben unmissverständlich.
Dr. Steffen Skudelny, der Vorstand der DSD, und Professor Dr. Gerd Weiß, der Vorsitzende ihrer wissenschaftlichen Kommission, haben ihren nachdrücklichen Appell informell auch den für Denkmalschutz zuständigen Behörden in Sachsen übermittelt, so dem Sächsischen Staatsminister für Regionalentwicklung Thomas Schmidt als oberstem Denkmalpfleger, der Präsidentin der Landesdirektion Sachsen und der oberen Denkmalschutzbehörde, Regina Kraushaar, und dem Sächsischen Landeskonservator Alf Furkert, ferner dem Kreistag des Landkreises Sächsische Schweiz / Osterzgebirge und dem betroffenen Landrat Michael Geisler.
6. April 2022
Ein schwarzer Tag für NRW
Wissenschaftliche Kommission der Deutschen Stiftung Denkmalschutz kritisiert neues Gesetz
Die Wissenschaftliche Kommission der Deutschen Stiftung Denkmalschutz (DSD) kritisiert anlässlich ihrer Sitzung am 6. April 2022 das verabschiedete neue Denkmalschutzgesetz für Nordrhein-Westfalen. "Dies ist nicht nur ein schwarzer Tag für die Denkmale in NRW, sondern auch für die Geschichte und das Selbstverständnis des Landes," so der Vorsitzende der Kommission, Prof. Dr. Gerd Weiß. "Das noch junge Land NRW riskiert damit die authentischen Zeugnisse seiner Geschichte zu verlieren. Insbesondere den Bauwerken der Wiederaufbaugeneration fehlen nun die Anwälte, die sich für ihren Erhalt stark machen." Trotz enormer Kritik an Inhalt und undemokratischer Vorgehensweise hat die Landesregierung den von Ina Scharrenbach, Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung, in der letzten Plenarsitzung der Legislaturperiode zur Abstimmung gebrachten dritten Entwurf eines neuen Denkmalschutz-Gesetzes mit der Regierungsmehrheit von nur einer Stimme verabschiedet.
Die Wissenschaftliche Kommission zeigte sich sehr besorgt über missverständliche Formulierungen und unbestimmte Rechtsbegriffe des Gesetzes, die Denkmale grundsätzlich als problematisch erscheinen lassen und die großen Erfolge bei Themen wie Klimaschutz, Barrierefreiheit und intelligente Nutzungskonzepte ignorieren. Durch die Abwertung des Denkmalschutzgedankens im neuen Gesetz werden die positiven Effekte des bisher Erreichten geradezu konterkariert.
Die Wissenschaftliche Kommission, der renommierte Fachleute aus dem gesamten Bundesgebiet angehören, fordert ein Denkmalschutzgesetz, das das Denkmal in den Mittelpunkt stellt, nicht sachfremde Belange. "Die Vielzahl der engagierten privaten Denkmaleigentümer, die haupt- und ehrenamtlichen Denkmalpfleger haben Besseres verdient", so die Wissenschaftliche Kommission der Deutschen Stiftung Denkmalschutz und fordert eine umgehende Überarbeitung des Gesetzes nach der Landtagswahl.
Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz steht als Stiftung privaten Rechts für über 250.000 aktive Förderer, die die Restaurierung, Erhaltung und Pflege von Denkmalen aller Gattungen im gesamten Bundesgebiet selbstlos fördern. Die Stiftung begleitet ihre Projekte umfassend und hat dadurch Erfahrung mit den Behördenstrukturen in ganz Deutschland und somit auch in Nordrhein-Westfalen inklusive eines vergleichenden Überblicks. Gemeinsam mit vielen anderen im Denkmalschutz-Bündnis NRW zusammengeschlossenen Fachinstitutionen hat sich die Deutsche Stiftung Denkmalschutz in den letzten Monaten vehement gegen ein neues, nicht fertig gedachtes Denkmalschutzgesetz ausgesprochen.
6. April 2022
Es kommen schwere Zeiten für Denkmale in NRW
Neues Denkmalschutzgesetz trotz aller Proteste verabschiedet: Deutsche Stiftung Denkmalschutz beklagt den Sieg der Unvernunft
Ab dem 1. Juni 2022 brechen schwere Zeiten für die Denkmale und ihre Eigentümer in NRW an: das neue Denkmalschutzgesetz von Ina Scharrenbach, Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung tritt in Kraft. Dieses wurde am 6. April unter dem lautstarken Protest einer Demonstration vor dem Landtag mit der Einstimmen-Mehrheit der Landesregierung verabschiedet. Weder umfangreiche Stellungnahmen von Experten, noch eine Petition mit 24.500 Stimmen aus der Bevölkerung gegen das neue Gesetz wurden erhört, Brandbriefe an die Landesregierung und Abgeordneten, Gesprächsangebote und Podiumsveranstaltungen zeigten keine Wirkung.
Dr. Steffen Skudelny, Vorstand der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, ist fassungslos: "Dass ein Gesetz trotz erwiesener fachlicher Mängel, Verwirrung stiftender Verfahren, gewollter Ungleichbehandlung von Denkmaleigentümern und einer Vielzahl unbestimmter Rechtsbegriffe per Fraktionszwang wider besseres Wissen durchgedrückt wurde, ist erschütternd. Hier wird ein Gesetz ohne angemessene Debatte auf Basis falscher Behauptungen, Annahmen und Verzerrungen in einem höchst fragwürdigen Eilverfahren durchgesetzt. Die zahlreichen Eingaben und Stellungnahmen zum neuen Gesetz waren fast durchweg von Kritik durchzogen – doch sie wurden auch in der letzten Beratungsstufe schlichtweg ignoriert. Der klare Tenor der Expertenanhörung wurde missachtet. Die Abläufe waren eines demokratischen Verfahrens unwürdig. Nun wird ein bewährtes Denkmalschutzgesetz durch ein Denkmal-NICHT-Schutzgesetz ersetzt." Denkmale werden als Probleme, statt als relevanter gesellschaftlicher Wert betrachtet und der Schritt von einer erhaltenden zu einer verbrauchenden Denkmalpflege eingeschlagen.
Doch nicht genug damit – noch am Tag der Abstimmung wurde ein weiterer Ergänzungsantrag eingebracht, regelmäßige Pflegemaßnahmen sollen nicht mehr genehmigungspflichtig sein. Ein Blick in das aktuelle Gesetz hätte zu der Erkenntnis geführt, dass eine solche Genehmigung bereits jetzt nicht nötig ist.
Seit Monaten hat die Deutsche Stiftung Denkmalschutz mit einer Vielzahl von Vereinen, Verbänden und Initiativen, Stiftungen, Hochschullehrern und Fachorganisationen, zusammengeschlossen im "Denkmalschutz-Bündnis NRW", an dem nun verabschiedeten Entwurf der Ministerin massive Kritik geübt. Das Ziel eines jeden neuen Gesetzes, die Verbesserung eines bestehenden Zustandes, sei eklatant verfehlt worden.
Daher fordert das Bündnis in seiner "Düsseldorfer Erklärung zur Zukunft des Denkmalschutzes in NRW", in der nächsten Legislaturperiode das bisher unbeantwortete Gesprächsangebot mit allen Beteiligten zu suchen, um im Konsens und parteiübergreifend ein gutes Denkmalschutzgesetz auf den Weg zu bringen. Nur in einem landesweiten Dialog zur Bedeutung des kulturellen Erbes für die Gesellschaft könne Denkmalschutz wieder ein zentrales kulturpolitisches Anliegen des Landes NRW werden.
5. April 2022
Protest vor dem Landtag
Am 6. April 2022 steht die Abstimmung über ein neues Denkmalschutzgesetz für NRW im Düsseldorfer Landtag an. Das Denkmal-Schutzbündnis NRW, in dem sich auch die Deutsche Stiftung Denkmalschutz (DSD) engagiert, fordert mit der "Düsseldorfer Erklärung" die Ablehnung des Entwurfs, gegen das seit Monaten erhebliche Kritik vorgebracht wird. Stattdessen fordert das Bündnis, eine fundierte Diskussion mit allen fachlich Beteiligten sowie einem landesweiten Dialog zur Bedeutung des kulturellen Erbes für die Gesellschaft zu beginnen.
Dr. Steffen Skudelny, Vorstand der DSD, und Tobias Flessenkemper, Vorstand des Rheinischen Vereins für Denkmalpflege, übermittelten die "Düsseldorfer Erklärung" an das Büro von Ina Scharrenbach, Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung. "Die erheblichen Mängel im Gesetzestext lassen nur den Schluss zu, dass wirkliche Fachkompetenz aus der Praxis des Denkmalschutzes bei der Erarbeitung des Gesetzes fehlten", so Skudelny. "Selbst in der Debatte des Fachausschusses waren einigen Mitgliedern die Regelungen des eigenen Entwurfs offensichtlich nicht bekannt."
Daher protestiert das von dreizehn Denkmalschutz-Initiativen getragene Bündnis auch am Tag der Abstimmung um 13.00 Uhr mit einer Demonstration vor dem Düsseldorfer Landtag, um mit diesem letzten Aufruf die Denkmäler des Landes vor Gefahren zu bewahren.
4. April 2022
"Düsseldorfer Erklärung" veröffentlicht
Initiative des Denkmalschutz-Bündnisses NRW
Zwei Tage vor der geplanten Landtags-Abstimmung über ein neues Denkmalschutzgesetz am 6. April 2022 veröffentlicht das Denkmalschutz-Bündnis NRW die "Düsseldorfer Erklärung". Darin appelliert das von dreizehn Denkmalschutz-Initiativen getragene Bündnis an alle Parteien, das bestehende Gesetz nicht abzuschaffen, sondern in der nächsten Legislaturperiode in breitem Konsens für die Zukunft weiterzuentwickeln. Das Denkmalschutz-Bündnis NRW sieht sich in der Pflicht, mit diesem letzten Aufruf die Denkmäler des Landes vor Gefahren zu bewahren und Schaden von dem Ruf des Landes als Kulturland abzuwenden. "Das vorgelegte Gesetz ist weder hinreichend mit allen Fachleuten und Interessengruppen diskutiert noch als Gesetz sauber durchdacht und aufgesetzt", so Dr. Steffen Skudelny, Vorstand der Deutschen Stiftung Denkmalschutz. Der Sinn eines jeden neuen Gesetzes liegt in der Verbesserung einer bestehenden Situation, diesem Anspruch werde das vorgelegte Gesetz nicht gerecht.
Die "Düsseldorfer Erklärung" können Sie hier herunterladen.
28. März 2022
Erheblicher Klärungsbedarf beim neuen Denkmalschutz-Gesetz in NRW
Deutsche Stiftung Denkmalschutzs zieht Bilanz zur Anhörung im Ausschuss
36 Stellungnahmen gingen zur öffentlichen Anhörung des Ausschusses Hei-mat, Kommunales, Bauen und Wohnen zu dem von der Landesregierung ge-planten neuen Denkmalschutzgesetz ein, 23 Institutionen kamen bei der fünf-stündigen Anhörung direkt zu Wort. Eines wurde dabei am Ende ganz deut-lich: Das Gesetz zeigt noch viele Unschärfen und unbestimmte Rechtsbe-griffe, unpräzise und somit missverständliche Formulierungen. Es lässt keine transparenten Kriterien erkennen, hinterlässt offene Verfahrensfragen und damit viel Spielraum für spätere Auseinandersetzungen - notfalls vor Gericht. „Die überwiegend kritischen Stellungnahmen machen deutlich, dass das Ge-setz noch erheblichen Überarbeitungsbedarf hat – will man nicht eine Klage-welle in Kauf nehmen“, bilanziert Dr. Steffen Skudelny vom Vorstand der Deutschen Stiftung Denkmalschutz (DSD).
Selbst die Kommunen, vertreten durch den Städtetag NRW, den Städte- und Gemeindebund sowie den Landkreistag, denen Ministerin Ina Scharrenbach mehr freie Hand im Denkmalschutz geben will, betonten eine Reihe von offe-nen Fragen und verweisen auf die gute und erprobte aktuelle Gesetzeslage. Ganz aktuell hat die Stadt Bonn ergänzend ihre kritische Haltung veröffent-licht. Die Mitglieder des Denkmal-Schutzbündnisses, zu dem auch die DSD gehört und die insbesondere für tausende von ehrenamtlich engagierten Denkmalfreunden, -eigentümern und -pflegern sprechen, fordern die Ministe-rin auf, mit ausreichend Zeit und im offenen Diskurs die Defizite des Geset-zes zu beheben – und erst den runden Entwurf dann den Abgeordneten zur Abstimmung vorzulegen. Ein Thema von Verfassungsrang – und das ist der Denkmalschutz in NRW verdiene einen entsprechenden respektvollen parla-mentarischen und öffentlichen Umgang.
Zufrieden mit dem neuen Gesetzesentwurf waren bei der Anhörung nur die Vertreter von Partikularinteressen. Ihre Stellungnahmen bezogen sich auch durchweg nicht auf den gesamten Gesetzentwurf, sondern lediglich auf die sie jeweils betreffenden und ihnen wichtigen Einzelparagraphen: Erleichte-rungen für Photovoltaik-Anlagen auf den Dächern denkmalgeschützter Bau-ten, Berücksichtigung der Barrierefreiheit und Erleichterungen für Wohnnut-zung – alles im Übrigen bereits mit dem aktuellen Denkmalschutzgesetz schon heute geübte Praxis. Diese längst übliche gute Zusammenarbeit mit den Fachbehörden der Landschaftsverbände bei der Suche nach den best-möglichen Lösungen für die Denkmale erkannten alle Sachverständigen, die mit der täglichen Praxis der Denkmalpflege vertraut sind, lobend an.
Die Informationen zum Download finden Sie hier
25. März 2022
Diskussionsrunde „Denkmalschutz in Forschung und Lehre“
Warum Wissenschaftler gegen das geplante Denkmalschutzgesetz in NRW opponieren
Das geplante neue Denkmalschutzgesetz in Nordrhein-Westfalen steht seit Monaten heftig in der Kritik. Nun melden sich auch die Hochschulprofessoren des Landes mit einer Diskussionsveranstaltung zu Wort. Die Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer, die sich fachlich mit Denkmälern und Denkmalpflege beschäftigen, sehen den Hochschulstandort NRW gefährdet und lehnen die Neufassung des Denkmalschutzgesetzes nahezu einhellig ab.
Am Mittwoch, den 30. März 2022 um 16.00 Uhr laden daher Jens Niebaum und Wolfgang Sonne zur Veranstaltung „Denkmalschutz in Forschung und Lehre – Warum die Wissenschaft gegen das neue Denkmalschutzgesetz NRW ist“ in den Hörsaal F5 der Universität Münster am Domplatz 20-22 zu einer zweistündigen Diskussionsveranstaltung zum Thema zum Denkmalschutz und Denkmalschutzgesetz aus Sicht der Wissenschaft ein. Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz (DSD) begrüßt den Diskurs über diesen wichtigen Aspekt, da die fachliche Kompetenz aller Beteiligten für den guten Ruf der Denkmalpflege in NRW wesentlich sei.
Die in ganz unterschiedlicher Hinsicht mit Denkmälern, Kunst und kulturellem Erbe befassten Hochschullehrer und Hochschullehrerinnen wollen darlegen, warum die Auseinandersetzung mit Denkmalen für ihr jeweiliges Fachgebiet von Bedeutung ist, warum die Neufassung des Denkmalschutzgesetzes der Überlieferung des kulturellen Erbes schadet und wie das neue Gesetz die Relevanz der fachlichen Beurteilung schwächt. Sie beklagen sachfremde Belange zum Nachteil der Denkmäler, Sonderrollen für Kirchen und Religionsgemeinschaften sowie verkomplizierte behördliche Strukturen und Verfahren. In die Diskussion um die Pflege des kulturellen Erbes sind auch Studierende der beteiligten Fächer als Nachfolgegeneration mit einbezogen.
Für ein Grußwort wurden angefragt die Ministerin für Kultur und Wissenschaft NRW, Isabel Pfeiffer-Poensgen, und der Oberbürgermeister der Stadt Münster, Markus Lewe, derzeit Präsident des Deutschen Städtetags.
Es diskutieren Eva von Engelberg, Professorin für Architekturgeschichte an der Universität Siegen, Oliver Karnau, Lehrbeauftragter für Denkmalpflege an der TU Dortmund und der Universität Münster, Stefanie Lieb, Apl. Professorin für Architekturgeschichte an der Universität zu Köln, Jens Niebaum, Professor für Kunstgeschichte an der Universität Münster, Eva Maria Seng, Professorin für Materielles und Immaterielles Kulturerbe an der Universität Paderborn, Wolfgang Sonne, Professor für Geschichte und Theorie der Architektur an der TU Dortmund und Barbara Welzel, Professorin für Kunstgeschichte an der TU Dortmund.
Auf dem Forum des Denkmalschutz-Bündnisses und bei der Anhörung vor dem Fachausschuss für Heimat, Kommunales, Bauen und Wohnen des Landtags NRW wurde am 18.3. in Düsseldorf intensiv für einen guten, gesetzlich verankerten Schutz von NRWs Denkmalen gestritten. Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz war durch ihren Vorstand Dr. Steffen Skudelny vertreten. Dieser kritisiert u. a. den Wandel von einem erhaltenden zu einem verbrauchenden Umgang mit Denkmalen. Das von Ministerin Ina Scharrenbach (CDU) in den Landtag eingebrachte neue Denkmalschutzgesetz wird von der Denkmalfachwelt einstimmig als denkmalschädlich abgelehnt. In ihrer bereits im Vorfeld abgegebenen Stellungnahme zur Anhörung, zu der die Deutsche Stiftung Denkmalschutz als Expertin geladen war, zieht die Stiftung das Fazit: Auch der vorgelegte dritte Entwurf für ein neues Denkmalschutzgesetz NRW erfüllt die selbst gesetzten Ziele nicht. Durch ihn werden die Denkmale in Nordrhein-Westfalen nicht besser geschützt.
17. März 2022
Nordrhein-Westfalens Denkmale in Not
Brief des DSD-Vorstands an die CDU-Fraktion im Düsseldorfer Landtag
Mit einer Pressemitteilung hat Fabian Schrumpf, baupolitischer Sprecher der CDU-Landtagsfraktion im Düsseldorfer Landtag, den Entwurf für ein neues Denkmalschutzgesetz der eigenen Bauministerin unterstützt. Den dort vorgetragenen Thesen hat heute Dr. Steffen Skudelny, Vorstand der Deutschen Stiftung Denkmalschutz (DSD), in einem Brief an ihn sachlich widersprochen, deren angestrebte Effizienz in Frage gestellt und deren Absicht, den Denkmalschutz in NRW zu stärken und zu modernisieren, widerlegt.
Wenn ein neues modernes Denkmalschutzgesetz gewünscht wird, dürfte die erste Voraussetzung sein, dass es den Schutz der Denkmale im Lande auch weiterhin garantiert. Das jedoch scheint der Entwurf von Bauministerin Ina Scharrenbach nicht anzustreben. So berücksichtigt sie die Ergebnisse der von der Regierung beauftragten wissenschaftlichen Evaluation ebenso wenig wie sich ihr Bemühen um die Herausforderungen etwa durch den Klimaschutz auf die von Photovoltaik-Anlagen auf den wenigen Denkmaldächern des Landes erschöpft. Nicht zuletzt gefährdet der Entwurf den Wirtschafts- und Wissenschaftsstandort NRW.
Das Ziel, mit einem neuen Denkmalschutzgesetz den Denkmalschutz in NRW zu stärken, verfehlt der Entwurf auch durch die angestrebten uneinheitlichen Verfahren und Rechte von Eigentümergruppen und den Verzicht auf die Kompetenz der Denkmalfachbehörden der Landschaftsverbände. Sachfremde Herausforderungen wie Wohnraumbedarf, Klimaschutz und Barrierefreiheit in ein Gesetz einzubringen, das dem Schutz der Denkmalkultur dient, lässt aufhorchen. Denn tatsächlich ermöglichen bereits die jetzigen Regelungen bei fachkundiger Beratung jede sinnvolle, denkmalverträgliche und in weiten Teilen barrierefreie, umweltfreundliche Nutzung der Bauten.
Dagegen sei Photovoltaik auf den Dächern denkmalgeschützter Häuser modern, so die Pressemitteilung der CDU. Sollen damit die im Vergleich zu anderen Bundesländern deutlichen Versäumnisse der Nutzung regenerativer Energien in NRW durch die Dächer der Denkmale – 1,5 Prozent des Baubestandes in NRW – kompensiert werden? Die Nutzung der gesamten Bausubstanz sowie geeigneter Freiflächen in NRW als Standort für Solarenergie wird bisher bei weitem nicht ausgeschöpft. Unberührt bleiben also große Flächen, die mit deutlich weniger Komplexität zur Verfügung stehen als die Denkmalbauten mit besonderen optischen und technischen Anforderungen.
Unkenntnis zeichnet auch die These aus, die Kommunen mit ihren Unteren Denkmalschutzbehörden würden durch das neue Gesetz gestärkt. Schon haben sich die Kommunalverbände eindeutig gegen den Entwurf positioniert. Es werden nämlich den Kommunen nurmehr zusätzliche Aufgaben aufgebürdet, die kostenneutral gar nicht zu bewerkstelligen sind. Ein Landesdenkmalrat für die zusätzliche Unterstützung und Beratung der Kommunen kann ebenso wenig die bisherige erfolgreiche Unterstützung und Beratung durch die unabhängigen Fachämter der Landschaftsverbände ersetzen wie der von der Ministerin vorgesehene Landesdenkmalpreis zur Motivation der Eigentümer, der den von ihr nicht fortgeführten langjährigen „Rheinisch-Westfälische Staatspreis für Denkmalpflege“ des Landes NRW nun ersetzen soll.
Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz steht als Stiftung privaten Rechts für über 250.000 aktive Förderer, die die Restaurierung, Erhaltung und Pflege von Denkmalen aller Gattungen im gesamten Bundesgebiet selbstlos fördern. Unsere Stiftung begleitet ihre Projekte umfassend und hat dadurch Erfahrung mit den Behördenstrukturen in ganz Deutschland und somit auch in Nordrhein-Westfalen inklusive eines vergleichenden Überblicks. Sie wundert sich, dass die Ministerin eine tendenziell CDU-affine Wählergruppe durch ihr Vorhaben vor den Kopf stoßen darf.
17. März 2022
FDP widerspricht den eigenen Prinzipien
Brief des DSD-Vorstands an die FDP-Fraktion im Düsseldorfer Landtag
In seiner MedienINFO 26 hat Stephen Paul, Sprecher für Heimat, Bauen, Wohnen und Stadtentwicklung der FDP-Landtagsfraktion im Düsseldorfer Landtag, die Haltung der Liberalen in Nordrhein-Westfalen zum Regierungsentwurf eines neuen Denkmalschutzgesetzes zusammengetragen. Seinen Thesen hat heute Dr. Steffen Skudelny, Vorstand der Deutschen Stiftung Denkmalschutz (DSD), in einem Brief sachlich widersprochen, dabei die Effizienz der Absichten in Frage gestellt und die FDP an die ureigenen liberalen Prinzipien erinnert.
Das eingebrachte Denkmalschutzgesetz in seiner vorgelegten Form ist weder – wie behauptet – eine „gute“ Nachricht für die Eigentümer noch für die Kommunen. Eine frühzeitige, verlässliche und unabhängige fachliche Beratung der meist privaten Eigentümer von Denkmalen wird gerade durch die Marginalisierung der Landschaftsverbände untergraben, deren Professionalität den guten Ruf der Denkmalpflege in NRW begründet.
Für die Kommunen wurde eine unzureichende personelle Ausstattung bereits durch die von der Regierung selbst in Auftrag gegebene Evaluation festgestellt. Deshalb denkt Ina Scharrenbach als Urheberin des Entwurfs daran, die Kommunen zu ertüchtigen. Doch wie und nach welchen Kriterien das geschehen soll, lässt sie offen. Stattdessen baut sie auf eine zusätzliche Kontrollbürokratie zur Überprüfung der Leistungsfähigkeit der Kommunen. Nicht nur fachlich und personell unzulänglich ausgestattet, sind die kommunalen Ämter weisungsgebunden und somit im Zweifel aufgrund lokaler Drücke gar nicht in der Lage, selbstbewusster Fürsprecher des Denkmals zu sein. Dass auf dieser Grundlage die Ämter wie erwünscht zu einer Verbesserung der Zusammenarbeit aller Beteiligten beitragen, bleibt bloßes Wunschdenken. Die Kommunalverbände haben den Entwurf jüngst ebenfalls heftig kritisiert. Absehbar ist nämlich, dass die zusätzlichen Aufgabenstellungen nicht kostenneutral zu bewerkstelligen sind.
