St. Ulrich
Augsburg, Bayern

St. Ulrich

Martin Luther, Augsburg und die Konfessionen

Zu Luthers Zeiten war Augsburg eine der reichsten und modernsten Städte der Welt. Martin Luthers Beziehung zu der Stadt wurde vor allem durch die Auseinandersetzung mit Rom und dem katholischen Kaiser geprägt. Gleichzeitig nahm seine Reformation hier wichtige Wendungen und machte entscheidende Fortschritte. Augsburgs evangelische Pfarrkirche St. Ulrich gilt bis heute als Archetyp einer reformatorischen Predigtkirche und als Symbol eines friedlichen Nebeneinanders der christlichen Konfessionen.

Unweit von St. Ulrich war Luther (1483-1546) im Oktober 1518 vom Papst zum "väterlichen Verhör" bestellt worden. Vor dem Ordensgeneral der Dominikaner Thomas Cajetan (1469-1534) sollte der Wegbereiter des Protestantismus seine 95 Thesen von Wittenberg widerrufen. Kardinal Cajetan befragte Luther 1518 im Rahmen des Reichstags zu Augsburg. Doch der verweigerte sich einem Widerruf, galt damit als Häretiker, hätte ausgeliefert und hingerichtet werden müssen. Luther floh aus der Fuggerstadt.

Seine Lehre aber verbreitete sich weiter. 1530 tagte der Reichstag wieder in Augsburg. Luther selbst immer noch unter Acht und Bann konnte dort nicht auftreten. Er blieb im Schutzgebiet seines Landesherrn in Coburg zurück. Der Kaiser hatte sich für den Reichstag kein geringeres Ziel gesetzt als die Konfessionsprobleme in seinem Herrschaftsgebiet, die zunehmend auch politische Auswirkungen hatten, zu beseitigen. Das misslang. Das von Luthers Mitreformator Philipp Melanchthon (1497-1560) vorgetragene Augsburger Bekenntnis lehnte der Kaiser rundweg ab. Eine Einigung zwischen Katholiken und Protestanten wurde nicht erzielt. Das Augsburger Bekenntnis aber wurde zu einer heute noch gültigen Bekenntnisschrift der evangelisch-lutherischen Kirche und zu einer der Grundlagen des 1555 beschlossenen Augsburger Religionsfriedens, mit dem die Gleichstellung beider Konfessionen begründet wurde.

Erst Vorhalle der katholischen Basilika - heute Sinnbild des Religionsfriedens

Für das friedliche Nebeneinander der Konfessionen lässt sich kaum ein besseres Bild finden als die katholische Basilika St. Ulrich und Afra und die evangelische Pfarrkirche St. Ulrich in Augsburg. Buchstäblich Wand an Wand existieren hier die beiden Glaubensrichtungen nebeneinander. Auf der einen Seite beten die Katholiken, auf der anderen Seite predigen die Protestanten.

Die evangelische Ulrichskirche geht auf einen Predigtsaal der ehemaligen Benediktinerabtei St. Ulrich und Afra von 1457 zurück. Der rechteckige Bau mit Satteldach stößt im Süden direkt an das katholische Seitenschiff an und wurde in vorreformatorischen Zeiten als Vorhalle der Basilika genutzt. Augsburg öffnete sich früh reformatorischen Ideen. Schon 1526 wurde die Halle den Protestanten als Pfarrkirche übertragen. Das Ensemble der beiden sehr ungleich großen Gotteshäuser ist bis heute in seiner besonderen Art erhalten.

Gefahr im Stuck!

In der Baugestalt der evangelischen Ulrichskirche hat seit Jahrhunderten der reine Bautypus des reformatorischen Predigtsaals überdauert , war so mitunter Vorbild für andere protestantische Kirchen . Das heutige Erscheinungsbild prägt eine barocke Überformung um 1709/10. Die ursprüngliche Flachdecke im Dach wurde durch eine tief in das Dachwerk einschneidende Holzlattenkonstruktion versehen, die wiederum mit reicher Stuckausschmückung verziert wurde. Dieser Eingriff war in der Folge Ursache für massive Bauschäden. Aufgrund statischer Mängel drohten Teile der Stuckdekorationen herabzustürzen. Das führte 2002 zu einer Sperrung der Kirche. Ab 2004 beteiligte sich die Deutsche Stiftung Denkmalschutz an den Sicherungsmaßnahmen des kunsthistorischen, städtebaulichen wie auch religionsgeschichtlichen Denkmals von nationaler Bedeutung.

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Predigtsaal, urspr. wohl eine offene Vorhalle der Stadtpfarrkirche St. Ulrich und Afra, Umbauten 1457, 1709/10, Förderung 2004-06, 2022.

Adresse:
Ulrichsplatz
86150 Augsburg
Bayern