In einer Zeit, in der Beton ein knappes Gut war und in einem Land, in dem sonst mit einem Einheitsbaustil in kurzer Zeit viel Wohnraum geschaffen wurde, experimentierte der Bauingenieur und -unternehmer Ulrich Müther (1934-2007) mit neuen Formen. Die Rostocker Messehalle wurde 1966 errichtet und war das erste Großprojekt, bei dem er und seine „hyperbolische Paraboloidschale“ sich hervortun konnten und bereits sein vierter Hyperschalenbau. Müther war für den Bau und die Konstruktion zuständig und Erich Kaufmann (1932-2003) war der Architekt - die Planungs- und Bauzeit betrug 150 Tage. In den 1990er Jahren wurde die Messehalle allerdings nicht wie ein besonderes Denkmal behandelt, sondern als Autohaus und Werkstatt genutzt.
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Beton sparen mit dem Schwung der Schale
Müthers Entwurf für die Ostseemesse 1966 in Rostock-Schutow erregte Aufsehen. Ein luftiges Gebäude – viel Glas, viel Licht – überdacht mit zwei zueinander versetzt angeordneten Hyparschalen, 20 mal 20 Meter weit und stützenfrei. Bei einer Betonstärke von gerade einmal sieben Zentimetern wurden große Flächen mit wenig Materialaufwand stützenlos überspannt. Und passend zum Messegedanken galten die schwungvollen Schalen als Zeichen des Fortschritts. In dem Gebäude wurden im Zuge der Messe die Fachgebiete Bauwesen und Erdöl präsentiert. Müther war als Ingenieur genial, berechnete die Betonschalen mathematisch und konstruierte sie nach den Regeln seines Berufes, forschte und entwarf Modelle und stellte seine Entwürfe mit dem eigenen Betrieb aus Spritzbeton her. Inzwischen gilt Müther als einer der bedeutendsten Vertreter der Moderne. „Für den Schwung in den Plattenbausiedlungen war ich zuständig“, soll Ulrich Müther über seine Werke gesagt haben. Seine „hyperbolische Paraboloidschale“ ist eine doppelt gekrümmte Fläche. Mit dieser Geometrie können dank Spritzbeton extrem dünne und gleichzeitig ausufernd große, sich selbst tragende Dächer geschaffen werden. Müther setzte den Zweckbauten, den Plattenbauten der DDR, eine Leichtigkeit und Formschönheit gegenüber, die immer noch und immer wieder erstaunen lässt. Er und seine Werke erfahren nach Jahren der Vergessenheit wieder die ihnen zustehende Würdigung.
Originalzustand kann und muss erhalten werden
Die Rostocker Messehalle muss komplett saniert werden. Dabei ist es beispielsweise besonders schwierig, eine Wärmeisolierung der angegriffenen Glasflächen vorzunehmen. Bei einer unsachgemäßen Sanierung in den 1990er Jahren wurden zum Beispiel Lüftungsfenster verbaut oder Dacheinlaufkästen mit Bitumenbahnen überklebt. Das Ergebnis sind starke Korrosionsschäden und massive Risse. Im Jahr 2000 sollte die Halle sogar abgerissen werden, die Genehmigung wurde erteilt, aber die Frist verpasst – was für ein Glück! Dann wurde sie unter Denkmalschutz gestellt. Die Messehalle Rostock ist ein national und international bedeutendes Bauwerk der DDR-Architektur, dessen Erhalt die Deutsche Stiftung Denkmalschutz auch mithilfe von Spenden unterstützt. Die Hyparschale, die subtile Gliederung der Fensterwände und die gestaltende Stahlkonstruktion machen dieses Denkmal so besonders.
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