Außer den genannten Schwächen behandelt das Gesetz Verfahren, Zuständigkeiten und Eigentümergruppen uneinheitlich. Die von der FDP geäußerte Hoffnung, „verantwortungsvolle Nutzung denkmalgeschützter Immobilien sei der beste Denkmalschutz“, ist fraglich. Nur ein echtes Gesetz zum Schutz unseres kulturellen Erbes und die unabhängige Fachkompetenz vermögen „besten Denkmalschutz“ zu garantieren. Denkmale sind keine verwertbaren Immobilien, für die sie die FDP-Kommentierung fälschlich hält, sondern Erbstücke unserer Geschichte und in ihrer Authentizität Wissensspeicher für die Zukunft, auf die kommende Generationen Anspruch haben.
Richtig ist andererseits, dass der Leerstand eines Bauwerks für die Eigentümer eine unzumutbare wirtschaftliche Last darstellt. Gerade aus diesem Grund ist eine angemessene fachliche Beratung einmal mehr unverzichtbar. Sie trägt in aller Regel dazu bei, eine sinnvolle und kostengünstige denkmalverträgliche Nutzung zu finden. Deren Umsetzung sowie eine eventuelle wirtschaftliche Mehrbelastung der Denkmaleigentümer ließe sich leicht abfangen durch eine Aufstockung der Förderlage oder die schon häufig geforderte Reduzierung der Umsatzsteuer bei denkmalpflegerischen Arbeiten.
Die Berücksichtigung zukünftiger Herausforderungen, etwa beim Klimaschutz, braucht gleichfalls weit mehr als die Erlaubnis der Installierung von Photovoltaik-Anlagen auf den wenigen Denkmalen im Land NRW. Denn gerade hier - anders als in anderen Bundesländern - liegen immer noch weite Flächen brach. Ein Feigenblattargument also.
All die unausgegorenen Argumente, die letztlich den kurzsichtigen Verbrauch des denkmalgeschützten Baubestandes verschleiern, bringen am Ende auch den Wirtschafts- und Wissenschaftsstandort NRW in Gefahr. Wer soll künftig noch nachfragen nach der fachlichen Qualifikation von Handwerksbetrieben, Restaurierungsateliers, Architektur- und Gutachterbüros sowie der entsprechenden Lehrstühle, wenn deren Grundlage vernichtet wurde? Ein modernes Denkmalschutzgesetz ist sicher denkbar. Doch dass darin die aus den 1930er Jahren stammenden Staatskirchenverträge ausdrücklich Bestandteil eines solchen „modernen“ Gesetzes sein sollen, um neue Kirchenprivilegien zu verbürgen, kann nur erstaunen. Aus den vorgenannten Gründen lässt sich die Behauptung, das Gesetz stärke den Denkmalschutz in NRW, nur als blinde Nibelungentreue zum Koalitionspartner verstehen.
Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz steht als Stiftung privaten Rechts für über 250.000 aktive Förderer, die die Restaurierung, Erhaltung und Pflege von Denkmalen aller Gattungen im gesamten Bundesgebiet selbstlos fördern. Die DSD begleitet ihre Projekte umfassend und hat dadurch Erfahrung mit den Behördenstrukturen in allen Bundesländern und zugleich den vergleichenden Überblick.
14. März 2022
„Wir glauben an eine Zukunft der Kirchen“
Brandbriefe des DSD-Vorstands an die Verantwortlichen beider christlicher Kirchen
Es ist Dr. Steffen Skudelny, Vorstand der Deutschen Stiftung Denkmalschutz (DSD), wichtig, die führenden Vertreter der evangelischen und katholischen Kirchen in Nordrhein-Westfalen direkt zu kontaktieren. Der Versuch der Bauministerin Ina Scharrenbach, das bewährte Denkmalschutzgesetz durch ein neues zu ersetzen, darf die Kirchen nicht ausschließen. Beide Kirchen gehören traditionell zu den bedeutendsten Erinnerungsträgern Europas, kirchliche Gebäude prägen Landschaften und sind nicht bloß Ankerpunkte für Gläubige, sondern Identifikationsorte für alle Bürger, jenseits der Zugehörigkeit zu einer kirchlichen Gemeinschaft. Kirchliche Denkmale repräsentieren wie kaum eine andere Denkmalgruppe europäische Werte, die auch aktuell die Zukunft unserer Gesellschaft definieren. „Wir glauben an eine Zukunft der Kirchen“, konstatiert Skudelny.
Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz konnte unter den von ihr geförderten Denkmalen bislang mehr als 3.000 Kirchenbauten unterstützen. Zusammen mit engagierten Fördervereinen, großzügigen Spendern und leidenschaftlichen Denkmalrettern kann, so die bundesweite Erfahrung der DSD, deren Erhalt und nachhaltige Bewahrung sichergestellt werden. Kirchenbauten verdienen als kostbarer identitätsstiftender Schatz jede mögliche Aufmerksamkeit und Unterstützung.
Da der von der Landesregierung vorgelegte dritte Gesetzentwurf den fatalen Ausschluss der unabhängigen Fachbehörden der Landschaftsverbände bei der Bewertung und Betreuung von kirchlichen Denkmalen vorsieht, befürchtet Skudelny eine Gefährdung des Bestands des kirchlichen Erbes Europas. Die den Kirchen unzeitgemäß gewährte Sonderrolle, die der Gleichheit aller Denkmaleigentümer vor dem Gesetz nicht entspreche, könne von den Kirchen nicht ehrlich gutgeheißen werden.
Das Land Nordrhein-Westfalen, in dem Denkmalschutz Verfassungsrang genießt, hat schwere Verluste an historischer Bausubstanz hinnehmen müssen. Die eindrucksvolle Wiederaufbauleistung und die Bauten der Nachkriegsmoderne prägen heute das Gesicht vieler Städte. Diese Zeugnisse des jungen Bundeslandes zur Disposition zu stellen, um Kirchensteuerausfälle durch Grundstücksverkäufe zu kompensieren, ist nicht hinnehmbar und eine Missachtung der Leistungen der Aufbaugeneration. Skudelny fordert die kirchlichen Verantwortungsträger somit auf, den Gesetzesentwurf nicht zu unterstützen und damit der vom Zeitgeist geprägten Einschätzung von Kirchenbauten als Abriss-Immobilien in 1 A-Lage zu folgen. „Keine finanzielle Notlage rechtfertigt den Abriss eines Denkmals“, so der Stiftungsvorstand. Das gilt umso mehr für unsere Kirchen.
11. März 2022
Hilferuf zum Schutz der nordrhein-westfälischen Denkmale !
Der Vorstand der Deutschen Stiftung Denkmalschutz appelliert an den Ministerpräsidenten
Kurzfassung: Ein Denkmalschutzgesetz in NRW hat Verfassungsrang. Die ihm gebührende zukunftsfähige Ausformulierung braucht Zeit, Gründlichkeit und Überparteilichkeit, wie sie das bestehende Gesetz einst erfahren hat. Dr. Steffen Skudelny, Vorstand der Deutschen Stiftung Denkmalschutz (DSD), wendet sich in einem Schreiben um Hilfe an Ministerpräsident Hendrik Wüst. Mit dem Angebot der konstruktiven Mitarbeit zahlreicher Denkmalfachverbände appelliert er: „Bitte lassen Sie nicht zu, dass das Ansehen Nordrhein-Westfalens als Kultur- und Wissenschaftsstandort durch eine nicht ausgereifte Neufassung des Denkmalschutzgesetzes unwiederbringlichen Schaden erfährt.“
Langfassung: In der aktuellen politischen Situation scheint unser Alltagsgeschäft wenig relevant. Das Leid aller betroffenen Menschen von einem Krieg, der nach vielen Jahrzehnten des Friedens erstmals wieder mitten in Europa tobt, macht alle fassungslos. Darum weiß auch Dr. Steffen Skudelny, Vorstand der Deutschen Stiftung Denkmalschutz (DSD), der sich nun in einem Schreiben an den nordrhein-westfälischen Ministerpräsident Hendrik Wüst gewandt hat.
Doch die Umstände lassen kein Warten zu: Nach dem Willen von Bauministerin Ina Scharrenbach soll das kulturelle Erbe in NRW Anfang April durch einen unausgereiften Gesetzestext weitgehend schutzlos werden. Und das, so Skudelny, wo „die Zerstörung von Baudenkmalen derzeit zu einer neuen Waffe bei der Zerstörung der kulturellen Identität geworden“ ist. Gerade die denkmalgeschützten Bauten in NRW zeugten von den Nachkriegs-Errungenschaften Freiheit, Demokratie und Selbstbestimmung.
Denkmale spielen, so Skudelny, „eine wichtige Rolle bei der Vermittlung uns verbindender, europäischer Werte. Sie verdienen als kostbarer identitätsstiftender Schatz jede mögliche Aufmerksamkeit und unseren vollen Schutz“. Zu Recht habe die Bewahrung des kulturellen Erbes in Nordrhein-Westfalen Verfassungsrang. „Und es ist daher selbstredend, dass wir in Nordrhein-Westfalen, einem Bundesland mit einem Denkmalanteil von gerade noch 1,5 Prozent diese letzten Zeugnisse unserer Geschichte mit größter Sorgfalt behandeln und bewahren.“
Dann wird Skudelny konkreter. Dass das für Denkmalschutz zuständige Ministerium die Veränderungen gegenüber dem bestehenden Gesetz in seinem in dieser Legislaturperiode bereits dritten Gesetzesentwurf so vorlegt, als seien Denkmale Hindernisse, wundere ihn: „Als würden sie relevante gesellschaftliche Belange behindern, als wären Denkmale ein Problem und nicht ein relevanter gesellschaftlicher Wert“. Skudelny beklagt die vorgesehenen „uneinheitlichen Verfahren“, die „ungleiche Behandlung von Denkmaleigentümern“, die „handwerklichen Mängel“ und die „fehlende Debatte“ bei der Neufassung des Denkmalschutzgesetzes. Rücksichtsvoll erklärt er die Unausgegorenheit des Textes freilich mit den zahlreichen Aufgaben, die das Scharrenbach‘sche Ministerium derzeit zu erfüllen habe: „Berücksichtigung der energetischen Gesamtbilanz des Bauwesens auf das Klima, die Bewältigung der Flutschäden … und ganz aktuell die Auswirkung des Ukraine-Konfliktes durch die zu erwartenden Flüchtlingsströme“.
Damit aber ein Gesetz von Verfassungsrang die ihm gebührende zukunftsfähige Gestalt bekomme, brauche seine Ausformulierung, so der Stiftungsvorstand, mehr Zeit, mehr Gründlichkeit und die überparteiliche Überarbeitung, die das bestehende Gesetz einst erfahren habe.
Mit dem Angebot konstruktiver Mitarbeit der zahlreichen Denkmalfachverbände schließt Skudelnys Brief mit dem Appell: „Bitte lassen Sie nicht zu, dass das Ansehen Nordrhein-Westfalens als Kultur- und Wissenschaftsstandort durch eine nicht ausgereifte Neufassung des Denkmalschutzgesetzes unwiederbringlichen Schaden erfährt.“
8. März 2022
Geplantes Denkmalschutzgesetz schützt die NRW-Denkmale nicht mehr
Stellungnahme des DSD-Vorstands eingereicht
Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz (DSD) hat dem Ausschuss für Heimat, Kommunales, Bauen und Wohnen die als Expertin erbetene Stellungnahme zu dem vom Bauministerium geplanten Denkmalschutzgesetz in Nordrhein-Westfalen eingereicht. Das Fazit: Auch der vorgelegte dritte Entwurf für ein neues Denkmalschutzgesetz NRW erfüllt die selbst gesetzten Ziele nicht. Durch ihn werden die Denkmale in Nordrhein-Westfalen nicht besser geschützt. „Der Entwurf hat nicht den Reifestatus einer Vorlage im Plenum“, so DSD-Vorstand Dr. Steffen Skudelny. „Es ist ihm anzumerken, dass die fundierte Debatte und Sorgfalt fehlt, die das fraktionsübergreifend erarbeitete Vorgängergesetz auszeichnet.“
Die ureigentliche Aufgabe eines Denkmalschutzgesetzes, der Schutz der Denkmale, braucht in Nordrhein-Westfalen noch größere Sorgfalt. Denn Krieg und unmittelbare Nachkriegszeit haben den Denkmalbestand auf gerade einmal 1,5 Prozent der bestehenden Bausubstanz dezimiert. Diese dürfen nicht weiter einfach bloß verwertet werden. Das aber scheint das Anliegen des neuen Gesetzentwurfs. Der Denkmalschutz wird hier dem Zeitgeist und wirtschaftlichen Aspekten ausgeliefert.
Konkret werden im Gesetzesentwurf die Verfahren nicht vereinfacht, sondern unübersichtlicher. Bürokratie wird auf- statt abgebaut. Die beabsichtigte ungleiche Behandlung von Denkmaleigentümern ist unzeitgemäß und schadet dem Ansehen und der Akzeptanz des Denkmalschutzgedankens in der Bevölkerung. Das Gesetz entspricht weder nationalen noch internationalen Standards einer modernen Denkmalpflege und enthält eine Reihe von handwerklichen Fehlern. Gemeinsam mit vielen anderen Kennern der denkmalpflegerischen Praxis bezweifelt die Deutsche Stiftung Denkmalschutz die Praktikabilität der künftigen Gesetzesregelungen.
Dabei ist originale Substanz nicht ersetzbar, jeder Verlust ist endgültig und bedeutet ein Versagen unserer Zeit gegenüber der Zukunft. Angesichts der Leistungen früherer Generationen, die das ihnen anvertraute Erbe sorgsam bewahrt haben, sollte der knappe Bestand von Denkmalen heute jedem Bürger in Nordrhein-Westfalen alle Unterstützung wert sein.
Die DSD bittet daher die Ausschussmitglieder eindringlich darum: „Geben Sie unserem kulturellen Erbe die Zeit und Aufmerksamkeit, die es als Verfassungsauftrag in NRW verdient. Ermöglichen Sie einen fraktionsübergreifenden Konsens über ein fachlich fundiertes zukunftsfähiges Gesetz zur Erhaltung unseres kulturellen Erbes. Lehnen Sie diesen Entwurf ab!“
Dass die bereits seit dem vergangenen Jahr vorliegenden Stellungnahmen der gesamten engagierten Fachwelt und Wissenschaft in NRW auch im dritten Versuch der zuständigen Ministerin weiter überhört wurden, ist mehr als bedauerlich. Nicht zuletzt die mangelnde Praxiskenntnis der Ministerin, die der Entwurf deutlich macht, ist darüber hinaus erschreckend. Dazu passt, dass Ina Scharrenbach Gesprächsangebote zur Abstimmung eines sorgfältig vorbereiteten Entwurfs jüngst wieder ablehnte.
7. März 2022
Stellungnahme der Deutschen Stiftung Denkmalschutz
zum Entwurf eines neuen Denkmalschutzgesetz Nordrhein-Westfalen (DSchG NRW der Landesregierung, Drucksache 17/16518 vom 08.02.2022, ausgegeben am 11.02.2022)
Sehr geehrte Damen und Herren des Ausschusses,
sehr geehrte Abgeordnete,
hiermit erhalten Sie die Stellungnahme der Deutschen Stiftung Denkmalschutz zum geplanten neuen Denkmalschutzgesetz NRW.
Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz steht als Stiftung privaten Rechts bundesweit für über 250.000 aktive Förderer, die die Restaurierung, Erhaltung und Pflege von Denkmalen aller Gattungen im gesamten Bundesgebiet selbstlos fördern. Ferner ermöglicht es die Stiftung, den Wert des Denkmalschutzes durch umfassende Öffentlichkeitsarbeit und Bewusstseinsbildung für Bürgerinnen und Bürgern verständlich und erlebbar zu machen. Nur so können Menschen zur Mitwirkung bei der Bewahrung des kulturellen Erbes gewonnen werden.
Seit ihrer Gründung vor über 35 Jahren konnte die Deutsche Stiftung Denkmalschutz bundesweit bereits mit mehr als 650 Mio. € zur Rettung von über 6.000 Denkmalen beitragen. Allein in NRW hat die Stiftung rund 60.000 regelmäßige Förderer und 64 ehrenamtlich aktive Ortskuratorinnen und Ortskuratoren an 15 Standorten. In diesem wichtigen Bundesland trägt sie zudem jährlich mit rund 3 Mio. € zur Bewahrung von etwa 50 Denkmalen bei. Zudem betreut sie 39 Stiftungen und Namensfonds, deren regelmäßige Erträge Denkmalen in NRW gewidmet sind.
An den Ausschuss für Heimat, Kommunales, Bauen und Wohnen
-Ausschussassistenz - anhoerung@landtag.nrw.de
Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz begleitet ihre Projekte umfassend und hat dadurch Erfahrung mit den Behördenstrukturen in ganz Deutschland und somit auch in Nordrhein- Westfalen inklusive eines vergleichenden Überblicks.
Im Rahmen ihrer Tätigkeit beobachtet die Stiftung schon seit längerem mit Sorge den zunehmenden Verlust und die starke Veränderung von Denkmalen. Dies ist vielfach begründet durch mangelnde Erfahrung und mangelndes Wissen der Denkmaleigentümer. Weitere Gründe sind Mittelkürzungen, die eine nachlassende Kompetenz der Protagonisten zur Folge haben sowie ein zu schwacher gesetzlicher Schutz bzw. seine mangelnde Anwendung im Bereich unseres kulturellen Erbes. All dies müssen wir konstatieren, obwohl der Bestand an Denkmalen in Deutschland mit ca. 3 Prozent der Bausubstanz im internationalen Vergleich äußerst gering ist, in NRW mit 1,5 Prozent in besonderem Maße.
Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz begrüßt daher, dass die Landesregierung das Thema Denkmalschutz befördern möchte. Dies ist durch die Wiedereinführung von Zuschüssen für Denkmalprojekte erfreulich gelungen.
Mit einem neuen Denkmalschutzgesetz will die Landesregierung bessere Rahmenbedingungen für den Denkmalerhalt schaffen und den Anforderungen an ein modernes und zukunftsorientiertes Denkmalschutzrecht Rechnung tragen. Dieses Ziel haben wir sehr begrüßt.
Leider erfüllt die vorgelegte Neufassung des DSchG bislang die selbst gesteckten Ziele keineswegs.
Die Neufassung des DSchG ist aus Sicht der Deutschen Stiftung Denkmalschutz kontraproduktiv und in der vorgelegten Form eine Gefahr für den Denkmalbestand. Das Gesetz würde - wenn der Entwurf beschlossen würde - zu großem Verlust an Denkmalsubstanz führen.
Daher ist der Entwurf deutlich abzulehnen.
Es ist zu bedauern, dass die Ergebnisse der im Vorfeld vom Ministerium selbst in Auftrag gegebenen wissenschaftlichen Evaluation nahezu keine Berücksichtigung in der Neufassung des Gesetzes fanden.
Es ist ärgerlich, dass die Stellungnahmen aller denkmalfachlichen Institutionen und Persönlichkeiten, die den Denkmalschutz in NRW in erheblichem Maße mit tragen bislang weitgehend ignoriert wurden.
Und es ist beunruhigend, dass die Landesregierung durch unübliche Verfahren versucht, eine demokratische Debatte zu umgehen und eine angemessene Kommunikation zu dem Gesetzesentwurf meidet.
1. Denkmalschutz braucht „Gewaltenteilung“
Gewaltenteilung ist eine der maßgeblichen Säulen der Demokratie. Sie dient dazu, dass unabhängig und fachlich und in der jeweiligen Sache – ohne Weisungsgebundenheit – agiert werden kann. Die „Gewaltenteilung“ im Denkmalschutz in NRW sichern die unabhängigen überregionalen Denkmalfachbehörden in den Landschaftsverbänden ab. Denn mit ihnen müssen die genehmigenden kommunalen Denkmalbehörden sich ins Benehmen setzen. Das ist wichtig, weil die kommunalen Denkmalbehörden fachlich und personell vielfach nicht hinreichend ausgestattet sind und sie zudem als weisungsgebundene Ämter, nicht selten lokalen politischen und wirtschaftlichen Drücken ausgesetzt sind.
Durch die Aufhebung der „Benehmensherstellung“ in § 24 (2) in bewährtem „Vier-Augen-Prinzip“ wird die Verfassungsaufgabe Denkmalschutz in NRW zum politischen Spielball.
2. Gleichheit vor dem Gesetz
Ein verständliches einheitliches Verfahren für alle Denkmalgattungen und Denkmaleigentümer wäre ein relevantes Ziel für ein modernes Denkmalschutzgesetz. Der Gesetzentwurf sieht indessen eine noch stärkere Differenzierung der Verfahren vor – sowohl nach Denkmalgattungen als auch nach Denkmaleigentümern. Es ist nicht nachvollziehbar, warum die Verfahren für Bodendenkmale, Gartendenkmale und Baudenkmale uneinheitlich sein sollen. Dies führt zu Verunsicherung von Denkmaleigentümern, denn in der Praxis ist diese Trennung oft nicht durchführbar. Von einem modernen DSchG wäre zu erwarten, dass diesbezügliche - geringe - Defizite des gültigen Gesetzes ausgeräumt und nicht vertieft würden.
Es ist für uns weder nachvollziehbar noch akzeptabel, dass verschiedene Eigentümergruppen unterschiedliche Rechte und Pflichten erhalten sollen. Insbesondere die erweiterten Privilegien der Kirchen widersprechen unseres Erachtens der Gleichheit vor dem Gesetz. (§26 (3), § 35 (3); § 38 (2-5). Angesichts der großen Verantwortung der Kirchen für einen wichtigen Teil des kulturellen Erbes in Europa wäre gerade dort eine vorbildliche Umsetzung der für alle geltenden Maßstäbe im denkmalgerechten Umgang zu erwarten.
Stattdessen wird mit dem Ausnahmetatbestand den Kirchen in der Praxis der unsachgemäße Umgang mit den Denkmalen in ihrer Verantwortung ermöglicht. Auch die regionalen Unterschiede in der Verantwortungsstruktur werden nicht behoben, sondern fortgeschrieben (§ 22 (2b); § 40).
Die DSD spricht sich ausdrücklich gegen einen Zwei-Klassen-Denkmalschutz und verwirrende Regelungen aus.
3. Gefährdete fachliche Qualität
Unsere Denkmale – und ihre Eigentümer! – verdienen und benötigen die verbindliche fachliche Beratung und Begleitung durch gut aufgestellte Denkmalfachbehörden.
Die Denkmalfachbehörden sind professionell qualifiziert, für alle Denkmalgattungen ausgestattet und im aktuellen Gesetz verbindlich in Entscheidungen einzubeziehen. Die Fachämter bringen einen überregionalen Erfahrungsschatz und ihr wissenschaftliches Netzwerk mit ein.
Eine Übertragung der Prüfung und Genehmigung von Unterschutzstellung, Veränderung und Abriss allein auf die kommunalen Denkmalbehörden kann von diesen – wie bereits die Evaluation des Ministeriums ergeben hat – personell und oft auch fachlich nicht hinreichend ausgestatteten Kommunen nicht ernsthaft in Erwägung gezogen werden. Das sieht selbst die Ministerin ein. Mit zusätzlichem bürokratischem Aufwand soll daher die Befähigung der Ämter regelmäßig geprüft und festgestellt werden, ohne dass Kriterien (wie etwa in der LBO, § 57 (2)) festgelegt werden. Bisherige Äußerungen der Ministerin deuten auf rein numerische Parameter hin. In der nun vorgelegten Fassung sollen – bei Feststellung nicht ausreichender Aufstellung der Kommunen – Entscheidungen über Denkmale doch wieder Benehmen mit den Fachbehörden der Landschaftsverbände erfolgen (§ 24 (3)).
Das geplante Denkmalschutzgesetz baut damit auf einer Grundlage auf, deren Herstellung noch nicht durchdacht oder gar umgesetzt ist und deren Komplexität verkannt wird. Gerade in Anbetracht der Herausforderungen der Zukunft benötigen die Denkmaleigentümer nach unserer täglichen Erfahrung mehr fachliche Unterstützung und Begleitung, nicht weniger, da die Schere zwischen historischen und aktuellen Baukonstruktionen und -materialien immer weiter auseinander geht.
Nur mit Sachkompetenz sind Denkmale nachhaltig und zukunftsfähig zu erhalten.
Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz spricht sich uneingeschränkt für die Beibehaltung der Benehmensherstellung zwischen kommunalen Behörden und der zuständigen Denkmalfachbehörde aus.
4. Verankerung von sachfremden Belangen
Ein Denkmalschutzgesetz muss dem Schutz der Denkmale dienen, nicht der Verankerung von sachfremden Belangen. Berechtigte weitere Belange sind in der Bauordnung angemessen geregelt und dort auch richtig angeordnet. Unserer Erfahrung nach bietet das aktuelle DSchG ausreichend Möglichkeiten zur Berücksichtigung vieler, sich auch wandelnder Belange.
Die Bedrängung des Kulturerbes durch sachfremde und wirtschaftliche Gesichtspunkte würde das Ende vieler Kultureinrichtungen bedeuten!
Wir widersprechen daher ausdrücklich der Notwendigkeit der privilegierenden Nennung einzelner Fremdbelange (§9, (3)) und betonen die guten Lösungsmöglichkeiten mit dem geltenden Gesetz.
4.1. Denkmalschutz versus Nachhaltigkeit und Klimaschutz?
Denkmalschutz ist nachhaltig. Grundlage der Nachhaltigkeitsbewertung eines jeden Bauwerks ist nicht nur die Betriebsenergie sein, sondern die Gesamtbilanz der Herstellungs-, Betriebs- und Entsorgungsaufwände in Relation zur Lebensdauer.
Bereits seit Jahrhunderten werden im Bereich der Denkmale viele zukunftsweisende Lösungen gegen den Klimawandel praktiziert. Dagegen erreichen gut gemeinte, aber unsachgemäße Verfahren zur energetischen Ertüchtigung von Denkmalen vielfach das Gegenteil, da sie die Substanz schädigen und die Lebensdauer verkürzen.
Die energetische Ertüchtigung von Denkmalen erfordert besondere Abwägungen und Konzepte sowie fachlich kompetenter Begleitung. Dies sollte gefördert werden, was einen Ausbau der Denkmalfachbehörden sinnvoll macht, statt sie – wie vorgesehen - zu marginalisieren.
4.2. Denkmalschutz versus Solarenergie?
Es wird der Eindruck vermittelt, dass der Denkmalbestand von 1,5 Prozent des Baubestandes in NRW der passende Hebel zur Lösung der Defizite bei der Nutzung der Solarenergie sei – das ist schlichtweg falsch! Es stehen große Flächen mit deutlich weniger Komplexität zur Verfügung als die der Denkmalbauten mit besonderen optischen und auch technischen Anforderungen. Die Nutzung der gesamten Bausubstanz sowie geeigneter Freiflächen in NRW als Standort für Solarenergie wird bisher bei weitem nicht ausgeschöpft. Dies zeigt auch der Vergleich mit anderen Bundesländern. Für dieses Defizit darf der Denkmalbestand nicht als Feigenblatt dienen!
Die Formulierung des Gesetzes öffnet im Abwägungsprozess unsachgemäßen Lösungen Tür und Tor! Und hemmt durch einseitige Bevorzugung einer Technologie die Weiterentwicklung alternativer, denkmalverträglicher Lösungen.
4.3. Denkmalnutzung
Das im Gesetzentwurf suggerierte Problem des Leerstandes von Denkmalen stellt sich aus unserer Sicht in NRW nicht. Quellen, die bei Denkmalen eine höhere Leerstandsquote belegen als bei Nicht-Denkmalen, sind nicht bekannt. Mit angemessener fachlicher Beratung geling eine sinnvolle, denkmalverträgliche und in weiten Teilen barrierefreie Nutzung in aller Regel sehr gut. Dies belegen die Preisträger des – von der Ministerin leider eingestellten – Rheinisch-Westfälischen Staatspreises für Denkmalpflege ebenso eindrucksvoll wie eine Vielzahl der von unserer Stiftung geförderten Denkmale.
5. Ein modernes Denkmalschutzgesetz
Der Gesetzentwurf erfüllt aus unserer Sicht die Anforderungen an ein modernes Denkmalschutzgesetz nicht. Die zukünftigen Herausforderungen beim Klimaschutz - die weit über Photovoltaik-Anlagen hinaus gehen -, die Vermittlung der jungen Denkmale des jungen
Landes NRW, die frühzeitige Identifizierung zukünftiger Denkmale – diesen wichtigen Zukunftsaufgaben werden die fachlichen Grundlagen entzogen. Die erklärte Ausschaltung einer anspruchsvollen Denkmalpflege wird Auswirkungen auf die Qualität der Forschung und der Wissenschaft und damit auf viele freie Berufe wie Sachverständige, Architekten, Tragwerksplaner, Restauratoren, Bauforscher, und das Handwerk in NRW haben. Wir sehen in dem neuen Gesetz eine große Gefahr für den Wissens- und Wissenschaftsstandort NRW.
Unser Fazit:
➢ Der vorgelegte dritte Entwurf für ein neues Denkmalschutzgesetz NRW erfüllt die selbst gesetzten Ziele nicht: Verfahren werden nicht vereinfacht, sondern unübersichtlicher. Vollzugsmängel werden nicht behoben, sondern manifestiert. Bürokratie wird auf- statt abgebaut. Die Kostenneutralität – zumindest bei den Kommunen – darf angezweifelt werden.
➢ Das Gesetz entspricht weder nationalen noch internationalen Standards einer modernen Denkmalpflege und enthält eine Reihe von handwerklichen Fehlern. Eine fundierte Kenntnis der denkmalpflegerischen Praxis wird vermisst. Es schadet dem Ansehen von NRW. Trotz einiger weniger Verbesserungen gegenüber dem vorherigen Entwurf bleiben viele Fehler. Das insgesamt intransparente Verfahren und die Einbringung des Gesetzes ohne angemessene öffentliche und parlamentarische Diskussion ist unseres Erachtens einem Thema von Verfassungsrang unwürdig.
➢ Das aktuelle Gesetz von 1980 begründete den fachlichen Ruf der Denkmalpflege in diesem Bundesland, das dem Denkmalschutz Verfassungsrang gab. Nun soll Denkmalschutz dem Zeitgeist einer verwertenden Denkmalpflege geopfert werden. Uneinheitliche Verfahren und insbesondere eine ungleiche Behandlung von Denkmaleigentümern werden - neben allen fachlichen Problemen - dem Ansehen und der Akzeptanz des Denkmalschutzgedankens in der Bevölkerung schaden. Ein solcher Paradigmenwechseln von Erhalt zu Verbrauch im Denkmalschutz wird sicher seine Nachfolge in anderen Bundesländern haben. Der Schaden ist nicht absehbar. Originale Substanz ist nicht ersetzbar und kann nicht wiederholt werden. Jeder Verlust ist endgültig und ein Versagen unserer Zeit gegenüber der Zukunft. In Anbetracht der Leistungen früherer Generationen bei der Bewahrung des ihnen anvertrauten Erbes sollte uns der knappe Bestand von Denkmalen jede Unterstützung wert sein.
Unsere dringende Bitte:
Geben Sie unserem kulturellen Erbe die Zeit und Aufmerksamkeit, die es als Verfassungsauftrag in NRW verdient. Ermöglichen Sie einen fraktionsübergreifenden Konsens über ein fachlich fundiertes zukunftsfähiges Gesetz zur Erhaltung unseres kulturellen Erbes. Lehnen Sie diesen Entwurf ab!
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Steffen Skudelny und Lutz Heitmüller
15. Februar 2022
NRWs Denkmale und ihre Hüter in Gefahr
Erneut scharfe Kritik am dritten Entwurf des geplanten Denkmal-NICHT-Schutzgesetzes
Der morgen in einem unverständlich übereilten Verfahren dem Parlament vorgelegte Entwurf eines neuen Denkmalschutz-Gesetzes von NRWs Bauministerin Ina Scharrenbach erntet ungebrochen scharfe Kritik. Das kulturelle Erbe im Land ist durch den neuen Entwurf gefährdet, so das einhellige Urteil der Deutschen Stiftung Denkmalschutz (DSD) und ihrer Partner im Denkmalschutzbündnis, in dem sich eine Vielzahl von Denkmalschutz-Initiativen zusammengeschlossen haben. Sie vertreten Denkmaleigentümer, Denkmalfachleute und bürgerschaftliches Engagement in der Denkmalpflege. Bereits die ersten beiden Versuche der Ministerin ernteten breiten Widerspruch – weit über NRW hinaus. So schlossen sich der DSD-Petition gegen das Denkmal-Nicht-Schutzgesetz weit über 24.000 Bürger an.
Die vielfältigen Kritikpunkte bleiben auch beim jüngsten Text weitgehend unberücksichtigt. „Der Entwurf hat nicht den Reifestatus einer Vorlage im Plenum“, so Dr. Steffen Skudelny, Vorstand der Deutschen Stiftung Denkmalschutz (DSD). „Es ist ihm anzumerken, dass die fundierte Debatte und Sorgfalt fehlt, die das fraktionsübergreifend erarbeitete Vorgängergesetz auszeichnet.“ Die unabhängigen Fachämter der Landschaftsverbände werden marginalisiert. Die Aufnahme sachfremder Belange in das Gesetz lässt zunehmenden Druck auf die wenigen verbliebenen historischen Gebäude in NRW erwarten, eine fachkundig geprägte Denkmalpflege weicht einer reinen Ökonomisierung.
Dass die Stellungnahmen der gesamten engagierten Fachwelt und Wissenschaft in NRW überhört und nicht in die Debatte integriert wurden, zeige eine große Unwilligkeit der Ministerin zur Debatte, die auch Gesprächsangebote zur Abstimmung eines sorgfältig vorbereiteten Entwurfs aus Zeitgründen ablehnte.
Inhaltlich bleibt es bei verwirrenden und uneinheitlichen Verfahren für Bodendenkmale, Baudenkmale, Gartendenkmale und Kirchen. Es besteht weiterhin eine Ungleichbehandlung von Baudenkmalen in privatem, kommunalem oder kirchlichen Besitz. Nach Ansicht der DSD seien Privilegien für einige Denkmaleigentümer ebenso unangebracht wie Denkmale erster und zweiter Klasse.
Unverständlich bleibt auch Scharrenbachs Einbringung von Fremdinteressen in den Gesetzestext, die in anderen Gesetzen bereits geordnet sind. Für die DSD stellt sich die Frage, was die Ministerin bei all dem wirklich antreibt. „Die Zeiten einer fachkundigen Denkmalpflege sollen wohl einer verwertenden Denkmalpflege weichen“, resümiert DSD-Vorstand Steffen Skudelny. Gleichzeitig bleibt es bei der Marginalisierung der hochkompetenten und unabhängigen Denkmalfachbehörden zugunsten weisungsgebundener kommunaler Ämter. Dadurch geraten nicht nur die Denkmale in NRW in Gefahr, sondern auch deren qualifizierte Hüter – Handwerker, Restauratoren und Bauforscher –, spezialisierte Studiengänge werden infrage gestellt. „Die handfesten Realitäten bei der Bewahrung unserer Kulturlandschaft werden ignoriert und sind der Ministerin scheinbar unbekannt. Wir brauchen mehr Fachleute, nicht weniger!“
Der erst am Freitagnachmittag endlich auch der Öffentlichkeit zugänglich gemachte Entwurf zur Neuregelung des Denkmalschutzes, der in NRW Verfassungsrang hat, soll nun aber doch innerhalb von sieben Wochen ohne große Debatte in den letzten Sitzungstagen im April von der Regierungsmehrheit abgenickt werden. Für die Deutsche Stiftung Denkmalschutz ist dies kein angemessener Umgang mit dem kulturellen Erbe des Landes. Anders als beim Gesetzestext von 1980 scheint ein „großer Wurf“ nicht angestrebt zu sein.
Die Informationen zum Download finden Sie hier
09. Februar 2022
Denkmale in NRW bald ohne Schutz?
Gesetzgebungsverfahren wider die parlamentarischen Gepflogenheiten
Die nordrhein-westfälische Bauministerin Ina Scharrenbach hat heute Mittag einem ausgewählten Kreis der Presse ihren Entwurf eines neuen Denkmalschutzgesetzes vorgestellt. Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz (DSD) zeigte sich über dieses Vorgehen sehr irritiert. Es scheine so, also wolle die Ministerin das Gesetz gegen den vielfachen Rat der Fachwelt im Eilverfahren und ohne öffentliche Debatte durchpeitschen. In einer ersten Stellungnahme kommentierte DSD-Vorstand Dr. Steffen Skudelny umgehend:
„Frau Minister Scharrenbach versucht in den letzten Wochen ihrer Amtszeit den bereits im Vorfeld sehr umstrittenen neuen Gesetzentwurf zum Denkmalschutz in NRW in aller Eile durchzubringen. Wir als Deutsche Stiftung Denkmalschutz haben, wie viele andere Akteure der Fachwelt – vom Arbeitskreis Theorie und Lehre der Denkmalpflege und der Interessengemeinschaft Bauernhaus über das Forum Baukultur OWL und den Rheinischen Verein für Denkmalpflege bis hin zur Vereinigung des Landesdenkmalpfleger und dem Westfälischen Heimatbund – in ihren Stellungnahmen (alle unter www.denkmalschutz-erhalten.nrw), auf die gravierenden Mängel bei dem bisherigen Gesetzesentwürfen hingewiesen. Wir haben die Ministerin um Dialog gebeten, dieses Angebot hat sie leider nicht aufgegriffen.
Tatsächlich scheint sie alles daran zu setzen, ihr neues Denkmalschutzgesetz noch in dieser Legislatur durch das Parlament zu bekommen. Der extrem späte Zeitpunkt der Einbringung, ohne hinreichende Zeit für Debatten und Gespräche im Parlament, in der Öffentlichkeit und mit der Fachwelt widerspricht den Gepflogenheiten. Wir sind über dieses Vorgehen der Ministerin enttäuscht und betroffen und halten es der Bedeutung unseres kulturellen Erbes nicht für angemessen. - Das Vorgehen wirft viele Fragen auf: Warum diese Eile? Warum wird auf die Vorbehalte der Fachwelt nicht eingegangen? Wird hier der Denkmalschutz in NRW geradezu fahrlässig gefährdet? Spielen hier Partikularinteressen eine Rolle? Es geht um das architektonische Erbe unseres Landes, das wir hier gefährdet sehen.
Denkmalschutz ist zu bedeutend, als dass die Neufassung des Denkmalschutzgesetzes in NRW nicht bis zur nächsten Legislaturperiode warten kann. Hier sollte – wie beim aktuell geltenden Denkmalschutzgesetz – möglichst ein parteiübergreifender Konsens erzielt werden. Selbst wenn die Ministerin einen Regierungswechsel befürchten sollte, rechtfertigt dies nicht diese Vorgehensweise. Die Neuordnung des Denkmalschutzes sollte sie nicht im Last-Minute-Verfahren durchgeboxt werden. Sollte ihr das gelingen, können wir nur hoffen, dass die neue Landesregierung nach den Landtagswahlen diesen Fehler korrigieren wird.“
Der am 16. Februar 2022 ins Parlament kommende Regierungsentwurf eines völlig neuen Denkmalschutzgesetzes gefährdet die Denkmale in Nordrhein-Westfalen, so lautet auch weiterhin das Urteil einer Vielzahl von Denkmalschutz-Initiativen (denkmalschutz-erhalten.nrw) . Sie haben sich zu einem Denkmalbündnis zusammengeschlossen, um Denkmaleigentümer, Denkmalfachleute und bürgerschaftliches Engagement in der Denkmalpflege zu vertreten. Bereits im Dezember wurde dem Landtag in Düsseldorf eine Petition der Deutschen Stiftung Denkmalschutz zur Verteidigung unserer Kulturlandschaft überreicht, die über 24.000 Bürger unterzeichnet hatten.
2. Dezember 2021
St. Hedwigs-Kathedrale Berlin im Inneren zerstört
Deutsche Stiftung Denkmalschutz fordert Befugnis zur Verbandsklage
Der denkmalgeschützte Innenraum der Berliner St. Hedwigs-Kathedrale ist zerstört. Das Urheberrechtsverfahren der seinerzeit beteiligten Künstler bzw. deren Rechtsnachfolger vor dem Berliner Landgericht ist beendet. Mit dem am 2. Dezember 2021 veröffentlichten, einstimmig gefassten Beschluss des Senats des übergeordneten Kammergerichts (OLG) wird die Berufung der Künstler gegen das Urteil vom 14. Juli 2020 abgewiesen und ein Rechtsmittel nicht zugelassen. Nach der Ankündigung dieses Beschlusses waren die Kläger gezwungen ihre Berufung zurückzunehmen.
Die Kläger hatten mit ihrer im März 2019 beim Landgericht erhobenen Klage erreichen wollen, dass der 1956-1963 unter der Leitung des westdeutschen Architekten Hans Schwippert entstandene Innenraum der St. Hedwigs-Kathedrale als gemeinschaftlich erstelltes Raumkunstwerk erhalten bleibt. Dessen vollständigen Umbau hatte der Berliner Erzbischof 2016 öffentlich angekündigt. Gegen die zwei Jahre später ergangene denkmalrechtliche Genehmigung erhoben die Künstler bzw. ihre Rechtsnachfolger zunächst vor dem Berliner Verwaltungsgericht Klage. Diese wurde abgewiesen. Während der Dauer beider Verfahren ließ das Erzbischöfliche Ordinariat den denkmalgeschützten Innenraum vollständig zerstören. Einer der bedeutendsten Sakralräume des 20. Jahrhunderts und zugleich eines der raren Monumente der deutschen Einheit ist damit unwiederbringlich verloren.
Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz bedauert die Abweisung der Klagen außerordentlich. In beiden Verfahren hatte sie die Anliegen der Kläger unterstützt. Nach der politisch motivierten denkmalrechtlichen Genehmigung des Umbaus durch die dem Berliner Kultursenator unterstehende Oberste Denkmalschutzbehörde verhinderte das Verwaltungsgericht die Befassung mit dem Bescheid durch Nichtzulassung der Klage. Dieser Bescheid hätte nur noch auf urheberrechtlicher Grundlage durch die Zivilgerichtsbarkeit abgewendet werden können. Der nun ergangene Beschluss lässt die davon ausgehende außerordentliche Tragweite für den Denkmalschutz von Sakralbauten in Deutschland völlig unberücksichtigt.
Die Folgen zeigen sich bereits, fast zeitgleich, an einem weiteren herausragenden Sakraldenkmal, der Kirche der Benediktinerabtei Tholey (Saarland), einem der ältesten Klöster in Deutschland. Die Abtei hatte tiefgreifende Veränderungen am rund 750 Jahre alten Nordportal durchführen lassen, ohne dass das zuständige Landesdenkmalamt um die gesetzlich vorgesehene Genehmigung ersucht worden wäre. In dem daraufhin angestrengten Beschwerdeverfahren bezog der Apostolische Nuntius in Deutschland, der auch in der Causa St. Hedwig engagiert war, eindeutig Stellung. Er wies die Beschwerde unter Hinweis auf das Eigenrecht der katholischen Kirche ab. Der Vorgang lässt deutlich erkennen, dass verfassungsrechtlicher Klärungsbedarf besteht. Diese Möglichkeit wurde jedoch durch den jetzt ergangenen Beschluss verhindert.
Vor diesem Hintergrund fordert die Deutsche Stiftung Denkmalschutz das Recht auf die Befugnis zur Verbandsklage, wie sie anderen Schutzorganisationen bereits offensteht.
Dr. Steffen Skudelny, geschäftsführender Vorstand der Stiftung, formuliert sehr klar: „Wir können nicht zulassen, dass der gesetzlich garantierte Schutz von Denkmalen durch welche Religionsgemeinschaft auch immer mit angeblichen liturgischen Erfordernissen ausgehebelt wird. Das sind wir vor allem den vielen Kirchgemeinden und anderen kirchlichen Behörden schuldig, die in konstruktiver Zusammenarbeit mit staatlichen Behörden den Erhalt wertvoller Sakralbauten sichern.“
Die Informationen zum Download finden Sie hier.
Am 1.12. haben wir die Petition mit sämtlichen bis dahin gesammelten Unterschriften, da waren es bereits über 23.000 Stimmen, vor dem Düsseldorfer Landtag an den Vorsitzenden des Ausschusses für Heimat, Kommunales, Bauen und Wohnen, in dem die Gesetzes-Neufassung nach Einbringung in den Landtag beraten wird, übergeben. Hans-Willi Körfges (MdL, SPD) zeigte sich offen für unser wichtiges Anliegen: „Fachliche Hinweise wie diese sind für uns ganz wichtig. Wir werden als Fachausschuss eine Anhörung der Fachleute durchführen, wenn das Gesetz tatsächlich in dieser Periode kommt.“ Er sieht Denkmalschutz als einen Brückenbauer und dankt allen, die sich für Denkmalschutz engagieren. Lautstark und anschaulich machten wir deutlich, dass eine Vielzahl von Menschen unser kulturelles Erbe nicht für kurzfristige politische und ökonomische Interessen opfern will und die Neufassung überarbeitet werden muss!
1. Dezember 2021
Votum für den Denkmalschutz in NRW
Petition mit über 23.000 Stimmen gegen das geplante „Denkmal-NICHT-Schutzgesetz“ in NRW übergeben
Um 11.00 Uhr am heutigen Mittwoch, den 1. Dezember 2021 übergab vor dem Düsseldorfer Landtag Dr. Steffen Skudelny, Vorstand der Deutschen Stiftung Denkmalschutz (DSD), das bisherige Ergebnis der Online-Petition seiner Stiftung an den Vorsitzenden des Ausschusses für Heimat, Kommunales, Bauen und Wohnen, Hans-Willi Körfges in Stellvertretung des Landtagspräsidenten.
Skudelny resümierte die Schwächen des bisherigen Gesetzesentwurfs und konnte dabei konkret auf tagtägliche Erfahrungen zurückgreifen: „Die Stiftung beobachtet immer wieder Denkmalverluste. Statt an dieser Stelle das vorhandenen Denkmalschutzgesetz zu stärken, zielt der neue Gesetzentwurf auf eine Aufweichung der Regelungen.“ Dabei seien Denkmale in NRW bereits jetzt rar. Körfges dankte im Namen des Ausschusses für Heimat, Kommunales, Bauen und Wohnen für das Engagement um die Denkmalpflege: „Es ist wichtig, dass sich Menschen in Haupt- und Ehrenamt für den Erhalt der Baukultur einsetzen. Dabei sind 23.000 Unterschriften eine beachtliche Anzahl. Sobald dem Ausschuss die Petition zugeleitet wurde, wird dieser sich selbstverständlich damit beschäftigen und Fachleute dazu anhören.“
Beeindruckende 23.000 Stimmen gegen das neue Denkmalschutzgesetz kamen bei der Petition zusammen. Dieses Ergebnis wurde nun in Form von tausenden Puzzleteilen übergeben. Symbolisch riss eine „Paragraphen-Abrissbirne“ eine historische Häuserzeile ein, um die Gefährdung von Denkmalen durch das neue Denkmalschutzgesetz darzustellen. Wie vielstimmig und fundiert der Widerstand gegen den neuen Gesetzesentwurf ist, zeigte eine Auswahl der vielen tausend Kommentare, welche die Petenten online hinterlassen hatten. Sie waren auf Spruchbändern zu lesen.
Zahlreiche Unterstützer der Petition waren bei der Übergabe dabei – selbstverständlich unter Einhaltung der erforderlichen Corona-Maßnahmen: Fachleute, Vertreter von Institutionen, ehrenamtliche sowie hauptamtliche Denkmalpfleger verliehen ihrer Forderung auch persönlich Ausdruck.
Kostenfreies Foto- und Videomaterial ab 15 Uhr downloadbar unter www.magentacloud.de/share/wnvkx6aeca.
Zum Hintergrund:
Ministerin Scharrenbach stellte im Frühjahr 2021 den zweiten Entwurf eines neuen Denkmalschutzgesetzes für NRW vor. Die geplanten Änderungen des Gesetzes hebeln den Schutz unserer Kulturdenkmale aus, reduzieren die fachliche Kompetenz der Denkmalbehörden auf optionale Anhörung, öffnen Einfallstore für wirtschaftliche und politische Interessen, schaffen Sonderrechte für kirchliche Denkmaleigentümer und führen zu verwirrenden unterschiedlichen Verfahren für Bau-, Boden oder Gartendenkmale. Sowohl die Fachwelt als auch NGOs und Einrichtungen der Zivilgesellschaft sowie engagierte Bürgerinnen und Bürger kritisieren den Gesetzesentwurf und veröffentlichten im Rahmen der Verbändeanhörung ihre kritischen Stellungnahmen (denkmalschutz-erhalten.nrw). Alle wollen, dass dieses neue Gesetz gestoppt wird.
