Weihnachtsklang - von uns gerettet

Sie hat nie krakeelt. Und doch hatte sie starke Krakelee-Probleme – die Kirchenorgel von Stedtlingen, Baujahr 1756/57. Ihre Kinder heißen Flauto, Quintatön oder Principal, gehören zur barocken Disposition dieses herrlichen Instruments der mittelalterlichen Saalkirche im fränkisch geprägten Süd-Thüringen. Die einmanualige Orgel thront auf einer eigenen Empore oberhalb des Altarraums an der Ostseite. Dass ihr Klang heuer zur Weihnachtszeit die Stimmung der 507-Seelen-Gemeinde Stedtlingen wieder vergoldet, ist letztendlich der Deutschen Stiftung Denkmalschutz und ihren Freunden und Förderern zu verdanken.

Nachdem 2004-05 das Kirchenschiff und der Turm der Stedtlinger Kirche mit Hilfe der Deutschen Stiftung Denkmalschutz saniert wurden, förderte sie 2009 bis 2110 die Restaurierung der Orgel. Denn das Instrument glänzt wahrlich einzigartig mit seinen herzigen Putten links und rechts des Hauptwerks, dem überbordenden Blattgold - Ausdruck spätbarocker Herrlichkeit. Die mechanische Schleifladenorgel feiert sich zu Recht selbst mit ihrem reich geschnitzten, farbenfrohem Prospekt.  

Vor Beginn der Restaurierungsarbeiten im Jahr 2009 wurde lange Johann Caspar Rommel als Erbauer vermutet. Ein Fehler! Beim Abbau des Pfeifenwerkes und nach Freilegung der Windladen wurden Inschriften gefunden, die Johann Caspar Beck (1703-74) aus Herrenbreitungen als Erbauer ausweisen, einen bedeutenden Orgelbauer in Thüringen und Hessen zu seiner Zeit.

Aber im 21. Jahrhundert kam Becks Orgel mehr als lädiert daher: undichte Windladen, Holzwurmbefall, verformte Metallpfeifen - Teile der Schnitzereien waren gänzlich herausgebrochen. Doch nach Abnahme von drei Fassungen wurde die ursprüngliche Polimentvergoldung erneuert. Und die farbliche Schicht auf zu dickem Kreidegrund konnte fachmännisch gekittet werden, weil es zu starker Krakeleebildung gekommen war. Alle Risse im Lack sind nun Vergangenheit. Orgel gerettet – es ist wieder Zeit für Weihnachtsklang!