23.08.2010 – Presse

„Eine einfache Kirche, ohne besondere Verzierungen und Türme“

Die Elisabeth-Kirche in Berlin-Mitte – Ein Förderprojekt der vor 25 Jahren gegründeten Deutschen Stiftung Denkmalschutz 

Von 1833 bis 1835 entwarf Karl Friedrich Schinkel im Auftrag König Friedrich Wilhelms III. Kirchenbauten für die im 19. Jahrhundert neu entstandenen Berliner Außenbezirke. Die größte der vier neuen Vorstadtkirchen entstand an der Invalidenstraße. St. Elisabeth wurde zum Prototyp zahlreicher Kirchenbauten in Preußen. Im Typus des griechischen Tempels repräsentiert der monumentale Kirchenbau den Schinkelschen Klassizismus wie kaum ein anderes Bauwerk Berlins. Dem zweigeschossigen, turmlosen Saalbau mit verputzten Außenwänden ist ein auf sechs Pfeilern stehender Portikus vorgelagert. Kapitelle und Basen, Gesimse und Fenstergewände erinnern an klassische Vorbilder. 1835 wurde die Kirche im Beisein von Kronprinzessin Elisabeth eingeweiht, einhundertzehn Jahre später brannte sie bis auf die Außenmauern nieder. Eine Phosphorbombe hatte den Bau noch kurz vor Kriegsende getroffen und die hölzerne Kassettendecke, die zweigeschossige Empore und die Orgel in Flammen gesetzt. Nach Kriegsende verfiel die Ruine, aus den Mauerkronen wuchsen Bäume, das Innere wurde zur Müllhalde. 

Es geschah auf Wunsch Seiner Majestät. Friedrich Wilhelm III. wollte von seinem Architekten den Entwurf für eine "ganz einfache Kirche, ohne besondere Verzierungen und ohne Türme" für die neuen Berliner Außenbezirke. Karl Friedrich Schinkel erfüllte den königlichen Wunsch, und am 28. Juni 1835 wurde im Beisein der sozial engagierten Kronprinzessin Elisabeth ein erstes dieser Gotteshäuser eingeweiht. Die Elisabeth-Kirche wurde zum Prototyp weiterer Kirchenbauten im Königreich. 

Nachdem die Städte Berlin, Cölln, Friedrichswerder, Dorotheenstadt und Friedrichstadt 1710 zur Königlichen Haupt- und Residenzstadt Berlin vereinigt worden waren, entstanden im Zuge der Industrialisierung in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts neue, die Metropole vergrößernde Vorstädte, wie Wedding oder Moabit oder die Tempelhofer, Schöneberger und Spandauer Vorstadt, die letztlich erst 1861 eingemeindet wurden. In Wedding gehören die Nazarethkirche und die Paulskirche, in Moabit die Johanniskirche zu den vier „einfachen“ Vorstadtkirchen Schinkels. St. Elisabeth, die größte unter ihnen und ihrer aller Vorbild, ist ein einschiffiger, rechteckiger Putzbau, der sich auf einer Grundfläche von 28 mal 18 Metern über zwei Geschosse erhebt. Der Bau ist antiken Idealen verpflichtet. Die Außenwand ist in eine Sockel- und eine Oberzone geteilt, eine Doppelreihe rechteckiger Fenster gliedert die Seitenmauern. Sechs dorische Pfeiler tragen zur Invalidenstraße hin einen Portikus, auf dem die Inschrift „Des Herrn Wort bleibt in Ewigkeit“ geschrieben steht. Den großräumigen Innenraum umgab ursprünglich zu drei Vierteln eine zweigeschossige hölzerne Empore. Doch ebenso wie die Orgel und die hölzerne Kassettendecke wurde auch diese Empore ein Fraß der Flammen nach einem Phosphorbombenangriff kurz vor Kriegsende. Bis 1991 siechte die Kirche vor sich hin. Hinter hohem Pflanzenwuchs und Baumbestand war das Gebäude kaum mehr auszumachen. Ahorn, Birke und Buschwerk hatten es in Beschlag genommen. Mit ihren Wurzeln setzten sie das von Menschenhand begonnene Zerstörungswerk fort. 

Eine Notsicherung schließlich beendete das Siechtum der Ruine. Mit der Aufbringung eines Notdaches endete der Verfall und begann die Sanierung, Gesimse wurden ergänzt und Mauern gefestigt. Seit 2000 schreiten die Arbeiten an der Kulturkirche kontinuierlich voran. Zunächst liefen Wiederherstellungsarbeiten an den Außenmauern und am Portikus an, im Jahr darauf folgte die Eindeckung des Portikusdaches in Zinkblech. Von 2002 bis 2004 kam frischer Putz an Giebel und Mauerwerk. Nach der Fertigstellung der Treppentürme im Süden schloss sich die Erneuerung der Decke und Dachinnenflächen an. Der obere Raumabschluss konnte 2007 fertig gestellt werden, im Jahr darauf die Orgelempore. 2009 brauchte Bundespräsident Horst Köhler nicht um seine vierte „Berliner Rede“ zu bangen, als er den bereits beliebten Raum zur Kulisse erwählte. Ausschließlich Gotteshaus soll die Berliner Elisabeth-Kirche allerdings nicht mehr werden. Die zuständige Sophiengemeinde Berlin will St. Elisabeth in Verbindung mit dem alten Gemeindehaus insbesondere als kulturelles Zentrum nutzen. Die besondere Atmosphäre zieht schon jetzt immer öfter Musiker, Tänzer und Schauspieler in ihren Bann, die gern in dem großen Kirchenraum auftreten. Schinkels repräsentativster Bau erlebt mit seiner einzigartigen klassizistischen Formensprache in mehrfacher Hinsicht eine Renaissance.