Auszug aus der Petition:
„Der Schutz einzigartiger historischer Bauwerke unserer Heimat wird durch die Gesetzesnovelle zum politischen Spielball. Künftig soll eine mögliche Nutzung über Denkmalwert und -erhalt bestimmen, sachfremde Aspekte sollen den Schutz der Denkmale aufweichen. Denkmaleigentümer sollen dabei potenziell zu einer Nutzung des Denkmals verpflichtet werden können. Es steht zu befürchten, dass dieser Nutzungsdruck zu einer ‚Vergewaltigung‘ des Denkmals und zu einer Beschädigung der Interessen der Denkmaleigentümer und der Allgemeinheit führen kann. Die übergeordneten Fachbehörden werden ausgeschaltet und stattdessen mittelbar die lokale Politik zum Entscheidungsträger über die Zukunft oder den Abriss wertvoller Denkmale gemacht. Eine Einflussnahme von wirtschaftlichen oder Sonderinteressen wird hierdurch verstärkt. Viele Formulierungen des Gesetzes sind unklar und lassen Spielräume für eine willkürliche Auslegung in der praktischen Umsetzung zu.”
Auswahl aus den Kommentaren zur Petition im Internet:
„Der Schutz des kulturellen Erbes ist eine der zentralen staatlichen Aufgaben überhaupt und darf nicht aus sachfremden politischen oder ökonomischen Erwägungen heraus unterminiert werden.“
Professor Dr. Jens Niebaum. geschäftsführender Direktor des Instituts für Kunstgeschichte an der Universität Münster
„Es ist nicht sinnvoll, bei der Entscheidung der Frage, was ein Denkmal ist und wie damit umgegangen werden soll, die Fachämter auszuschalten und diese wichtigen Schritte in die Hand der jeweiligen Baubehörden zu legen. Gerade beim Denkmalschutz ist eine hohe Sachkompetenz absolut nötig und die ist in der Verwaltung kleinerer Gemeinden meist nicht vorhanden. Im Interesse unserer Denkmäler im Land muss den Denkmalämtern die Beteiligung erhalten bleiben!“
Professorin Barbara Schock-Werner, frühere Dombaumeisterin des Kölner Doms
„Denkmalschutz braucht eine unabhängige, fachliche Expertise, die sich stark in den Genehmigungsprozess einbringen kann. Denkmalschutz ohne wissenschaftliche Expertise ist ähnlich unsinnig, wie eine Klinik ohne Ärztinnen und Krankenpfleger zu betreiben.“
Professor Dr. Markus Harzenetter
„Der Gesetzentwurf stellt in wesentlichen Punkten eine Verschlechterung des Denkmalschutz-Gesetzes von 1980 dar, das sich im Prinzip bewährt hat.“
Heinz Günther Horn, Professor am Archäologischen Institut Köln
„Dieser Gesetzentwurf wirft Nordrhein-Westfalen um Jahrzehnte zurück.“
Professor Dr. Matthias Wemhoff, Direktor des Museums für Vor- und Frühgeschichte der Staatlichen Museen zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz und Landesarchäologe des Bundeslandes Berlin.
„Dass ausgerechnet in NRW der Schutz nur auf die Objekte ‚aus alter Zeit‘ beschränkt wird, verkennt die Potentiale der Baukultur dieses (stark im Krieg zerstörten) Bundeslandes und öffnet Tore für Beliebigkeit.“
Professor Paul Zalewski
Die Informationen zum Download finden Sie hier.
Am 17.06.2021 startete die Deutsche Stiftung Denkmalschutz eine Online-Petition gegen die geplante Neufassung des Denkmal-NICHT-Schutzgesetzes in NRW. 24.403 Menschen unterstützen diese Petition mit ihrer Stimme. Die Petition wurde am 01.12.2021 öffentlichkeitswirksam übergeben.
18.6.2021
Offener Brief zur Novellierung des Denkmalschutzgesetzes NRW
An Ministerin Ina Scharrenbach, Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung
Sehr geehrte Frau Ministerin,
wir haben es begrüßt, dass im Rahmen der Podiumsdiskussion im WDR 3 Forum am 13. April 2021 zur Novellierung des Denkmalschutz-Gesetzes NRW ein Austausch der Argumente stattfinden konnte. Es scheint jedoch, dass die inzwischen veröffentlichten, durchgängig kritischen Stellungnahmen aller in der Denkmalpflege engagierten Institutionen, Stiftungen, Verbände sowie von Wissenschaft und Forschung (siehe denkmalschutz-erhalten.nrw) auf die Weiterentwicklung der Novelle keinen Einfluss nehmen sollen.
Es ist uns wichtig, nochmals deutlich zu machen, dass die Deutsche Stiftung Denkmalschutz als größte private Initiative für den Erhalt unseres so stark reduzierten baukulturellen Erbes für ihre Aktivitäten in allen Bundesländern auch ein starkes Denkmalschutz-Gesetz braucht. Nur wenn die Bürger Vertrauen in die Wirksamkeit der Gesetzgebung haben, entsteht zusätzliches bürgerschaftliches Engagement.
Das aktuelle Gesetz in NWR hat sich bewährt, wie die von Ihrem Hause in Auftrag gegebene Evaluation deutlich gezeigt hat. Die Notwendigkeit einer umfassenden Novelle in der vorgelegten Form ist in der Diskussion in Köln nicht nachvollziehbar geworden. Lassen Sie mich daher nochmals zusammenfassen, gegen welche wesentlichen Kritikpunkte keine überzeugenden Gegenargumente zu finden sind:
In NRW sind gerade einmal 1,5-2 Prozent des Baubestandes denkmalgeschützt. Der Verlust an baukulturellem Erbe durch Krieg, Stadtplanung, Unwissen und kurzfristige wirtschaftliche Interessen Einzelner ist bereits immens. Dieses von uns heute für die kommende Generation nur verwaltete Erbe ist durch diese Novelle zusätzlich gefährdet.
Daher appellieren wir an Sie, die hohe Kompetenz und das große Engagement vieler Institutionen und Fachleute im Bereich der Denkmalpflege in NRW zu nutzen und Ihre Gesetzesinitiative zum Wohle der Denkmale in einer transparenten Diskussion zu überarbeiten. Durch die Veränderung der Förderpolitik hat das Land einen wichtigen und relevanten Schritt für den Erhalt der Denkmale umgesetzt. Es wäre schade, wenn das veränderte Gesetz in der bestehenden Form einen Rückschritt einleitete.
Wir werden diesen Brief veröffentlichen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Steffen Skudelny, Vorstand Deutsche Stiftung Denkmalschutz
Lutz Heitmüller, Vorstand Deutsche Stiftung Denkmalschutz
Den offenen Brief zum Download finden Sie hier.
8. April 2021
Stellungnahme zur Überarbeitung der Neufassung des Denkmalschutzgesetzes NRW
An Ministerin Ina Scharrenbach, Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung
Sehr geehrte Frau Ministerin Scharrenbach,
wir haben die Überarbeitung der Neufassung des Denkmalschutzgesetzes NRW mit Spannung erwartet und gehofft, dass die von vielen Organisationen bemängelten Schwächen des ersten Entwurfs in der überarbeiteten Version behoben werden. Es geht um den wichtigen und wertvollen Denkmalbestand in NRW, der im Interesse der Allgemeinheit eines besonderen Schutzes bedarf. Doch der vorgelegte Entwurf erreicht nicht die von Ihrem Ministerium vorausgeschickten Ziele und ist entgegen der einführenden Worte alles andere als zukunftsorientiert.
Unsere dringende Empfehlung kann daher nur lauten, die Novellierung des Gesetzes dem z.T. jahrhundertealten und in NRW inzwischen immer rarer werdenden Schutzgut entsprechend noch einmal zu prüfen und eine sorgfältige Abwägung im Hinblick auf angemessene Berücksichtigung historischer Bautechniken, Transparenz, Partizipation und Nachhaltigkeit zu gewährleisten.
Folgende Ziele des Gesetzes halten wir als Deutsche Stiftung Denkmalschutz (DSD) für
denkmalgefährdend:
1. Die Verschiebung des Ziels des Denkmalschutzgesetzes: an erster Stelle stehen nun wissenschaftliche Erforschung und Weitergabe des Wissens. Schutz und Pflege dagegen sind nachrangig und eingeschränkt nach Maßgabe des Gesetzes in Bezug auf Fremdinteressen. Das aktive Hinwirken auf eine Nutzung wird als neues Ziel formuliert. Im Zusammenhang mit der zulässigen Zumutbarkeit und der im Gesetz formulierten Fremdinteressen werden denkmalunverträgliche Nutzungen deutlich erleichtert. Dies kann nicht Ziel eines Denkmalschutzgesetzes sein.
2. Die fachliche Herabsetzung der Landesämter für Denkmalpflege durch den Verzicht auf Benehmensherstellung mit den Unteren Denkmalbehörden (UDB) bei Baudenkmalen mit dem Ziel der Verfahrensbeschleunigung und Durchsetzung von Bauherreninteressen mit dem Ergebnis, dass zukünftig die fachliche Zuständigkeit grundsätzlich in die Hände von Verwaltungskräften gelegt wird, denen es vielfach an ausreichenden zeitlichen
Ressourcen, umfassender denkmalpflegerischer Kompetenz und angemessener Unabhängigkeit mangelt und denen es dann beliebig anheimgestellt ist, die Fachbehörde einzubeziehen.
3. lntransparenz:
4. Zum Thema „zukunftsorientiert":
Als bundesweit fördernde Stiftung werden wir auch in NRW nach wie vor größten Wert auf eine mit den Fachbehörden abgestimmte Vorgehensweise legen. Ohne diese kann eine denkmalverträgliche, wert- und nachhaltige Instandsetzung nicht sichergestellt werden und damit würde eine Förderung, die einen Anspruch auf Mehrwert legt, kaum möglich. Wir haben oft genug erfahren, dass denkmalrechtliche Genehmigungen den fachlich notwendigen Anforderungen nicht ausreichend gerecht werden, da die Fachbehörden schon heute nur
eingeschränkt Einfluss nehmen können. Das führt zu nachteiligen Folgen für den Denkmaleigentümer, der durch die Behebung von fehlerhaften Sanierungen spätere Mehrkosten zu tragen hat, ganz zu schweigen von den Verlusten für die Denkmalsubstanz.
Wir werden mit Interesse und Sorge verfolgen, ob durch das aktuelle Denkmalförderprogramm des Landes der Erhalt des Denkmalbestandes in seiner Eigenart zum Ziel erhoben wird und welche Schwerpunkte dabei gesetzt werden.
Auch wenn es einige positive Änderungen in der Neufassung gibt, halten wir die aufgeführten Mängel neben weiteren für so gravierend, dass wir dringend zu einer weiteren Überarbeitung raten müssen.
Wir werden diesen Brief veröffentlichen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Steffen Skudelny
Vorstand
Lutz Heitmüller
Vorstand
Verteiler: Wissenschaftliche Kommission der DSD, Landschaftsverbände LWL und LVR, Bund
Heimat und Umwelt, Vereinigung der Landesdenkmalpfleger, Deutsches Nationalkomitee für
Denkmalschutz, Verband Deutscher Kunsthistoriker.
Die Stellungnahme zum Download finden Sie hier.
Lesen Sie hier auch unsere Pressemitteilung dazu.
Weitere Stellungnahmen der gemeinsam mit der Deutschen Stiftung Denkmalschutz im Denkmalschutz-Bündnis NRW Engagierten finden Sie unter www.denkmalschutz-erhalten.nrw
22. März 2021
Nürnberger Lorenzkirche muss erhalten bleiben
Einzigartige Raumwirkung lockt Touristenscharen
Vorstand und Wissenschaftliche Kommission der Deutschen Stiftung Denkmalschutz (DSD) begrüßen die Entscheidung des Evangelisch-Lutherischen Dekanats Nürnberg, die vorgelegten Bauplanungen für einen mit 6 Millionen Euro veranschlagten Einbau in die denkmalgeschützte St. Lorenzkirche in Nürnberg zu überdenken. Die Pläne wurden nach ihrer öffentlichen Vorstellung kurz vor Jahresende von Nürnberger Bürgern, Kunsthistorikern, Denkmalpflegern und Architekten heftig kritisiert. Nun heißt es, dass die Pläne überprüft werden sollen.
Geplant war, das Westportal als alltäglichen Besuchereingang zu öffnen und einen monumentalen Einbau im Inneren für Funktions-, Aufenthalts- und Lagerräume zu errichten. Der raumhohe dreigeschossige Einbau aus Beton, Stahl, Aluminium und Glas unter der Orgelempore und in den westlichen drei Seitenschiffsjochen hätte den Raum irreversibel zerstört. Der massive, aus harten Materialien errichtete Neubau hätte Raumklima und Akustik verändert, den Innenraum spürbar verkürzt und die gesamte historische Ausstattung bedrängt. Außerdem hätten die Rückwände der vorgesehenen neuen Räume einige der über 400 Jahre alten Fenster verdeckt. Erscheinungsbild und Raumeindruck eines der herausragenden gotischen Kirchenräume in Deutschland, eines Denkmals von nationaler Bedeutung, wären verloren.
Die Stiftung verweist auf die traditionell vorbildliche denkmalpflegerische Arbeit der Evangelischen Landeskirchen mit ihren Kirchenbauämtern. Die unzweifelhaft notwendige vorgesehene Aktualisierung der technischen und elektrischen Anlagen und die Beseitigung der im Laufe der vergangenen Jahrzehnte hinzugekommenen, im Kirchenraum verteilten Einbauten, Behelfsverschläge und Gebrauchsmöbel soll die Wirkung des durch seine kostbare Ausstattung einzigartigen gotischen Predigtraums noch mehr zur Wirkung kommen lassen. Schon jetzt besuchen durchschnittlich 750.000 Gäste im Jahr die Lorenzkirche, ein Zeichen dafür, dass der Kirchenraum bereits eine immense touristischen Bedeutung hat.
Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz begleitete in den vergangenen dreißig Jahren partnerschaftlich zahlreiche Denkmalprojekte der evangelischen Kirche. Gerade die Rettung kleiner, durch Geldmangel und daraus folgendem Verfall bedrohte Dorfkirchen wurden in großer Zahl gerettet. In der St. Lorenzkirche unterstützt die DSD seit 2005 die aufwendigen, bis heute anhaltenden Instandsetzungsarbeiten, insbesondere die Restaurierung der wertvollen spätgotischen und renaissancezeitlichen Fenster sowie der Joche des Langhauses.
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15. Dezember 2020
Baukulturelles Erbe wird
bei der CO2-Steuer nicht berücksichtigt
Appell an Bundesumweltministerin Svenja Schulze
In einem Brief an Bundesumweltministerin Svenja Schulze bitten führende Organisationen der Denkmalpflege in Deutschland die Ministerin, „die Sondersituation des baukulturellen Erbes in Deutschland zu berücksichtigen und sich für eine gesetzliche Ergänzung einzusetzen, die die Baudenkmäler von der CO2-Abgabe gänzlich ausnimmt”.
In dem Appell, der von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, der Arbeitsgemeinschaft Deutsche Fachwerkstädte, der Deutschen Burgenvereinigung e.V., dem Verein Schlösser und Gärten in Deutschland e.V. und dem Verein Familienbetriebe Land und Forst e.V. unterzeichnet ist, erinnern die vorgenannten Organisationen daran, dass Denkmaleigentümer durch den Erhalt ihrer Denkmale bereits einen hohen Beitrag leisteten an „sehr viel Zeit, Geld und Engagement“, um „die originale Denkmalsubstanz ihrer oft Jahrhunderte alten Baudenkmäler zu erhalten“. Zudem verlange „die Ressource schonenden Eigenschaften unserer wertvollen Baudenkmäler“ bereits „eine entsprechende Ausnahmeregelung“. So fordern die Unterzeichner abschließend, dass der aktive Klimaschutz „auch Lösungen für den dauerhaften Erhalt von Baudenkmälern als Teil der Landeskultur anbieten“ müsse.
Anlass für das Schreiben sind das Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) vom 12.12.2019 sowie das Erste Gesetz zur Änderung des Brennstoffemissionshandelsgesetzes vom 3.11.2020 und die darin enthaltene pauschale Regelung zur CO2-Abgabe auf fossile Brennstoffe. Durch sie werde auch den Bewahrern des baukulturellen Erbes eine zusätzliche CO2-Abgabe abverlangt.
Den Absendern des Schreibens stehen die Eigentümer der rund 660.000 Baudenkmäler in Deutschland vor Augen, denen die „Denkmalschutzgesetze der Länder vorschreiben, weder eine Außendämmung an den historischen Fassaden unserer Baudenkmäler anzubringen, noch erneuerbare Energien mittels Photovoltaik oder Solarthermie auf den Dachflächen zu nutzen”. Sie würden durch die Abgabe bestraft, weil sie sich an geltendes Recht halten müssten. Das beträfe insbesondere die Besitzer von Fachwerkhäusern, Bürgerhäusern und sonstigen Kleinoden unserer vielfältigen Kulturlandschaften.
Gleichzeitig werde „die gute Gesamtenergiebilanz unserer Jahrhunderte alten Häuser außer Acht gelassen”. Hier seien sowohl die Gesamtenergiebilanz wie auch die CO2-Gesamtbilanz von Gebäuden zu bewerten und nicht nur der Energieverbrauch der aktuellen Nutzungsphase. Beispielsweise habe „ein gut gedämmter Neubau bis zum Nutzungsbeginn ein Tausendfaches an Herstellungsenergie mehr verbraucht als eines unserer Baudenkmäler mit Natursteinwänden oder Fachwerk und Holzbalkendecken“.
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Offener Brief 16. November 2020
An den Oberbürgermeister der Stadt Frankfurt, Peter Feldmann, die Kulturdezernentin Dr. Ina Hartwig, den Planungsdezernenten Mike Josef und den Baudezernenten Jan Schneider
Sehr geehrte Damen und Herren,
wir bedauern die Entscheidung der Stadt Frankfurt am Main sehr, ihre architektonisch und geschichtlich bedeutende, in Teilen als Baudenkmal anerkannte Theaterdoppelanlage aus wirtschaftlichen Erwägungen abzureißen und durch einen Neubau zu ersetzen. Damit droht der Verlust eines herausragenden Zeugnisses der Theater- wie auch der Stadtgeschichte, das seit über 100 Jahren als zentrales Foyer der Frankfurter Bürgerschaft dient und durch den Umbau von 1959-63 wie kein zweites öffentliches Gebäude der Kommune für den kulturellen, politischen und gesellschaftlichen Aufbruch der Nachkriegszeit steht.
Beunruhigend ist aber nicht allein der geplante Abbruch des Gebäudes, sondern auch die Art und Weise, wie dieses Vorhaben in der Öffentlichkeit kommuniziert und begründet wird. Dies gilt insbesondere für die Reaktionen kommunaler Vertreterinnen und Vertreter auf das im Mai dieses Jahres vom Landesdenkmalamt veröffentlichte Gutachten, das insbesondere das Foyer des Gebäudes als denkmalwürdig anerkennt. In mehreren Stellungnahmen in der Presse sowie im Rahmen einer Pressekonferenz am 10. Juni hat sich die Kulturdezernentin der Stadt, Frau Dr. Ina Hartwig, in einer Weise zu diesem Gutachten geäußert, die wichtigen Grundsätzen des Denkmalschutzes widerspricht und die wir als Vertreterinnen und Vertreter des Fachs daher nicht unkommentiert stehen lassen können – zumal diese Aussagen und Argumente seither die Debatte über die Zukunft des Gebäudes bestimmen. Auch weil die Kulturdezernentin betont hat, dass für sie „der Denkmalschutz die Referenz sei“, erlauben wir uns, drei Aspekte klarzustellen:
1. Das Theaterfoyer ist als Baudenkmal geschützt!
Auf der Pressekonferenz hob die Kulturdezernentin hervor, dass das gesamte Gebäude nicht unter Denkmalschutz stehe. Diese Aussage war in der Sache richtig, im Kontext aber irreführend. Richtig ist, dass nicht das gesamte Gebäude unter Schutz steht. Irreführend war die Aussage aber, weil anschließend die „Denkmalwürdigkeit“ des Foyers zwar erwähnt wurde, aber angesichts der einzig auf die Neubauvarianten fokussierten Diskussion nur als unverbindliche Empfehlung des Landesdenkmalamts erscheinen musste. Hierzu ist festzustellen: Das Foyer der Theaterdoppelanlage ist als Baudenkmal geschützt, da mit der gutachterlichen Feststellung des Denkmalwerts die rechtliche Unterschutzstellung einhergeht. Eine Eintragung in das Denkmalverzeichnis ist gemäß §11 des hessischen Denkmalschutzgesetzes nicht notwendig. Angesichts der in der öffentlichen Debatte vorherrschenden Verwirrung hinsichtlich der Verbindlichkeit des Denkmalgutachtens und des denkmalrechtlichen Status des Foyers wäre eine Eintragung in das Verzeichnis allerdings wünschenswert, um in diesem Punkt Klarheit zu schaffen.
2. Denkmalschutz bedeutet Substanzschutz!
Die Kulturdezernentin betonte außerdem, dass sie die im Gutachten dargelegte Begründung des Denkmalwertes des Foyers nachvollziehen kann. Sie plädiert daher für eine Übertragung des „ideellen Denkmalwertes“ und des mit der Architektur des Foyers verbundenen „Gedankens der Transparenz“ in einen Neubau. Dieser Argumentation auf Basis der begrifflichen Neuschöpfung des „ideellen Denkmalwertes“ liegt eine falsche Vorstellung von den Aufgaben des Denkmalschutzes zugrunde: Dessen vorrangige Ziele sind immer Erhalt und Pflege der Bausubstanz, denn mit der Substanz sind die Qualitäten und Werte des Denkmals, etwa als geschichtliches Zeugnis, untrennbar verbunden.
3. Das Foyer ist Bestandteil eines historisch vielschichtigen Gebäudekomplexes!
So wenig das Foyer auf ein beliebig aktualisierbares oder übertragbares Bild des Gedankens der Transparenz zu reduzieren ist, so wenig ist es als isoliertes Bauwerk zu betrachten und zu bewerten. Es wurde als Bestandteil eines in mehreren Etappen seit dem späten 19. Jahrhundert entstandenen Baukomplexes konzipiert. Dass dieses Gebäude als Ganzes einem „Puzzle“ gleichen mag, wie in der Pressekonferenz hervorgehoben wurde, ändert nichts an seiner Bedeutung als historisch vielschichtiges Zeugnis der Stadtgeschichte, im Gegenteil. Ebenso wenig mindern die kleineren Umbauten des Foyers, das nicht mehr exakt im „Zustand von 1963“ erhalten ist, dessen Denkmalwürdigkeit – schließlich verringert es ja auch nicht den Denkmalwert des Römers, dass er einem „Puzzle“ gleicht und nicht mehr im Zustand von 1408 erhalten ist. Darüber hinaus ist es nicht nachvollziehbar, weshalb die in der Theaterdoppelanlage umfangreich erhaltenen Teile des 1899-1902 nach Plänen von Heinrich Seeling errichteten, anspruchsvoll gestalteten Schauspielhauses bei der Debatte über den Denkmalschutz bisher ebenso wenig berücksichtigt wurden wie die ab 1949 errichtete Drehbühne der Oper, damals die größte ihrer Art in Europa. Auch diese Bauteile hat das Gutachten hinsichtlich ihres Denkmalwerts gewürdigt.
Wir fordern daher die Stadt Frankfurt auf, sich öffentlich zur Unterschutzstellung des Theaterfoyers und zum Erhalt der geschützten Bausubstanz dieses Kulturdenkmals als Grundlage weiterer Sanierungs- und Umbauplanungen zu bekennen. Die durchgeführten umfangreichen Untersuchungen lassen nicht erkennen, dass es andere überwiegende öffentliche Belange gibt, sei es der Kosten oder der Nutzbarkeit, die einem Erhalt entgegenstehen. Der massive Sanierungs- und Erneuerungsbedarf betrifft überwiegend den nicht denkmalgeschützten Backstage-Bereich der Anlage. Es ist nicht nachvollziehbar, dass in Frankfurt nicht möglich sein soll, was an vielen Orten im In- und Ausland in den letzten Jahren und Jahrzehnten praktiziert worden ist: die Sanierung und Erneuerung von Theaterkomplexen – auch mit Teilneubauten – unter Beibehaltung der denkmalgeschützten Gebäudeteile. Denkmalschutz ist keineswegs gleichbedeutend mit Stillstand oder Rückwärtsgewandtheit, sondern lässt sich mit konzeptueller Innovation und Transformation der Gesamtanlage verbinden. Sicherlich benötigt Frankfurt heute einen anderen Spielbetrieb als vor 60 Jahren, aber leider fehlt in der Frankfurter Debatte bisher das Verständnis und die Fantasie für die Möglichkeiten, die ein Weiterbauen mit dem Bestand ermöglicht.
