Montag war Baubeginn - Samstag war das Haus fertig. Fünf Tage nach dem ersten Spatenstich konnte der Bauherr, ein Bonner Physikprofessor, diesen aus damaliger Sicht utopisch-progressiven Privatbau beziehen. 1965 hatte eine Stiftung der Universität Bonn Theo Mayer-Kuckuk (1921-2014) ein 650 m² großes Grundstück in Bad Honnef überlassen. Der gab dem Architekten Wolfgang Döring (geb. 1934) den Auftrag für ein zeitgemäßes Einfamilienhaus in Systembauweise, das auch als Vorbild für andere Häuser dienen sollte. Döring und Mayer-Kuckuk hatten sich in Düsseldorf auf einer Künstlerparty kennen gelernt. Was daraus entstand, war alles andere als eine Schnapsidee! Der Bauherr gab nur Zahl und Funktion der Räume und die maximalen Baukosten an. Der Architekt hatte ansonsten völlig freie Hand. Die besondere Herausforderung war es, im Kostenrahmen zu bleiben: Es waren nur 80.000 Mark veranschlagt - das entspricht heute in etwa 160.000 Euro.
Döring hatte sich schon vorher lange mit Systembauten
beschäftigt. Angesichts des äußerst knappen Budgets realisierte er
1967 unter Einsatz neuer Werkstoffe und Fertigungsmethoden einen
beispielhaften modernen Fachwerkbau ohne Keller. Als
wirtschaftlichster Baustoff bot sich für alle tragenden und
stützenden Teile des langgestreckten Fertighauses schließlich der
Holzleimbau an. 16 vertikale Leimbinder wurden mit doppelten
horizontalen Leimbindern zangenmäßig verbunden. Die Stützen fußen
auf Stahlschuhen, die mit dünnen Stahlstiften in 16 Betonquadern
verankert sind.
Döring sagte später, es wäre ihm nur um billiges Bauen gegangen,
alles andere wäre zweitrangig gewesen. Trotzdem erscheint der Bau
bis heute hochaktuell durch seine für damalige Zeiten progressive
und offene Bauweise. Und bis heute würde man hier jederzeit gerne
einziehen wollen, um sich den Traum vom modernen Wohnen zu
erfüllen. Der offene Hauptwohnraum umfasst einen Großteil der
Grundfläche. Das obere Stockwerk erreicht man über eine
Wendeltreppe und eine Arbeitsempore. Ein schmaler Korridor nimmt
die anderen Wohnräume auf. Ziel war es, einer immer mobiler
werdenden Gesellschaft zu begegnen und ein flexibles, schnell
wandelbares und auf die Bewohner anpassbares Haus zu
realisieren.
Obwohl das Haus in seiner Bauweise bis heute ein Unikat blieb,
verkörpert es doch vom Fundament bis zum Flachdach den Geist der
1960er Jahre: zukunftsorientiert, technikbegeistert, industriell
gefertigt und reproduzierbar. Das Wohnhaus als Gebrauchsartikel in
einer schnelllebigen Zeit das sich auch in seinem Äußeren von
traditionellen Vorbildern abwendet. Doch der enge Kostenrahmen
forderte seinen Tribut: Das inzwischen denkmalgeschützte Bauwerk
drohte einzustürzen. Die außen liegende Leimholzkonstruktion, die
als Tragwerk und Aussteifung dient, war aufgrund von
Nässeeinwirkung und nicht ausreichendem Holzschutz marode.
Pilzbefall und Fäulnis war aufgetreten, die Konstruktion statisch
gefährdet. Leimholz ist zwar ein günstiger Baustoff, für ein
außenliegendes und somit Wind, Wetter und v. a. Nässe ausgesetztes
"Hauskorsett" aber nicht unbedingt die beste Wahl. Die 2013 und
2015 von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz unterstützten
Sanierungsmaßnahmen konnten das Gebäude wieder stabilisieren - ein
herausragendes Architekturbeispiel der 1960er Jahre kann so in Bad
Honnef weiterhin bewundert werden.
Erfahren Sie mehr über dieses Denkmal im Online-Magazin Monumente der Deutschen Stiftung Denkmalschutz mehr