Bagno
Steinfurt, Nordrhein-Westfalen
Kulturbau

Bagno

Erster Konzertsaal des Europäischen Kontinents

Das Konzerthaus im Bagno Landschaftspark im Münsterland bei Steinfurt gilt als der erste freistehende Konzertsaal des europäischen Kontinents. 1774 wurde er als „Grande Galerie pour les Concerts“, als „Große Konzertgalerie“ im Stil von Ludwig XVI. erstellt. Stuckornamentik des Rokoko, der Blick durch Fenster-Flügeltüren zu beiden Seiten in den Park und Spiegel an den Wänden schufen damals wie heute ein festliches Ambiente für erstklassige Musikveranstaltungen. Dem prächtigen Saal ist dabei heute nicht mehr anzumerken, dass er schon fast dem Verfall preisgegeben war. 2024 ist das Denkmal 250 Jahre alt.

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Freizeitpark für alle mit der höchsten Fontäne Europas

Graf Karl von Bentheim-Steinfurt ließ 1765 auf dem Gelände zunächst eine Gartenanlage als Sommerresidenz errichten. Als begeisterter Flötist verfügte er den Bau des Konzertsaals nach französischem Vorbild des „Grand Trianon“ in Versailles, dem Gartenschloss Ludwig XIV. Nach barocker Herrschermanier engagierte er 35 Instrumentalisten und Sänger, die regelmäßig mit ihren Konzerten für lauschige Sommernächte sorgten. „Gut gekleydete Bürger“ durften bei geöffneten Seitentüren auch vom Park aus den festlichen Konzerten der Wiener Klassik beiwohnen.

Da gab es sicher viele, denn sein Sohn Ludwig erweiterte ab 1780 den Landschaftsgarten zu einem Park, der eine ähnliche Wirkung gehabt haben muss, wie heute Disneyland: Das erste Gebäude war ein Badehaus, „Il Bagno“ (gesprochen „Banjo“), das dem Park bis heute seinen Namen verlieh. Bis 1789 entstanden weitere 39 Bauten, die dem Volk bei kostenfreiem Eintritt offen standen. Mit ihren fremdländischen Architekturen zeigten sie Besuchern und Bewohnern des Münsterlandes die Welt im Kleinformat: zu den Attraktionen gehörten beispielsweise ein ägyptischer Turm, ein chinesischer Salon, die „Tonne des Diogenes“ und eine türkische Moschee. Hinzu kamen Teiche mit chinesischen Brücken, Gehege für exotische Tiere, Volieren mit fremdartigen Vögeln, Wasserspiele, Grotten und besonderer Höhepunkt die höchste Fontäne Europas.

Rettung vor dem Verfall und Erhalt durch Stiftergemeinschaft

Bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts gehörte die Parkanlage zu den bedeutendsten Westfalens. Die Besatzung durch Napoleons Truppen 1806 bereitete ihr ein jähes Ende. Ludwig wurde zum Untertanen degradiert, sodass ihm und seinen Nachkommen die Einnahmen fehlten, um den Park zu erhalten. Ab 1820 ließen sie die Gebäude wieder abreißen. Das Konzerthaus hatte länger bestand, war aber nach dem Zweiten Weltkrieg dem Verfall ausgesetzt. Am Ende der 1980er Jahre wurde es von Steinfurter Bürgern wiederentdeckt, die nach Hilfe suchten. Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz unterstützte den Erhalt dieses außergewöhnlichen Denkmals schon mehrere Male und 1997 wurde der Konzertsaal neu eröffnet. Seitdem kümmert sich die Stiftergemeinschaft der „Bagno Konzertsaal Stiftung“ unter ihrem Dach um seinen Erhalt.

Schlichter frühklassizistischer Putzbau, 1773/74; Förderung 1988, 1993-96, 2013, 2016

Adresse:
Hollich
48565 Steinfurt
Nordrhein-Westfalen

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