Die Stadt Frankfurt hält mit Recht ihre Bedeutung als herausragendes Zentrum moderner Architektur seit den 1920er Jahren hoch und möchte dieser mit einem Welterbeantrag Ausdruck verleihen. Es ist jedoch nicht einsichtig, dass die Stadt einerseits für ihre Siedlungen der 20er Jahre einen Welterbestatus beantragt, andererseits aber wichtige Baudenkmäler der Moderne opfert. Ein Erbe von Weltrang zu besitzen ist das eine, sich als Hüterin dieses Erbes als würdig zu erweisen ist das andere. Wir hoffen sehr, dass Frankfurt diese große Chance nicht verspielt.
Diesen Brief zeichnen:
für die Deutsche Stiftung Denkmalschutz: Dr. Steffen Skudelny (Vorstand)
für ICOMOS Deutschland – Prof. Dr. Jörg Haspel (Präsident)
für den Verband Deutscher Kunsthistoriker: Dr. Martin Bredenbeck (Vorstandsmitglied für die Berufsgruppe Denkmalpflege)
für docomomo Deutschland: Franz Jaschke und Prof. Dr. Uta Pottgiesser (Vorstand)
für den Arbeitskreis Theorie und Lehre der Denkmalpflege Prof. Dr. Chistian Raabe ( 1. Vorsitzender)
für den Rheinischen Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz: Prof. Dr. Christoph Zöpel(Vorsitzender), Prof. Dr. Matthias Müller (stellv. Vorsitzender)
Den offenen Brief zum Download finden Sie hier.
Frau Ministerin
Ina Scharrenbach
Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung
Jürgensplatz 1
40219 Düsseldorf
Vorab per E-Mail:
ina.scharrenbach@mhkbg.nrw.de
cc: Poststelle@mhkbg.nrw.de
Bonn, den 11. September 2020
Denkmalschutzgesetz NRW / Novellierung: Verfahren und Stellungnahmen
Sehr geehrte Frau Ministerin!
Wir wenden uns an Sie als landes- sowie bundesweite gemeinnützige Institutionen, die sich seit langem erfolgreich für Denkmalschutz und Denkmalpflege einsetzen.
Im Rahmen der Neufassung des Denkmalschutzgesetzes NRW haben wir, wie viele andere Organisationen und Privatleute, Anregungen zum Gesetzesentwurf der Landesregierung eingebracht. Zum Gesetzesentwurf wurden von verschiedenen Seiten erhebliche Bedenken geäußert. Der bevorstehende diesjährige Tag des offenen Denkmals® ist für uns nun Anlass zu einer Nachfrage zum Stand der Dinge.
Wir fragen daher an, wie das Verfahren weiter fortgesetzt wird und welche Zeitplanung in Ihrem Hause sowie in der Landesregierung und im Landtag vorgesehen ist.
Im Sinne eines transparenten Verfahrens bitten wir darum, dass unsere Stellungnahmen von Ihrem Haus öffentlich zugänglich gemacht werden. Außerdem bitten wir um eine Veröffentlichung sämtlicher Stellungnahmen, wobei wir davon ausgehen, dass es seitens der anderen Absender hierzu keine Bedenken gibt. Für unsere weitere Arbeit und das Zusammenwirken mit Ihrem Haus in dieser Sache wäre das eine wesentliche Unterstützung. Ebenfalls im Sinne der Transparenz werden wir diese Nachfrage nach dem Tag des offenen Denkmals® in unseren Netzwerken veröffentlichen.
Wir danken Ihnen im Voraus und verbleiben mit den besten Grüßen.
Unterzeichner:
Für die Deutsche Stiftung Denkmalschutz:
Dr. Steffen Skudelny
Schlegelstr. 1
53113 Bonn
Tel. 0228-9091-100
steffen.skudelny@denkmalschutz.de
Für die Interessengemeinschaft Bauernhaus e. V.:
Hajo Meiborg
Bundesvorsitzender
Interessengemeinschaft Bauernhaus e. V.
Nussbaumer Straße 55
51467 Bergisch Gladbach
Tel. 02202 2510199
buero@igbauernhaus.de
Für den Verband Deutscher Kunsthistoriker:
Prof. Dr. Kilian Heck, Erster Vorsitzender
Haus der Kultur
Weberstr. 59a
53113 Bonn
info@kunsthistoriker.org
Für den Arbeitskreis Theorie und Lehre der Denkmalpflege e.V.:
Prof. Dr. Gerhard Vinken,
1. Vorsitzender
c/o Universität Bamberg – Lehrstuhl für Denkmalpflege / Heritage Sciences
Institut für archäologische Wissenschaften,Denkmalwissenschaften und Kunstgeschichte (IADK)
Am Zwinger 4
96047 Bamberg
gerhard.vinken@uni-bamberg.de
Für den Verband der Restauratoren e. V.:
Robert Wennemer
Sprecher Landesgruppe Nordrhein-Westfalen
Weberstraße 61
53113 Bonn
Tel. 0228 9268970
info@restauratoren.de
Für den Rheinischen Verein e.V.:
Prof. Dr. Christoph Zöpel
Vorsitzender
Dr.-Simons-Straße 2
50679 Köln
sekretariat@rheinischer-verein.de
Für den Westfälischen Heimatbund e.V.:
Dr. Silke Eilers
Geschäftsführerin
Kaiser-Wilhelm-Ring 3
48145 Münster
Tel. 0251 203810-12
silke.eilers@whb.nrw
Für die Deutsche Burgenvereinigung e.V.:
Maximilian Nicolaus Fürst zu Bentheim-Tecklenburg
Präsident
Marksburg
56338 Braubach
Tel.: 02627/536
info@deutsche-burgen.org
Für die Deutsche Burgenvereinigung e.V.
Landesgruppe Rheinland, Vorstand:
Christian Vonderreck
Detmar Westhoff
Wildenbruchstraße 23
40545 Düsseldorf
Telefon: 0211 / 875 42 258
vonderreck@deutsche-burgen.org
Die Anfrage zum Download finden Sie hier.
An
Stadtverwaltung und Stadtrat
Bad Neuenahr-Ahrweiler
sowie lokale, regionale und überregionale Presse
10. Juli 2020
Offener Brief:
Kurparkanlagen Bad Neuenahr – Verlust und Neubeginn
Die Neugestaltung der Kuranlagen ist für die Zukunft Bad Neuenahrs von zentraler Bedeutung. Sie wird von uns und unseren Organisationen, die zumeist bundesweit für Baukultur, Denkmalschutz und Denkmalpflege aktiv sind, aufmerksam verfolgt. Dabei gibt der derzeitige Zustand Anlass zu erheblicher Besorgnis. Wer heute den Kurpark betritt, sieht sich anstelle der jetzt vollständig abgerissenen historisch wertvollen Bauten aus der frühen Moderne (Architekt Hermann Weiser, Wettbewerb 1927, Bauzeit 1934-38) einer Brache gegenüber.
Nach der übergangsweisen Nutzung der Fläche für die Landesgartenschau steht erst im Herbst 2022 eine dauerhafte Neubebauung an. Wir plädieren dafür, diese Zeit für eine überzeugende Neuplanung zu nutzen. Angesichts der Stellung von Bad Neuenahr als Kurort von nationaler und internationaler Bedeutung und angesichts der städtebaulichen und kulturhistorischen Bedeutung des Neubaus kann aus unserer Sicht nur ein Architekturwettbewerb, der über die beiden bereits vorliegenden Neubauentwürfe hinausgeht, angemessene Beiträge zu einer Neuordnung und Neubebauung des Geländes liefern. Dabei ist auch die wichtige Wechselbeziehung zwischen der Architektur und den Parkanlagen zu thematisieren. Wir fordern Rat und Verwaltung Bad Neuenahrs dazu auf, diesen Weg zu beschreiten.
Der Wunsch der Stadt, zu einer Revitalisierung und Neugestaltung verschiedener für das städtische und touristische Leben wichtiger Angebote zu kommen, ist aus unserer Sicht nachvollziehbar. Für das Leben der Bürgerinnen und Bürger von Bad Neuenahr wie auch für Gäste, die Bad Neuenahr aus unterschiedlichen Gründen besuchen, ist ein zeitgemäßes Angebot von großer Bedeutung. Dass aber die Kurparkbauten und die ihnen zugrundeliegenden gestalterischen Konzeptionen an entscheidender Stelle überhaupt keine Rolle gespielt haben, ist aus unserer Sicht völlig unverständlich – zumal in Zeiten, in denen denkmalgeschützte Bauten ganz selbstverständlich als ein zentraler Baustein für die organische und identitätsstiftende Weiterentwicklung unserer Städte angesehen und wertgeschätzt werden. Denkmäler sind folglich für die Zukunft unserer Städte unverzichtbar. Der Verweis auf Städte wie Bad Nauheim und Bad Ems und deren sensiblen Umgang mit ihrem Bau-Erbe erscheint daher angebracht.
Die Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler plant auf dem Grund und Boden des abgerissenen Kulturdenkmals einen Neubau, der verschiedene städtische und touristische Funktionen vereinen soll. Der derzeitig diskutierte, insgesamt qualitätvolle Entwurf des Architekturbüros Pilhatsch (Bonn) reflektiert zwar die spezifischen funktionalen Vorgaben für Bibliothek, Konzertsaal und touristische Information, verzichtet jedoch auf die Gesamtschau des Ensembles von Gebäude und Parklandschaft, was offensichtlich von der Stadt nicht beanstandet wird. Die Einheit von Architektur und Parklandschaft bzw. ihre wechselseitige Beziehung aber war die bezwingende Idee der vormaligen Bauten von Herman Weiser und verdient auch in den Neubauten eine Revitalisierung.
Der Verlust der Kuranlagen bleibt aus unserer Sicht in höchstem Maße bedauerlich. Die herausragende und wertvolle Bausubstanz, die aus unserer Sicht im Rahmen einer eklatanten Fehlentscheidung aufgegeben wurde, ist nicht zu ersetzen. Jede Nachfolgebebauung ist die zweitbeste Lösung. Diese sollte es aber auch sein. Daher ist ein geeignet formulierter Wettbewerb, der neben funktionaler und gestalterischer Qualität auch sensiblen Umgang mit der Geschichte und dem städtebaulichen Kontext fordert, aus unserer Sicht der einzige Weg, um langfristig zu einer von allen mitgetragenen Neugestaltung zu kommen. Die Stadt Bad Neuenahr sollte sich dieses Instrument und die national wie international überaus zahlreichen in diesem Bereich profilierten Architekturbüros zu Nutze machen. Der aktuell vorliegende und von der Stadt favorisierte Entwurf des Architekturbüros Pilhatsch (Bonn) soll sich selbstverständlich in diesem offenen und fairen Verfahren zur Diskussion stellen dürfen.
Erneut erklären wir unsere Bereitschaft, an der Neugestaltung der Kurparkliegenschaften mitzuwirken und bieten der Stadt – ungeachtet der vergangenen Auseinandersetzungen um den Erhalt der Bauten von Hermann Weiser – unsere volle Unterstützung an.
Diesen Brief zeichnen:
für den Rheinischen Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz
- Prof. Dr. Matthias Müller, Universität Mainz, Stellv. Vorsitzender
- Dr. Ulrich Stevens, Brühl, Stellv. Landeskonservator a.D., Vorstandsmitglied
- Heiner Eckoldt, Bonn, Vorsitzender des Regionalverbands Bonn/Rhein-Sieg/Ahr
für den Bund Deutscher Architekten Landesverband Rheinland-Pfalz:
- Prof. Marcus Rommel, Stv. Landesvorsitzender
für die Deutsche Stiftung Denkmalschutz
- Dr. Steffen Skudelny, Berlin, Geschäftsführender Vorstand
für ICOMOS Deutschland
- Prof. Dr. Jörg Haspel, Berlin, Präsident
für den Bund Heimat und Umwelt in Deutschland
- Dr. Herlind Gundelach, Berlin, Senatorin a.D., Präsidentin
für Europa Nostra Deutschland
- Alexander Fürst zu Sayn-Wittgenstein-Sayn, Schloss Sayn
für den Verband Deutscher Kunsthistoriker
- Prof. Dr. Kilian Heck, Greifswald, 1. Vorsitzender
- Dr. Martin Bredenbeck, Koblenz, Vorstandsmitglied für den Bereich Denkmalpflege
für die Deutsche Gesellschaft für Gartenkunst und Landschaftskultur (DGGL)
- Dr. Rita Hombach, Köln, Vorsitzende des Landesverbands Rheinland
für den Arbeitskreis Historische Gärten in der DGGL
- Heino Grunert, Hamburg, Stellv. Vorsitzender
für die Denkmalpflege an den Hochschulen
- Prof. Dr. Andreas Denk, Technische Hochschule Köln
- Prof. Dr. Hans-Rudolf Meier, Bauhaus-Universität Weimar
aus dem Lenkungskreis „Bauhaus 100 im Westen“ als Vertreter des Rheinlands
- Prof. Dr. Thomas Schleper, Köln
für das Institut „Moderne im Rheinland“ an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
- Prof. Dr. Gertrude Cepl-Kaufmann
- Dr. Jasmin Grande
Den offenen Brief zum Download finden Sie hier
Der Bundesrat hat auf seiner Sitzung vom 8. November das Grundsteuer-reformgesetz beschlossen. Darin enthalten ist erstmalig eine zehnprozentige Ermäßigung für private Denkmaleigentümer. Denkmale in privatem Besitz, vom Fachwerkhaus bis zur Burg, prägen die Kulturlandschaften und schaffen Identität und Verbundenheit. Aus Anlass der Grundsteuerreform hatten sich sechs bundesweit aktive Denkmalorganisationen zu einem Denkmalbündnis zusammengeschlossen, um eine Schlechterstellung historischer Bauten gegenüber der bisherigen Gesetzeslage des Grundsteuer- und Bewertungs-rechts zu verhindern. Das Denkmalbündnis dankt allen Bundestagsabgeord-neten und dem Bundesrat für die gute Lösung, die auch ein wichtiges Signal für die Wertschätzung des Engagements privater Denkmaleigentümer in Deutschland darstellt, die auch im Sinne des Gemeinwohls Kulturdenkmale und ein Stück Heimat erhalten. „Mit dem Steuernachlass werden die Leistungen von über 500.000 privaten Denkmaleigentümern beim Erhalt unserer Kulturdenkmale zumindest gewürdigt“, so Dr. Steffen Skudelny, Vorstand der Deutschen Stiftung Denkmalschutz. „Durch die gesetzliche Erhaltungspflicht, das Veränderungsverbot und Nutzungseinschränkung sind private Denkmaleigentümer besonders belastet, wie wir als private Stiftung bei den von uns geförderten Objekten immer wieder feststellen.“
Unangetastet bleibt im neuen Gesetz die Möglichkeit für unwirtschaftliche Baudenkmäler eine Befreiung von der Grundsteuer zu beantragen.
Zum Denkmalbündnis gehören neben der Deutschen Stiftung Denkmalschutz der Verein Schlösser und Gärten in Deutschland, die Interessengemeinschaft Bauernhaus, der Bund Heimat und Umwelt in Deutschland, die Deutsche Burgenvereinigung und der Bundesverband der Familienbetriebe Land und Forst.
Im Rahmen des geplanten Gesetzentwurfes zur Grundsteuerreform darf es nicht zu einer höheren Belastung für private Denkmaleigentümer kommen. Davor warnen in einem gemeinsamen Appell sechs große Denkmalpflegeinitiativen in einem Brief an Finanzminister Olaf Scholz. Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz, der Verein Schlösser und Gärten in Deutschland, die Deutsche Burgenvereinigung, der Bundesverband der Familienbetriebe Land und Forst, die Interessengemeinschaft Bauernhaus und der Bund Heimat und Umwelt in Deutschland fordern die Beibehaltung eines allgemeinen Denkmalabschlags bei der Grundsteuerveranlagung. Die sechs bundesweit aktiven Organisationen vertreten private Denkmaleigentümer und die Interessen von engagierten Bürgern im Denkmalschutz. Historische Baudenkmale prägen lebens- und liebenswerte Städte und Gemeinden und gestalten die vielfältigen Kulturlandschaften in Deutschland. Sie dürften bei der zukünftigen Grundsteuererhebung daher nicht wie normale Häuser des Baujahrs 1948 bewertet werden. Die bisherigen Ermäßigungen, die aufgrund der den historischen Bauten innewohnenden Faktoren wie Bauschäden, wirtschaftlicher Überalterung sowie erhöhter Unterhaltungs-, Erhaltungs- und Sanierungsaufwand gelten, dürften im neuen Gesetz nicht gestrichen werden. Private Denkmaleigentümer leisten mit der Erhaltung ihrer Denkmale einen wesentlichen Beitrag zur Erhaltung lebendiger Geschichte, der Schaffung von Identität und Heimat sowie als sekundärem Standortfaktor auch maßgebliche wirtschaftliche Werte. Die Eigentümer nehmen aufgrund der Erhaltungspflicht und dem Veränderungsverbot ihrer Denkmale sowie den Nutzungseinschränkungen und hohen Unterhaltungskosten bereits erhebliche Lasten auf sich. Die öffentliche Hand dürfe als Steuergläubiger nicht noch quasi zum Nutznießer der durchweg unwirtschaftlichen Übergrößen bei Baudenkmälern werden. Laut Schätzungen des statistischen Bundesamts werden von den rund 750.000 Baudenkmälern in Deutschland ca. 65-80 Prozent des baulichen Kulturerbes von privater Hand bewahrt und gepflegt.
Die Besonderheiten bei Denkmälern und die speziellen Belastungen der rund 4 Prozent unter Denkmalschutz stehenden Immobilien müssten auch weiterhin eine angemessene Berücksichtigung sowohl beim Ertragswert- wie auch beim Sachwertverfahren finden. Die Sondersituation bei Baudenkmälern scheint den Unterzeichnern des Schreibens an Finanzminister Scholz bisher leider gänzlich außerhalb der steuerpolitischen Betrachtung geblieben zu sein.
Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz (DSD) unterstützt den Offenen Brief an den Stadtrat und den Bürgermeister der Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler, Guido Orthen, zum Schutz der Bad Neuenahrer Kuranlagen, den am gestrigen Freitag Professor Dr. Matthias Müller für den Rheinischen Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz, Gutachter Professor Dr. Rainer Hempel, Professor Andreas Denk von der TH Köln, Dr. Herlind Gundelach für den Bund Heimat und Umwelt in Deutschland und Dr. Martin Bredenbeck für den Verband Deutscher Kunsthistoriker unterzeichnet haben. Für die DSD firmierte ihr Vorstand, Dr. Steffen Skudelny.
Nach dem Hinweis auf den öffentlichen Appell vom August 2018, in dem führende Organisationen der Denkmalpflege deutschlandweit die Erhaltung und Ertüchtigung der Kuranlagen aus den 1930er Jahren in Bad Neuenahr gefordert und unterstützt hatten, erinnert das Schreiben an das Angebot materieller und ideeller Hilfe seitens der Unterzeichner, das die Deutsche Stiftung Denkmalschutz im April diesen Jahres erneut bekräftigt und mit einem finanziellen Förderungsangebot unterstrichen habe.
Mit Blick auf die kommende Stadtratssitzung am Montag, den 29. April 2019 appellieren die Unterzeichnenden nochmals „im Lichte der kulturellen Bedeutung und der möglichen Lösungen für eine Sanierung“ keinen Abriss zu beschließen. Ein solcher Beschluss wäre umso unverständlicher, als derzeit keine Option für einen Neubau vorliege und damit „der Verlust eines bedeutenden Denkmals der Kulturgeschichte, der Kunstgeschichte und nicht zuletzt der Stadtgeschichte Bad Neuenahrs zugunsten einer ‚grünen Wiese‘“ drohe.
Die Unterzeichner des offenen Briefs erinnern erneut daran, dass der einzig sinnvolle nächste Schritt die Erstellung eines Sanierungsgutachtens sei. Auf dessen Grundlage könne „ein Prozess angestoßen werden, der die Akquise finanzieller Mittel ebenso einschließt wie die konstruktive Vermittlung der Sanierung und Ertüchtigung dieses Kulturerbes an eine breite Öffentlichkeit“.
Schließlich sei mit Blick auf die bevorstehende Landesgartenschau „eine nicht abgeschlossene Sanierung kein Defizit, sondern im Gegenteil ein Zeichen des verantwortungsvollen Umgangs mit dem architektonischen Erbe für die Zukunft der Stadt und der Region“.
Die Ergebnisse des von der Bahn in Auftrag gegebenen Gutachtens sind eindeutig: Die Sanierung und der Erhalt der historischen Gleishalle in Oldenburg ist möglich. Die im Bauausschuss der Stadt präsentierten Untersuchungsergebnisse sind auch für Klaus Büscher, den Leiter des Amtes für Umweltschutz und Bauordnung, ein positives Signal. Die Stadt hatte den Abriss der denkmalgeschützten Gleishalle und einen kostengünstigeren Ersatz durch einfache Gleisdächer oder den Versuch einer Rekonstruktion immer abgelehnt und wurde darin auch durch die Deutsche Stiftung Denkmalschutz (DSD) unterstützt. Sowohl die Zentrale in Bonn als auch das lokale Ortskuratorium der Stiftung unter der Leitung von Dörte Lossin haben sich immer wieder für den Erhalt der Gleishalle stark gemacht. Nun scheint die sachliche Grundlage für eine Entscheidung des Vorstandes der DB Station & Service zur Wiederherstellung der Gleishalle gelegt.
„Für die Deutsche Stiftung Denkmalschutz ist die Gleishalle ein unverzichtbarer Bestandteil des überregional bedeutenden Bahnhofs-Ensembles in Oldenburg“, stellte die Stiftung bereits im April 2016 klar. „Wir begrüßen es außerordentlich, dass nun bei allen notwendigen Maßnahmen eine denkmalgerechte Lösung in Reichweite kommt“, so Stiftungsvorstand Dr. Steffen Skudelny.
Das Ensemble des von 1911 bis 1915 in den Formen des Heimat- und Jugendstils errichteten Oldenburger Bahnhofs, dessen Eigentümer die Deutsche Bahn AG ist, steht in seiner Gesamtheit unter Denkmalschutz. Während das Empfangsgebäude noch vor zehn Jahren denkmalgerecht instandgesetzt wurde, geriet die verglaste Stahlkonstruktion, die Reisende auf den Bahnsteigen vor dem Wetter schützt, in Vergessenheit und verfiel immer weiter und sollte dann aus Kostengründen durch standardisierte Einzelüberdachungen ersetzt werden.
Die Denkmalbehörden, der Stadtrat Oldenburg, die Oldenburgische Landschaft sowie der Architekten- und Ingenieurs-Verein Oldenburg (AIV) und der Bund Deutscher Architekten (BDA) haben sich gemeinsam mit der Deutschen Stiftung Denkmalschutz für den Erhalt des Denkmals eingesetzt.
Noch bei einem Gespräch am 15. Oktober 2018 mit Vertretern von RWE warb der Vorstand der Deutschen Stiftung Denkmalschutz für ein Überdenken der Pläne zum Abriss der Immerather Turmmühle aus dem 17. Jahrhundert. Es wurde in den Raum gestellt, ob die eng an der Abrisskante für den Braunkohle-Tagebau Garzweiler II stehende Mühle nicht durch eine leichte Begradigung dieser Grenze zu retten gewesen wäre. Zum Zeitpunkt des Gesprächs war von einem unmittelbar bevorstehenden Abriss keine Rede. Umso größer die Bestürzung, dass der Energiekonzern RWE hier offenbar schnell Tatsachen schaffen wollte. Der Abriss des denkmalgeschützten Bauwerks erfolgte nur wenige Tage später, vollkommen unerwartet, am 18. Oktober.
„Lückenhafter Verlust von Holzschalung und Schindeln, ausgeprägte Verwitterungserscheinungen und Biegebrüche der Konstruktionshölzer, Veralgungen und Bemoosungen sowie Feuchteflecken des Mauerwerks mit stark durchfeuchtetem Putz." So las sich die Schadensbeschreibung der Immerather Mühle, die der Vorstand unserer Stiftung im Anschluss vom Energiekonzern RWE erhielt.
