„Lies, wenn Du es verstehst“ und „Zähle, wenn du willst“ lautet die lateinische Aufforderung an der ungewöhnlichsten Wandmalerei der Kirche. Das Buchstabenrätsel wurde zwischen 1969 und 1979 unter einer Kalkschicht wiederentdeckt. Auf den 99 Buchstabenfeldern des übergroßen Schachbretts steht der Spruch „Deo Gracias“ – „Dank sei Gott“ – und kann rein rechnerisch vom D in der Mitte ausgehend auf 504 verschiedenen Wegen gelesen werden. In ganz Europa sind nur zwei solcher Deo-Gracias-Fresken bekannt. Eines davon befindet in der Wismarer Heiligen-Geist-Kirche.
1255 wurde die Spitalkirche erstmals urkundlich erwähnt. Der Kirchenraum war gleichermaßen Gotteshaus, Herberge und Krankenstation, die Betten standen an den Wänden der Kirche. Das 1411 angebaute Siechenhaus ließ man zur Kirche offen, so dass die Menschen dem Gottesdienst folgen konnten.
Die Tordurchfahrt zum historischen Hof der Heiligen-Geist-Kirche in Wismar ist dank der ZDF-Fernsehserie „SOKO Wismar“ deutschlandweit bekannt. Seit 2004 fahren die Streifenwagen der Filmemacher wöchentlich durch dieses Tor in ihre fiktive Polizeiwache – und landen in den Filmstudios Babelsberg. In Wirklichkeit erwartet die Besucher ein malerisch-grüner Hof mit Blick auf Wismars Heiligen-Geist-Hospital.
Der einschiffige schlichte Backsteinbau mit seinen gotischen Fenstern und Rücksprungportalen stammt aus dem 14. Jahrhundert und beheimatet eine bemerkenswerte Ausstattung. Aus der Erbauungszeit sind noch verschiedene Malereifragmente erhalten: An der Südwand befindet sich das beschriebene Buchstabenrätsel, die Nordwand zeigt Bildfragmente der Legende „Drei Lebende – drei Tote“. Die schmuckvolle Renaissancekanzel weist mit ihren Bildnissen den Weg vom Alten zum Neuen Testament und Szenen aus dem Leben Jesu werden auf dem dreiflügeligen barocken Hochaltar dargestellt.
Ursprünglich hatte die Kirche ein gotisches Tonnengewölbe. Das stürzte 1699 bei einer mächtigen Pulverturmexplosion ein und die Kirche bekam eine barocke und reich bemalte Holzbalkendecke. Die Balkenfelder sind mit ausschweifendem Akanthusblattwerk, spielenden Putten und mit mittig angeordneten Medaillons bemalt, auf denen die Schöpfungs- und die Menschheitsgeschichte nach dem Alten Testament plastisch erzählt werden.
In der Nordwand ist ein Fenster mit leuchtender Glasmalerei aus der Zeit um 1400 erhalten – ursprünglich stammt es aus St. Marien und wurde erst 1970 eingebaut. Diese Vitrailmalerei gilt als eine der bedeutendsten im Ostseeraum und besteht aus 26 Teilen – 15 zeigen Szenen aus dem Leben von Jesus und Maria, die anderen zeigen Bilder von Heiligen und Architekturdetails. Auch das Kirchengestühl ist eine echte Besonderheit: Es ist das älteste erhaltene evangelische Kirchengestühl Deutschlands, seine Wangen aus Eichenbohlen mit ihren Schnitzerei wurden zwischen 1571 und 1589 angefertigt.
Seit dem Jahr 2000 unterstützt die Deutsche Stiftung Denkmalschutz den Erhalt der einmaligen Kirche. Bisher konnten dringende Arbeiten am Dachstuhl, der Dachdeckung und dem Altar umgesetzt werden und sind stetig im Gange. Nun wurden auch umfassende Schäden an dem wertvollen mittelalterlichen Fenster festgestellt: Hier ist dringend eine Restaurierung einschließlich der Erneuerung der Schutzverglasung notwendig, um das Fenster mit seinen Malereien zu erhalten. Bitte helfen Sie mit Ihrer Spende an die Deutsche Stiftung Denkmalschutz, dieses einzigartige Denkmal zu erhalten!
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