Seit dem Verkauf der denkmalgeschützten Mühle durch die Gemeinde Immerath an den Konzern warnte insbesondere die Initiative Kreativ gegen Kohle vor schnellem Aktivismus. Misstrauisch macht es, dass neben den Zwängen der Kantensicherung des Grubenbereichs von den Vertretern von RWE plötzlich auch Argumente wie der jahrzehntelange Leerstand und das Schadensgutachten des Sachverständigenbüros INEC Aachen herangezogen wurden. Dies wirkt geradezu zynisch: Die Schäden und der unterbliebene Bauunterhalt sind Folgen des vor Jahren genehmigten Abrisses und werden nun als Mit-Ursache umgedeutet. Zudem ist diese Darstellung auch sachlich nicht nachvollziehbar.
Vergleichbare Schadensbeschreibungen sind unserer Stiftung aus vielen Anträgen bekannt, und es ist nicht nur möglich, sondern auch üblich, solche Schäden zu heilen. Erfahrene Denkmalpfleger und Architekten wissen damit umzugehen, substanzschonende Restaurierungskonzepte zu erstellen und können nachhaltige Lösungen finden. Auch schwierige Fälle werden so im gemeinsamen Miteinander von Denkmalpflegern, Eigentümern, Handwerkern und Fördermittelgebern gerettet. Fast jedes geförderte Denkmal der Deutschen Stiftung Denkmalschutz (DSD) kann eine solche Geschichte erzählen. Doch oft geht es in öffentlich diskutierten Fällen von gefährdeten Denkmalen wie dem in Immerath nicht um denkmalpflegerische Fragen: Der Zustand des Bauwerks wird vorgeschoben. Es geht um den grundsätzlichen Stellenwert, der der Bewahrung unserer gebauten Umwelt, der Geschichte unserer Heimat und unserer Kulturlandschaften zugestanden wird.
Dass sich der erste Bagger an der Immerather Mühle buchstäblich die Zähne ausbiss und ein zweiter Bagger herangebracht werden musste, zeugt von der hohen Widerstandskraft historischer Bauten. Der kurzfristigen Verzögerung ist es aber insbesondere zu verdanken, dass das traurige Zerstörungswerk durch Bilder des WDR und private Aufnahmen zumindest als mahnendes Geschichtsdokument unserer Epoche erhalten werden konnte.
Die Auseinandersetzung um die drohende Zerstörung des denkmalgeschützten Innenraums der Berliner St. Hedwigs-Kathedrale kommt zur rechtlichen Überprüfung vor Gericht. Finanziell unterstützt von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz (DSD), haben die Künstler, die von 1956 bis 1963 am Wiederaufbau der Kathedrale unter der Leitung von Hans Schwippert beteiligt waren, bzw. deren Rechtsnachfolger Ende August 2018 Klage beim Verwaltungsgericht und beim Landgericht Berlin eingereicht. Sie beantragen die Aufhebung des rechtswidrigen denkmalrechtlichen Bescheids des Bezirksamts Mitte von Berlin und den Schutz des Denkmals.
Das Bezirksamt Mitte als Untere Denkmalbehörde hatte im März 2018 dem Antrag des Erzbistums Berlin auf denkmalrechtliche Genehmigung des geplanten Um- und Neubaus der St. Hedwigs-Kathedrale stattgegeben. Vorausgegangen war der Widerspruch des Berliner Landesdenkmalamts, der durch den Berliner Kultursenator als oberstem Denkmalpfleger des Landes ausgesetzt wurde. Gegen den Bescheid des Bezirksamts wiederum hatten die Künstler bzw. ihre Rechtsnachfolger Widerspruch eingelegt. Sie bezweifeln die Rechtmäßigkeit der denkmalrechtlichen Genehmigung, unter anderem, weil verwaltungs- und verfassungsrechtliche Belange nicht berücksichtigt und denkmal- und urheberrechtliche gänzlich übergangen worden seien. Diesen Widerspruch wies das Bezirksamt als unzulässig ab.
Die St. Hedwigs-Kathedrale mit dem unter der Leitung von Hans Schwippert geschaffenen Innenraum ist ein einzigartiges Gesamtwerk, sowohl als Gemeinschaftsleistung ost- und westdeutscher Künstler in der Zeit des Wiederaufbaus in Deutschland, als auch in liturgie- und kunsthistorischer Hinsicht. Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz setzt sich im Rahmen der geltenden Gesetze für den Erhalt und die Sanierung des originalen Denkmals ein. Die Absicht des Erzbistums Berlin, den denkmalgeschützten Innenraum der Berliner Kathedrale fast vollständig zu zerstören, ist unverständlich. Die Preisgabe des staatlichen Denkmalschutzes wird kaum absehbare Folgen für die Denkmalpflege in Sakralbauten in Deutschland haben. Deshalb unterstützt die Deutsche Stiftung Denkmalschutz die gerichtliche Überprüfung dieses Vorhabens.
Die Menschen in Europa feiern 2018 das Europäische Kulturerbejahr. Unter dem Motto „Entdecken, was uns verbindet“ steht für uns die identitätsstiftende Kraft des gemeinsamen baukulturellen Erbes im Mittelpunkt, darunter die europäische Bäderkultur. 2019 wird mit der 100-Jahr-Feier der Gründung des Staatlichen Bauhauses in Weimar symbolisch an den Beginn der Architektur der bedeutenden klassischen Moderne erinnert, Bauten und Anlagen dieser Zeit werden international gewürdigt.
Die Unterzeichner rufen vor diesem Hintergrund die Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler dazu auf,
Bad Neuenahr besitzt mit seinen Kuranlagen und Kurbauten ein einzigartiges Ensemble, das deutschlandweite und internationale Bedeutunghat. Die in den 1850er Jahren entdeckten Quellen und der sogenannte „Verschönerungsplan“ des königlichen Gartenbaudirektors Peter Joseph Lenné von 1858 bildeten den Ausgangspunkt für die Entwicklung. In einem Zeitraum von über 150 Jahren entstand eine Struktur, an der sich heute alle Zeitschichten und ihre typischen Merkmale ablesen lassen, insbesondere:
Die Elemente der Zeitschichten bis in den 1930er Jahre sind denkmalkonstitutiv und machen die Entwicklung eines Heilbades überaus anschaulich. Die verschiedenen Umbauten der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, als Reaktion auf Veränderungen im Kurbetrieb, in Technik und Ästhetik, könnten bei einer denkmalgerechten Ertüchtigung hingegen zeitgemäß erneuert werden.
Nach den aktuellen Planungen der Stadt Bad Neuenahr ist die Bauphase der 1930er Jahre akut vom Abriss bedroht. Mit dem Verlust dieser von Hermann Weiser, einem Schüler von Peter Behrens, gestalteten Anlagen würde das Ensemble in Neuenahr eine wichtige Zeitschicht verlieren. Deutschlandweit wäre der Verlust eines der sehr seltenen Zeugnisse einer Bäderarchitektur unter dem Einfluss der Klassischen Moderne zu verzeichnen.
Die Unterzeichner zeigen großes Verständnis für die aktuelle Lage der Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler. Hier sehen wir u.a.:
Wir haben jedoch kein Verständnis für die derzeit verfolgte Vorgehensweise der Stadt, die den Eindruck nahelegt, dass das Kulturerbe letzten Endes als Last abgewertet und mit Berufung auf rein technische Umstände sein Abriss favorisiert wird. Stattdessen sollten nach unserer Ansichtunbedingt ergänzende Gutachten zur Sanierungsfähigkeit und die Analyse von bautechnischen Vergleichsbeispielen in Auftrag gegeben und sich um das Einwerben von Zuschüssen des Landes und des Bundes (Denkmalschutzsonderprogramm) sowie um private Sponsoren bemüht werden.
Eine Teilerhaltung der Bauteile von Herman Weiser halten wir für die zweitbeste Alternative; für den Fall eines Abrisses halten wir die Ausschreibung eines Architektenwettbewerbes für angemessen, um dem bedeutenden gestalterischen Kontext eine neue Zeitschicht hinzuzufügen.
Köln, im August 2018
Diesen Appell zeichnen
für den Rheinischen Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz (RVDL)
Prof. Dr. Christoph Zöpel, Staatsminister a.D., Vorsitzender
Prof. Dr. Matthias Müller, Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Stellv. Vorsitzender
Dr. Ulrich Stevens, Hauptkonservator a.D., Vorstandsmitglied
Dipl.-Ing. Heiner Eckoldt, Vorsitzender des Regionalverbands Bonn/Rhein-Sieg/Ahr
für die Denkmalpflege an den Hochschulen
Prof. Dr. Gabi Dolff-Bonekämper, Technische Universität Berlin
Prof. Dr. Andreas Denk, Technische Hochschule Köln
für den Bund Heimat und Umwelt in Deutschland (BHU)
Dr. Herlind Gundelach, Senatorin a.D., Präsidentin
für die Deutsche Gesellschaft für Gartenkunst und Landschaftskultur (DGGL)
Dr. Rita Hombach, Vorsitzende des Landesverbands Rheinland
für ICOMOS Deutschland
Prof. Dr. Jörg Haspel, Präsident
Prof. Dr. Sigrid Brandt, Vorstandsmitglied
Dipl.-Geogr. Volkmar Eidloth
aus dem Lenkungskreis „Bauhaus 100 im Westen“ als Vertreter des Rheinlands
Prof. Dr. Thomas Schleper
für das Institut „Moderne im Rheinland“ an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
Prof. Dr. Gertrude Cepl-Kaufmann
Dr. Jasmin Grande
für die Deutsche Stiftung Denkmalschutz (DSD)
Dr. Steffen Skudelny, Geschäftsführender Vorstand
Dr. Holger Rescher, Abteilungsleitung Denkmalkunde/Verlag
für den Verband Deutscher Kunsthistoriker (VDK)
Prof. Dr. Kilian Heck, Vorsitzender
Dr. Martin Bredenbeck, Vorstandsmitglied für das Berufsfeld Denkmalpflege
für Europa Nostra Deutschland
Alexander Fürst Sayn-Wittgenstein-Sayn, Präsident
für die Lenné-Gesellschaft Bonn
Kajo Kusen, Vorsitzender
Bürger treten für den Erhalt der Berliner St. Hedwigs-Kathedrale ein
Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz (DSD) unterstützt den Widerspruch der Urheberrechte-Inhaber der denkmalgeschützten Ausstattung der Berliner St. Hedwigs-Kathedrale gegen die denkmalrechtliche Genehmigung des geplanten Umbaus des Gotteshauses vom 22. März 2018.
Der Widerspruch der Künstler bzw. ihrer Rechtevertreter richtet sich gegen den denkmalrechtlichen Bescheid der Berliner Senatsverwaltung für Kultur und Europa. Diese hatte am 5. Februar 2018 als Oberste Denkmalbehörde dem Antrag des Erzbistums Berlin auf denkmalrechtliche Genehmigung des geplanten Um- und Neubaus der St. Hedwigs-Kathedrale und des benachbarten Bernhard-Lichtenberg-Hauses stattgegeben. Der denkmalrechtliche Bescheid erging am 22. März 2018. Damit widersprach die Oberste Denkmalbehörde ausdrücklich dem fachlichen Votum des Landesdenkmalamts Berlin. Das Erzbistum Berlin führte für seinen Antrag allgemein liturgische Bedürfnisse an. Gründe für die Notwendigkeit der mit der Baumaßnahme beabsichtigten nahezu vollständigen Entfernung des denkmalgeschützten Innenraums bis auf die nackte Wand wurden nicht genannt. Eine verfassungsrechtlich erforderliche Abwägung zwischen den vom Erzbistum vorgebrachten Interessen und den Belangen des Denkmalschutzes unterblieb.
Die DSD sieht in der Genehmigung ein verheerendes Signal für den Schutz von Sakralgebäuden in Deutschland, wenn mit der Hedwigs-Kathedrale die Ausstattung eines hochbedeutenden kulturhistorischen Bauwerks nicht beispielgebend restauriert werden soll, sondern vielmehr unter Einsatz erheblicher kirchlicher und öffentlicher Mittel, unter Vernachlässigung des Berliner Denkmalrechts und unter Negierung des außerordentlichen Denkmalwerts zerstört werden kann.
Die denkmalrechtliche Genehmigung nimmt die Zerstörung nahezu des gesamten denkmalgeschützten Innenraums der Kathedrale in Kauf. Die Stiftung dagegen setzt sich uneingeschränkt für eine denkmalgerechte, nach eingehender Abwägung mit dem Landesdenkmalamt abgestimmte Instandsetzung und Restaurierung des Kirchengebäudes und der dafür geschaffenen wandfesten und beweglichen Ausstattung ein.
In ihrem Widerspruch stellen die Künstler bzw. deren Rechtevertreter die Rechtmäßigkeit der denkmalrechtlichen Genehmigung grundsätzlich infrage. Weder sei das Berliner Denkmalrecht berücksichtigt noch die verfassungsrechtlich vorgesehene Güterabwägung vorgenommen worden. Zudem verletze die aus ihrer Sicht widerrechtlich ergangene Genehmigung der nahezu vollständigen Zerstörung des Innenraums der Kathedrale ihre Urheberrechte.
Die im Zweiten Weltkrieg ausgebrannte Kirche wurde als Hauptsitz der Katholiken in Berlin von 1957 bis 1963 unter Leitung von Hans Schwippert wiederaufgebaut und in einer einzigartigen Gemeinschaftsleistung ost- und westdeutscher Künstler in herausragender Qualität ausgestattet. Geschaffen in enger Abstimmung mit der zeitgleich auf dem Zweiten Vatikanischen Konzil erarbeiteten Liturgiereform ist der Raum auch liturgiegeschichtlich von einzigartiger Bedeutung. Diese geschichtsträchtige und künstlerisch hochwertige Kulturleistung steht unter Denkmalschutz.
Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz würdigt ausdrücklich die große Leistung und Verantwortung der Kirchen in ihrer Eigenschaft als Eigentümer zahlreicher Denkmale. Die Kirchen und ihre Gläubigen schufen vielfach unter größten Mühen unersetzliche Kulturdenkmale, die unser Land prägen. Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz schätzt diese außerordentliche Kulturleistung der Kirchen und fördert vielerorts den Erhalt dieser Kulturschätze. In diesem Sinne setzt sich die Stiftung auch für die Erhaltung des Innenraums der St. Hedwigs-Kathedrale ein.
Die Stiftung unterstützt das damit verbundene bürgerschaftliche Engagement für einen zentralen historischen Identifikationsort der Katholiken in Berlin. Den Rahmen dafür bildet das Gesetz zum Schutz von Denkmalen in Berlin sowie die Schranken der für alle geltenden Gesetze.
Wissenschaftliche Kommission der DSD erschüttert über Entscheidung zum Umbau der Hedwigskathedrale Berlin
Die Ankündigung des zuständigen Berliner Kultursenators, die sogenannte denkmalrechtliche Genehmigung zum Umbau des denkmalgeschützten Innenraums der St. Hedwigs-Kathedrale auf Antrag des Erzbistums Berlin vorab zu erteilen, versetzt die Deutsche Stiftung Denkmalschutz (DSD) und ihre Wissenschaftliche Kommission in Sorge. Über 50 Jahre nach seiner Entstehung und Nutzung soll nun ein weltweit einzigartiger Sakralraum, der als „herausragende Raumschöpfung der Zeit des Wiederaufbaus nach dem Zweiten Weltkrieg“ gilt, aus angeblichen liturgischen Gründen zerstört werden.
Die aus namhaften Experten aus Denkmalpflege, Architektur und Kunstgeschichte bestehende Kommission befürchtet, dass mit dieser nicht im Einzelnen belegten Begründung nicht nur ein einzigartiges Gesamtkunstwerk und Geschichtszeugnis beseitigt wird, sondern auch ein völlig falsches Zeichen für die denkmalpflegerische Verantwortung der Kirchen gesetzt wird. Wertvolles Kulturgut aus neuen Nutzungserwägungen zur Disposition zu stellen sei nicht akzeptabel, so die Kommission. Es sei ein Dammbruch in der Denkmalpflege zu befürchten, wohingegen bisher die respektvolle Orientierung der Nutzung an den Originalbestand des Denkmals unbestrittene Priorität habe. Hier zeigt sich die Wissenschaftliche Kommission über das mangelnde Gespür der Verantwortlichen im Berliner Erzbistum für ihre Vorbildfunktion zutiefst enttäuscht. Die erhofften nicht unerheblichen öffentlichen Fördermittel müssten dem Erhalt des Denkmals dienen, nicht seiner Zerstörung. Die Kommission verweist auch darauf, dass sich erhebliche Teile der Kirchengemeinde und der Öffentlichkeit bis heute stark mit diesem besonderen Kirchenraum identifizieren.
Auch nach der Liturgiereform des vergangenen Jahrhunderts hätten die Berliner Erzbischöfe die Gottesdienste in der Hedwigs-Kathedrale gefeiert, ohne dabei liturgische Mängel geltend zu machen. Der Innenraum des im Zweiten Weltkrieg ausgebrannten Kirchengebäudes sei zwischen 1958 und 1963 in einer beispiellosen Solidaraktion von Ost und West mit dem Besten, was Deutschland damals zu bieten hatte, entstanden. Der westdeutsche Architekt Hans Schwippert (1899-1973), auf den in Bonn der Umbau des Parlamentsgebäudes des Deutschen Bundestages und des Palais Schaumburg als Bundeskanzleramt zurückgeht, hatte die Pläne dazu in enger Abstimmung mit seinen Auftraggebern im Berliner Bistum ausgearbeitet und mit einem hochkarätigen Team von Bauleuten und Handwerkern verwirklicht. Dabei schufen ost- und westdeutsche Künstler die Ausstattung, deren Werke ansonsten in Museen zu sehen sind.
Zentrale Bestandteile der Gestaltung sind die Confessio der Unterkirche, die über einen offenen Treppenabgang erreichbar ist, und die miteinander über eine Stele verbundenen Altäre von Unter- und Oberkirche. Der ursprünglich barocke Bau erhielt damit eine Zeitschicht, die mit der Einbeziehung der Grablege des Märtyrers und Dompropsts Bernhard Lichtenberg auf die jüngste Geschichte verweist und die die bereits sich abzeichnenden liturgischen Veränderungen des II. Vatikanischen Konzils vorwegnahm.
Das DSD-Gremium erinnert nochmals an die Stellungnahme der Deutschen Stiftung Denkmalschutz vom Juli 2017, um an die historische Vernunft der Verantwortungsträger zu appellieren. „Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz plädiert für die Erhaltung des … Innenraums der St.-Hedwigs-Kathedrale…, in der eine ungewöhnliche Komplexität architektonischer, kunst-, kirchen- und liturgiehistorischer Ideen erreicht wurde.“ Eine besondere Würdigung des Innenraums der Berliner Hedwigskathedrale erfolgte 2016 in der Publikation von Sabine Schulte: Kreis, Kreuz und Kosmos.
Mit großem Bedauern nimmt die Deutsche Stiftung Denkmalschutz (DSD) die Fortführung des Abrisses von Denkmalen im Braunkohletagebau Garzweiler zur Kenntnis. Dass in der Abwägung der öffentlichen Interessen der Denkmalschutz trotz der erfolgten Energiewende und der wachsenden Sensibilität gegen die Umweltverschmutzung durch Kohlekraftwerke sich nicht durchsetzen konnte, ist eine vertane Chance. Auf der Grundlage der gewandelten politischen Rahmenbedingungen hätten sich Vorstand und Wissenschaftliche Kommission der Deutschen Stiftung Denkmalschutz gerade zu Beginn des Europäischen Kulturerbejahres 2018 eine mutige Neubewertung der Notwendigkeit der Zerstörung gewachsener Kulturlandschaften gewünscht. Das auch in diesem Jahr Kultur weiterhin scheinbar selbstverständlich zur Disposition steht, sieht die Stiftung als misslungenen Start in das Kulturerbejahr.
Am 8. Januar fiel der sogenannte Dom von Immerath, ein neoromanischer Bau des Kölner Architekten Erasmus Schüller von 1888-1891, spektakulär dem Abrissbagger zum Opfer. Der denkmalgeschützte Bau steht aber nur beispielhaft für zahlreiche einzigartige Baudenkmale in Deutschland, die immer wieder akut bedroht sind, sobald wirtschaftliche Überlegungen ins Feld geführt werden. Ihre Bedeutung für die Identität und das Heimatgefühl der Menschen in sich über Jahrhunderte entwickelnden Kulturlandschaften und Regionen bedarf dringend einer stärkeren Lobby.
Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz ist die größte private Initiative für Denkmalpflege in Deutschland. Sie setzt sich seit 1985 kreativ, fachlich fundiert und unabhängig für den Erhalt bedrohter Baudenkmale ein. Ihr ganzheitlicher Ansatz ist einzigartig und reicht von der Notfall-Rettung gefährdeter Denkmale, pädagogischen Schul- und Jugendprogrammen bis hin zur bundesweiten Aktion “Tag des offenen Denkmals”. Insgesamt konnte die Deutsche Stiftung Denkmalschutz dank der aktiven Mithilfe und Spenden von über 200.000 Förderern bereits über 5.000 Projekte mit mehr als einer halben Milliarde Euro in ganz Deutschland unterstützen.
Der Innenraum der Kathedrale war 1958–63 im Zuge des Wiederaufbaus des im Zweiten Weltkrieg niedergebrannten Kirchengebäudes entstanden. Der westdeutsche Architekt Hans Schwippert hatte die Pläne dazu in enger Abstimmung mit seinen Auftraggebern im Berliner Bistum ausgearbeitet und mit einem Team von Bauleuten, Handwerkern und Künstlern aus Ost- und Westdeutschland verwirklicht. Zentrale Bestandteile sind eine Confessio in der Unterkirche, die über einen offenen Treppenabgang erreichbar ist, und die miteinander über eine Stele verbundenen Altäre von Unter- und Oberkirche. Der ursprünglich barocke Bau erhielt damit eine Zeitschicht, die auf die jüngste Zeitgeschichte verweist und bereits sich abzeichnende liturgische Veränderungen des II. Vatikanischen Konzils aufgreift. Die Kathedrale steht seit 1976 unter Denkmalschutz.
Im Jahr 2013 hatte das Erzbistum Berlin einen Architekturwettbewerb zur „Neugestaltung des Innenraums und des baulichen Umfelds“ der St.-Hedwigs-Kathedrale Berlin ausgeschrieben. Dem lag ursprünglich der Wunsch einer Renovierung und Restaurierung des Innenraums der Kathedrale und nach Vergrößerung und Erneuerung des Kathedralforums zugrunde. Das im Jahr darauf vorgestellte Ergebnis des Wettbewerbs löste unter Vertretern der katholischen Kirche, Gläubigen, Denkmalpflegern, Kunst- und Kulturwissenschaftlern heftige Diskussionen aus.
Der siegreiche Wettbewerbsentwurf des Büros Sichau & Walter Architekten (Fulda) sowie des Künstlers Leo Zogmayer (Wien) sieht nun eine tiefgreifende „Neugestaltung“ des Raums vor. So soll nicht nur die Confessio geschlossen und der Altar der Oberkirche in die Raummitte verrückt, sondern auch fast die komplette gestaltete Ausstattung bis hin zu den Fenstern entfernt werden. Der Wettbewerbsentwurf wurde durch Erzbischof Heiner Koch am 1. November 2016 in einem Hirtenbrief zur Ausführung bestimmt. Die Kritiker des Projekts sehen in dem Entwurf eine Negierung der zentralen Entwurfsidee Schwipperts und eine Zerstörung der theologisch motivierten Raumschöpfung des Wiederaufbaus; sie verlangen stattdessen eine denkmalverträgliche Restaurierung des Sak-
ralbaus. Das Architektenteam beschreibt seinen Entwurf als „die gleiche Idee, nur in einer anderen Form“ (Peter Sichau 2014).
Das denkmalgeschützte Gebäude befand sich seit dem 18. Jahrhundert im Eigentum der katholischen Gemeinde und ist 2016 vom Erzbistum Berlin übernommen worden. Zwischen dem Land Berlin und dem Heiligen Stuhl gibt es keinen Staatsvertrag. Bereits in der DDR war die Kathedrale als Baudenkmal unter Schutz gestellt. Sie wurde nach dem Fall der Berliner Mauer und der deutschen Einheit nach dem Berliner Denkmalgesetz von 1995 in die Liste der Baudenkmäler des Landes Berlin übernommen. Für jede Veränderung des Gebäudes und seines Innenraums bedarf es daher einer denkmalrechtlichen Genehmigung der zuständigen Denkmalbehörden, die ihre Entscheidungen im Benehmen mit der Kirche und unter Berücksichtigung der gottesdienstlichen Belange treffen.
Dr. Steffen Skudelny
Vorstand
Professor Dr. Gerd Weiß
Vorsitzender der
Wissenschaftlichen Kommission
Oldenburg: Deutsche Stiftung Denkmalschutz fordert den Erhalt des Bahnhofs-Ensembles
Mit Sorge verfolgt die Deutsche Stiftung Denkmalschutz (DSD) zurzeit Pläne, die historische Gleishalle des Oldenburger Bahnhofs abzubrechen.
Dr. Wolfgang Illert, Vorstand der Stiftung, äußert darüber sein Unverständnis: "Für die Deutsche Stiftung Denkmalschutz ist die Gleishalle unbedingter Bestandteil des überregional bedeutenden Bahnhofs-Ensembles. Ein Abbruch des Denkmals würde einen unwiederbringlichen Verlust baukulturellen Erbes bedeuten. Wir unterstützen deshalb den Einsatz der Stadt Oldenburg für den Erhalt der historischen Gleishalle."
Der Oldenburger Bahnhof, 1911–1915 in Formen des Heimat- und Jugendstils errichtet, steht als Ensemble unter Denkmalschutz. Während sein Empfangsgebäude bis 2003 denkmalgerecht instand gesetzt wurde, verfiel die verglaste Stahlkonstruktion, die Reisende auf den Bahnsteigen vor dem Wetter schützt, immer weiter. Aus Kostengründen erwägt die Bahn AG nun, sie durch standardisierte Einzelüberdachungen zu ersetzen.
Nicht hinnehmbar wäre aus Sicht der DSD, Denkmal-Belange dadurch auszublenden, dass ausschließlich Abbruchvarianten diskutiert werden. Illert: "Im Einklang mit den Denkmalbehörden erwarten wir eine Lösung, die eine Sanierung der Gleishalle unter Erhalt der Denkmalsubstanz ermöglicht."
Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz setzt sich seit ihrer Gründung im Jahre 1985 für die Bewahrung des baulichen Erbes in Deutschland ein und fördert seine Erhaltung mit den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln. In Oldenburg sind das zurzeit die Sanierungsmaßnahmen an der klassizistischen Villa Auguststraße, an der Siedlung Breslauer Straße und auf dem Gertrudenkirchof. In den vergangenen Jahren half die DSD, die Stadtkirche St. Lamberti, das Herzogliche Mausoleum und die Villa Griepenkerl zu erhalten. Alle diese Denkmale gehören zu den über 310 Projekten, die die private Denkmalschutzstiftung dank Spenden und Mitteln der GlücksSpirale, der Rentenlotterie von Lotto, bisher allein in Niedersachsen unterstützen konnte.
Planungen Eisenbahnbogen Chemnitz – das Chemnitztal-Viadukt
Sehr geehrter Herr Dr. Grube,
im Sommer 2010 hatte der damalige Vorstandsvorsitzende unserer Stiftung, Herr Professor Kiesow, mit Ihnen ein Gespräch zum Projekt „Stuttgart 21“ geführt. Wir hatten uns vehement für den Erhalt des Seitenflügels des Bonatz-Baus ausgesprochen.
Nun erreichen uns wöchentlich Aufrufe unserer Förderer, sich für den Erhalt des Chemnitztal-Viadukts einzusetzen. Aus unserer Sicht hat dieses Denkmal einen vergleichbaren Stellenwert wie der Bonatz-Bau in Stuttgart.
Dieses Technikdenkmal ist ein weit über die Region hinaus bedeutendes Zeugnis der Industrialisierung und nicht zuletzt der Geschichte des Bahnverkehrs. Aus Sicht der Deutschen Stiftung Denkmalschutz würde ein Abbruch des Denkmals einen unwiederbringlichen Verlust baukulturellen Erbes bedeuten.
Die Stiftung setzt sich für den Erhalt von Denkmalen ein, steht aber auch für den offenen Dialog zwischen allen gesellschaftlichen Akteuren des Bauens und der Denkmalpflege. Gerne möchte ich daher frühzeitig mit Ihnen in einen Meinungsaustausch darüber treten, wie das Projekt Eisenbahnbogen Chemnitz baukulturell tragfähig gemacht werden kann. Über Ihre Zustimmung und Einladung zu einem solchen Gespräch würde ich mich freuen.
In Erwartung Ihrer Antwort mit freundlichen Grüßen
Dr. Wolfgang Illert
Vorstand
Sehr geehrter Herr Erster Bürgermeister Scholz,
die Deutsche Stiftung Denkmalschutz hat sich seit ihrer Gründung im Jahre 1985 zum Ziel gesetzt, das bauliche Erbe unseres Landes aus allen Epochen der Geschichte zu bewahren und seine Rettung und Erhaltung mit den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln zu fördern.
Nach den verheerenden Verlusten im Zweiten Weltkrieg und den gleichermaßen verlustreichen Nachkriegsentwicklungen ist es jetzt dringend geboten, ernsthaft darüber nachzudenken, ob unsere Generation ihren Enkeln ein von echten Geschichtszeugnissen weitgehend bereinigtes Land hinterlassen will.
Die Stiftung verfolgt daher mit Interesse auch die aktuellen Debatten über Abriß oder Erhalt von architekturgeschichtlichen Zeugnissen des 20. Jahrhunderts in Deutschland. Gegenwärtig stehen allerorten die Bauten aus den 1950er und 1960er Jahren auf dem gesellschaftlichen Prüfstand und sind allzuoft in ihrer Existenz akut gefährdet. Dabei ist es in vielen Fällen gerade die Öffentliche Hand, die ihrer von der Gesellschaft erwarteten Vorbildrolle einer Erhaltung dieser Denkmale durch mangelhafte Pflege und unterlassene Bauunterhaltungsmaßnahmen nicht gerecht wird.
Von jeher erfüllen Bauwerke nicht allein praktische Funktionen, sondern sie sind zugleich auch Bedeutungsträger. Durch ihre Einfügung in die Umgebung, die Sprache ihrer Materialien und die Ausdruckskraft ihrer Formen erzählen sie von Wertorientierungen, von Ansprüchen, Tugenden und Untugenden ihrer Gesellschaft. Sie verkörpern stets den Geist der Zeit. Eine Gesellschaft, der Baudenkmale als Dokumente ihrer Geschichte anvertraut sind, hat das Recht, jedoch auch die Pflicht, sie zu erhalten und zu nutzen. Oftmals jedoch droht jegliches Gespür für den Wert dieses kulturellen Erbes der Geschichte verloren zu gehen.
Die in der Deutschen Stiftung Denkmalschutz seit Jahren tätigen Denkmalpfleger, Historiker und Architekten, die aus jahrzehntelanger beruflicher Praxis und wissenschaftlicher Arbeit mit allen Fragen der Erhaltung und Weiterentwicklung des baulichen Erbes vertraut sind, stimmen in der Sorge um die Erhaltung dieser Bauwerke überein. Sie sind sich einig, daß Denkmalpflege sich nicht nur auf die Zeugnisse abgeschlossener Geschichtsepochen beziehen kann, sondern und sogar in zunehmendem Maße auch die Bauten der Nachkriegszeit umfassen muß„ d.h. die Zeugen einer sich nach der Katastrophe des Zweiten Weltkrieges hoffnungsvoll darstellenden jungen demokratischen Gesellschaft.
Hierzu gehört ungeachtet seines derzeitigen Erscheinungsbildes auch der City-Hof in Hamburg, ein von namhaften Architekten, Stadtplanern und Bauhistorikern unisono anerkanntes, wegen seiner architektur- und stadtbaugeschichtlichen Bedeutung herausragendes und daher zu Recht unter Denkmalschutz stehendes Ensemble der Hamburgischen Nachkriegsmoderne und ein sichtbares Zeichen des Aufbauwillens der Hansestadt. Gerade der City-Hof kann als markanter stadträumlicher Abschluß und Beispiel einer Weiterentwicklung des Kontorhausviertels in neuen architektonischen und städtebaulichen Ausdrucksformen am Rande der Hamburger Innenstadt angesehen werden sowie Hamburg's guten Ruf als Zentrum moderner Kontorhausarchitektur des 20. Jahrhunderts festigen.
Die bisher genannten Argumente, die einen Abbruch des City-Hofes wegen vorgeblich städtebaulicher und funktioneller Mängel sowie hoher Reparaturbedürftigkeit fordern, können einer ernsthaften Diskussion nicht standhalten. Nachweislich lassen sich die finanziellen Erwartungen der Stadt erfüllen und künftig z.B. auch neue Wohnungen im erhaltenen und weiterentwickelten Baudenkmal City-Hof realisieren.
Die teilweise öffentlichen und von einem großen Medien-Echo begleiteten Debatten der vergangenen Monate über den City-Hof in Hamburg, die die Gedanken eines zeitgemäßen Denkmalschutzes deutlich formulierten, haben gezeigt, daß am kulturellen Leben der Stadt interessierte Bürger nicht mehr bereit sind, nicht nachvollziehbare Entscheidungen des Senats über das Schicksal von Baudenkmalen der Nachkriegszeit unwidersprochen hinzunehmen insbesondere dann, wenn die Stadt die von ihr mehrfach erklärte neue Planungs- und Diskussionskultur im vorliegenden Fall City-Hof offensichtlich konterkariert.
Die gegen die gültige Rechtskraft des Denkmalschutzes mit der Selbstverpflichtung des Senats zur Denkmalerhaltung geplante Vernichtung des City-Hofes in Hamburg wäre nicht nur ein beschämendes Zeichen einer alle Ressourcen negierenden Unvernunft, sondern in unmittelbarer Nachbarschaft des neuen Hamburger Welterbe-Areals der UNESCO, der Speicherstadt und des Kontorhausviertels, ein erheblicher Ansehensverlust. Sie wäre eine Blamage und ein höchst zweifelhaftes Zeugnis kulturellen Unverständnisses. Auch stünde sie im Widerspruch zum Bekenntnis der Unterzeichnerstaaten der Welterbekonvention zur Erhaltung und Pflege ihres kulturellen Erbes.
Vorstand und Mitglieder der Wissenschaftlichen Kommission der Deutschen Stiftung Denkmalschutz appellieren daher an das gesamtgesellschaftliche Verantwortungsbewußtsein des Hamburger Senats, er möge seine künftigen politischen Entscheidungen grundsätzlich im Bewußtsein der Achtung vor der Leistung seiner Vorgänger treffen. Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz und ihre 190.000 Förderer mit ihrer Spenden- und Verantwortungsbereitschaft können in diesem Zusammenhang nach 30 Jahren erfolgreicher Arbeit für sich in Anspruch nehmen, als inzwischen größte Bürgerinitiative der deutschen Denkmalpflege die Repräsentanz derjenigen Bürger darzustellen, die sich der Erhaltung und Pflege der Denkmale in Deutschland verpflichtet fühlen:
Bitte haben sie, sehr geehrter Herr Bürgermeister, Verständnis daftir, daß die Bedeutung der vom Senat der Hansestadt zu treffenden Entscheidungen rechtfertig, daß die Deutsche Stiftung Denkmalschutz dieses Schreiben als offenen Brief einer interessierten Öffentlichkeit zur Kenntnis bringt.
Dr. Wolfgang Illert
Mitglied des Vorstandes der Deutschen Stiftung Denkmalschutz
Horst v. Bassewitz
Dipl. Ing. Architekt
Vorsitzender der Wissenschaftlichen Kommission der Deutschen Stiftung Denkmalschutz
„Die Pläne der Verbandsgemeinde Loreley sind ein empfindlicher Eingriff in das Welterbegebiet. Windkraftanlagen in den Kern- und Pufferzonen zwischen Koblenz und Bingen ignorieren alle landschafts- und denkmalgeschützten Gesetze.“ Der Vorstand der Deutschen Stiftung Denkmalschutz (DSD), Dr. Wolfgang Illert, macht angesichts der Auftstellung des Flächennutzungsplanes an der Loreley darauf aufmerksam, dass die Welterbestätte Oberes Mittelrheintal als Kulturlandschaft und als wichtige Attraktion für den Fremdenverkehr erheblich gefährdet wäre, sollten die Pläne umgesetzt werden.
Die Pläne der Verbandsgemeinde Loreley sehen vor, im Flächennutzungsplan Sonderflächen für die Nutzung der Windenergie (Windräder) asuzuweisen. Hiergegen hat sich ein Bündnis von Winzern, Gastronomen und Gewerbetreibenden gegründet. Auch haben sich Denkmalschutzorganisationen wie die Deutsche Burgenvereinigung, Europa Nostra Deutschland und der Rheinische Verein für Denkmalschutz gegen das Vorhaben gewandt. Sie alle befürchten, dass Windräder das Landschaftsbild am Mittelrhein zerstören könnten.
Eine Sichtachsenstudie aus Dezember 2013, die vom rheinland-pfälzischen Kultusministerium in Auftrag gebeben worden war, hatte das Konflliktpotentials als „sehr hoch“ eingeschätzt. Ohnehin könnten Windkraftanlagen in der Kern- und Pufferzone des Welterbegebietes nur mit Zustimmung der UNESCO errichtet werden. „Umso unverständlicher sind die aktuellen Planungen der Verbandsgemeinde Loreley. Der Welterbestatus würde aufs Spiel gesetzt“, so Dr. Wolfgang Illert.
Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz erhebt Widerspruch gegen die Pläne der Verbandsgemeinde Loreley im Rahmen des Beteiligungsverfahrens gem. § 3 (2) i.V.m. §4 (2) BauGB. Sie appeliert an die Landesregierung von Rheinland-Pfalz, die Pläne nicht zu genehmigen.
Offener Brief zum Fortbestand der Denkmalbehörde an Oberbürgermeister Siegfried Deinege
In einem offenen Brief wirbt Dr. Wolfgang Illert, Vorstand der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, eindringlich bei Oberbürgermeister Siegfried Deinege für den Fortbestand der städtischen Denkmalbehörde. Gerade angesichts der großen Erfolgsgeschichte der Stadt, die sich in den vergangenen Jahrzehnten beispielhaft für ihren Denkmalbestand eingesetzt habe, beunruhigten die Überlegungen, die Kompetenzen der Unteren Denkmalbehörde, die zu diesem Erfolg wesentlich beigetragen habe, an den Landkreis abzugeben.
„Mit großer Sorge“, so Illert, „verfolgen wir die Planungen der Stadt, die Abteilung der Unteren Denkmalschutzbehörde 2017 an den Landkreis Görlitz abzugeben.“ Die kreisfreie Stadt Görlitz habe „als erste Stadt in Sachsen ihre eigene Denkmalschutzbehörde einrichten“ können und sich danach stets für diese Behörde engagiert. „Die bisher erreichten Erfolge im Denkmalschutz der Stadt Görlitz,“ betont der Denkmalschützer, seien „beispielgebendes Zeugnis dieser Arbeit“.
Illert äußert offen seine Befürchtung, dass mit dem Schritt der Ausgliederung der UDB die Erfolgsgeschichte der Denkmal-Stadt zu Ende gehen werde: „Die personelle Ausstattung auf Kreisebene lässt vermuten, dass eine qualifizierte Betreuung der Baudenkmale in Görlitz nicht annähernd gewährleistet sein kann.“ Schließlich seien auch die Bemühungen, als Weltkulturerbe anerkannt zu werden, durch diesen Schritt gefährdet. „Eine Welterbestadt“, so Illert, „ohne eigene Zuständigkeit für ihre Denkmäler? Kaum vorstellbar.“
Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz hat sich seit 1989 insbesondere durch ihren langjährigen Stiftungsvorsitzenden, den Görlitzer Ehrenbürger Professor Gottfried Kiesow, „intensiv um die ‚schönste Stadt Deutschlands‘ gekümmert.“ Die Stiftung hat allein in der Neiße-Stadt 160 Projekte mit rund 10 Millionen Euro gefördert. Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz hat sich in den vergangenen Jahrzehnten zu der wohl größten privaten Initiative in der Denkmalpflege in Deutschland entwickelt. Nur dank des großen bürgerschaftlichen Vertrauens kann sie ihren wichtigen Beitrag zum Erhalt des kulturellen Erbes und zur Bewusstseinsbildung für die Denkmalpflege leisten.
Berlin droht mit dem geplanten Abriss des Charlottenburger Kant-Garagen-Palastes ein baukulturelles Desaster. Das meisterhaft ausgeführte Bauwerk aus dem Jahr 1930 ist eine der bedeutendsten noch erhaltenen Hochgaragen in Europa und soll nun auf Antrag des Eigentümers abgerissen werden.
Sehr geehrter Herr Pepper, sehr geehrter Herr Senator Müller, sehr geehrter Herr Bezirksstadtrat Schulte,
am 1. August 2013 hat die Öffentlichkeit über Medien vom geplanten Abriss des Kant-GaragenPalastes in Berlin-Charlottenburg erfahren. Wir, die Unterzeichner, appellieren an den Eigentümer und an alle Verantwortlichen, die Kant-Garage zu erhalten. Wir bitten, vorliegende Gutachten zum Erhaltungszustand des Bauwerks und seiner wirtschaftlichen Nutzung öffentlich zugänglich zu machen. Wir bieten unsere Mithilfe an, insbesondere unsere fachliche Expertise und Erfahrung auf dem Gebiet der Denkmalsanierung, um Möglichkeiten der Instandsetzung und wirtschaftlich zumutbaren Denkmalnutzung zu entwickeln. Wir bitten deshalb, ein Moratorium zu gewähren, das die Chance eröffnet, mit Fachleuten, Finanziers und möglichen Nutzern ein gemeinsames Konzept zur Instandsetzung und zum Weiterbetrieb der Hochgarage zu erarbeiten.
Die Gründe für den Erhalt der Kant-Garage als europäisches Kulturerbe sind gewichtig und vielfältig: Das von 1929 bis 1930 errichtete Verkehrsbauwerk ist ein bis heute nahezu unverändert erhaltener Schlüsselbau der europäischen Mobilitätsgeschichte und der neuen Bauaufgabe Hochgarage. Sie ist die einzige bestehende Hochgarage der Weimarer Republik in Berlin und Brandenburg – und mit ihrer doppelgängigen Wendelrampe sowie der gläsernen Vorhangfassade nahezu einzigartig in Europa.
Die Kant-Garage ist darüber hinaus das letzte verbliebene Bauwerk des Architekten Hermann Zweigenthal in Deutschland und das einzige Bauwerk der Bürogemeinschaft mit Richard Paulick. Hermann Zweigenthal wurde 1904 in Wien geboren und verstarb 1968 in den Vereinigten Staaten als Hermann Herrey. Zweigenthal und Paulick studierten an der Technischen Hochschule Berlin bei Hans Poelzig und mussten ebenso wie der Eigentümer der Garage, Louis Serlin, vor den Nationalsozialisten ins Exil fliehen.
Seit 1991 ist die Garage auf der Denkmalliste des Landes Berlin als Baudenkmal der Weimarer Moderne verzeichnet. Der hohe Denkmalwert äußert sich in zahlreichen architekturhistorischen Publikationen sowie wissenschaftlichen Forschungsarbeiten, in denen der Bau dargestellt und gewürdigt wird. Die hohe baukünstlerische Bedeutung der Kant-Garage begründet sich anhand von zwei weltweit anerkannten Kriterien: Zum einen ist das Bauwerk authentisch und weitgehend unversehrt erhalten – und bis heute ungebrochen in seiner ursprünglichen Nutzung in Gebrauch. Zum anderen ist die Hochgarage ein technisch und architektonisch einzigartiges Zeugnis der sozialen Bewegung des »automobilisme« in Deutschland und der Mobilitätsgeschichte des 20. Jahrhunderts. Verkehrsbauten wie diese bilden als Architektur für Automobile eine historische Schicht unserer Städte.
Der nunmehr von der Kantgaragen Grundstücksgesellschaft mbH beantragte Abriss hätte den unwiederbringlichen Verlust eines Bau- und Technik-Denkmals von europäischem Rang zur Folge. Wünschenswert kann nur die denkmalgerechte Reparatur und Erneuerung und damit der Erhalt des Bauwerks mitsamt seiner bauzeitlichen Ausstattung als Garage sein. Die Zerstörung seiner historischen Unversehrtheit – der doppelgängigen Wendelrampe, der Boxen, der großartigen Vorhangfassade und der sachlichen Straßenfront – ist nicht entschuldbar und wäre eine Tragödie.
Allerdings verursacht die denkmalgerechte Erneuerung des Bauwerks erhebliche Kosten, die dem Eigentümer nur im Rahmen des wirtschaftlich Zumutbaren aufgebürdet werden dürfen. Der Eigentümer der Kant-Garage, der sich in der Vergangenheit mehr als einmal alsverantwortungsbewusster Unternehmer um denkmalgerechte Sanierungen verdient gemacht hat, darf nicht allein gelassen werden. Die Familie Pepper zeigte unter anderem mit der Errichtung des Europa-Centers Mut und Verantwortung, und setzte der Inselstadt West-Berlin ein in die Zukunft weisendes Zeichen. Mit dem Erhalt der Kant-Garage würde erneut die verantwortungsvolle Tätigkeit der Familie als Bauherr in Berlin spürbar.
Die Kosten der Erneuerung und die laufenden Instandhaltungskosten für den Betrieb sind aktuell Anlass für den Abrissantrag. Nach gutachterlicher Feststellung des Erneuerungsumfangs sollte auch darüber verhandelt werden, wie der Eigentümer bei einer denkmalgerechten Erneuerung durch Öffentlichkeit und Denkmalförderung unterstützt werden kann. An den unrentierlichen Gesamtkosten müssen sich das Land Berlin und die Bundesrepublik Deutschland beteiligen, weil es auch ihre Aufgabe ist, ein Kulturdenkmal von nationaler Bedeutung zu bewahren. Erforderlich scheint eine Gemeinschaftsanstrengung der besonderen Art, die auch ungewöhnliche Wege der Bündelung von Fördermitteln nicht scheut. Denkmalstiftungen und Denkmalfreunde sind ebenso aufgerufen sich zu beteiligen, wie Denkmalexperten für das Erbe der Moderne.
Dass ein derartiges Vorhaben gelingen kann, zeigt das Beispiel Bauverein Halle & Leuna eG, die 2007 bis 2011 die »Groß-Garage-Süd« mit Unterstützung des Bundes, des Landes Sachsen-Anhalt und der Stadt Halle/Saale unter denkmalgerechten Aspekten erneuern ließ. Die 1929 fertiggestellte AufzugsHochgarage wird heute als Quartiersgarage und zusätzlich u.a. für Ausstellungszwecke genutzt. Dieses in Deutschland singuläre Baudenkmal blieb erhalten, obwohl der Bauzustand deutlich schlechter war.
Wir, die Unterzeichner, sind davon überzeugt, dass auch die Kant-Garage als herausragendes Zeugnis der Berliner Baukultur einen bleibenden Platz verdient.
Der Erhalt und die Erneuerung der Kant-Garage sollten deshalb zur gemeinsamen Aufgabe werden.
Akademie der Künste Klaus Staeck, Arbeitsgemeinschaft Nachkriegsmoderne der Technischen Universität Berlin, Architektenkammer Berlin, Frank Augustin, Rainer Autzen, Louis Back, Andreas Barz, bauhaus archiv museum für gestaltung berlin, Eva Barkhofen (Sprecherin der Föderation deutscher Architektursammlungen), Dieter Bartetzko, Jürgen Bauer, Klaus J. Beckmann, Anja Beecken, Nikolaus Bernau, Tom Bestgen, Michael Bienert, Uli Borgert, Sigrid Brandt, Winfried Brenne, Michael Bollé, Franziska Bollerey, Jutta Bornholdt-Cassetti, Justus Burtin, Ben Buschfeld, Melanie Buschmann, Andreas Butter, Adrian von Buttlar, Bund Deutscher Architekten, Bürgerverein Hansaviertel e.V., Erdmuthe Carlini, Silvia Carpaneto, Markus Coelen, Constanze Cremer, Julia Dech, V.W. Degen, Denk mal an Berlin e.V, Lore Dietzen, Deutscher Werkbund Berlin, Deutsches Nationalkomitee von ICOMOS, Deutsche Stiftung Denkmalschutz, DAM Deutsches Architekturmuseum, Deutsches Nationalkomitee von TICCIH (The International Committee for the Conservation of the Industrial Heritage), Alex Dill, Cay Dobberke, DOCOMOMO Deutschland e.V., DOCOMOMO International, Gabi Dolff-Bonekämper, Elke Dorner, Anne Katharina Dörnbrack, Peter Dreß, Wulf Eichstädt, Franziska Eichstädt-Bohlig, Erdmuthe Ellinger, Oliver Elser, E. Elwes, ExRotaprint gGmbH, Michael Falser, Silvia Fehrmann, Gundula Fink, Herbert Fink, Thomas Flierl, Förderverein Corbusierhaus e.V., Petra Friedrich, Turit Fröbe, Constanze Fuhrmann, Bernhard Furrer, Joachim Ganz, Gaslicht-Kultur e.V., Siegwart Geiger, Kaye Geipel, Gesellschaft für Bautechnikgeschichte, Gesellschaft zur Erforschung des Lebens und Wirkens deutschsprachiger jüdischer Architekten e.V., Ephraim Gothe, Martin Götz, Martin Griffin, Anna Gwinner, Mila Hacke, Ute Hassler, René Hartmann, Christine Hartmann, Susanne Hauser, Haus der Kulturen der Welt, Ute Heimrod, Georg Heinrichs, Henriette Heischkel, Hermann Henselmann Stiftung, Verena Herzog, Roman Hillmann, Alexander Hoff, Godehard Hoffmann, Jürgen Hofmann, Bärbel Högner, Sibylle Hoiman, Gajana Holland, Karl-Friedrich Hörnlein, Petra Marion Huhn, Hütten & Paläste Architekten, Annemarie Jaeggi, Carola Janowski, Bernd Jansen, Christian Jagusch, Ernst Jakoby, Katharina Jantzen, Werner Jockeit, Britta Jürgens, Andrea Jütten, Petra Kahlfeldt, Jutta Kalepky, Kai Kappel, Helmer Karau, Thomas Katzke, Uwe Kiesseler, Gunnar Klack, Doris Kleilein, Ulrich Knufinke, Florian Köhl, Jens-Uwe Köhler, Gina Köhler, Wolfgang König, Andreas Krüger, Bernd Krüger, Thomas M. Krüger, Ingeborg Kühler, Ulli Lautenschläger, Morag Leo, Hilde Leon, Katrin Lesser, Meinhard Loibl, Margrit Lorenz, Thomas Loy, Antje Marczinowski, Claudia Marcy, Monika Markgraf, Ulrich Meyer, Markus Kurth, Wolfgang Matthies, Elke Mittmann, Museum für sächsische Fahrzeuge e.V. Chemnitz, Elvira Münster, Uwe Neumann, Ulrich Nickmann, M. Nitschke, Beate Nowak, Simone Oelker-Czychowski, Ruth Pabst, Karl Pächter, Norbert Palz, Susanne Pfankuch, Elisabeth Pfefferkorn, Erhart Pfotenhauer, Antje Pieper, Heike Pieper, Jürgen Platena, Holger Pluder, Axel Pöhl, Uta Pottgiesser, Judith Raum, Rolf Rave, Bernd Reimers, Ursula Rieger, Walter Rolfes, Hans Roth, Matthias Rudolph, Carsten Ruhl, Peter Rumpf, Jörg Rüter, Barbara Schäche, Wolfgang Schäche, Schaustelle Nachkriegsmoderne, Markus Scheffler, Bernd M. Scherer, Frank Seehausen, Matthias Schirren, Gerhard Schlenzig, Bernhard Schmidt, Margot Schmidt-Nehmet, Thomas Schmitt, Bernhard Schneider, Rolf Schneider, Christian Schöningh, Hermann Schultz, Carola Seppeler, Wolfgang Sonne, Thomas Steigenberger, Uwe Stelzer, Stiftung Bauhaus Dessau Philipp Oswalt, Beate Störtkuhl, Studentendorf Schlachtensee eG, Erika Stimming, Norbert, Tempel, Georgia Tornow, Ana Tostoes, Tobias Vogel, Wolfgang Voigt, Gisela Voss-Geiger, Sandra Wagner-Conzelmann, Charis Wegener, Stephan Weissbrich, Klaus Wiechers, Ulrike Wilkens, Karl-Heinz Winkens, Theo Winters, Kerstin Wittmann-Englert, Birgit Wolf, Dietrich Worbs, Wüstenrot Stiftung, Anke Zalivako, Diana Zitzmann, Tina Zürn
Die Vorstandsvorsitzende der Deutschen Stiftung Denkmalschutz (DSD), Dr. Rosemarie Wilcken, hat in einem Schreiben an NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft die geplanten Kürzungen der Denkmalschutzmittel in den kommenden Landeshaushalten mit großer Besorgnis zur Kenntnis genommen. Eine derartige Mittelreduzierung sei „in keinem anderen Bereich zu erkennen“. Die Kürzung und Neuausrichtung der Förderpolitik in Nordrhein-Westfalen könnte verheerende Auswirkungen auf den Erhalt des durch Kriegsverluste bereits stark reduzierten Denkmalbestandes im Land haben und wäre ein falsches Signal für die vielen im Denkmalschutz engagierten Bürger, so Wilcken.
Sie erinnert in Ihrem Schreiben daran, dass die Landesregierung noch im Koalitionsvertrag festgehalten habe, dass „die Kulturförderung durch das Land für alle Sparten auch in Zukunft auf dem erreichten Niveau erhalten und – wo möglich und geboten – ausgebaut werden solle“. Dazu würden auch – im Einklang mit der Landesverfassung – Denkmalpflege und Archäologie zählen. Die Landeszuschüsse für die Archäologie und Denkmalpflege seien nicht bloß eine wichtige Investition in die Zukunft von Kultur, Bildung und Lebensqualität, sondern zugleich „ein gut geschnürtes und effizientes Konjunkturpaket“. Die Fördermittel unterstützten „ohne Umwege“ die qualifizierten Handwerksbetriebe in der Region. Wilcken erinnerte dabei an Berechnungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, denen zufolge „ein Euro an Denkmalförderung weitere acht Euro öffentliche und private Investitionen“ auslöst. So gesehen könnten „die Einsparungen das Land am Ende teuer zu stehen kommen!“ Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz hofft, dass die Landesregierung ihre in den letzten Wochen bereits heftig von vielen Institutionen, Verein und engagierten Bürgern diskutierten Überlegungen noch korrigiert.
Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz setzt sich seit 1985 für die Erhaltung des Erbes der Vergangenheit an die kommenden Generationen ein. Als größte private Initiative für den Denkmalschutz mit rund 200.000 Förderern hat sie bislang bundesweit mehr als 4.300 Denkmale mit über einer halben Milliarde Euro bewahren helfen, davon allein in Nordrhein-Westfalen über 320 Objekte, für die sie insgesamt rund 31 Millionen Euro zur Verfügung gestellt hat. Ihr Wirken in NRW unterstützen 14 ehrenamtliche Ortskuratorien in allen größeren Städten des Landes.
Förderpolitik im Bereich der Denkmalpflege und Archäologie
Sehr geehrte Frau Ministerpräsidentin,
da bisher noch keine weiteren Erläuterungen des Landes Nordrhein-Westfalen zu den geplanten Kürzungen im Bereich der Denkmalpflege gemäß Haushaltsplanentwurf 2013 bekannt waren, hatte die Deutsche Stiftung Denkmalschutz sich bislang ebenfalls nicht öffentlich geäußert.
Leider haben die aktuellen Äußerungen von Bauminister Michael Groschek vom 16.04.2013 unsere Befürchtungen nochmals bestätigt. Nach wie vor sollen demnach die Landeszuschüsse für Bau- und Bodendenkmalpflege in diesem Jahr um zwei Millionen Euro auf rund 9,3 Millionen Euro gekürzt werden. Nach wie vor scheint ein kompletter Ausstieg des Landes aus der Denkmalförderung ab dem Jahr 2015 möglich. Erneut hat Minister Groschek bekräftigt, dass die Umstellung auf Darlehensförderung ein fester Bestandteil der Haushaltsplanungen ist.
Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz betrachtet die Kürzung und Neuausrichtung der Förderpolitik weiterhin mit großer Sorge. Eine solche Kehrtwende hätte verheerende Auswirkungen auf den Erhalt der Baudenkmale in Nordrhein-Westfalen und käme einem Kahlschlag gleich. Noch im Koalitionsvertrag 2012 bis 2017 hatte die Landesregierung festgehalten, dass „die Kulturförderung durch das Land für alle Sparten auch in Zukunft auf dem erreichten Niveau erhalten und – wo möglich und geboten – ausgebaut werden solle“. Gerade die Denkmalpflege und Archäologie wurden als wichtige Aufgaben genannt.
Die Landeszuschüsse für die Archäologie und Denkmalpflege sind nichts weniger als ein gut geschnürtes Konjunkturpaket. Die Fördermittel unterstützen ohne Umwege den qualifizierten Facharbeiter in der Region. Nach Berechnungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung löst 1 Euro an Denkmalförderung weitere 8 Euro öffentliche und private Investitionen aus. Das Land spart hier am falschen Ende!
Die privaten Denkmaleigentümer sind auf die direkten und „echten“ Zuschüsse ohne Abstriche angewiesen. Aus gutem Grunde hat es eine Förderung auf Darlehensbasis in Deutschland bisher noch nicht gegeben. Denkmaleigentümer sind ohnehin durch die übernommenen denkmalpflegerisch bedingten Mehraufwendungen erheblich belastet. Die Darlehensförderung ist daher kein auch nur ansatzweise geeignetes Förderinstrument.
Besonders gravierend wäre der Ausstieg des Landes aus der Mitfinanzierung der Archäologie. Diese Kürzungen könnten von keiner Seite aufgefangen werden. Vielen Bodendenkmalen droht die undokumentierte Zerstörung, weil das Geld für Rettungsgrabungen und ihre Dokumentation fehlt. In den Fachämtern wird das Geld fehlen, die Funde fachgerecht zu konservieren und zu restaurieren.
Denkmalpflege ist immer ein Gemeinschaftswerk. Zahlreiche Menschen engagieren sich freiwillig, mit hohem persönlichen Einsatz. Allein in Nordrhein-Westfalen sind 14 Ortskuratorien der Deutschen Stiftung Denkmalschutz in allen größeren Städten des Landes aktiv. Ohne dieses begeisterte bürgerschaftliche Engagement wäre Denkmalpflege heute kaum mehr vorstellbar. Es wäre ein verheerendes Signal für alle Aktiven vor Ort, wenn die geplanten Kürzungen umgesetzt würden.
Im Namen der 190.000 Spender der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, der größten Bürgerinitiative für den Denkmalschutz in Deutschland, appelliere ich eindringlich an Sie, diese Kritikpunkte und Anregungen bei Ihren Überlegungen zu berücksichtigen.
Die Bedeutung der zu treffenden Entscheidungen rechtfertigt, dieses Schreiben auch einer interessierten Öffentlichkeit zur Kenntnis zu bringen.
In Erwartung Ihrer Antwort verbleibe ich
mit freundlichem Gruß
Dr. Rosemarie Wilcken
Vorstandsvorsitzende
Bau des geplanten Einkaufszentrums in Zittau ist respektlos
Die Vorstandsvorsitzende der Deutschen Stiftung Denkmalschutz (DSD), Dr. Rosemarie Wilcken, hat im Namen der Wissenschaftlichen Kommission der DSD die Planungen der Stadt Zittau für ein neues Fachmarktzentrum (FMZ) beidseits der Albertstraße in einem offenen Brief an Oberbürgermeister Arnd Voigt kritisiert.
„Die neuen und nach wie vor kritikwürdigen Planungen des FMZ,“ so heißt es in dem Schreiben, „bestätigen den Standpunkt der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, das FMZ in der vorliegenden Fassung am geplanten Standort abzulehnen.“ Zumindest müssten beim geplanten Neubau des FMZ „die gravierenden, in unserem Schreiben vom März d.J. genannten Mängel beseitigt werden.“ Damit bezieht sich die Nachfolgerin des im letzten Jahr verstorbenen DSD-Mitgründers und Ehrenbürgers von Zittau, Professor Dr. Gottfried Kiesow, auf die Überbauung der Albertstraße mit Verbindungsbrücken zwischen den Parkdecks, einschließlich der geplanten Rolltreppen und Treppen im Straßenbereich, die den städtebaulichen Maßstab des Quartiers nachhaltig störten. Weiter heißt es: „Die Anordnung des gesamten Anlieferungsbereiches zur LKW-Versorgung des FMZ und der Erschließung der Parkdecks in unmittelbarer Nähe des Salzhauses und des historischen Samariterinnen-Brunnens ist nicht nur höchst fragwürdig, sondern zeugt vom fehlendem Respekt vor den in der Stadt seit Jahrhunderten gewachsenen stadträumlichen Qualitäten.“ Schließlich sehe der Entwurf des FMZ weiterhin vor, „historische Bausubstanz in erheblichem Umfang“ zu beseitigen, während die vorgestellten Fassadenvorschläge „wegen ihrer Phantasielosigkeit nur als grobe Gedankenskizzen verstanden werden“ könnten. Die Mitwirkung in einem Gestaltungsbeirat lehnt die Stiftung ab, um die Entwicklungen auch weiterhin „aus einer unabhängigen Position kritisch begleiten“ zu können.
Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz setzt sich seit 1985 für die Weitergabe des Erbes der Vergangenheit an die kommenden Generationen ein. Als größte private Initiative für den Denkmalschutz mit rund 200.000 Förderern hat sie bislang bundesweit mehr als 4.100 Denkmale mit über 480 Millionen Euro bewahren helfen. Davon befinden sich allein 35 Objekte in der Stadt der Fastentücher. Für die dort ausgeführten 67 Einzelmaßnahmen stellte die Stiftung in den vergangenen 20 Jahren insgesamt rund 5 Millionen Euro zur Verfügung.
Einkaufscenter Berliner Straße/Salomonstraße
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
mit Schreiben vom 18.01.2012 hatte ich Sie darüber informiert, dass sich die Wissenschaftliche Kommission unserer Stiftung mit den Planungen der Stadt Görlitz, im Areal Berliner Strasse/Salomonstrasse ein großflächiges Einkaufscenter zu errichten, befassen werde. Über die Ergebnisse der Sitzung, an der auch Vorstand und Geschäftsführung teilgenommen haben, möchte ich Sie in Kenntnis setzen.
Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz lehnt die derzeitigen Planungen der Stadt für ein Einkaufscenter an dieser Stelle ab. Nach wie vor geben die uns vorliegenden Unterlagen, mit Flächenabriss und Zerstörung des Strassenbildes, Anlass zu großer Sorge. Die Aussagen des Investors, der Florena KG, lassen mangelnden Respekt vor dem Erhalt des baukulturellen Erbes erkennen.
Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz fühlt sich verpflichtet, das weitere Verfahren aus einer unabhängigen Position heraus kritisch zu begleiten. Sie lehnt daher das Angebot der Stadt Görlitz, hierzu in einem Gestaltungsbeirat mitzuwirken, ab.
Herr Professor Kiesow, Ehrenbürger der Stadt, hat Görlitz oft als die „schönste Stadt Deutschlands" bezeichnet und tatsächlich fühlt sich die Stiftung der Stadt Görlitz in besonderem Maße verbunden. Seit ihrer Gründung im Jahr 1985 hat sie vor Ort 146 Projekte mit rund 9,5 Millionen Euro gefördert.
Die Bedeutung der zu treffenden Entscheidungen rechtfertigt, dieses Schreiben als Offenen Brief einer interessierten Öffentlichkeit zur Kenntnis zu bringen.
Mit freundlichem Gruß
Dr. Wolfgang Illert
Geschäftsführer
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
die Deutsche Stiftung Denkmalschutz hat sich seit ihrer Gründung zum Ziel gesetzt, das bauliche Erbe unseres Landes zu bewahren und seine Erhaltung mit den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln zu fördern.
Die Stiftung verfolgt daher mit Interesse die Debatte um das Schicksal des Schauspielhauses in Köln.
Das 1962 eingeweihte Schauspielhaus von Wilhelm Riphahn gewinnt zusammen mit dem unmittelbar benachbarten, kurz zuvor eröffneten Opernhaus seine singuläre Bedeutung nicht nur als bedeutsames Ensemble aus der Phase des wirtschaftlichen Aufstiegs der Bundesrepublik Deutschland, sondern insbesondere durch seine unbestrittene architektonische Qualität und baukulturelle Ausstrahlungskraft, die bis heute über die Stadtgrenzen Kölns hinaus als herausragendes Beispiel der sich in ihren Bauten darstellenden jungen demokratischen Gesellschaft wirkt.
Von Anbeginn ragen Opernhaus und Schauspielhaus auch wegen ihrer das Stadtbild Kölns bis in die Gegenwart prägenden Gestalt als wichtige Kulturbauten der Stadt aus der Reihe ähnlicher Bauten der Nachkriegszeit heraus. Mit Recht steht das GesamtEnsemble als herausragendes Zeugnis seiner Zeit unter Denkmalschutz.
Die bisher benannten Argumente, die einen Abbruch des Schauspielhauses wegen vorgeblich funktionaler Mängel und hoher Reparaturbedürftigkeit fordern, können einer ernsthaften Diskussion nicht standhalten.
In der Tat scheinen - neben funktionalen Mängeln - in der Vergangenheit unterbliebene Verbesserungen der technischen Ausrüstung eine der Hauptursachen für die bisherige Kritik am Zustand des Schauspielhauses zu sein. Selbst der Vorwurf einer planmäßig und leichtfertig herbeigeführten Verwahrlosung des Hauses wurde bereits erhoben, Solange die Stadt ihrer Verpflichtung zur Erhaltung der kommunalen Bauten nicht in ausreichendem Maße nachkommt, in dem sie die selbstverständlichsten Bauunterhaltungsmaßnahmen vernachlässigt, sind umfangreiche Reparaturen unvermeidlich.
Die in der Wissenschaftlichen Kommission der Deutschen Stiftung Denkmalschutz seit Jahren engagiert tätigen Denkmalpfleger, Historiker und Architekten, die für sich in Anspruch nehmen können, aus jahrzehntelanger beruflicher Praxis und wissenschaftlicher Arbeit mit allen Fragen der Erhaltung und Weiterentwicklung des baulichen Erbes vertraut zu sein, sind sich übereinstimmend darin einig, daß das Schicksal des Kölner Schauspielhauses keinesfalls allein von einem vorrangig funktionellen Nutzungskonzept und vom derzeitigen Bauzustand her bestimmt sein darf.
Von jeher erfüllten Bauwerke nicht allein praktische Funktionen, sondern sie sind darüberhinaus zugleich Bedeutungsträger. Durch ihre Einfügung in die Umgebung, die Sprache ihrer Materialien und die Ausdruckskraft ihrer Formen erzählen sie von Wertorientierungen, von Ansprüchen, Tugenden und Untugenden ihrer Gesellschaft. Sie verkörpern stets den Geist der Zeit.
Die durch den Abriß des Schauspielhauses geplante Verstümmelung des aus Opernhaus und Schauspielhaus bestehenden Ensembles nährt allerdings den Verdacht, daß seine Urheber sich des baukünstlerischen Wertes entweder überhaupt nicht bewußt sind oder Ignoranz die bisherigen Pfanungsschritte bestimmt hat Jedenfalls lassen die jüngsten Planungsvorstellungen denkmalpflegerische Verantwortung und Respekt vor dem Gesamtkunstwerk vermissen.
Gerade das gegenüber dem Baudenkmal Opernhaus von großen Teilen der Bevölkerung als maßstabs- und rücksichtslos empfundene Ergebnis des kürzlich durchgeführten Architektenwettbewerbes musste die grundsätzlichen Bedenken gegen einen Neubau des Schauspielhauses aus stadtgestalterischer Sicht eher verstärken als entkräften.
Ebenso wurden die Erwartungen an die geforderte Veränderung der Planung enttäuscht und die erhoffte Verbesserung der Funktionalität des Hauses durch einen Neubau spätestens mit der Debatte über ein verändertes Kostenlimit und damit verbundene Einschränkungen ad absurdum geführt.
Jede in einem sehr frühen Planungsstadium grob ermittelte und publizierte Investitionssumme erweist sich, wie die Erfahrung zeigt) in aller Regel als höchst brisant und meist unseriös. Das von der Stadt Köln eingegangene Kostenabenteuer ist daher aus Sicht der Deutschen Stiftung Denkmalschutz - und zwischenzeitlich offenbar auch der Schauspielintendanz — zu Lasten des Denkmalensembles nicht zu verantworten.
Das Hamburger Beispiel der Elbphilharmonie mit seiner Kostentwicklung mag hier erwähnt werden.
Eine Gesellschaft, der Baudenkmale als Dokumente ihrer Geschichte anvertraut sind, hat zwar das Recht, aber auch die Pflicht, sie dergestalt zu nutzen, daß der Aussagewert ihrer Bauwerke nicht leichtfertig verfälscht wird. In Köln jedoch droht jegliches Gespür für den Wert des kulturellen Erbes der Geschichte verloren zu gehen.
Gerade die architektonische Sprache Wilhelm Riphahns als schützenswertes Gut zu begreifen, umzusetzen und für kommende Generationen zu erhalten, sollte für die Stadt Köln Herausforderung und Verpflichtung zugleich sein.
Der Vorstand und die Mitglieder der Wissenschaftlichen Kommission der Deutschen Stiftung Denkmalschutz appellieren daher an das gesamtgesellschaftliche Verantwortungsbewußtsein der Mitglieder des Rates der Stadt Köln, sie mögen die derzeitigen Planungsschritte und politischen Entscheidungen im Sinne einer größeren Achtung vor der Leistung ihrer Urheber grundlegend überdenken und ihren Beschluss vom 17. Dezember 2009 zum Abriss des Schauspielhauses revidieren.
Zahlreiche Beispiele eines qualitätsvollen und zugleich sensiblen Umgangs mit historischen Bauten in Deutschland haben in den zurückliegenden Jahren gezeigt, daß unsere Gesellschaft durchaus in der Lage ist, mit den baulichen Zeugen unserer Geschichte auch der jüngeren Geschichte- ebenso sinnvoll wie überzeugend umzugehen und sich dabei selbstverständlich den aus dem Denkmalschutz resultierenden Anforderungen zu stellen und sie auch dementsprechend umzusetzen.
Diese Sensibilität erwartet die Deutsche Stiftung Denkmalschutz auch im Umgang mit dem unter Denkmalschutz stehenden Kölner Schauspielhaus. Sie nimmt zustimmend zur Kenntnis, daß die in den vergangenen Jahren bisweilen starre Haltung der Stadt einer differenzierteren Betrachtungsweise des Gesamtkomplexes gewichen zu sein scheint.
Die teilweise öffentlichen und von einem zunehmend positiven Medien-Echo begleiteten Debatten der vergangenen Monate die insbesondere die Gedanken eines verantwortungsbewußten Denkmalschutzes deutlich formulierten, haben gezeigt, daß am kulturellen Leben ihrer Stadt interessierte Bürger als emanzipierter Teil einer in Planungs- und Wandlungsprozesse eingreifenden Stadtgesellschaft nicht mehr bereit sind) die politischen Entscheidungen über das Schicksal des Kölner Schauspielhauses unwidersprochen hinzunehmen.
Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz bittet Sie daher, daß die Stadt gemeinsam mit den diese Bürgerbewegung repräsentierenden Gruppen und Initiativen die Voraussetzungen für ein Bürgerbegehren schafft und darüber hinaus die weiteren Planungsschritte in einem anderenorts bereits erprobten, offenen Moderationsverfahren, einem weitgefächerten „Forum", ebenso kreativ wie sachgerecht diskutiert.
Ein neuer Ratsbeschluß wäre herbeizuführen, der eine angemessene denkmalgerechte Sanierung des Schauspielhauses einschließlich der Neuorganisation des Raumprogramms mit funktionalen Verbesserungen zum Ziel hat.
Bitte haben Sie, sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, Verständnis dafür, daß die Bedeutung der von der Stadt Köln im Zusammenhang mit dem Schauspielhaus zu treffenden Entscheidungen rechtfertigt, daß die Deutsche Stiftung Denkmalschutz dieses Schreiben als Offenen Brief einer interessierten Öffentlichkeit zur Kenntnis bringt.
Mit freundlichen Grüßen
Prof. Dr.Dr.-lng.E.h. Gottfried Kiesow
Vorsitzender des Vorstandes
Horst v, Bassewitz
Dipl.lng. Architekt
Vorsitzender der Wissenschaftlichen Kommission